TE Vwgh Beschluss 2022/3/16 Ra 2022/02/0014

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Veröffentlicht am 16.03.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §33 Abs1

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2022/02/0015 B 23.03.2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des D in R, vertreten durch Mag. Niki Zaar, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Babenbergerstraße 9/8, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 25. Februar 2021, E 045/03/2020.003/004, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist in einer Angelegenheit einer Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. Februar 2021 hat das Landesverwaltungsgericht Burgenland (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 15. Oktober 2020 als verspätet zurückgewiesen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist abgewiesen. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

2        Das Verwaltungsgericht begründete im Wesentlichen, die Revisionswerbervertreterin habe die Beschwerde gegen das genannte Straferkenntnis per Telefax am 16. November 2020 um 19:50 Uhr, sohin am letzten Tag der Rechtsmittelfrist außerhalb der Amtsstunden eingebracht. Im Wiedereinsetzungsantrag sei nicht konkret dargelegt und glaubhaft gemacht worden, inwiefern die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ins Treffen geführten Umstände unvorhersehbar oder unabwendbar gewesen seien. Da sich die Rechtsvertreterin des Revisionswerbers am letzten Tag der Frist für die Übermittlung per Fax entschieden habe und sich nicht über die geltenden Einschränkungen rechtzeitig informiert habe, könne auch nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens ausgegangen werden. Warum der in der Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses enthaltene Internet-Link auf die technischen Voraussetzungen und organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs für den mit der Beschwerde beauftragten Rechtsanwalt nicht erreichbar gewesen sei, werde im Antrag nicht ausgeführt, sodass sich ein näheres Eingehen darauf erübrige. Beim Aufruf der im Straferkenntnis angegebenen Internetseite finde sich an deren Ende die Überschrift „Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft betreffend Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden“, die einen Link darstelle und durch Anklicken zur genannten Kundmachung führe. Die Revisionswerbervertreterin sei der ihr obliegenden Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen, weil keine Kontrolle erfolgt sei, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden sei. Die von der Bezirkshauptmannschaft im Internet auf ihrer Homepage bekannt gemachte Kundmachung betreffend den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden lege die Amtsstunden für Montag bis Donnerstag mit 07:30 Uhr bis 16:00 Uhr fest und enthalte den Hinweis, dass außerhalb der Amtsstunden übermittelte Anbringen per Fax, E-Mail oder über den Online-Formularserver erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten würden. Das angefochtene Straferkenntnis sei der Rechtsvertreterin am Montag, dem 19. Oktober 2020, zugestellt worden. Die vierwöchige Beschwerdefrist habe somit am Montag, dem 16. November 2020 geendet. Die zwar an diesem Tag, aber erst nach dem Ende der Amtsstunden übermittelte Beschwerde gelte als am 17. November 2020 eingelangt und eingebracht, weshalb sie als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

3        Der Revisionswerber erhob dagegen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 22. September 2021, E 1333-1334/2021-6 deren Behandlung ablehnte und sie mit Beschluss vom 8. November 2021, E 1333-1334/2021-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4        Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen vor, der angefochtene Beschluss weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (Hinweis auf VwGH 23.6.2015, Ra 2014/05/0005) ab, indem das Verwaltungsgericht bei der Fristversäumung durch die Rechtsvertreterin zu Unrecht von einem groben Versehen ausgegangen sei. Darüber hinaus sei die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes nicht schlüssig, weil unergründlich bleibe, warum sich ein näheres Eingehen auf das die Erreichbarkeit des Links betreffende Vorbringen erübrige.

9        Die Frage, ob im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung geführt hat, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 22.3.2016, Ra 2016/02/0049, mwN).

10       Eine derartige Fehlbeurteilung ist im Revisionsfall nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat sich im Zusammenhang mit der Fristversäumnis und dem Antragsvorbringen der Rechtsvertreterin des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist in einer nicht als unvertretbar anzusehenden Beurteilung zum Ergebnis gelangt, dass die Rechtsvertreterin ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen und daher gegenständlich nicht von einem minderen Grad des Versehens auszugehen sei (vgl. etwa VwGH 19.9.2016, Ra 2016/11/0098). Das in der Revision zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betrifft einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.

11       Soweit das Verwaltungsgericht das Antragsvorbringen zur Erreichbarkeit des Links als unzureichend ansah, nahm es eine rechtliche Beurteilung vor, sodass schon deshalb die zur Zulässigkeit der Revision angesprochene Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung ins Leere geht.

12       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020014.L00

Im RIS seit

07.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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