TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/17 LVwG-2021/37/2847-4, LVwG-2021/37/2848-4

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Veröffentlicht am 17.03.2022
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Entscheidungsdatum

17.03.2022

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal
82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LSD-BG 2016 §27
LSD-BG 2016 §28a
LSD-BG 2016 §39
LSD-BG 2016 §105
ÄrzteG 1998 §2
ÄrzteG 1998 §199
COVID-19-SchutzmaßnahmenV 04te 2021 §18
VStG §5
VStG §19
VStG §20
VStG §45
VwGVG 2014 §47
VwGVG 2014 §50
VwGVG 2014 §52

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y (= belangte Behörde) vom 14.09.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), sowie über die Beschwerde des CC, Adresse 1, **** Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y (= belangte Behörde) vom 14.09.2021, Zl ***, betreffend Übertretungen nach dem GuKG und dem Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

I.

Beschwerde der AA

1.       Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.09.2021, Zl ***, wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass

es bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG):

㤠105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl I Nr 108/1997 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 54/2017

und bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG):

§ 105 Abs 1 Z 1 GuKG, BGBl I Nr 108/1997, idF BGBl I Nr 54/2017

zu lauten hat.

2.       Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 60,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II.

Beschwerde des CC

1.       Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.09.2021, Zl ***, wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass

1.1.    im angefochtenen Straferkenntnis die Formulierung „an der Teststraße“ durch die Formulierung „im Rahmen der betrieblichen Testung“ ersetzt wird,

1.2.    es bei der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG):

zu 1.:  „§ 105 Abs 1 Z 2 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl I Nr 108/1997, in der Fassung (idF) BGBl I Nr 54/2017“ und

zu 2.:  „§ 199 Abs 1 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169/1998, idF BGBl I Nr 20/2019 in Verbindung mit (iVm) § 2 Abs 2 und 3 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998, idF BGBl I Nr 16/2020

und bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG):

zu 1.:  „§ 105 Abs 1 Z 2 GuKG, BGBl I Nr 108/1997, idF BGBl I Nr 54/2017“ und

zu 2.:  „§ 199 Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998, idF BGBl I Nr 20/2019

zu lauten hat.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 120,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis vom 14.09.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA zur Last gelegt, am 17.05.2021 am Standort des Unternehmens DD in **** Z, Adresse 1, Corona-Tests abgenommen zu haben, ohne eine Berufsberechtigung in Österreich zu besitzen. Dadurch hätte sie die Rechtsvorschrift des § 105 Abs 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) verletzt, weswegen über sie gemäß § 105 Abs 1 Z 1 GuKG eine Geldstrafe in Höhe von Euro 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde.

Mit Straferkenntnis vom 14.09.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y CC zur Last gelegt, dass 1. zumindest am 17.05.2021 seine Ehefrau, Beschwerdeführerin AA, am Standort von DD in **** Z, Adresse 1, Corona-Tests abgenommen habe, ohne eine Berufsberechtigung in Österreich zu besitzen, und er somit seine Ehefrau zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege herangezogen habe, zu welcher sie an dem genannten Tag nicht berechtigt gewesen sei, und 2. er es zu verantworten habe, dass am 17.05.2021 an der Teststraße der Firma DD, Adresse 1, **** Z, AA, weder freiberuflich noch im Zuge eines Arbeitsverhältnisses für eine befugte Stelle Corona-Tests durchgeführt und folglich die zur Durchführung medizinischer Leistungen nicht befugte Firma DD Corona-Tests vorgenommen habe. Dadurch habe er zu 1. die Rechtsvorschrift des § 105 Abs 1 Z 2 GuKG und zu 2. die Rechtsvorschrift des § 199 in Verbindung mit (iVm)
§ 2 ff Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) iVm § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) verletzt, weswegen über den Beschwerdeführer jeweils eine Geldstrafe in Höhe von Euro 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 1 Tag) verhängt wurde.

Gegen das Straferkenntnis vom 14.09.2021, Zl ***, hat AA, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, mit Schriftsatz vom 15.10.2021 Beschwerde erhoben. In ihrem Rechtsmittel bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe alle formalen Voraussetzungen für die Berufsberechtigung als Krankenschwester erfüllt und sei daher berechtigt, ihren Beruf auszuüben. Sie habe eine Ausbildung als Krankenschwester und sei jahrzehntelang in diesem Bereich tätig gewesen. Aufgrund des Schriftverkehrs mit der Bezirkshauptmannschaft Y und der EE habe sie davon ausgehen können, dass sie die Tätigkeit in Österreich ausüben und jedenfalls einen Abstrich nehmen dürfe. Zudem lägen die Voraussetzungen für ein Absehen der Strafe oder eine Umwandlung der verhängten Strafe in eine Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor. Auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG seien gegeben.

Gegen das Straferkenntnis vom 14.09.2021, Zl ***, hat CC, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, mit Schriftsatz vom 15.10.2021 Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass seine Ehefrau AA alle formalen Voraussetzungen für die Berechtigung als Krankenschwester erfüllt habe und berechtigt gewesen sei, ihren Beruf auszuüben. Er habe keine Teststraße betrieben, sondern es seien im Rahmen der betrieblichen Testung Mitarbeiter/innen, aber auch betriebsfremde Personen getestet worden. Er habe aufgrund des Schriftverkehrs mit der Bezirkshauptmannschaft Y und der EE davon ausgehen können, dass seine Ehefrau AA die Tätigkeit in Österreich habe ausüben und jedenfalls einen Abstrich habe durchführen dürfen. Zudem lägen die Voraussetzungen für ein Absehen der Strafe oder eine Umwandlung der Strafe in eine Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor. Auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG seien gegeben.

Mit den Schriftsätzen vom 19.10.2021, Zlen *** und ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y die Gegenstandsakten dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerden der AA und des CC gegen die jeweiligen Straferkenntnisse vom 14.09.2021 vorgelegt.

Die Bezirkshauptmannschaft Y hat die vom Beschwerdeführer CC angemeldeten Gewerbe dem Landesverwaltungsgericht Tirol mitgeteilt. Am 02.03.2022 wurde dem Landesverwaltungsgericht Tirol ein ergänzendes Vorbringen und weitere Beweismittel im Namen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers vorgelegt.

Am 03.03.2022 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin haben dabei im Wesentlichen auf ihr bisher erstattetes schriftliches Vorbringen, insbesondere auf die Beschwerden vom 15.10.2021 und die ergänzende Stellungnahme vom 02.03.2022, verwiesen. Der Beschwerdeführer hat betont, dass er, aber auch seine Ehefrau, sich umfangreich und ausreichend darüber informiert hätten, ob und in welcher Form in dem von ihm betriebenen Unternehmen DD Corona-Tests durchgeführt werden hätten dürfen. Insbesondere nach Durchsicht der entsprechenden Informationen auf der Homepage der EE seien er und seine Ehefrau davon ausgegangen, dass sie berechtigt gewesen wären, betriebliche Testungen im Unternehmen durchzuführen. Die Beschwerdeführerin hat ebenfalls auf das bisherige schriftliche Vorbringen verwiesen und sich den Ausführungen ihres Ehemannes angeschlossen.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin, jeweils als Partei, durch die Einvernahme des Zeugen FF sowie durch Einsichtnahme und Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Y und der Akten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.

II.      Sachverhalt:

1.       Allgemeine Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zum Beschwerdeführer:

Die am 09.11.1978 geborene AA ist an der Adresse Adresse 1, **** Z, wohnhaft. Sie ist deutsche Staatsbürgerin und lebt seit zumindest 2008 in Österreich.

AA ist eine in Deutschland ausgebildete Krankenschwester. Gemäß der ihr von der Regierung in Oberbayern ausgestellten Urkunde vom 01.04.2000 ist sie berechtigt, die Berufsbezeichnung Krankenschwester zu führen. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat mit Bescheid vom 08.06.2021, Zl ***, die Ausbildung der Beschwerdeführerin in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege gemäß den §§ 28a und 29 Abs 1 Z 1 GuKG anerkannt. Aufgrund dieses Bescheides ist die Beschwerdeführerin berechtigt, nunmehr die Berufsbezeichnung „Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin“ zu führen. Am 22.06.2021 ließ sie sich im Gesundheitsregister als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin eintragen (Eintragungsnummer: ***). Laut dieser Eintragung ist sie nunmehr freiberuflich tätig.

Die Beschwerdeführerin bezieht als Angestellte ihres Ehemannes ein monatliches Nettoeinkommen von ca Euro 1.300,00. Sie ist – gemeinsam mit ihrem Ehemann – für zwei Kinder im Alter von 11 und 13 Jahren sorgepflichtig.

CC, geb am 04.12.1974, ist österreichischer Staatsbürger und wohnhaft an der Adresse Adresse 1, **** Z. Sein durchschnittliches Monatseinkommen beträgt Euro 3.000,00. Er ist – gemeinsam mit seiner Ehefrau – gegenüber zwei Kindern im Alter von 11 und 13 Jahren sorgepflichtig.

Der Beschwerdeführer verfügt über verschiedene Gewerbeberechtigungen. Unter der Bezeichnung „DD“ betreibt er das Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe. Im Rahmen dieses Unternehmens ist der Beschwerdeführer als Geschäftsführer tätig.

2.       Zu den Tatvorwürfen:

Seit dem 09.04.2021 wurden am Standort des Unternehmens DD Antigen-Schnelltests durchgeführt. Zum Einsatz gelangten die zertifizierten Spuck-Tests „GG“. Die konkrete Durchführung dieser Tests war Aufgabe der Beschwerdeführerin als Angestellte ihres Ehemannes CC (= Beschwerdeführer).

Die Personen, die sich dem Test unterzogen, spuckten in einen Plastikbeutel. Die Beschwerdeführerin vermischte in weiterer Folge diese/n Spucke/Speichel mit der Trägerflüssigkeit und drückte das so entstandene Gemisch auf der Testkarte aus.

Die Tests hätten auch mit Nasenabstrichen durchgeführt werden können. Testungen in dieser Form hat die Beschwerdeführerin allerdings nicht vorgenommen.

Über den Vorgang der Testungen war die Beschwerdeführerin zuvor vom Facharzt
JJ unterrichtet worden. Nach dessen Einschulung und Einweisung führte die Beschwerdeführerin die eben beschriebenen Tests selbständig durch. Allerdings war weiterhin Facharzt JJ als medizinische Aufsichtsperson tätig. In dieser Funktion erstellte er wöchentlich eine Liste, aus der ersichtlich war, wie viele Tests an welchen Personen durchgeführt worden waren.

Auch am 17.05.2021 führte die Beschwerdeführerin im Auftrag der Firma DD am Firmensitz, Adresse 1, **** Z, GG-Tests als Angestellte des Beschwerdeführers durch.

Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer haben sich mit Facharzt JJ vor Aufnahme der betrieblichen Testungen – 09.04.2021 – anhand der auf der Homepage der EE zur Verfügung stehenden Informationen erkundigt, ob die beabsichtigten Testungen in der beschriebenen Form am Standort des Unternehmens DD durchgeführt werden dürfen. Aufgrund dieser Informationen gingen die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer davon aus, dass nach einer entsprechenden Einschulung durch Facharzt JJ und dessen weiterhin ausgeübter ärztlicher Aufsicht die betrieblichen Testungen – wie beschrieben – vorgenommen werden hätten dürfen.

Der Beschwerdeführerin war bekannt, dass sie die in Deutschland erworbene Ausbildung als diplomierte Krankenschwester in Österreich nostrifizieren muss, um etwa in einem Krankenhaus oder als freiberufliche Krankenschwester tätig zu sein. Ausgehend von den Informationen auf der Homepage der EE waren die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer aber der Meinung, dass die Vornahme der betrieblichen Testungen lediglich die Einschulung durch einen Arzt voraussetze. Eine Nostrifizierung ihrer in Deutschland erworbenen Ausbildung hielt die Beschwerdeführerin, aber auch deren Ehemann, für die Durchführung der betrieblichen Testungen nicht für erforderlich.

Aufgrund der ab dem 10.05.2021 erfolgten Erhebungen der Bezirkshauptmannschaft Y zu den am Standort der Firma DD durchgeführten Antigen-Schnelltests wandten sich der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin an FF, Leiter der Bezirksstelle Y der EE. Zunächst ging FF davon aus, dass alle Voraussetzungen für die Abwicklung der betrieblichen Testungen vorlägen und kommunizierte dies auch gegenüber der belangten Behörde mit E-Mail vom 14.05.2021. Sobald FF den Umstand der fehlenden Anerkennung der Ausbildung der Beschwerdeführerin in Österreich erfahren hatte, informierte er die belangte Behörde mit
E-Mail vom 18.05.2021 darüber, dass der formale Akt der Anerkennung so rasch als möglich nachgeholt werde.

Mit Schriftsatz vom 18.05.2021 teilte Facharzt JJ der belangten Behörde mit, so lange keine weiteren Bescheinigungen mehr auszustellen, bis die der Beschwerdeführerin zuerkannte Berufsberechtigung auch in Österreich nostrifiziert ist. Die betriebliche Testung am Standort des Unternehmens DD wurden in weiterer Folge eingestellt und erst wiederaufgenommen, sobald die Beschwerdeführerin ihre in Deutschland erworbene Ausbildung in Österreich nostrifiziert hatte.

III.     Beweiswürdigung:

Die allgemeinen Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zum Beschwerdeführer stützen sich auf deren Aussagen und die behördlichen Akten. Zu den angemeldeten Gewerben des Beschwerdeführers hat das Landesverwaltungsgericht Tirol bei der Bezirkshauptmannschaft Y, Gewerbeabteilung, eine entsprechende Auskunft eingeholt. Dementsprechend lauten die Feststellungen in Kapitel 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.

Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, seit dem 09.04.2021 am Standort des von ihm betriebenen Unternehmens DD betriebliche Testungen – näher bezeichnete Antigen-Schnelltests – durchgeführt zu haben. Die Testungen seien von seiner Ehefrau nach einer entsprechenden Einschulung und Einweisung durch den Facharzt JJ erfolgt. Die Aussagen des Beschwerdeführers hat die Beschwerdeführerin bestätigt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung näher erläutert, in welcher Form sie die Testungen durchgeführt habe.

Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer haben betont, sich über die Zulässigkeit solcher betrieblichen Testungen insbesondere anhand der Informationen auf der Homepage der EE erkundigt zu haben. Sie seien aufgrund dieser Informationen davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin als ausgebildete Krankenschwester nach einer entsprechenden Einschulung/Einweisung durch den Facharzt JJ zur Durchführung dieser Tests befugt sei. Die Beschwerdeführerin hat im Hinblick auf die erforderliche Nostrifizierung ihrer in Deutschland erworbenen Ausbildung zur Krankenschwester wörtlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgehalten:

Mir war klar, dass ich die in Deutschland erworbene Ausbildung in Österreich nostrifizieren muss, um etwa in einem Krankenhaus oder als freiberufliche Krankenschwester tätig zu sein.

Für die konkrete Tätigkeit im Rahmen der betrieblichen Testung war ich der Meinung, dass eine Nostrifizierung nicht erforderlich ist. Aus den Unterlagen der EE geht hervor, dass auch Arzthelferinnen etc nach entsprechender Einschulung diese Tätigkeit ausüben dürfen. Daher war ich der Meinung, dass ich als examinierte Krankenschwester, ohne ein eigenes Entgelt dafür zu verlangen, diese Tätigkeit auch ohne Nostrifizierung ausüben darf.

Der als Zeuge einvernommene FF, Leiter der Bezirksstelle Y der EE, hat im Rahmen seiner Aussage die erste Kontaktaufnahme zwischen ihm und der Beschwerdeführerin sowie dem Beschwerdeführer geschildert. Laut seiner Aussage sei er zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, „dass die Beschwerdeführerin über eine Ausbildung verfügt, die sie auch zur Ausübung in Österreich berechtigt“. Davon ausgehend habe er der Bezirkshauptmannschaft Y mitgeteilt, dass alle Voraussetzungen für die betrieblichen Testungen am Standort des Unternehmens DD gegeben seien. Nach dem Hinweis der Bezirkshauptmannschaft Y, dass die Beschwerdeführerin keine Berufsanerkennung in Österreich habe, sei dieses Thema aufgegriffen worden. In weiterer Folge habe es sich bestätigt, dass die Berufsanerkennung formal zum damaligen Zeitpunkt (17.05.2021) nicht vorgelegen sei.

Grundlage für die Feststellungen in Kapitel 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses sind folglich die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.03.2022 getätigten Aussagen des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführerin sowie des Zeugen FF, aber auch die zitierten, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden Schriftsätze/E-Mails.

IV.      Rechtslage:

1.       Epidemiegesetz 1950:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 28d des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 (WV) in der Fassung (idF) BGBl I Nr 104/2020, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Abstrichnahme im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie

§ 28d. (1) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind

1.     Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegefachassistenz gemäß Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997,

                  [...]

auch ohne ärztliche Anordnung berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken durchzuführen. Für Berufsangehörige gilt die Meldepflicht gemäß den §§ 2 und 3, soweit nicht eine Meldung durch die gemäß den §§ 3 oder 28c verpflichtete Person oder Einrichtung erfolgt. Die nach dieser Bestimmung tätigen Personen sind unbeschadet sonstiger Verschwiegenheitspflichten zur Verschwiegenheit über die im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.

(2) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind

         1.       Angehörige der Pflegeassistenz gemäß GuKG,

2.       Angehörige der medizinischen Assistenzberufe und Trainingstherapeuten gemäß Medizinische Assistenzberufe-Gesetz (MABG), BGBl. I Nr. 89/2012,

3.       Medizinische Masseure und Heilmasseure gemäß Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz (MMHmG), BGBl. I Nr. 169/2002,

         4.       Angehörige der Zahnärztlichen Assistenz gemäß ZÄG, und

5.       Angehörige eines Sozialbetreuungsberufs nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005,

soweit sie nicht ohnedies auf Grund ihres gesetzlich festgelegten Tätigkeitsbereichs hiezu befugt sind, berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken auf Anordnung und unter Aufsicht durchzuführen. Vor der erstmaligen Durchführung einer Abstrichnahme hat eine entsprechende Einschulung zu erfolgen. Die Anordnung, Aufsicht und Einschulung hat durch einen Arzt, einen Zahnarzt, einen Biomedizinischen Analytiker oder einen diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger zu erfolgen.

(3) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind Sanitäter gemäß Sanitätergesetz (SanG), BGBl. I Nr. 30/2002, berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken in Zusammenarbeit mit einem Arzt, einem Zahnarzt, einem Biomedizinischen Analytiker, einem diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger oder einer Einrichtung gemäß § 28c durchzuführen. Für die Durchführung dieser Tätigkeit gilt § 26 SanG nicht.“

2.       Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 1997 (GuKG), BGBl I Nr 108/1997 in den Fassungen BGBl I Nr 87/2016 (§ 28a), BGBl I Nr 120/2016 (§ 39), BGBl I Nr 54/2017 (§ 105) und BGBl I Nr 16/2020 (§ 27), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Berufsberechtigung

§ 27. (1) Zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind Personen berechtigt, die

         1.       handlungsfähig in allen Belangen im Hinblick auf die Berufsausübung sind,

2.       die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen,

         3.       einen Qualifikationsnachweis (§§ 28 bis 31) erbringen,

4.       über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und

5.       in das Gesundheitsberufsregister gemäß Gesundheitsberufsregister-Gesetz (GBRG), BGBl. I Nr. 87/2016, eingetragen sind.

[…]

(3) Für die Dauer einer Pandemie dürfen für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberufsregister eingetragen sind, herangezogen werden, wenn diese

1.       einen Qualitätsnachweis gemäß § 28 erbringen oder

2.       ihr im Ausland erworbener Qualifikationsnachweis gemäß §§ 28a ff anerkannt bzw. nostrifiziert wurde, auch wenn allfällig vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen oder Ergänzungsausbildungen noch nicht absolviert worden sind.“

„EWR-Anerkennung

§ 28a. (1) Der Bundesminister für Gesundheit hat von einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Vertragsstaat) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ausgestellte Qualifikationsnachweise gemäß §§ 29 oder 30 auf Antrag als Qualifikationsnachweise im entsprechenden gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege anzuerkennen.

[…]

(5) Der Antragsteller hat

         1.       einen Nachweis der Staatsangehörigkeit,

2.       den Qualifikationsnachweis, den Nachweis über die Berufsberechtigung im Herkunftsstaat und gegebenenfalls den Nachweis über erworbene Berufserfahrung,

4a.      eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates, dass die Berufsausübung nicht vorübergehend oder endgültig untersagt wurde, und

5.       einen Nachweis eines Wohnsitzes oder Zustellungsbevollmächtigten in Österreich

vorzulegen.

(6) Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend hat innerhalb eines Monats den Empfang der Unterlagen zu bestätigen und mitzuteilen, welche Unterlagen fehlen. Die Entscheidung über die Anerkennung hat

1.       in Fällen, in denen auf Grund der Richtlinie 2005/36/EG eine automatische Anerkennung vorgesehen ist (§ 29 Abs. 1 Z 1 bis 3), innerhalb von drei Monaten und

2.       in Fällen, in denen auf Grund der Richtlinie 2005/36/EG keine automatische Anerkennung vorgesehen ist (§ 29 Abs. 1 Z 4 bis 6 und § 30), innerhalb von vier Monaten

nach vollständiger Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu erfolgen. § 6 Dienstleistungsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2011, ist anzuwenden.

[…]“

„Vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen

§ 39. (1) Staatsangehörige eines EWR-Vertragsstaats oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in einem anderen EWR-Vertragsstaat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft rechtmäßig ausüben, sind berechtigt, von ihrem ausländischen Berufssitz oder Dienstort aus im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs vorübergehend Dienstleistungen der Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich zu erbringen.

[…]“

„Strafbestimmungen

§ 105. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro zu bestrafen, wer

1.       eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, der Pflegefachassistenz oder der Pflegeassistenz ausübt, ohne hiezu durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift berechtigt zu sein, oder

2.       jemanden, der hiezu durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht berechtigt ist, zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, der Pflegefachassistenz oder der Pflegeassistenz heranzieht oder

3.       eine Tätigkeit unter einer der in diesem Bundesgesetz festgelegten Berufsbezeichnungen (§§ 11 und 84) ausübt, ohne hiezu berechtigt zu sein, oder

4.       einer oder mehreren in § 3b Abs. 3, 4 und 6, § 3c Abs. 2, 3 und 5, § 4 Abs. 3, § 6, § 11 Abs. 4, § 30a Abs. 3, § 37 Abs. 4, § 38, § 39 Abs. 2 und 3, § 50 Abs. 1, § 52 Abs. 3, § 64 Abs. 3, § 65 Abs. 5, § 84 Abs. 5, § 90, § 95 Abs. 3 oder § 104a Abs. 3 enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt oder

5.       Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt, die in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen enthalten sind.

(2) Der Versuch ist strafbar.“

3.       Ärztegesetz 1998:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998),
BGBl I Nr 169/1998 in den Fassungen BGBl I Nr 20/2019 (§ 199) und BGBl I Nr 16/2020
(§ 2), samt Überschriften lauten auszugsweise wie folgt:

„Der Beruf des Arztes

§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

1.       die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind, ausgenommen Untersuchungen, die im Rahmen einer Pandemie durch naturwissenschaftliche, insbesondere veterinärmedizinische Einrichtungen, durchgeführt werden;

2.       die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;

         3.       die Behandlung solcher Zustände (Z 1);

4.       die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut;

         5.       die Vorbeugung von Erkrankungen;

6.       die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe;

         6a.      die Schmerztherapie und Palliativmedizin;

7.       die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;

         8.       die Vornahme von Leichenöffnungen.

(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.“

„Strafbestimmungen

§ 199. (1) Wer eine in den §§ 2 Abs. 2 und 3 umschriebene Tätigkeit ausübt, ohne hiezu nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 630 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.

(2) Sofern aus der Tat (Abs. 1) eine schwer wiegende Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit einer Person entstanden ist oder der Täter bereits zweimal wegen unbefugter ärztlicher Tätigkeit bestraft worden ist, ist der Täter mit Geldstrafe bis zu 21 800 Euro zu bestrafen.

(3) Wer den im § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 2, § 12 Abs. 3, § 12a Abs. 4, § 15 Abs. 1 zweiter Satz, § 15 Abs. 5, § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 32 Abs. 3, § 35 Abs. 7, § 36, § 37 Abs. 1 oder 8, § 43 Abs. 2, 3, 4 oder 6, § 45 Abs. 3 oder 4, § 46, § 47 Abs. 1, § 48, § 49, § 49a Abs. 1, § 50 Abs. 1 oder 3, § 50a, § 50b, § 51, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs. 1, § 55, § 56 Abs. 1, § 57 Abs. 1, § 63, § 89 oder § 194 erster Satz enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.

[…]“

4.       4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 18 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmen-verordnung (4. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 58/2021, zuletzt geändert durch BGBl II
Nr 111/2021, lautet samt Überschrift wie folgt:

„Testergebnisse:

§ 18. Als Testergebnisse im Sinne dieser Verordnung sind jene Nachweise zu verstehen, die im Rahmen von Tests durch dazu befugte Stellen erlangt werden“.

5.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, in den Fassungen BGBl Nr 52/1991 (§ 20), BGBl I Nr 33/2013 (§§ 19 und 45) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 5), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Schuld

§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

[…]“

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

[…]“

„Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.“

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.   der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.   die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.   die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

6.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 57/2018, lauten samt Überschriften auszugweise wie folgt:

„Schluss der Verhandlung

§ 47. (1) Das Verfahren ist möglichst in einer Verhandlung abzuschließen. Wenn sich die Vernehmung des der Verhandlung fern gebliebenen Beschuldigten oder die Aufnahme weiterer Beweise als notwendig erweist, dann ist die Verhandlung zu vertagen.

[…]

(4) Hierauf ist die Verhandlung zu schließen. Im Verfahren vor dem Senat zieht sich dieser zur Beratung und Abstimmung zurück. Der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung sind nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden.“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

„Kosten

§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

[…]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Die jeweils angefochtenen Straferkenntnisse vom 14.09.2021 wurden der/dem – damals nicht vertretenen – Beschwerdeführerin und Beschwerdeführer am 17.09.2021 zugestellt. Die gegen die beiden Straferkenntnisse erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers wurden über deren Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 15.10.2021 (Poststempel vom selben Tag) und somit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingebracht. Die Erhebung der Beschwerden erfolgte somit fristgerecht.

2.       In der Sache:

2.1.    Zur objektiven Tatseite der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung:

§ 28d Abs 1 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) zählt taxativ jene Berufe auf, deren Angehörige zur Abstrichnahme im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ohne ärztliche Anordnung berechtigt sind. Zu diesen Berufen zählt auch der gehobene Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege.

Die Beschwerdeführerin hat in Deutschland eine Ausbildung als Krankenschwester abgeschlossen und war gemäß der Urkunde vom 01.04.2000 berechtigt, die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ in Deutschland zu führen.

Gemäß § 27 GuKG ist zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich ua ein Qualitätsnachweis (§ 27 Abs 1 Z 3 GuKG) und die Eintragung in das Gesundheitsberufsregister (§ 27 Abs 1 Z 5 GuKG) erforderlich. Gemäß
§ 27 Abs 3 GuKG dürfen für die Dauer einer Pandemie für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberufsregister eingetragen sind, herangezogen werden, wenn ein inländischer Qualitätsnachweis erbracht oder ein im Ausland erworbener Qualitätsnachweis anerkannt oder nostrifiziert wurde. Die Anerkennung von Qualitätsnachweisen aus anderen EWR-Staaten und der Schweiz regelt § 28a GuKG.

Die Beschwerdeführerin verfügte zum Tatzeitpunkt, also am 17.05.2021, über keinen Nachweis über die Anerkennung ihrer Ausbildung als Krankenschwester in Österreich. Die entsprechende Anerkennung erfolgte erst mit Bescheid des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 08.06.2021, Zl ***.

Facharzt JJ unterwies und beaufsichtigte die Beschwerdeführerin bei ihrer Tätigkeit im Rahmen der betrieblichen Testungen. Dieser Umstand ist jedoch nicht weiter relevant. Die Beschwerdeführerin galt zum damaligen Zeitpunkt nicht als Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegefachassistenz gemäß GuKG im Sinn des § 28d Abs 2 Z 1 EpiG.

§ 39 GuKG normiert die vorübergehende Einbringung von Dienstleistungen in Österreich von Staatsangehörigen eines EWR-Vertragsstaates oder der schweizerischen Eidgenossenschaft. Gemäß der eben zitierten Bestimmung muss die Dienstleistung allerdings von einem ausländischen Berufssitz oder Dienstort aus erbracht werden. Die Beschwerdeführerin lebt aber seit Jahren in Österreich und befindet sich deren Dienstort auch in Österreich.

Die Beschwerdeführerin hat somit am 17.05.2021 eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ausgeübt, zu der sie nicht befugt war. Sie hat damit objektiv den Tatbestand des § 105 Abs 1 Z 1 GuKG erfüllt.

2.2.    Zur objektiven Tatseite der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungs-übertretungen:

Wie in Kapitel 2.1. der Erwägungen dargelegt, hat die Beschwerdeführerin am 17.05.2021 eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankheitspflege ausgeübt, zu der sie nicht befugt war. Der Beschwerdeführer hat als Geschäftsführer des von ihm betriebenen Unternehmens DD somit am 17.05.2021 seine Ehefrau und Angestellte AA für eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege herangezogen, zu der sie nicht befugt war. Der Beschwerdeführer hat somit objektiv den Tatbestand des
§ 105 Abs 1 Z 2 GuKG erfüllt.

Gemäß § 18 der 4. COVID-19-SchuMaV sind Testergebnisse im Sinne der zitierten Verordnung jene Nachweise, die im Rahmen von Tests durch dazu befugte Stellen erlangt werden. Laut dem Informationsschreiben des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege- und Konsumentenschutz vom 12.05.2021, Zl 2021-0.313.464, zählten zu den „befugten Stellen“ im Sinne der zitierten Rechtsvorschrift Gebietskörperschaften, Kranken- und Kuranstalten, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Apotheken sowie Alten- und Pflegeheime, aber auch freiberuflich tätige Gesundheits- und Krankenpfleger/innen.

Unternehmensgegenstand der Firma DD – dessen Geschäftsführer ist der Beschwerdeführer – ist der Einzelhandel mit „Lebensmitteln“. Das Unternehmen mit der Bezeichnung „DD“ war daher keine befugte Stelle im Sinn des § 18 der
4. COVID-19-SchuMaV. Die Beschwerdeführerin erfüllte ebenfalls nicht die Anforderungen an eine „befugte Stelle“, das sie nicht über die beruflichen Qualifikationsvoraussetzungen im Sinn der Anerkennung ihrer Qualifikation in Österreich zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt – 17.05.2021 – verfügte.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe keine Teststraße betrieben, sondern betriebliche Testungen durchgeführt, ändert nichts am Umstand, dass dessen Ehefrau AA (= Beschwerdeführerin) keine befugte Person war. Der als Arzt zur Durchführung von Testungen befugte JJ unterwies und beaufsichtigte die Beschwerdeführerin, führte selbst aber die Testungen nicht durch.

Der Beschwerdeführer hat es daher als Geschäftsführer zu verantworten, dass das Unternehmen DD durch eine nicht befugte Person im Rahmen der betrieblichen Testung eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit ausgeübt hat. Dadurch hat der Beschwerdeführer als vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG die Rechtsvorschrift des § 199 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 ÄrzteG 1998 verletzt.

2.3.    Zur subjektiven Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen:

Bei den Verwaltungsübertretungen nach § 105 Abs 1 Z 1 und 2 GuKG, aber auch jener des Beschwerdeführers als vertretungs

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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