TE Vwgh Erkenntnis 1985/11/13 84/17/0037

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Veröffentlicht am 13.11.1985
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Index

Verwaltungsverfahren - ZustellG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §13 Abs1
ZustG §5 Abs1
ZustG §9

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde 1. des JS, 2. der BS, beide in R, beide vertreten durch Dr. Josef Riedmann, Rechtsanwalt in Feldkirch, Marktplatz 17, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 4. Jänner 1984, Zl. IIIa-221/13, betreffend Zurückweisung einer Berufung betreffend Kanalisationsanschlußbeitrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenkommission der Marktgemeinde R vom 5. August 1983 wurden den Beschwerdeführern als Eigentümern der Liegenschaft R, S-weg 23, Kanalisationsbeiträge im Gesamtbetrag von S 44.222,27 vorgeschrieben.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Im Kopf des Vorstellungsschriftsatzes werden die Einschreiter als „J und BS“ bezeichnet.

Mit Bescheid vom 10. November 1983 gab die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch dieser Vorstellung keine Folge. Dem Bescheid ist als Zustellverfügung die Klausel angefügt:

Ergeht an:

J und BS

S-weg 23

xxxx R (RSa) ..........“

Dieser Bescheid wurde am 15. November 1983 dem Erstbeschwerdeführer JS eigenhändig zugestellt. Der Rückschein nennt als Empfänger „J und BS“.

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 10. November 1983 erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Vorarlberger Landesregierung die Berufung als verspätet eingebracht zurück. Sie begründete dies damit, daß die Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG 1950 am Dienstag, dem 15. November 1983, zu laufen begonnen und am Dienstag, dem 29. November 1983, geendet habe. Laut Poststempel des im Akt liegenden Kuverts sei die Berufung jedoch erst am Mittwoch, dem 30. November 1983, in Bludenz zur Post gebracht worden. Die Berufung sei daher verspätet.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem Inhalt des Beschwerdevorbringens erachtet sich die Zweitbeschwerdeführerin BS in ihrem Recht auf Entscheidung der Berufungsbehörde in der Sache selbst verletzt. Beide Beschwerdeführer beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Beurteilung des Beschwerdefalles ist vom oben dargestellten aktenkundigen Sachverhalt auszugehen. Die Behauptungen der Beschwerde, wonach zwei Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen jeweils mit separatem RSa-Schreiben, einerseits an JS und andererseits an BS als Empfänger adressiert gewesen und am 15. November 1983 an JS zugestellt worden seien, weiters, daß JS zwei Rückscheine, und zwar sowohl für den ihm zuzustellenden Bescheid als auch für jenen seiner Gattin BS unterschrieben habe, erweisen sich sohin als aktenwidrig. Daß die Berufung erst am 30. November 1983 zur Post gegeben wurde, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Im hier maßgeblichen Zeitpunkt war gemäß § 28 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 (ZustG), bereits dieses Bundesgesetz anzuwenden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 dieses Gesetzes ist das Schriftstück, wenn es durch Organe der Post zugestellt werden soll, der Post als Sendung mit abtrennbarem Rückschein zu übergeben. Auf der Sendung und dem Rückschein sind die Empfänger, die Abgabestelle und die Behörde, in deren Namen zugestellt werden soll, sowie für die Zustellung sonst notwendige Vermerke anzugeben. Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz leg. cit. ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.

Wenn ein Schriftstück inhaltlich für mehrere Personen bestimmt ist, sind grundsätzlich alle Bescheidadressaten als Empfänger im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen und es muß jedem von ihnen zugestellt werden (vgl. hiezu - noch zur Rechtslage nach dem AVG 1950 - die Erkenntnisse vom 17. Mai 1977, Zl. 854/76, vom 13. September 1977, Zl. 682/77, vom 14. März 1978, Zl. 2228/76, vom 16. März 1978, Zl. 1220/77, und vom 16. April 1985, Zl. 84/04/0104; weiters Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht, S. 36, Anm. 9).

Haben allerdings mehrere Personen einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so ist nach der Vorschrift des § 9 Abs. 2 erster Satz ZustG mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Schriftstückes an ihn die Zustellung an alle diese Personen bewirkt. Wird ein Anbringen von mehreren Personen gemeinsam eingebracht, so gilt nach Absatz 3 dieser Gesetzesstelle im Zweifel die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter.

Im Beschwerdefall wurde die Vorstellung gegen den Bescheid der Abgabenkommission der Marktgemeinde R vom 5. August 1983 von den beiden Beschwerdeführern gemeinsam eingebracht. Diese Vorstellung ist ein „Anbringen“ im Sinne des § 13 AVG 1950 und damit auch im Sinne des § 9 Abs. 3 ZustG. Da die Beschwerdeführer keine andere Person als Zustellungsbevollmächtigten benannt haben, galt im Zweifel die an erster Stelle genannte Person, also der Erstbeschwerdeführer JS als ihr gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter. Mit der Zustellung einer Ausfertigung des genannten Bescheides an den Erstbeschwerdeführer am 15. November 1983 war daher im Sinne des § 9 Abs. 2 erster Satz ZustG die Zustellung an beide Beschwerdeführer bewirkt. Die Berufungsfrist begann daher an diesem Tage zu laufen und endete am 29. November 1983.

Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die Zustellverfügung und der Rückschein betreffend den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen vom 10. November 1983 „J und BS als Empfänger nannten. Zwar hat gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz ZustG die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Im Beschwerdefall hat die Behörde den Erstbeschwerdeführer nicht in seiner Eigenschaft als Zustellungsbevollmächtigten (allein) als Empfänger der Sendung bezeichnet. Doch sind daraus keine für die Beschwerdeführer günstigeren Rechtsfolgen abzuleiten, weil die im § 9 Abs. 1 zweiter Satz für ein Unterbleiben der Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten als „Empfänger“ vorgesehene Sanktion lediglich darin besteht, daß die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Dies war aber hier im Zeitpunkt der Zustellung an den Erstbeschwerdeführer der Fall.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie die erst am 30. November 1983 zur Post gegebene Berufung als verspätet zurückwies.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen - wonach der Bescheid erst am 16. November 1983 der Zweitbeschwerdeführerin zugekommen sei - eingegangen werden mußte.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VWGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 13. November 1985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1985:1984170037.X00

Im RIS seit

08.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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