TE Vwgh Beschluss 2022/3/22 Ra 2019/16/0198

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Veröffentlicht am 22.03.2022
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Index

E1E
E1P
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren
59/04 EU - EWR

Norm

GSpG 1989 §52 Abs2 idF 2014/I/013
VStG §16
VStG §19 idF 2013/I/033
VStG §20
VStG §64 Abs2 idF 2013/I/033
12010E056 AEUV Art56
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Senatspräsidenten Dr. Mairinger sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des E E G in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 24. September 2019, Zl. LVwG-2018/14/2443-7, betreffend Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 24. September 2018 erkannte die Landespolizeidirektion Tirol den Revisionswerber für näher beschriebene Tathandlungen der sechsfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig, verhängte über ihn sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils 3.000 € (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit jeweils 14 Tage) und erlegte ihm gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf.

2        Das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) wies mit Erkenntnis vom 26. März 2019 die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab, ergänzte die Strafsanktionsnorm mit § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG und erlegte dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auf.

3        Mit Erkenntnis vom 30. August 2019, Ra 2019/17/0057, (Vorerkenntnis) gab der Verwaltungsgerichtshof der dagegen erhobenen Revision insoweit statt, als er das Erkenntnis des LVwG im Umfang dessen Ausspruches über die verhängten Strafen sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens aufhob, weil weder das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion noch das Erkenntnis des LVwG eine Begründung für die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe im Höchstausmaß enthielten. Im Übrigen (somit den Schuldspruch betreffend) wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision als unzulässig zurück.

4        Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis erlegte das LVwG dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens in derselben Höhe wie im Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol auf. Das LVwG änderte den Strafausspruch des Erkenntnisses der Landespolizeidirektion Tirol insoweit, als es neuerlich sechs Geldstrafen nach dem dritten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG in Höhe von jeweils 3.000 € verhängte, die Ersatzfreiheitsstrafen nunmehr jedoch mit jeweils acht Tagen ausmaß. Eine Revision gegen sein Erkenntnis erklärte das LVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5        Mit Beschluss vom 18. August 2020, Ra 2019/16/0198-3, setzte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die gegen das nunmehr angefochtene Erkenntnis eingebrachte vorliegende Revision bis zur Vorabentscheidung durch den EuGH in der Rechtssache C-231/20 über die mit Vorlageentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2020, EU 2020/0002 (Ra 2020/17/0013) vorgelegten Fragen aus (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 38 AVG).

6        Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Zusammenhang mit der erwähnten Vorlageentscheidung auch gemäß § 38a Abs. 1 VwGG den im BGBl. I Nr. 55/2020 kundgemachten Beschluss vom 27. April 2020 zur Frage gefasst, ob § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG sowie im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz leg. cit. die §§ 16 und 64 VStG gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV sowie Art. 49 Abs. 3 GRC) verstoßen.

7        Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst damit, dass die Bestimmung des § 28 Abs. 1 AuslBG, welche als Vorbild für die Regelung des § 52 Abs. 2 GSpG hergehalten habe, unter Hinweis auf EuGH 12.9.2019, C-64/18 u.a., Maksimovic, unionsrechtswidrig sei und deshalb auch keine kumulierte Bestrafung nach § 52 Abs. 2 GSpG hätte erfolgen dürfen.

10       Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung auch nach Einbringung der Revision bereits beantwortet, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 3.12.2021, Ro 2021/16/0013).

11       Nachdem der EuGH die vom Verwaltungsgerichtshof mit der erwähnten Vorlageentscheidung gestellten Fragen beantwortet hatte (EuGH 14.10.2021, C-231/20, Josef Ziri), hat der Verwaltungsgerichtshof zu der im erwähnten Beschluss nach § 38a Abs. 1 VwGG formulierten Frage seine Rechtsanschauung gemäß § 38a Abs. 4 VwGG mit Erkenntnis vom 10. Dezember 2021, Ra 2020/17/0013, in Rechtssätzen zusammengefasst. Demnach sind die Rechtsgrundlagen für die Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG, für die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG und für die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG grundsätzlich mit dem Unionsrecht (insbesondere Art. 56 AEUV und Art. 49 Abs. 3 GRC) vereinbar. Dieses Erkenntnis wurde im BGBl. I Nr. 105/2022 am 11. März 2022 kundgemacht.

12       Somit werden in der vorliegenden Revision keine Rechtsfragen mehr aufgeworfen, denen noch grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

13       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019160198.L00

Im RIS seit

07.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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