TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/28 VGW-101/060/14618/2020

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Veröffentlicht am 28.09.2021
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Entscheidungsdatum

28.09.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren
L00019 Landesverfassung Wien
L10109 Stadtrecht Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

StVO 1960 §45 Abs2
StVO 1960 §94d Z6
VwGVG 2014 §17
AVG 1991 §6 Abs1
WStV 1968 §75 Abs1
B-VG Art. 112
B-VG Art. 115 Abs2
B-VG Art. 118 Abs4
B-VG Art. 132 Abs5
B-VG Art. 151 Abs51 Z8

Text

                                                                                                              

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Neumann über die Beschwerde der A. GmbH gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65, vom 23.7.2020, Zl. ..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung durch Verkündung am 27.7.2021

A.

IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht erkannt:

I. Soweit sich der Antrag gemäß § 45 Abs. 2 StVO auf Bundes- oder Landesstraßen bezieht, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Und

B.

den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Soweit sich der Antrag gemäß § 45 Abs. 2 StVO auf Gemeindestraßen bezieht, wird die Beschwerde gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG wegen Unzuständigkeit (Art 132 Abs. 5 B-VG) zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

1.   Verfahrensgang

1.1.     Der Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheids des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65, vom 23.7.2020 enthält folgenden Spruch:

„Der Antrag der A. GmbH vom 10.06.2020 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung für zwei Jahre von der im X. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer von drei Stunden in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das Kraftfahrzeug mit dem

Kennzeichen: W-... (A)

wird gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) abgewiesen.“

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass aus dem Vorbringen nicht hervorgehe, dass die durchgeführten Tätigkeiten (wie die Inspektionsfahrten, gärtnerische Maßnahmen, Instandhaltungs-, Reparatur- und Wartungsarbeiten, Aufsicht sowie Planungs- und Entwicklungsarbeiten), eine Abstellung über die jedenfalls erlaubten zwei bzw. drei Stunden bedinge.

1.2.     Dagegen erhob die Beschwerdeführerin über ihren Rechtsvertreter binnen offener Frist Beschwerde. Zusammengefasst führt sie darin aus, dass eine Verletzung des Parteiengehörs zu den Beweisergebnissen vorliegen würde, der Bescheid inhaltlich rechtswidrig sei, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das erhebliche Interesse an der beantragten Ausnahme abspreche, und der Vorwurf fehlender Mitwirkungspflicht unzutreffend sei mangels eingeräumter Möglichkeit zur Mitwirkung.

1.3.     Am 27.7.2021 fand vor dem Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gab dabei zu Protokoll:

Über Befragung durch den Verhandlungsleiter:

? Ist die Beschwerdeführerin nach wie vor Zulassungsbesitzerin des Kfz mit dem Kennzeichen W-...?

„Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor Zulassungsbesitzerin des genannten Fahrzeugs.“

? Wie viele Mitarbeiter hat die Beschwerdeführerin?

„Im Moment bin ich Arbeitnehmer. Aufgrund der vielen Arbeit überlege ich mir, ob ich nicht zwei oder drei Mitarbeiter aufnehme.“

? Welche Tätigkeiten haben die einzelnen Mitarbeiter?

„Ich mache Baumschnitt und mähe den Rasen. Ich fahre um 08:30 Uhr von der Zentrale in der B.-gasse im X. Bezirk weg. Den Rasenmäher lade ich in das Auto hinein, die Laubsäcke. Es kommt auch Baumschnitt hinein. Ich habe in C. auch eine Liegenschaft. Das ist seit 2019 so. Ich brauche 50 Minuten hin. In C. kann ich das Laub nicht in die Sammelstelle der Gemeinde geben, weil man dort gemeldet sein müsste. Deswegen nehme ich das Laub nach Wien mit. So auch den Grasschnitt.“

? Welche allgemein umschriebenen Aufgaben hat die Beschwerdeführerin in Bezug auf die Liegenschaften

?    D.-gasse, in Y. Wien

?    E.-gasse in Y. Wien und

?    der Liegenschaft mit der F.-gasse, C.

„Ich kümmere mich um den Rasen, den Baumschnitt und mache auch kleinere technische Sachen, Ausbesserungsarbeiten beim Boden. Elektriksachen und Installateursangelegenheiten tue ich auslassen, Dachrinnen ausräumen.“

? Welche Verträge gibt es dazu?

„Die Liegenschaften sind vermietet. Es gibt aber auch Leerstände.“

? Welche Tätigkeiten fallen in Bezug auf die Betreuung an und was muss zur Wahrnehmung dieser Aufgaben transportiert werden?

„Unter Inspektionen verstehe ich, dass ich nachsehe, ob die Liegenschaft in einem guten Zustand ist. Da reicht schon ein kleines Leck einer Toilette für Probleme. Das war damals ein Leerstand.

Unter Aufsicht verstehe ich, dass etwa bei Reparaturarbeiten die beauftragten Unternehmen kontrolliert werden.

Von der Zentrale aus hole ich Angebote ein für anfallende Reparaturarbeiten. Kleinere Reparaturen schaffe ich selber.

Planungsarbeiten entstehen bei Veränderungen der Anlage auf der Immobilie. Etwa in der D.-gasse eine automationsgestützte Hochregallagerung.

In C. sind 780 m² Wohnungsfläche geplant.

Transportieren muss ich für die manuellen Tätigkeiten, etwa Baumschnitt. Kaum Transport gibt es bei den Planungstätigkeiten.“

? Warum können bestimmte Geräte nicht vor Ort gelagert werden?

„Ich habe gerne die Sachen bei mir. Im X. Bezirk habe ich auch eine Alarmanlage. Ich lasse aber manchmal Arbeitsgerät vor Ort, wenn ich am nächsten Tag weiterarbeite. Durch die zentrale Lagerung der Geräte gewinne ich Flexibilität, weil ich die Geräte dann nicht von einer Liegenschaft zu einer anderen transportieren muss.“

? Warum müssen Besprechungen (mit dem Arbeiter) wegen des Umparkens unterbrochen werden?

„In der Zentrale habe ich nur einen Garagenplatz. Ich habe das Wohnbezirkspickerl nur auf meinem Privatwagen. Auf dem Firmenwagen habe ich es nicht und muss daher Parkscheine ausfüllen und das Auto umstellen.“

? Können die für April / Mai angeführten Steh- und Einsatzzeiten bei den betreuten Liegenschaften vor Ort nach wie vor als Richtschnur für den Einsatz des PKW dienen.

„Die Arbeit setzt sich fort und beschränkt sich nicht auf die angeführten Monate. Saisonal bedingt und Zyklus bedingt ändern sich die anfallenden Arbeiten.“

? Was hat die Beschwerdeführerin unternommen, um einen Tiefgaragenplatz zu bekommen?

„Es gibt eine Tiefgarage, die 120 Meter weg ist, aber die ist ausgebucht.“

Der Vertreter der Beschwerdeführerin bringt vor, dass letzte Woche angefragt wurde, aber noch immer alle Plätze ausgebucht sind (Beilage ./A).

Der Verhandlungsleiter teilt mit, dass im Rahmen einer Google-Recherche im Juni 2021 ein Angebot für einen Tiefgaragenplatz in der G.-gasse im Y. Bezirk gegeben hat (am 12.7.2021 noch kein vertraglicher Abschluss). Der Tiefgaragenplatz ist laut Auskunft des Maklerbüros (H. GmbH) nicht an den Erwerb einer Eigentumswohnung gebunden. Google Maps zeigt, dass die Objekte in Wien Y mit weniger als 12 min von der Garage aus erreichbar sind. Die B.-gasse in Wien X. wäre in 16 min zu erreichen.

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gibt dazu an:

„Gegen die Anmietung einer solchen Garage würde sprechen, dass mein Büro in der B.-gasse ist. Da habe ich meine Zentrale, da habe ich eine Alarmanlage. Und von da fahre ich zu den einzelnen Liegenschaften. Ich habe ja auch C.. Ich werde mich dort nicht einmieten, wenn der Firmensitz die B.-gasse ist.“

Über Befragung durch den Behördenvertreter gibt der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin an:

„Es gibt einen Garagenplatz für das private Fahrzeug. Es gibt auch ein Bewohnerpickerl für das private Fahrzeug. Meine Frau steht mit dem Bewohnerpickerl vom X. mit dem Fahrzeug auf der Straße. Es sind € 18.500,00 Kreditraten zu bezahlen. Die Mieteinnahmen machen im Monat € 24.000,00 bis € 25.000,00 aus. Nicht zu vergessen sind dann aber die Instandhaltungskosten.“

Über Befragung durch den Vertreter der Beschwerdeführerin gibt der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin an:

„Wenn ich die Arbeiten outsourcen würde und nicht selbst machen würde, dann würde nicht mehr viel übrigbleiben. Die D.-gasse hat 9.000 m² Grundfläche und die E.-gasse hat 7.000 m². Beide Liegenschaften haben Flachdächer. Bei einer Liegenschaft sind die Fläche der Flachdächer 1.500 m² und 2.500 m². Bei einer Liegenschaft gab es wegen verstopfter Abflüsse Wasserrückstau.

In der I.-gasse, J., gab es eine Besserungsklausel. Diese richtet sich nach der maximalen Bebauungsdichte. Deswegen wurde die Bebauung kontrolliert.

Derzeit löse ich das Parkplatzproblem mit dem Betriebsfahrzeug, indem ich es vor die Garage stelle. Ich fülle aber auch Parkscheine aus. Bei meinem Parken vor der Garage muss ich aber immer wieder wegfahren, damit das Auto aus der Garage raus kann. Es gibt auch Fälle wo das Auto rasch aus der Garage fahren muss, etwa wenn meine Frau beruflich einen Arzteinsatz hat. Die Garageneinfahrt ist auf öffentlichem Grund. Besprechungen mit Baumeister und Architekten, Besprechungen mit dem Steuerberater und Besprechungen in Bezug auf Projekte, da hat man im Büro zu tun.

Das Firmenauto verwende ich für Transportzwecke aber auch für Repräsentationszwecke. Die Unterbrechungen, um Parkscheine auszufüllen und das Auto zu verstellen, stören den Arbeitsfluss. Die Unterbrechungen führen zu längeren Arbeitszeiten, weil ich viel schneller wäre, wenn ich in einem durcharbeiten könnte. Da wäre ich effektiver.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit Taxis könnte ich nicht all das transportieren, was ich zur Verrichtung meiner Arbeiten brauche.“

Über Befragung durch den Verhandlungsleiter gibt der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin abschließend an:

„Das Firmenauto soll sich beim Büro befinden, weil ich und die Familie dort wohnen. Ein Teil ist Lager. Sämtliche Werkzeuge und Gerätschaften, die ich zum Arbeiten brauche sind in der B.-gasse.“

 

2.   Sachverhalt

2.1.     Handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (A. GmbH) mit B.-gasse, X Wien, als Geschäftsanschrift ist DI K. L., der auch 100%-Eigentümer der Gesellschaftsanteile ist. Die Beschwerdeführerin hat keine Arbeitnehmer, wobei der Geschäftsführer aufgrund des hohen Arbeitsanfalls überlegt zwei oder drei Mitarbeiter aufzunehmen. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat seinen Wohnsitz in B.-gasse, X Wien.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaften D.-gasse und E.-gasse in Y. Wien sowie auch der Liegenschaft mit der F.-gasse, C.. Diese Liegenschaften werden von der Beschwerdeführerin verwaltet und betreut.

2.2.     Dabei kümmert sich deren Geschäftsführer um den Rasen, den Baumschnitt, das Ausräumen von Dachrinnen (Befreiung etwa von Laub) und macht er auch „kleinere technische Sachen“, etwa Ausbesserungsarbeiten beim Boden. Angelegenheiten im Bereich der Elektrik und Aufgaben eines Installateurs werden nicht durchgeführt.

2.3.     Die Beschwerdeführerin ist Zulassungsbesitzerin des Kfz mit dem Kennzeichen W-....

2.4.     Dieses Fahrzeug dient der Anfahrt zu den oben genannten Liegenschaften sowie dem Transport von Arbeitsgeräten und Werkzeug zur Durchführung von Reparaturarbeiten und der Außenpflege (Rasenmähen, Heckenschneiden etc.) für die unter 2.2. genannten Tätigkeiten. Ebenso werden Abfall im Rahmen der Pflege von Grünanlagen und Bäumen wie Rasenschnitt, Baumschnitt und Laubsäcke mit dem in Rede stehenden Kraftfahrzeug transportiert.

2.5.     Der Arbeitsanfall vor Ort bei den von der Beschwerdeführerin verwalteten Liegenschaften lässt sich April bis Mitte Mai 2020 wie folgt darstellen:

Datum

Uhrzeit

Ort

Tätigkeit

1.4.2020

09:15 bis 12:30

F

Rasenschnitt

2.4.2020

10:00 bis 13:15

D

Strauchschnitt und Entsorgung

3.4.2020

09:00 bis 13:45

D

Strauchschnitt und Entsorgung

8.4.2020

09:00 bis 13:30

E

Rasenschnitt

10.4.2020

09:00 bis 12:00

D

Strauchschnitt und Entsorgung

11.4.2020

08:00 bis 15:45

F

Baumschnitt und Entsorgung

15.4.2020

09:00 bis 12:15

F

Rasenschnitt

17.4.2020

09:00 bis 11:00

D

Strauchschnitt und Entsorgung

18.4.2020

09:00 bis 15:30

F

Strauchschnitt und Entsorgung

21.4.2020

08:30 bis 12:45

D

Strauchschnitt und Entsorgung

22.4.2020

09:00 bis 14:30

E

Rasenschnitt

23.4.2020

09:00 bis 16:15

D

Reinigung und Instandhaltungsarbeiten

25.4.2020

09:45 bis 10:30

J

Besichtigung Baufortschritt

27.4.2020

10:15 bis 13:00

D

Reinigung und Instandhaltungsarbeiten

28.4.2020

09:00 bis 12:30

D

Instandhaltungsarbeiten

30.4.2020

10:30 bis 12:00

D

Besichtigungen

2.5.2020

09:00 bis 11:00

F

Rasenschnitt

4.5.2020

09:00 bis 14:15

D

Reinigung und Instandhaltungsarbeiten

6.5.2020

09:15 bis 17:00

D

Reinigung und Instandhaltungsarbeiten

7.5.2020

10:00 bis 17:15

D

Instandhaltungsarbeiten

8.5.2020

09:00 bis 17:00

D

Instandhaltungsarbeiten

9.5.2020

10:00 bis 11:30

D

Reinigung

13.5.2020

08:45 bis 13:00

F

Rasenschnitt

14.5.2020

9:00 bis 12:15

E

Rasenschnitt

15.5.2020

09:15 bis 11:45

D

Reinigung

Abkürzungen:

F.-gasse, C.: F

D.-gasse, Y. Wien: D

E.-gasse, Y. Wien: E

I.-gasse, J.: J

Es ist einem ähnlichen Aufwand (abgesehen von saisonalen Schwankungen) generell auszugehen.

2.6.     Im Juni 2021 wurde ein Tiefgaragenplatz in der G.-gasse im Y. Bezirk angeboten (am 12.7.2021 noch kein vertraglicher Abschluss für den Stellplatz). Der Tiefgaragenplatz war nicht an den Erwerb einer Eigentumswohnung gebunden. Google Maps zeigt am Routenplaner, dass die Objekte der Beschwerdeführerin in Wien Y. mit weniger als 12 min von der Garage aus per Kfz erreichbar sind.

2.7.     Die Bemühungen für einen Tiefgaragenplatz beschränkten sich auf die Suche nach einem Stellplatz in einer Tiefgarage, die nach Auskunft des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin 120 m vom Sitz der Beschwerdeführerin weg ist. Diese Tiefgarage ist ausgebucht. Im Umfeld der B.-gasse besteht für das Kfz mit dem Kennzeichen W-... außerhalb der für alle Kfz zugänglichen Parkmöglichkeiten keine gesondert vorgesehene Parkfläche.

2.8.     Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Anfrage bei der H. GmbH und Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens. Die entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt bzw. dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft und sind auch nicht weiter strittig. 2.2. und 2.4. ergibt sich aus den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin. 2.5. entspricht den nachvollziehbaren Vorbringen der Beschwerdeführerin und den Anmerkungen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung.

3.   Rechtliche Beurteilung

§ 45 Abs. 1 und Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 6/2017, lauten:

„(1) Die Behörde kann auf Antrag durch Bescheid die Benützung von Straßen mit einem Fahrzeug oder einer Ladung mit größeren als den zulässigen Maßen und Gewichten bewilligen, wenn das Vorhaben im besonderen Interesse der österreichischen Volkswirtschaft liegt, sich anders nicht durchführen läßt und keine erheblichen Erschwerungen des Verkehrs und keine wesentlichen Überlastungen der Straße verursacht. Antragsberechtigt sind der Fahrzeugbesitzer oder die Person, für welche die Beförderung durchgeführt werden soll. Liegt bereits eine entsprechende kraftfahrrechtliche Bewilligung vor, so ist eine Bewilligung nach diesem Absatz nicht erforderlich.

(2) In anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie zB auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.“

Wie aus dem oben angeführten Abs. 2 ersichtlich wird, müsste die Ausnahme für die Beschwerdeführerin aufgrund eines erheblichen wirtschaftlichen Interesse erforderlich sein oder sich die der Beschwerdeführerin obliegenden Aufgaben nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen lassen. Dies liegt gegenständlich nicht vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in Auslegung der Bestimmung des § 45 Abs. 2 StVO in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung von derartigen Ausnahmebewilligungen ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das Erkenntnis vom 28.2.2003, 2000/02/0324).

Eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO 1960 ist nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen (Hinweis E 4. Februar 1994, 93/02/0078). Denn würde die Behörde bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen ‚erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse‘ einen großzügigen Maßstab anlegen, so würde sie sich im Falle der Stattgebung eines derartigen Antrages für zukünftige Anbringen präjudizieren, wollte sie sich nicht dem Vorwurf der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aussetzen. (VwGH 14.6.2005, 2004/02/0379)

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 11.10.1973, 1647/71, betreffend die Wertung eines durch ein Fahrverbot notwendigerweise zu fahrenden Umweges Folgendes ausgeführt:

„Es kann wohl nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass ein Umweg von nahezu 2 km einem Landwirt keinesfalls zumutbar ist, besonders wenn sein landwirtschaftlicher Betrieb voll motorisiert ist. Mit dem allgemeinen Hinweis auf den Umweg von fast 2 km allein ist mithin nicht hinreichend ein erhebliches, wirtschaftliches Interesse dargetan, vielmehr wird hiefür im vorliegenden Fall entscheidend sein, wie oft die Bewirtschaftung der beiden obgenannten Parzellen, die der Ausnahmewerber über den gegenständlich kürzeren Weg erreichen will, die Benützung landwirtschaftlicher Maschinen und Wirtschaftsfuhren notwendig macht. Ist eine solche nur im geringen Ausmaß im Jahr gegeben, dann liegt es sicher auch im wirtschaftlichen Interesse, Zeit zur Verkürzung des Weges zu sparen, doch kann nicht von einem erheblichen Interesse gesprochen werden."

Das erkennende Gericht weist zunächst darauf hin, dass für den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, der zum Entscheidungszeitpunkt der einzige war, der diese Arbeiten verrichtete, weil die Beschwerdeführerin über keine weiteren Geschäftsführer oder Arbeitnehmer verfügte, aufgrund der räumlichen Nähe zwischen dessen Wohnsitz und den Büroräumlichkeiten der Beschwerdeführerin eine tägliche Anfahrt zum und die Heimfahrt vom Büro wegfällt. Müsste nun das Kfz (das als Arbeitsgerät zu sehen ist) außerhalb des Nahbereichs zu den Büroräumlichkeiten abgestellt werden, so würde jedoch damit die Beschwerdeführerin anderen Wirtschaftsunternehmen gegenüber bei einer Durchschnittsbetrachtung insofern nicht benachteiligt, als für Arbeitskräfte und Geschäftsführung in aller Regel eine Anfahrt zum und eine Heimfahrt vom Arbeitsplatz häufig der Fall sein wird. Mit der exemplarisch angeführten Möglichkeit einer Anmietung in der G.-gasse im Y. Bezirk wäre eine Möglichkeit in der Nähe von zwei der drei Objekte zum Parken gegeben. Erachtet die Beschwerdeführerin die Anreise für ihren Geschäftsführer mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die G.-gasse als zu lang, so könnte noch immer ein Parkplatz im X. Bezirk mit deutlich geringerer Anfahrtszeit für den Geschäftsführer gewählt werden. Dafür gibt es offenkundig zahlreiche Möglichkeiten, wie etwa die allgemein zugängliche Abfrage von www.immobiliennet.at zeigt (Die Fahrzeit des dort am 19.8.2021 angebotenen Parkplatzes in der M.-gasse zur E.-gasse in Y. Wien beträgt laut Google Maps bloß 21 Minuten). Die Beschwerdeführerin hat sich allerdings damit begnügt, sich lediglich mit Parkplatzmöglichkeiten in einer 120 m entfernten Tiefgarage auseinanderzusetzen.

Wie oben bereits gezeigt wurde, kann der Wunsch nach Aufrechterhaltung des status quo, also des Entfalls einer Anfahrtszeit, kein erhebliches wirtschaftliches Interesse begründen, das eine Ausnahme erfordern würde. Anfahrtszeiten zu den Zielobjekten müssen ohnedies bereits jetzt schon in Kauf genommen werden. Dies gilt auch für Fahrten zur Entsorgung von grünem Abfall (z. B. Schnittgut). Bezüglich der Anfahrten zu den Zielobjekten ist noch anzumerken, dass nach den vorgelegten Aufzeichnungen über Umfang und Inhalt der vor Ort durchzuführenden Erledigungen davon auszugehen ist, dass im Wesentlichen mit einer einmal täglichen Anfahrt das Auslangen gefunden werden kann. Schließlich weist der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin darauf hin, dass sämtliche Werkzeuge und Gerätschaften, die er zum Arbeiten brauche, in der B.-gasse seien. Weiters führt er aus, dass er die Sachen gerne bei sich habe. Im X. Bezirk habe er auch eine Alarmanlage. Durch die zentrale Lagerung der Geräte gewinne er Flexibilität, weil er die Geräte dann nicht von einer Liegenschaft zu einer anderen transportieren müsse. Dazu ist anzumerken: Wenn eine zentrale Lagerung von großer Bedeutung ist, könnte diese auch mit einem Garagenplatz (etwa im X. Bezirk) für das Kfz außerhalb der unmittelbar näheren Umgebung der B.-gasse fortgesetzt werden, wenngleich dann vom Garagenplatz eine zusätzliche Fahrt zur B.-gasse für die Abholung bzw. Rückgabe der Geräte vorgesehen werden müsste. Sollte dies als zu aufwendig angesehen werden, könnte als alternative Lösung Gerätschaft im Auto verwahrt werden. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass das Belassen der erforderlichen Geräte im Fahrzeug unmöglich oder sonst untunlich wäre.

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass Lösungsmöglichkeiten für das von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Problem einer fehlenden Parkmöglichkeit ihres Kfz in der B.-gasse aufgezeigt werden konnten, deren Verwirklichung einem erheblichen wirtschaftlichen Interesse entgegenstehen würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ad B.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG hat das Verwaltungsgericht seine sachliche und örtliche Zuständigkeit – in jeder Lage des Verfahrens (vgl. etwa VwGH 12.9.2012, 2009/08/0054) – von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihm Anbringen ein, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist, hat es diese an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Steht die Zuständigkeit in Frage bzw. ist aus Rechtsschutzgründen eine bekämpfbare Entscheidung geboten, hat eine formelle Zurückweisung wegen Unzuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG zu erfolgen (vgl. etwa VwGH 18.5.2018, Ra 2017/02/0029 mwV; sg. VwGH 19.6.2018, Ko 2018/03/0002 zum negativen Kompetenzkonflikt; VwGH 27.1.2004, 2000/10/0062).

Gemäß § 94d Z 6 StVO legt fest, dass die Bewilligung von Ausnahmen (§ 45) von den erlassenen Beschränkungen und Verboten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sind, sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll.

Die verfassungsrechtliche Übergangsregelung des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG anlässlich der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 lautet:

Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage [sic!] genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.

Die gemäß lit. J. der verwiesenen Anlage aufgelösten unabhängigen Verwaltungsbehörden des Landes Wien waren:

1. Bauoberbehörde gemäß § 138 des Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuches (Bauordnung für Wien – BO für Wien), LGBl. Nr. 11/1930;

2. Oberschiedskommission gemäß § 116 des Gesetzes über die Regelung des Jagdwesens (Wiener Jagdgesetz), LGBl. Nr. 6/1948;

3. Abgabenberufungskommission gemäß § 203 des Gesetzes über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR), LGBl. Nr. 21/1962;

4. Berufungssenat gemäß § 48a Abs. 1 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl. Nr. 28/1968;

5. Leistungsfeststellungsoberkommission beim Stadtschulrat für Wien gemäß § 4 Abs. 1 lit. b des Gesetzes betreffend die Zuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen für Volks-, Haupt-, Sonderschulen und Polytechnische Schulen sowie für Berufsschulen (Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen-Diensthoheitsgesetz 1978 – LDHG 1978), LGBl. Nr. 4/1979;

6. Disziplinaroberkommission beim Stadtschulrat für Wien gemäß § 9 Abs. 1 lit. c des Gesetzes betreffend die Zuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen für Volks-, Haupt-, Sonderschulen und Polytechnische Schulen sowie für Berufsschulen (Wiener Landeslehrer und Landeslehrerinnen-Diensthoheitsgesetz 1978 – LDHG 1978), LGBl. Nr. 4/1979;

7. Dienstrechtssenat gemäß § 74a des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 – DO 1994), LGBl. Nr. 56;

8. Vergabekontrollsenat gemäß § 3 des Wiener Vergaberechtsschutzgesetzes 2007 (WVRG 2007), LGBl. Nr. 65/2006.

Im neu etablierten Regime erkennen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte. Für im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehende Angelegenheiten gelten nunmehr folgende besonderen verfassungsrechtlichen Vorgaben:

Art. 118 Abs. 4 B-VG:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug; dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt dem Bund und dem Land ein Aufsichtsrecht über die Gemeinde (Art. 119a) zu.

Art. 132 Abs. 5 B-VG:

In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

Art 115 Abs. 2 B-VG:

Soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes festgesetzt ist, hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht nach den Grundsätzen der folgenden Artikel dieses Abschnittes zu regeln. Die Zuständigkeit zur Regelung der gemäß den Art. 118, 118a und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten einschließlich eines allfälligen Ausschlusses des Instanzenzuges bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes.

Art. 112 erster Satz B-VG:

Nach Maßgabe der Art. 108 und 109 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im Übrigen die Bestimmungen des Abschnittes A des fünften Hauptstückes mit Ausnahme des Art. 117 Abs. 6 zweiter Satz, des Art. 119 Abs. 4 und des Art. 119a.

§ 75 Abs. 1 WStV unter der Überschrift „Eigener Wirkungsbereich“ lautet nunmehr:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen. Ein Instanzenzug findet nicht statt.

Gemäß dem auf die Bundeshauptstadt Wien anzuwendenden Art. 115 Abs. 2 B-VG bestimmt sich der allfällige Ausschluss des Prinzips des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges (Art. 118 Abs. 4) nach den allgemeinen Vorschriften des B-VG, sohin insbesondere nach den Kompetenzregelungen der Art. 10 ff. Ein solcher Ausschluss obliegt daher ausschließlich dem verfassungsrechtlich zuständigen Materiengesetzgeber, woran auch der Umstand nichts ändert, dass eine entsprechende Regelung nicht zwingend im jeweiligen Materiengesetz zu erfolgen hat. Wurde der Instanzenzug daher durch den Landesgesetzgeber in einer Gemeindeordnung bzw. einem Stadtstatut – wie gegenständlich im oben zitierten § 75 Abs. 1 WStV idgF – generell ausgeschlossen, so kann dies bei verfassungskonformer Interpretation nur für Materien gelten, die in der Gesetzgebung Landessache sind. Für Angelegenheiten, die in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fallen, kommen in erster Linie einschlägige Materiengesetze in Betracht. Ein genereller (materienübergreifender) Ausschluss des Instanzenzuges durch einfaches Bundesgesetz könnte wohl insofern problematisch sein, als dadurch - im Zusammenhalt mit entsprechenden landesgesetzlichen Ausschlüssen - das verfassungsrechtlich etablierte Prinzip des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges unterlaufen bzw. dezimiert würde.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG Angelegenheiten der Straßenpolizei, wozu auch der verfahrensgegenständliche Sachverhalt zu zählen ist, in Gesetzgebung Bundessache. Die StVO ist ein Bundesgesetz. Der zweistufige Instanzenzug ist weder in der StVO noch in einem anderen Bundesgesetz ausgeschlossen. Als einzige in Betracht kommende Möglichkeit verbliebe hier ein Ausschluss dieses Instanzenzuges durch den Bundesverfassungsgesetzgeber selbst. Von einem solchen verfassungsrechtlichen Ausschluss wird teilweise in der Literatur ausgegangen (vgl. Pauer, Justizstaat: Chance oder Risiko?, S. 251 ff; Kolonivits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 526, Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rz 27), dies offenbar im Wesentlichen mit der Argumentation, dass mit den verfassungsrechtlichen Übergangsbestimmungen des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm lit. J. der verwiesenen Anlage insgesamt acht Wiener „sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden“, darunter der für Rechtsmittel gegen Entscheidungen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuständige Berufungssenat, aufgelöst wurden und die Zuständigkeit zur Weiterführung dort anhängiger Verfahren auf die Verwaltungsgerichte (BVerwG, VGW) überging; gleichartige Behörden dürften in Wien auch nicht mehr geschaffen werden. Hingegen seien in anderen Bundesländern Rechtsmittelbehörden auf Gemeindeebene nicht aufgelöst worden.

Das erkennende Gericht kann diese Schlussfolgerung aus folgenden Gründen nicht teilen:

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 112 B-VG gelten die im Abschnitt A des fünften Hauptstückes des B-VB etablierten verfassungsrechtlichen Vorgaben für Gemeinden (Art. 115 bis 120) ausdrücklich auch für die Bundeshauptstadt Wien. Ausgenommen sind lediglich einzelne, in abschließender Aufzählung angeführte Bestimmungen, zu welchen weder Art. 115 Abs. 2 noch Art. 118 Abs. 4 gehören. Bereits hier zeigt sich, dass nach dem klaren Willen des Verfassungsgesetzgebers die reformbedingt überarbeiteten Grundregeln für den innergemeindlichen Instanzenzug - einschließlich seines potenziellen gesetzlichen Ausschlusses - in allen neun Bundesländern in gleicher Weise gelten sollen.

Auch in den Erläuterungen (RV 1618 BlgNR 24. GP, 11) zum reformbedingten Entfall des ehemaligen Art. 111 B-VG als verfassungsrechtliche Grundlage der Bauoberbehörde und der Abgabenberufungskommission ist im sachlichen Zusammenhang wörtlich ausgeführt (Hervorhebung VGW):

Art. 111 B-VG, der für die Bundeshauptstadt Wien in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens eine Entscheidung in oberster Instanz durch besondere Kollegialbehörden vorsieht, soll entfallen (was freilich nichts daran ändert, dass der in Z 56 vorgeschlagene Art. 118 Abs. 4 gemäß Art. 112 B-VG auch für die von der Bundeshauptstadt Wien zu besorgenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gelten soll

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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