Index
L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
StGB §34 Z12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. Juni 1994, Zl. UVS-05/28/00104/94, betreffend Strafbemessung wegen Übertretung des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Straf- und Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Jänner 1994 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe es unterlassen, die Vergnügungssteuer für einen hinsichtlich Type und Aufstellungsort näher bezeichneten Spielautomaten für die Monate September 1990 bis Juni 1991 zum richtigen Steuersatz von S 14.000,-- einzubekennen und zu entrichten. Sie habe hiedurch Vergnügungssteuer für die genannten Monate im Gesamtbetrag von S 110.000,-- unter Verletzung der Anmeldepflicht nicht entrichtet, somit Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit vom 13. September 1990 bis 25. Juni 1991 verkürzt. Sie habe hiedurch die Bestimmung des § 19 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, LGBl. Nr. 43/1987 (im folgenden: Wr VergnStG 1987), verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 165.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen verhängt. Dabei ging die Behörde erster Instanz davon aus, daß die Beschwerdeführerin seit September 1990 einen Spielautomaten gehalten habe, bei dem das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig gewesen sei. Dennoch habe sie die Abgabe lediglich mit dem Satz des § 6 Abs. 3 Wr VergnStG 1987, statt richtig mit jenem des § 6 Abs. 4 leg. cit. einbekannt und entrichtet. "Zumindest seit der Aufforderung im Abgabenverfahren zur richtigen Anmeldung" habe die Beschwerdeführerin die Tat vorsätzlich begangen. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß diese Aufforderung der Beschwerdeführerin am 18. Dezember 1990 zugestellt wurde (vgl. Seite 7 des Abgabenaktes).
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie sich unter anderem mit dem Vorbringen, sie sei der Auffassung gewesen, der gegenständliche Automat sei nicht mit dem Abgabensatz des § 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 zu versteuern gewesen, welche Meinung auch später in einem Sachverständigengutachten geteilt worden sei, auf Rechtsirrtum berief (vgl. Seite 20 des Verwaltungsaktes).
In der Verhandlung vor der belangten Behörde vom 31. Mai 1994 schränkte der Vertreter der Beschwerdeführerin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Berufung auf die Strafhöhe ein und ersuchte unter anderem den Umstand als mildernd zu werten, daß "die Meinung der Berufungswerberin durch ein nachfolgendes Sachverständigengutachten gestützt" worden sei. Mit Eingabe vom 8. Juni 1994 erklärte die Beschwerdeführerin, ein vollinhaltliches Geständnis abzulegen und ersuchte, diesen Umstand als wichtigsten Milderungsgrund ZUSÄTZLICH bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Geldstrafe auf S 77.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 21 Tage herab.
Begründend führte sie nach Wiedergabe der Gesetzesbestimmungen aus, die Tat habe in erheblichem Ausmaß das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der zeitgerechten und vollständigen Steuerentrichtung geschädigt, sei doch die Abgabe im gegenständlichen Fall über einen Zeitraum von zehn Monaten im Ausmaß von nahezu 80 % verkürzt worden. Deshalb sei der Unrechtsgehalt der Tat nicht als gering anzusehen. Weil die Verkürzung vorsätzlich herbeigeführt worden sei, liege erhebliches Verschulden vor. Im Hinblick auf die Tilgung der von der Erstbehörde als erschwerend angenommenen Vorstrafe lägen keine weiteren Erschwerungsgründe vor.
Das am 8. Juni 1994 nachgereichte Geständnis sei nicht als mildernd gewertet worden, weil dieses erst abgelegt worden sei, nachdem die Berufungswerberin zunächst die objektive und subjektive Tatseite bestritten habe, diesbezüglich umfangreiche Beweisanträge gestellt worden seien und selbst nach Einschränken der Berufung auf die Strafhöhe die vorsätzliche Begehung weiterhin in Abrede gestellt worden sei. Das Geständnis sei daher nicht mehr geeignet gewesen, die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in irgendeiner Weise zu erleichtern. Bei der Strafbemessung sei von einem monatlichen Einkommen der Beschwerdeführerin von S 15.000,-- auszugehen gewesen. Im Hinblick auf diese Strafzumessungskriterien sei die verhängte Geldstrafe von S 77.000,-- angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht überhöht bestraft zu werden, sie macht erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 Wr VergnStG 1987 sind Handlungen und Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 600.000,-- oder Ersatzfreiheitsstrafen bis zu 6 Wochen zu bestrafen.
§ 19 Abs. 1 VStG 1991 bestimmt, daß Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonstige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Aus dem Grunde des § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Beschwerdeführerin läßt die Annahme der belangten Behörde, sie habe vorsätzlich gehandelt, unbekämpft. Sie verweist allerdings darauf, daß sie einem - aus dem Grunde des § 5 Abs. 2 VStG 1991 auch durch die Annahme vorsätzlicher Begehung nicht ausgeschlossenen - Rechtsirrtum unterlegen sei. Dabei wiederholt sie im wesentlichen das bereits im Berufungsverfahren erstattete Sachvorbringen. Gemäß § 34 Z. 12 StGB ist es insbesondere ein Milderungsgrund, wenn der Täter die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, Feststellungen zu diesem behaupteten Milderungsgrund zu treffen, zumal die Beschwerdeführerin ein diesbezügliches Vorbringen in der Berufung erstattet, in der Verhandlung vom 31. Mai 1994 ausdrücklich aufrecht erhalten und in ihrem Geständnis (Arg: "... ersuche diesen Umstand als wichtigsten Milderungsgrund ZUSÄTZLICH bei der Strafbemessung als mildernd zu werten.") nicht zurückgezogen hat.
Demgegenüber begegnet die Nichtberücksichtigung dieses Geständnisses als Milderungsgrund gemäß § 34 Z. 17 StGB unter Zugrundelegung der von der Beschwerdeführerin unbekämpften Annahme der belangten Behörde, dieses habe zur Wahrheitsfindung nicht beigetragen, im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zlen. 95/17/0155 bis 0158, 0160 bis 0162) keinen Bedenken.
Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin behaupteten Milderungsgrundes gemäß § 34 Z. 12 StGB zu einer für sie günstigeren Strafbemessung gelangt wäre, bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der geltend gemachte Stempelgebührenaufwand war nicht zuzusprechen, weil ein solcher im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht angefallen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994170431.X00Im RIS seit
20.11.2000