TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/25 95/11/0228

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

WehrG 1990 §28 Abs2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §36a Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 18. Mai 1995, Zl. 761.483/1-2.7/95, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Truppenübungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Februar 1995 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der Truppenübung vom 8. bis 17. März 1995 sowie der weiteren Truppenübungen gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 - WG abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nach dem Ableben seines Vaters mit 24. April 1992 dessen als Einzelunternehmen geführte Bau- und Möbeltischlerei übernommen. Der Jahresumsatz habe 1994 S 1,272.446,72 betragen. Der Beschwerdeführer beschäftige in seinem Unternehmen einen Gesellen. Per 31. Dezember 1994 hätten seine Verbindlichkeiten ca. 1 Mio. S betragen. Er lebe im gemeinsamen Haushalt mit seiner im Jahr 1945 geborenen Mutter.

In seiner Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er könne im Unternehmen nicht vertreten werden. Die Leistung von Truppenübungen würde zu einem Stillstand des Betriebes führen und seine wirtschaftliche Existenz gefährden. Einer Mitteilung einer näher bezeichneten Ges.m.b.H. sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer Fertigstellungstermine pünklich einzuhalten habe und im Falle eines Lieferverzuges mit Schadenersatzforderungen in erheblicher Höhe zu rechnen sei, die zur Konkursreife des Unternehmens führen würden.

Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer über Aufforderung mitgeteilt, daß sich seine Mutter seit 24. April 1992 im Ruhestand befinde und eine Pension von S 7.400,-- monatlich beziehe.

Vom Termin der Truppenübung vom 8. bis 17. März 1995 sei der Beschwerdeführer im August 1994 vorverständigt worden. Der diesbezügliche Einberufungsbefehl sei am 5. Dezember 1994 übernommen worden. Diese Truppenübung habe der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen nicht geleistet.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, beim Beschwerdeführer lägen zwar wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Truppenübungen vor, doch seien diese nicht besonders rücksichtswürdig. Im Hinblick auf die lange Zeit vor Beginn einer Truppenübung erfolgende Verständigung und die verhältnismäßig kurze Dauer von Truppenübungen könnten entsprechende Dispositionen getroffen werden. Allfällige wirtschaftliche Nachteile durch die Leistung von Truppenübungen führten nicht zur Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Beschwerdeführers und würden zumindest teilweise durch den Anspruch auf Entschädigung nach dem Heeresgebührengesetz 1992 abgedeckt. Überdies seien nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der Leistung von Truppenübungen nur dann besonders rücksichtswürdig, wenn - ungeachtet der Unbestimmtheit der zeitlichen Lagerung der Truppenübungen und deren verhältnismäßig kurzer Dauer - eine mit deren Leistung verbundene Existenzgefährdung zu befürchten wäre. Eine solche Gefährdung sei im Falle des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, da er seinem Unternehmen im Falle eines Erholungsurlaubes oder einer Erkrankung (wie sie auch zur Zeit der Truppenübung vom 8. bis 17. März 1995 eingetreten sei) gleichfalls nicht zur Verfügung stehe.

Besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen lägen nicht vor, weil eine Unterstützungsbedürftigkeit der Mutter und eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen infolge der Abwesenheit des Beschwerdeführers während der von ihm zu leistenden Truppenübungen nicht zu erkennen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG können taugliche Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes - dazu zählen gemäß § 27 Abs. 2 leg. cit. auch die zum ordentlichen Präsenzdienst gehörenden Truppenübungen - befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf Befreiung von der für die Zeit vom 8. bis 17. März 1995 anberaumten und von allen weiteren Truppenübungen damit begründet, daß er nach dem Tod seines Vaters den elterlichen Tischlereibetrieb übernommen habe. Dabei handle es sich um einen Kleinbetrieb, weshalb ihm die Teilnahme an Truppenübungen nicht möglich sei.

Die damit geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers sind nicht besonders rücksichtswürdig. Besonders rücksichtswürdige Interessen an der Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung sämtlicher Truppenübungen liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn - ungeachtet der Ungewissheit in bezug auf ihre zeitliche Lagerung und Dauer - eine mit der Leistung einer solchen Übung verbundene Existenzgefährdung zu befürchten wäre (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1991, Zl. 91/11/0032, vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0174, vom 11. Februar 1992, Zl. 91/11/0134, und vom 28. Februar 1995, Zl. 94/11/0239). Konkrete Umstände, die eine derartige Befürchtung im Falle des Beschwerdeführers rechtfertigen könnten, sind nicht hervorgekommen. Dies gilt insbesondere für die vom Beschwerdeführer in seinem Antrag diesbezüglich ins Treffen geführte Tatsache, daß es sich bei seinem Unternehmen um einen Kleinbetrieb handle. Soweit der Beschwerdeführer in bezug auf die Truppenübung vom 8. bis 17. März 1995 ein Schreiben eines Kunden vorgelegt hat, aus dem sich ergibt, daß der Beschwerdeführer termingebundene Aufträge (mit Fertigstellungstermin 18. März 1995) übernommen und im Falle des Leistungsverzuges mit Schadenersatzforderungen zu rechnen habe, sind besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen an der Befreiung von dieser Truppenübung deshalb zu verneinen, weil es am Beschwerdeführer gelegen wäre, nach Erhalt der Vorverständigung (im August 1994) und insbesondere des Einberufungsbefehles (am 5. Dezember 1994) im Rahmen der Arbeitseinteilung und der Auftragsannahme so zu disponieren, daß die Fertigstellung der fristgebundenen Arbeiten gewährleistet ist. Konkrete Umstände, die ihn daran gehindert hätten, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (und auch in der Beschwerde) nicht vorgebracht.

Auf besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen hat der Beschwerdeführer seinen Antrag nicht gestützt. Solche wären sachverhaltsbezogen nur dann vorgelegen, wenn die Mutter des Beschwerdeführers der Unterstützung durch ihn bedürfte und infolge Ausbleibens dieser Unterstützung aufgrund der durch die Leistung von Truppenübungen bedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder sonstiger lebenswichtiger Interessen zu befürchten wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0120, m.w.N.). Umstände, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, werden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Der in der Beschwerde enthaltene Hinweis auf die Höhe ihrer Pension (S 7.400,-- monatlich) läßt nicht erkennen, inwiefern ihre Gesundheit oder sonstige lebenswichtige Interessen durch die Abwesenheit des Beschwerdeführers während der Truppenübungen gefährdet würde.

Die abschließenden Ausführungen des Beschwerdeführers, "daß er im Falle der Einziehung zu Truppenübungen der ihm nach den EU-Richtlinien eingeräumten Wettbewerbsfreiheit und allgemeinen Dispositionsfreiheit eingeschränkt werden würde", lassen nicht erkennen, gegen welche Rechtsnorm die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid verstoßen haben soll.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110228.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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