TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/25 95/09/0224

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs2;
AuslBG §4 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Mag. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 6. Dezember 1994, Zl. III-6702/1367162, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 19. Oktober 1994 beim Arbeitsamt Feldkirch den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den türkischen Staatsangehörigen A für die berufliche Tätigkeit als Lehrling im Lehrberuf "Landschaftsgartner".

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt Feldkirch mit Bescheid vom 7. November 1994 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte darin vor, er habe sich über ärztliches Anraten (seine körperlichen Anstrengungen bei der Arbeit einzuschränken) veranlaßt gesehen, sich um einen Mitarbeiter für seinen Betrieb umzusehen. Aus finanziellen Gründen habe er sich für einen Lehrling im Landschaftsgartenbau entschieden. Das Arbeitsamt Feldkirch habe ihm zwei inländische Mädchen und zwei türkische Burschen vermittelt. Diese Mädchen hätten kein Interesse an dieser Stelle gehabt, da dieser Beruf oft schweren körperlichen Einsatz erfordere. Er habe keine andere Wahl gehabt, als "den älteren Türken" einzustellen, da "der Jüngere" telefonisch abgesagt habe. Er ersuche die Behörde, in seinem Fall "die Angelegenheit nochmals zu überdenken und eine nachsichtige Entscheidung zu treffen".

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. Dezember 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales für das Bundesland Vorarlberg für das Jahr 1994 festgesetzte Landeshöchstzahl (16.000) sei laut der amtlichen Statistik mit Stichtag Ende November 1994 weit überschritten. Der Beschwerdeführer habe keine Gründe über das Vorliegen einer besonderen Voraussetzung im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG vorgebracht. Die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG würden nicht vorliegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. Juni 1995, B 119/95-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer in seinem ergänzenden Beschwerdeschriftsatz vor, er erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf richtige Anwendung des AuslBG, auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren und auf "sachliche Behandlung seines Beschäftigungsbewilligungsantrages" verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er zusammengefaßt vor, er habe in seinem Unternehmen (Blumenhandel, Landschaftsgartenbau und -gestaltung) die mit schweren körperlichen Anstrengungen verbundenen Arbeiten selbst verrichten müssen, da er nur weibliche Mitarbeiter beschäftige. Er sei zufolge einer im Jahr 1994 erlittenen Lungenerkrankung nicht in der Lage, seinen Beruf in vollem Umfang auszuüben. Aus diesem Grund sei die Einstellung eines Lehrlings erforderlich geworden, um "den Betrieb aufrecht erhalten zu können". Die belangte Behörde habe die angefochtene Entscheidung "leichtfertig gefällt". Den im angefochtenen Bescheid angegebenen Gründen liege ein offenkundig unzureichendes Ermittlungsverfahren zugrunde. Die belangte Behörde hätte zu den im ergänzenden Beschwerdeschriftsatz im einzelnen wiedergegebenen Feststellungen gelangen müssen. Auf wesentliche Teile seines Vorbringens sei die belangte Behörde nicht bzw. nicht entsprechend eingegangen. Der in der Berufung geltend gemachte "mangelhafte Gesundheitszustand infolge einer Lungenerkrankung", der die Beschäftigung eines Lehrlings erforderlich mache, sei als besonders wichtiger Grund im Sinne des AuslBG anzusehen. Bei der beantragten ausländischen Arbeitskraft würden besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 4b Abs. 1 Z. 3 lit. a AuslBG vorliegen. Der beantragte Ausländer sei daher dem Personenkreis zuzurechnen, an dessen Unterbringung auf dem österreichischen Arbeitsmarkt öffentliches bzw. gesamtwirtschaftliches Interesse bestehe.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat - wie bereits die Behörde erster Instanz - die Ablehnung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990), der auch im Verfahren nach § 4 Abs. 2 leg. cit. Anwendung findet (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0230), lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes,

oder,

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

              3.              öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

              4.              die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß die (nach dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendende) Landeshöchstzahl (für das Kalenderjahr 1994) überschritten ist, und daß der Regionalbeirat der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zugestimmt hat. Die beschwerdeführende Partei zieht diese Annahme der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht in Zweifel, behauptet aber, ein Vorbringen erstattet zu haben, wonach die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG gerechtfertigt wäre. Dazu ist festzuhalten, daß das im Verwaltungsverfahren seitens der beschwerdeführenden Partei zur Erlangung der Beschäftigungsbewilligung erstattete Vorbringen nur die Wichtigkeit der beantragten Arbeitskraft für das Unternehmen der beschwerdeführenden Partei zum Ausdruck gebracht hat. Dies ist jedoch nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als bloß einzelbetriebliches Interesse nicht ausreichend, um einen besonders wichtigen Grund im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 leg. cit. zu begründen (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1993, Zl. 92/09/0299, und vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0359, sowie zum grundsätzlich sehr hoch angesetzen Kalkül der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 leg. cit. auch das Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/09/0001).

Soweit über das Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinausgehend behauptet wird, die Einstellung des Lehrlings sei erforderlich geworden, um "den Betrieb aufrecht erhalten zu können", sind diese Beschwerdeausführungen aufgrund des aus § 41 Abs. 1 VwGG sich ergebenden Neuerungsverbotes im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtlich. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/09/0185; vgl. auch die Erkenntnisse vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0231, und Zl. 94/09/0001, sowie vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0389) ein Arbeitnehmer nur dann als Schlüsselkraft anzusehen ist, wenn ihm aufgrund seiner besonderen Qualifikation und/oder der vorgesehenen Stellung im Betriebsgeschehen (z.B. Entscheidungsverantwortung) eine - besondere - arbeitsplatzerhaltende Position zukommt. Inwiefern dem beantragten Lehrling eine derartige Funktion zukommen sollte, wurde vom Beschwerdeführer nicht dargelegt.

Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung der Versagung der begehrten Beschäftigungsbewilligung aus dem Grund des Nichtvorliegens der Voraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Eine Auseinandersetzung mit dem zum Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG - der von der belangten Behörde jedoch nicht herangezogen wurde - erstatteten Beschwerdevorbringen (insbesondere zur Frage der Einstufung des beantragten Ausländers als vorrangig zu behandelnde Arbeitskraft nach § 4b Abs. 1 Z. 3 AuslBG) konnten demnach entfallen (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1995, Zl. 95/09/0065, und vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0355).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 Abs. 1 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der zuerkannte Aufwandersatz hat dem Arbeitsmarktservice als Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG zuzufließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1996, Zl. 95/09/0261).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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