TE Vwgh Beschluss 2022/3/7 Ra 2022/19/0034

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Veröffentlicht am 07.03.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision des A N, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das am 10. August 2021 mündlich verkündete und mit 22. September 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W203 2238425-1/17E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 17. Februar 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, seine Heimat wegen des Krieges verlassen zu haben. Im Fall einer Rückkehr würde er im Krieg sterben.

2        Mit Bescheid vom 13. November 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.

3        Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem am 10. August 2021 verkündeten und mit 22. September 2021 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend ging das BVwG davon aus, der Revisionswerber sei bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat weder der Gefahr ausgesetzt, als Reservist von der syrischen Armee eingezogen zu werden, noch drohe ihm aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung asylrelevante Verfolgung. Die behauptete Möglichkeit einer nochmaligen Einberufung des Revisionswerbers zum syrischen Militär erachtete das BVwG als unwahrscheinlich und die diesbezüglichen Angaben des Revisionswerbers als unglaubwürdig.

5        Mit Beschluss vom 30. November 2021, E 4046/2021-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        In ihrer Zulässigkeitsbegründung wendet sich die Revision inhaltlich gegen die Beweiswürdigung des BVwG und bringt ferner vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach unter dem Gesichtspunkt eines mit dem Militärdienst verbundenen Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen könne (Hinweis auf VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009).

10       Was die auf die Beweiswürdigung des BVwG bezogenen Revisionsausführungen betrifft, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 2.9.2021, Ra 2021/19/0218, mwN).

11       Im vorliegenden Fall verschaffte sich das BVwG in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber und setzte sich mit seinem Fluchtvorbringen umfassend auseinander. In der Beweiswürdigung legte es im Einzelnen offen, aufgrund welcher Überlegungen es die geltend gemachte „drohende Zwangsrekrutierung“ des Revisionswerbers als nicht glaubwürdig beurteilte, und hob in diesem Zusammenhang auch die als unplausibel bzw. als widersprüchlich gewerteten Angaben des Revisionswerbers hervor. Überdies habe der Revisionswerber sein Fluchtvorbringen gesteigert, indem er erst in der mündlichen Verhandlung - wenig überzeugend - vorgebracht habe, dass er als „Panzerfahrerbegleiter“ in einem „Brennpunktgebiet“ aufgrund seiner örtlichen Kenntnisse von der syrischen Armee einberufen werden sollte, wogegen er die befürchtete nochmalige Rekrutierung durch die syrische Armee als Fluchtgrund im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht bzw. nur am Rande erwähnt und vielmehr wiederholt die allgemein schlechte Lage in Syrien als Grund für das Verlassen seines Herkunftsstaates genannt habe. Unter Berücksichtigung entsprechender Länderberichte verwies das BVwG darauf, dass sich der Revisionswerber am oberen Ende der per Gesetzesdekret festgelegten Altersgrenze von 42 Jahren für den Militärdienst in der syrischen Armee befinde und über keine besonderen Qualifikationen verfüge, die trotz seines Alters zu einer (neuerlichen) Einberufung führen könnten. Die Annahme, wonach dem Revisionswerber keine Verfolgung wegen seiner regimekritischen Haltung drohe, begründete das BVwG damit, dass der Revisionswerber weder vor der Ausreise noch während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet die Aufmerksamkeit des syrischen Regimes auf eine Weise auf sich gelenkt habe, die ihn bei einer Heimkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aussetze.

12       Angesichts der ausführlichen Würdigung des Vorbringens durch das BVwG ist nicht zu erkennen, dass die vorgenommene Beurteilung fallbezogen unvertretbar wäre.

13       Vor dem Hintergrund, dass das BVwG die Fluchtgründe des Revisionswerbers betreffend seine Einberufung zum syrischen Militär als nicht glaubwürdig erachtete, geht das Zulässigkeitsvorbringen der Revision, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Asylrelevanz einer Strafverfolgung wegen Wehrdienstverweigerung abgewichen, daher ins Leere.

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 7. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022190034.L00

Im RIS seit

04.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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