Index
DienstrechtNorm
AVG §39 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Seiler, Dr. Drexler und Dr. Herberth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Novak, über die Beschwerde des Dr. AH, Referent beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, in Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 1, vom 25. Oktober 1979, Zl. 003937/3-1979, betreffend Erschwernis- und Gefahrenzulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit über den Anspruch auf Gefahrenzulage (§ 19 b des Gehaltsgesetzes 1956) entschieden wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der als Oberregierungsrat (Referent beim Amt der St. Landesregierung) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Lande St. steht, bat am 31. Mai 1976 um Zuerkennung einer Erschwerniszulage und einer Gefahrenzulage (§§ 19 a und 19 b des Gehaltsgesetzes 1956) und führte dazu aus, er habe als Hauptreferent für das Wasserrecht große und schwierige Ortsverhandlungen durchzuführen, die mit besonderen körperlichen Anstrengungen und besonderen Gefahren verbunden seien. Es handle sich um Begehungen im Werksgelände und in den Hallen der eisenverarbeitenden Industrie und der Papier- und Zelluloseindustrie, ferner um Begehungen und Fußmärsche entlang von Flußläufen und auf Straßen bei Herstellung von Schutz- und Regulierungswasserbauten sowie Wasserkraftanlagen, Verlegung von Kanälen und Wasserleitungen und schließlich um Begehungen von Quelleinzugsgebieten in steilem und abschüssigem Gelände. Die technischen Amtssachverständigen erhielten für gleichartige Dienstesverrichtungen im Zuge der erwähnten Kommissionstätigkeit längst eine Bauzulage.
Mit dem dem Beschwerdeführer am 22. Oktober 1979 zugestellten Schreiben vom 19. Oktober 1979 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer bekannt, sie habe auf Grund seines vorerwähnten Ansuchens folgenden Sachverhalt festgestellt:
„Die im Zuge von Ortsverhandlungen in wasserrechtlichen Angelegenheiten seitens des Verhandlungsleiters erforderlichen Begehungen und Fußmärsche stellen grundsätzlich keine Dienstverrichtungen unter besonderen körperlichen Anstrengungen oder sonstigen besonders erschwerten Umständen dar. Diese Auffassung liegt darin begründet, daß ein in normalem Fußgängertempo über eine nicht zu lange Strecke auch in unwegsamem Gelände durchgeführter Marsch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens für einen gesunden Menschen keine besondere körperliche Anstrengung bedeutet, wobei noch zu bedenken ist, daß bei Ortsverhandlungen beispielsweise infolge der Notwendigkeit der genauen Besichtigung des Geländes diese Strecken nicht in einem Zug zurückgelegt werden. Es ist jedoch einzuräumen, daß in Einzelfällen, d. h. z. B. bei sehr langen Fußmärschen in besonders unwegsamem Gelände oder bei Vorliegen sonstiger besonders erschwerter Umstände, die sich beispielsweise durch besonders schlechte Witterungsverhältnisse ergeben, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erschwerniszulage vorliegen, deren Höhe im nachhinein nach Art und Ausmaß der Erschwernis zu bemessen wäre.
Der Auffassung, daß insbesondere durch Trassenbegehungen entlang von Verkehrswegen und Straßen Dienste verrichtet werden, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden sind, kann nicht beigepflichtet werden. Durch die Worte ‚besondere Gefahren‘ bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß es sich nicht bloß um Gefahren handeln darf, die für alle mehr oder weniger in gleicher Weise bestehen; vielmehr muß eine wesentliche Abweichung von der Norm vorliegen. Es haben daher alle Gefahren außer Betracht zu bleiben, die mit dem Dienst des Beamten ganz allgemein verbunden sind und daher keine besonderen sind. Da jedoch jeder Beamte, der - wie im gegenständlichen Fall - als Fußgänger oder auch als Benützer eines Verkehrsmittels wie des Kraftwagens am Straßenverkehr teilnimmt, dessen allgemeinen Gefahren ausgesetzt ist, ist der Umstand der Trassenbegehung entlang von Verkehrswegen und Straßen nicht geeignet, das Vorliegen einer besonderen Gefahr zu begründen. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens sind jedoch auch mit dem Begehen neben Wasserläufen und im abschüssigen Gelände besondere Gefahren für Gesundheit und Leben nicht verbunden.
Der Hinweis auf die den technischen Amtssachverständigen gewährte ‚Bauzulage‘ erscheint nicht zielführend, da diese Nebengebühr zum Teil aus einer pauschalieren Überstundenvergütung und zum anderen Teil aus einer pauschalierten Aufwandsentschädigung besteht und daher keine Abgeltung in Richtung der beantragten gegenständlichen Nebengebühren darstellt.“
Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 25.Oktober 1979 die Ansuchen des Beschwerdeführers um Zuerkennung einer pauschalierten Erschwerniszulage und einer Gefahrenzulage ab; im gleichen Bescheid sprach sie aus, hinsichtlich der Gewährung einer Erschwerniszulage gemäß § 19 a des Gehaltsgesetzes 1956 für einzelne Ortsverhandlungen werde dem Ansuchen des Beschwerdeführers Folge gegeben, wobei die Höhe dieser Nebengebühr im nachhinein bemessen werde. Zur Begründung dieses Bescheides wiederholte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des Antrages des Beschwerdeführers wörtlich dasjenige, was sie mit ihrem Schreiben vom 19. Oktober 1979 dem Beschwerdeführer vorgehalten hatte.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und „unrichtiger rechtlicher Beurteilung“ erhobene Beschwerde und die dazu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Daß dem Beschwerdeführer für die zu seinem Dienst gehörenden Verrichtungen, für die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 zu treffen, eine Erschwerniszulage gebührt, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ohnehin ausgesprochen. Wenn sie dazu weiter ausgesprochen hat, die Bemessung dieser Zulage erfolge für jeden einzelnen solchen Fall im nachhinein, ist sie nach dem Gesetz vorgegangen, das (§ 19 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956) hiefür die angemessene Rücksichtnahme „auf die Art und das Ausmaß der Erschwernis“ anordnet, auf Umstände also, die mit Sicherheit erst nach erfolgter Dienstverrichtung feststehen. Die in § 15 Abs. 5 (im Zusammenhalt mit Abs. 1 Z. 8) des Gehaltsgesetzes 1956 vorgesehene Möglichkeit einer Pauschalierung auch dieser Nebengebühr dient - ebenso wie im Falle der Überstundenvergütung (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1977, Zl. 289/77) - ausschließlich der Verwaltungsvereinfachung, ein subjektives Recht auf Vornahme einer solchen Pauschalierung ist dem Beamten im Gesetz nicht eingeräumt. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, soweit er über den Antrag auf Erschwerniszulage abspricht, in Rechten nicht verletzt und seine Beschwerde mithin insoweit als unbegründet abzuweisen ist.
Eine Gefahrenzulage nach § 19 b (Abs. 1) des Gehaltsgesetzes 1956 gebührt dem Beamten, der Dienste verrichtet, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 23. Oktober 1975, Zl. 1365/75, vom 31. März 1977, Zl. 2150/74, vom 7. März 1979, Zl. 2880/78, u. a.) bringt das Gesetz durch die Worte „besondere Gefahren“ zum Ausdruck, daß es sich jeweils nicht bloß um Gefahren für Gesundheit und Leben handeln darf, die mit dem Dienst des Beamten ganz allgemein verbunden sind und daher alle Beamten treffen; es muß die betreffende Gefährdung vielmehr eine wesentliche Abweichung von der diesbezüglichen Norm darstellen.
Ob das der Fall ist oder nicht, kann nur anhand einer auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens getroffenen Tatsachenfeststellung darüber beurteilt werden, worin die dienstlichen Verrichtungen des Beamten, von denen dieser behauptet, sie seien mit den erwähnten „besonderen Gefahren“ verbunden, im Einzelfall konkret bestehen, welche konkreten Gefahrenmomente damit verbunden sind und mit welcher Intensität und welcher Häufigkeit diese Momente auftreten, weil sonst der unerläßliche Vergleich mit der „diesbezüglichen Norm“ nicht vorgenommen werden kann. Diese Tatsachenfeststellungen läßt der angefochtene Bescheid vermissen. Wenn die belangte Behörde diesen Mangel in ihrer Gegenschrift damit rechtfertigen will, die mit dem Kommissionsdienst im allgemeinen, aber auch im konkreten Fall verbundenen Tatbestände seien ihr „hinlänglich auf Grund eigener wahrgenommener Erfahrungen bekannt“, muß sie darauf verwiesen werden, daß Ermittlungsverfahren und konkrete Feststellungen nur hinsichtlich solcher Tatsachen entbehrlich sind, die ganz allgemein und daher auch für den zur Rechtskontrolle berufenen Verwaltungsgerichtshof offenkundig sind. Daß dies für mit konkreten Dienstleistungen eines bestimmten Beamten verbundene wirkliche oder angebliche Gefahrenmomente nicht zutrifft, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Damit aber ergibt sich aus der für den Verwaltungsgerichtshof maßgebenden Sicht des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965, daß der im angefochtenen Bescheid angeführte Sachverhalt in dem hier allein wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, was zur Aufhebung des Bescheides, soweit damit über die Gebührlichkeit der Gefahrenzulage abgeprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen mußte.
Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer beruht auf den §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1 lit. a und b und 50 VwGG 1965 und auf Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am 10. März 1980
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1980:1979003243.X00Im RIS seit
08.04.2022Zuletzt aktualisiert am
08.04.2022