TE Vwgh Beschluss 2022/3/10 Ra 2022/06/0020

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Veröffentlicht am 10.03.2022
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
ROG Slbg 2009 §59 Abs2
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Ing. A G in I, vertreten durch Dr. Christian M. Egger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 29. November 2021, 405-3/802/1/6-2021, betreffend eine Angelegenheit nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (Behörde) vom 7. Jänner 2021, mit dem festgestellt worden war, dass bei einem näher genannten Bestandsbau keine Einsturzgefahr und keine technische Unmöglichkeit der Behebung der Baufälligkeit vorliege, sodass die Instandhaltung des Baubestandes allgemein wirtschaftlich vertretbar sei, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das LVwG - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, für das Bestandsgebäude sei gemäß § 59 Abs. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) im anzuwendenden Bebauungsplan ein Erhaltungsgebot festgelegt worden. Die Instandhaltung des Bestandsgebäudes sei „allgemein wirtschaftlich vertretbar“, daher habe die Behörde zutreffend den Feststellungsbescheid vom 7. Jänner 2021 erlassen. Dabei berücksichtigte das LVwG die Aussagen des Amtssachverständigen in der Verhandlung vor der Behörde sowie das von dieser eingeholte Gutachten eines nichtamtlichen Sachverständigen vom 1. September 2020 und wog diese Äußerungen beweiswürdigend mit dem vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten vom 16. April 2020 ab. Die beiden Gutachter gingen - so das LVwG - von einer unterschiedlichen Auslegung der rechtlichen Grundlagen aus und kämen daher zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während der Sachverständige des Revisionswerbers seinen Berechnungen zugrunde gelegt habe, dass nach Abbruch und Neuerrichtung des Objektes die Bebauungsgrundlagen voll ausgeschöpft werden könnten und demgemäß die Neuerrichtung eine wirtschaftlichere Variante darstelle, sei der von der Behörde bestellte Sachverständige von gleichen Voraussetzungen (gleiche Wohnraumflächen zuzüglich möglicher geschossflächenunwirksamer Ausbauten) ausgegangen und daher zu anderen Annahmen für die Sachwert- und Ertragswertberechnung gelangt. Das LVwG beurteilte die Aussagen des von der Behörde bestellten Sachverständigen als nachvollziehbar und schlüssig, „unter anderem hinsichtlich der gebotenen Vergleichbarkeit aufgrund des im Bebauungsplan festgelegten Erhaltungsgebotes.“ Eine Instandhaltung sei „allgemein wirtschaftlich vertretbar“, wenn die Finanzierbarkeit der in Betracht kommenden Maßnahmen ausreichend verlässlich abschätzbar und zu bejahen sei, unabhängig davon, ob während der vergangenen 104 Jahre des Bestandes Instandhaltungsmaßnahmen gesetzt worden seien. Es sei auch nicht entscheidungsrelevant, ob durch die Neuerrichtung ein höherer Mietertrag erzielt werden könne. Von der Einholung eines dritten Gutachtens sei Abstand genommen worden, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt sei.

5        Der Revisionswerber führte in der Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, „welche Grundsätze bei der Beurteilung der allgemeinen Wirtschaftlichkeit heranzuziehen“ seien. Das LVwG habe tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt, weil es nicht - wie beantragt - ein drittes Sachverständigengutachten eingeholt habe.

6        Gemäß § 59 Abs. 2 ROG 2009 darf für Bauten, für die ein Erhaltungsgebot gilt, der Abbruch nicht bewilligt werden, wenn deren Instandhaltung allgemein wirtschaftlich vertretbar erscheint. Diese Bestimmung enthält keinerlei Hinweise darauf, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit der Instandhaltung eines Bestandsgebäudes ein Vergleich mit einer fiktiven Situation unter Berücksichtigung der maximalen Nutzbarkeit des Grundstückes nach bau- und raumordnungsrechtlichen Vorgaben anzustellen wäre. Vielmehr ist die Rechtslage insofern klar, als sich die Beurteilung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit der Instandsetzung ausschließlich auf das Bestandsgebäude selbst bezieht (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegt, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erging, etwa VwGH 14.9.2021, Ra 2021/06/0112, Rn. 8, mwN).

Darüber hinaus trifft es auch nicht zu, dass zur Frage der Auslegung der Wirtschaftlichkeit im Sinne des ROG 2009 noch keine hg. Rechtsprechung vorliege (vgl. etwa VwGH 25.2.2010, 2006/06/0083; 15.10.1981, 81/06/0068; 24.5.1976, 0797/74 = Slg. 9063/A).

Dass auf dieser Beurteilungsgrundlage eine Instandsetzung des Bestandsgebäudes wirtschaftlich nicht vertretbar wäre, brachte der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung nicht vor.

Wie der Revisionswerber selbst erkannte, stellt die oben dargestellte Auslegung des § 59 Abs. 2 ROG 2009 eine Rechtsfrage dar. Diese bildet die Grundlage für die fachliche Beurteilung durch die Sachverständigen, und nicht - wie der Revisionswerber offenbar meint - umgekehrt. Angesichts dessen ist dem LVwG keine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorzuwerfen, weil es kein weiteres Gutachten mit dem gleichen Prüfumfang einholte.

7        Angesichts der klaren Rechtslage wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060020.L00

Im RIS seit

08.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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