Gbk 2021/5/18 GBK I/847/18-M

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Veröffentlicht am 18.05.2021
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg (Geschlecht, Alter)

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 18. Mai 2021 über den am 22. August 2018 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Mag.a A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 3 Z 5 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) sowie aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG durch Z (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/847/18-M, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   Mag.a A ist nicht aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 3 Z 5 GlBG durch die Z diskriminiert worden.

2.   Mag.a A ist nicht aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG durch die Z diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Im gegenständlichen Fall gehe es um die Entscheidung über die Nachbesetzung der Stelle eines Abteilungsleiters/einer Abteilungsleiterin der Filiale 1 Stadt 1 der Z.

Die Antragstellerin, geboren am 7. November 1986, sei seit 1. September 2006 Mitarbeiterin der Z in Filiale 2 und bekleide seit 1. Oktober 2016 die Funktion der Abteilungsleiter-Stellvertreterin im … Service der Filiale 2. Bereits einige Zeit vorher, nämlich ab 1. Jänner 2016, sei die Antragstellerin zunächst probeweise mit den Aufgaben dieser Funktion betraut worden.

Am 23. Jänner 2018 sei es im … Service der Filiale 1 … zur Ausschreibung des Postens eines Abteilungsleiters/einer Abteilungsleiterin gekommen. Die Ausschreibung habe in der Fußzeile folgenden Hinweis betreffend Frauenförderung enthalten: „Die Z hat sich zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil … zu erhöhen.“ Die Antragstellerin habe sich binnen offener Frist mittels Schreiben vom 11. Februar 2018 unter ausführlicher Darlegung ihrer Qualifikation für diesen Posten beworben. Die Antragstellerin erfülle die in der Ausschreibung genannten fachlichen Erfordernisse. Hinsichtlich der geforderten Kenntnisse auf dem Gebiet des Projektmanagements und der Qualitätssicherung verfüge sie zumindest über Grundkenntnisse. Sie verfüge auch über alle in der Ausschreibung erwähnten persönlichen Fähigkeiten. Diese habe sie vor allem schon in ihrer bisherigen Tätigkeit als Abteilungsleiter-Stellvertreterin in der Z im … Service der Filiale 2 unter Beweis stellen können.

In der Folge sei sie am 19. Februar 2018 per E-Mail zum Hearing eingeladen worden, welches am 22. Februar 2018 in der Filiale 1 stattgefunden habe.

Die Antragstellerin habe dieser Einladung Folge geleistet. Nach der Begrüßung sei sie über den Ablauf des Hearings informiert worden. Es habe einen Fragenkatalog gegeben. Die Fragen seien dabei abwechselnd von den anwesenden Personen gestellt worden, mit Ausnahme des anwesenden Betriebsrats, welcher als Zuhörer agiert habe. Die Fragen haben sich auf bevorstehende Herausforderungen und gesetzte Ziele bezogen, wie auch auf mögliche Berührungspunkte bzw. Konfrontationen mit dem Betriebsrat. Die Antragstellerin sei zudem gefragt worden, ob sie im … Service bzw. … Service auch … eingeschult worden sei. Ein weiterer Fragenkomplex habe ihren Führungs- und Arbeitsstil beinhaltet, den sie näher beschreiben habe sollen. In einer weiteren Frage sei es um den Umgang mit Versicherten in schwierigen Situationen gegangen, den sie anhand eines Beispiels … beschreiben habe sollen.

Die Antragstellerin habe alle gestellten Fragen beantwortet und ihre Vorstellungen bezüglich der Ausübung des Postens präsentiert.

Am 26. Februar 2018 habe sich der Direktor der Filiale 1, Dr. Y telefonisch bei der Antragstellerin gemeldet. Er habe sich zunächst für ihr Interesse an der ausgeschriebenen Position bedankt und ein positives Resümee über ihre Performance im Hearing gegeben, habe jedoch mitgeteilt, dass der Personalbeirat einen anderen Bewerber nämlich MMag. B, für den ausgeschriebenen Posten als Abteilungsleiter im … Service Filiale 1 vorschlagen werde.

Mit Schreiben vom 2. März 2018 sei der Antragstellerin schriftlich mitgeteilt worden, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt habe werden können.

Die Antragstellerin sei über die Entscheidung verwundert gewesen, da sie einerseits sehr hoch qualifiziert sei und andererseits der Frauenförderplan der Z vorsehe, dass bei gleicher Qualifikation die weibliche Bewerberin vorzuziehen sei.

In der Folge habe in dieser Personalangelegenheit auch ein Telefonat mit dem Generaldirektor Dl Dr. X stattgefunden. In diesem Telefonat habe er den bisherigen Werdegang der Antragstellerin als sehr positiv beurteilt und ihr Entwicklungspotential hervorgehoben. Abschließend habe er aber gemeint, dass ihr beruflicher Aufstieg allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt möglich wäre.

Für den ausgeschriebenen Posten sei schließlich MMag. B, Jahrgang 1973, bestellt worden.

Nachdem der Antragstellerin gegenüber bis zu diesem Zeitpunkt nicht begründet worden sei, warum ihre Bewerbung nicht berücksichtigt worden sei, habe sie die Personalabteilung mit Schreiben vom 13. Mai 2018 um eine kurze schriftliche Begründung ersucht. In weiterer Folge sei sie per E-Mail vom 15. Mai 2018 für ein ausführliches Feedbackgespräch an das Personal- und Managementberatungsunternehmen W, welches das Auswahlverfahren begleitet habe, verwiesen worden.

Dieses Gespräch habe am 23. Mai 2018 telefonisch stattgefunden. Mag. V habe im Telefonat darauf verwiesen, dass das Hearing-Gremium das hohe Potential der Antragstellerin für die Übernahme einer Führungsposition erkannt habe. Zudem seien ihre Strebsamkeit sowie ihre überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft als positiv hervorgestrichen worden. Mag. V habe weiters gemeint, dass das Auftreten der Antragstellerin dem Charme und der Power einer typisch jungen Akademikerin entsprochen hätte, allerdings würde man im Alter durchaus diplomatischer werden, wobei er zugleich anmerkte, dass die Antragstellerin für ihre jungen Jahre eine bereits sehr gefestigte Persönlichkeit habe. Abschließend habe Mag. V mitgeteilt, dass sich die Antragstellerin durch das Hearing ein positives Image erarbeitet habe. Abschließend habe er auf den bevorstehenden Fusionsprozess verwiesen, im Zuge dessen sich eventuell wieder eine Chance für die Antragstellerin ergeben könnte.

In weiterer Folge habe die Antragstellerin erfahren, dass MMag. B seine Tätigkeit wegen der Übernahme eines Bürgermeisteramtes bis auf weiteres in Teilzeit ausüben und einer seiner Mitarbeiter als sein Stellvertreter fungieren werde.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Das Verfahren zur Besetzung des Postens „Abteilungsleiters/Abteilungsleiterin im … Service der Filiale 1“ innerhalb der Z, in dem der/die bestgeeignete Bewerber/in zu ermitteln gewesen sei, sei aus unserer Sicht besonders umfassend und ausführlich gestaltet gewesen. Insbesondere sei durch die Beiziehung einer externen Personalberatungsfirma ersichtlich, dass der Z die Durchführung eines professionellen und objektiven Auswahlverfahrens ein großes Anliegen gewesen sei.

Das Verfahren selbst sei auf mehrere Stufen aufgeteilt und in jeder Stufe nachvollziehbar und transparent abgewickelt worden. Im Folgenden dazu die einzelnen Schritte:

?    Ausschreibung des Postens: 23. Jänner 2018

?    Ende der Bewerbungsfrist: 14. Februar 2018

?    Einlangung von insgesamt zwei Bewerbungen:

MMag. B: 09. Februar 2018

Mag.a A: 13. Februar 2018

?    Beauftragung der Firma W, Personal- und Managementberatungs-GmbH, mit der Durchführung eines Hearings und der Erstellung eines Leistungskalküls.

?    Abhaltung des Hearings in der Filiale 1: 22. Februar 2018

Mitglieder der Hearingskommission:

Mag.a U— Leiterin der Personalabteilung und Auftraggeberin

Dir. Dr. Y — Leiter der Filiale 1

Dir. Dr. T — Leiter der Filiale 3 und Mitglied des Personalbeirates

Mag. V — W Personal- und Managementberatung GmbH

Mag. S — Betriebsrat Filiale 1

Unmittelbar nach dem Hearing habe ein Meinungsaustausch der Hearingkommission zur Ergebnisfindung stattgefunden. Einstimmig sei der Bewerber MMag. B als deutlich besser geeigneter Kandidat festgestellt worden.

Zu den Entscheidungsgründen:

MMag. B sei ein hochqualifizierter Mitarbeiter, der seit 2000 im Dienst der Z in der Filiale 1 stehe. Neben seinem Studium der Rechtswissenschaften habe er berufsbegleitend ein weiteres Studium „Wirtschaft und Recht“ abgeschlossen. Während seiner langjährigen Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter in der Filiale 1 habe er sich in allen Fachbereichen … ein vertieftes Fachwissen angeeignet und gelte als landesweit anerkannter Experte in diesen Bereichen, was durch seine Mitarbeit bei wissenschaftlichen Projekten und Arbeitskreisen in Zusammenarbeit mit der Universität 1, Vortragender im … u.v.m. manifestiert werde.

Weiters habe MMag. B seine Kenntnisse im Bereich Projektmanagement in den vergangenen Jahren bei zwei Großprojekten, der Übersiedlung der Filiale 1in den neuen Standort und den Aufbau des Dienstleistungszentrums … wo er sowohl in der Konzeption als auch bei der Umsetzung federführend gewesen sei, eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

MMag. B habe auch im Hearing bei der Beantwortung der Fragen vollinhaltlich überzeugen können, indem er seine Zukunftsvisionen eines modernen … Services in der Filiale 1 unter Berücksichtigung der zukünftigen Veränderungen anschaulich darstellen habe können. Neben einer genauen Kenntnis der Organisation des … Service der Filiale 1 und den Bedürfnissen der Mitarbeiter/innen verfüge MMag. B durch seine vielfältigen Tätigkeiten auch über ein großes Netzwerk mit vielen Stakeholdern … etc., insbesondere in dem für diese Stelle relevanten Bundesland 1.

Die Antragstellerin sei eine sehr engagierte kompetente Mitarbeiterin, die auch schon auf einen eindrucksvollen Karriereweg in der Z verweisen könne. Im Gegensatz zu MMag. B fehle ihr jedoch das vertiefte Fachwissen in den anderen Bereichen außerhalb der …. Weiters habe sie im Hearing gerade zu Fragen bezüglich der Organisation des … Services der Filiale 1 sowie auch bei allgemeinen Fragen zur … im Bundesland 1 keine Antworten geben können. Diese Information über die regionalen Gegebenheiten und Spezifika zumindest im Überblick wären für die Antragstellerin leicht einzuholen gewesen und eine Auseinandersetzung damit hätte eigentlich eine Selbstverständlichkeit in Vorbereitung auf das Hearing darstellen sollen. Weiters habe sie in ihren Ausführungen emphatische Fähigkeiten in Bezug auf den Umgang mit Mitarbeitern vermissen lassen. So habe sie beispielsweise auf die Frage nach ihrem Führungsstil unter anderem ausgeführt „bei mir weinen die Mitarbeiter auch ab und zu — nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche.“

Als Ergebnis des durchgeführten Auswahlverfahrens habe sich somit der Kandidat MMag. B eindeutig als bestgeeignet für die Position des Abteilungsleiters im … Service in der Filiale 1 herausgestellt. Daher sei dieser Posten mit MMag. B besetzt worden.

Zu dem Vorhalt, dass bei der Besetzung dieser Stelle die Vorgaben der Frauenförderung nicht beachtet worden seien, möchten wir betonen, dass es in der Z zur bereits selbstverständlichen Praxis gehöre, bei Auswahlverfahren im Zuge von Postenausschreibungen dem Frauenförderungsgebot Rechnung zu tragen. Bei gleicher Eignung von Kandidaten werde der weiblichen Bewerberin der Vorzug gegeben.

Zu den Vorhaltungen der Anwältin für die Gleichbehandlung— soweit diese nicht bereits oben behandelt wurden — möchten wir noch Folgendes ergänzen:

Insbesondere sei die Behauptung, welche in Bezug auf das Anforderungskriterium „Kenntnisse auf dem Gebiet des Projektmanagements und der Qualitätssicherung“ aufgestellt worden sei, zu hinterfragen. Hier werde bekrittelt, dass dieses bei der Ausschreibung des Postens „einer Abteilungsleiterin/eines Abteilungsleiters im … Service“ in der Filiale 1 gefehlt habe. „Dies obwohl das … Service bei der grundlegenden Veränderung der Arbeitswelt und Ihrer Strukturen eher noch stärker betroffen sein dürfte, als das … Service.“ Auf welcher Basis diese Wertung von betriebsfremden Personen getroffen worden sei, sei für uns nicht nachvollziehbar. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall: Gerade im … sei aufgrund der laufenden Optimierungsprozesse im Bereich der Z und der regionalen Spezifika der Vertragspartner/sonstigen Stakeholder im Bereich des … Services ein erhöhter Bedarf an Kenntnissen auf dem Gebiet des Projektmanagements und der Qualitätssicherung für regionale Projekte bei Führungspositionen erforderlich, während im Bereich des … Services die erforderlichen Parameter und Projekte überwiegend zentral vorgegeben bzw. durchgeführt werden.

Gerade die Anforderungen an Führungskräfte würden einem schnelllebigen dynamischen Anpassungsprozess unterliegen. Insbesondere seien bei der Z mit dem Anspruch als Technologie-Leader im Digitalisierungsprozess im … Bereich die Führungskräfte mit immer komplexeren Aufgabenstellungen und Projekten konfrontiert. Deshalb müsse es auch gestattet sein das Anforderungsprofil bei Ausschreibungen bedarfsgerecht d.h. auch in gewissen Punkten (vor allem, wenn sie unterschiedliche Bereiche betreffen) unterschiedlich adaptieren zu können.

Zum Vorhalt einer Diskriminierung auf Grund des Alters bzw. gar der einer verstärkenden Diskriminierung basierend auf aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen von Mag. V im Rahmen eines einige Wochen nach dem Hearing durchgeführten Telefonates, wie „typisch junge Akademikerin“ oder „für ihre jungen Jahre“ als verstärkendes Motiv für die Ablehnung sei zu sagen, dass dieser Vorwurf jeglicher Grundlage entbehre. Vielmehr haben sich diese Aussagen auf die profunden Erfahrungswerte von Mag. V im Umgang mit jungen dynamischen Akademikern in Bewerbungsverfahren bezogen und seien im Kontext ausschließlich positiv gemeint gewesen und haben auch nicht anders verstanden werden können. Zudem habe Mag. V berichtet, dass sich die Antragstellerin am Ende des Telefonates mehrfach für das positive, konstruktive Feedback und die ergänzenden Bemühungen für eine angedachte Karriereplanung in Abstimmung mit Generaldirektor Dl Dr. X bedankt habe.

Abschließend werde noch zu der im Sachverhalt angeführten Ausübung eines Bürgermeisteramts durch MMag. B angemerkt, dass MMag. B erst nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens bzw. der Besetzung in diese Funktion gewählt worden sei. Zum Zeitpunkt des Bewerbungsverfahrens haben nach eigener Aussage weder MMag. B noch die Z als Arbeitgeber Kenntnis davon gehabt.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt sein Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Dir. Dr. Y (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 18. Mai 2021. Als weitere Auskunftspersonen wurden Mag.a U, Mag. S, Mag. V, MMag. B sowie Mag.a C am 18. Mai 2021 befragt.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

[...]

5.   beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen. […]“

„§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

[...]

5.   beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen. […]“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3 und 17 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei im Zuge des Auswahlverfahrens zur Besetzung des Postens „AbteilungsleiterIn im … Service der Filiale 1“ aufgrund des Geschlechts und des Alters diskriminiert worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin ist seit 1. September 2006 Mitarbeiterin der Antragsgegnerin und seit 1. Oktober 2016 als Abteilungsleiter-Stellvertreterin im … Service der Filiale 2 tätig. Sie hat 2007 die interne Grundausbildung und 2010 die Fachausbildung bei der Antragsgegnerin abgelegt. Im Dezember 2016 hat die Antragstellerin das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, das sie berufsbegleitend begonnen hatte, abgeschlossen.

Die Antragstellerin bewarb sich am 11. Februar 2018 auf den am 23. Jänner 2018 ausgeschriebenen Posten einer Abteilungsleiterin/eines Abteilungsleiters im … Service der Filiale 1.

Folgende Anforderungen waren in der Ausschreibung festgehalten (Auszug):

„Fachliche Voraussetzungen

Fundierte Kenntnisse im gesamten Bereich der …

Rechtswissenschaftliche Kenntnisse, sowie Kenntnisse auf dem Gebiet des Projektmanagements und der Qualitätssicherung

Sehr gute Kenntnisse der Arbeitsabläufe im Z

(…)

Zusammenarbeit mit Interessensvertretungen und anderen öffentlichen Institutionen sowie Mitwirkung in Bundesländerspezifischen Gremien …

Persönliche Fähigkeiten

Fähigkeit Mitarbeiter auszubilden, zu führen und zu motivieren …

Einfühlungs- und Durchsetzungsvermögen

Kommunikations- und Teamfähigkeit

Fähigkeit im Rahmen des Geschäftsprozessmanagements innovative Veränderungen auszuarbeiten, einzuleiten und diese umzusetzen;

(…)“

Für diesen Posten haben sich zwei Personen, die Antragstellerin und B, beworben. Mit der Vorbereitung und Durchführung des Hearings und der Erstellung eines Leistungskalküls wurde die W Personal- und Managementberatung GmbH beauftragt.

Am 19. Februar 2018 wurde die Antragstellerin per Mail zum Hearing eingeladen, das am 22. Februar 2018 in der Filiale 1stattfand. Am Hearing haben U, Y, T, V und S teilgenommen. Nach dem Hearing fand ein Meinungsaustausch der Hearingkommission statt. B wurde einstimmig als der für den ausgeschriebenen Posten geeignete Kandidat gesehen und dem Personalbeirat vorgeschlagen.

Am 26. Februar 2018 bedankte sich Y telefonisch bei der Antragstellerin für ihr Interesse an dem ausgeschriebenen Posten und teilte ihr mit, dass ein anderer Bewerber, B, für den Dienstposten vorgeschlagen wird. Mit Schreiben von 2. März 2018 wurde der Antragstellerin schriftlich mitgeteilt, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden konnte.

Mit Vorstandsbeschluss von 19. März 2018 wurde B als Abteilungsleiter im … Service der Filiale 1 bestellt.

Die Antragstellerin ersuchte die Personalabteilung am 13. Mai 2018 schriftlich um eine Begründung, warum sie die Stelle nicht erhalten hatte. Am 15. Mai 2018 wurde sie für ein Feedbackgespräch an das Personal- und Managementberatungsunternehmen W verwiesen. Das Feedbackgespräch mit V fand am 23. Mai 2018 telefonisch statt.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 3 Z 5 GlBG vor.

Der Begriff beruflicher Aufstieg ist weit auszulegen.4 Der Tatbestand des § 3 Z 5 GlBG umfasst somit alle Maßnahmen des/der Arbeitgeber/in (AG), die mit dem laufenden Beschäftigungsverhältnis des/der betroffenen Arbeitnehmer/in (AN) zusammenhängen und die Weiterentwicklung im beruflichen Fortkommen beeinflussen. Aber nicht nur Verhaltensweisen des/der AG, die diese positive Entwicklung begünstigen, sondern auch solche, die den Entwicklungsprozess erschweren, verzögern oder überhaupt verhindern, fallen darunter.5

Im vorliegenden Fall bewarb sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin um eine Stelle als Abteilungsleiterin im … Service der Filiale 1. Diese Stelle wäre mit mehr Verantwortung sowie einer höheren Entlohnung verbunden gewesen, weshalb dieser Fall vom Begriff des beruflichen Aufstieges umfasst ist.

Die Antragstellerin konnte nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. So ließ ihre Schilderung – sie habe trotz gleichwertiger Qualifikation wie ihr Mitbewerber und dem Vorliegen eines Frauenförderungsgebots die Stelle als Abteilungsleiterin im … Service der Filiale 1nicht erhalten – darauf schließen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg von der Antragsgegnerin benachteiligt wurde.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.

Die Gründe, wieso die Antragstellerin nicht als Abteilungsleiterin im … Service der Filiale 1eingestellt wurde, konnte Y, informierter Vertreter der Antragsgegnerin, in seiner mündlichen Befragung durch den Senat glaubwürdig und nachvollziehbar darlegen. Bei dieser Befragung führte er aus, dass sich im Zuge des Hearings schnell herauskristallisiert hat, dass B deutlich besser für die Stelle geeignet sei als die Antragstellerin. Das bestätigten auch die übrigen vom Senat befragten Auskunftspersonen, die Teil der Hearingkommission waren. B sei nicht nur was seine fachlichen Voraussetzungen betreffe deutlich besser qualifiziert, sondern habe auch bei den im Verfahren abgefragten persönlichen Fähigkeiten, seinem Wissen über die Filiale 1 und Stakeholder und seiner Zukunftsvision eines modernen … Services der Z überzeugt. Er verfüge über genaue Kenntnis der Bedürfnisse seiner MitarbeiterInnen und ein großes Netzwerk im für die Stelle relevanten Bereich.

B verfüge über ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften und 15 Jahre Praxis als Rechtsreferent bei der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin habe zum Zeitpunkt der Bewerbung erst 1,5 Jahre als Juristin bei der Antragsgegnerin gearbeitet. B habe darüber hinaus ein Masterstudium und das Studium Wirtschaft und Recht sowie die Gerichtspraxis abgeschlossen. Durch seine Tätigkeit als Rechtsreferent habe sich B ein vertieftes Fachwissen in allen Fachbereichen der Antragsgegnerin … aneignen können. Die Antragstellerin verfüge über vertieftes Fachwissen im Bereich der …, darüber hinaus fehle es an vertieftem Fachwissen. B habe seine Kenntnisse im Projektmanagement durch die erfolgreiche Durchführung zweier Großprojekte beweisen können (Übersiedlung der Filiale 1an einen neuen Standort, Aufbau des Dienstleistungszentrums …), vergleichbare Erfahrungen könne die Antragstellerin nicht vorweisen. Sie sei seit 2015 in Filiale 2mit den Themen der Zielsteuerung und … Plattform betraut und sei durch diese Tätigkeit mit zahlreichen Projekten konfrontiert gewesen und habe damals über gewisse Grundkenntnisse im Projektmanagement verfügt.

V konnte im Zuge seiner Befragung die von Y getroffenen Ausführungen noch mit seinen beim Hearing gewonnenen Eindrücken ergänzen. Er habe anhand des Ausschreibungstextes im Vorfeld des Hearings einen Fragebogen erstellt, der vor Beginn des Hearings mit den Mitgliedern der Hearingkommission besprochen worden sei. Dort seien auch die Fragen verteilt worden, um die gleichen Voraussetzungen für die beiden BewerberInnen herzustellen und ein objektives und transparentes Verfahren zu ermöglichen. In zwei Punkten sei er von der Selbstpräsentation der Antragstellerin irritiert gewesen: Sie sei nicht gut vorbereitet gewesen und habe etwa die Frage, was sie über die angestrebte Tätigkeit und die relevanten Systempartner wisse, nicht zufriedenstellend beantworten können. Er habe den Eindruck gewonnen, dass sie sich mit den internen Strukturen in Filiale 1überhaupt nicht beschäftigt habe. Dieser Eindruck wurde auch von Y bestätigt. Auch die Frage nach ihrem Führungsstil habe sie unter anderem mit einer Wortmeldung beantwortet, die den Mitgliedern der Hearingkommission unangenehm aufgefallen sei und nicht einem modernen Führungsverständnis entspreche. Die Antragstellerin habe gemeint, sie führe „mit Zuckerbrot und Peitsche“ und es sei durchaus schon vorgekommen, dass jemand weinend aus einem Gespräch mit ihr hinausgehe. Auch an diese Aussage erinnerten sich die übrigen Mitglieder der Hearingkommission und konnten ihre Irritation dem Senat glaubwürdig schildern. V habe insgesamt den Eindruck gewonnen, dass die Antragstellerin Potenzial habe, was er auch der Generaldirektion kommuniziert habe. Für den konkreten Posten sei aber B deutlich besser geeignet gewesen.

Die Ausführungen der befragten Auskunftspersonen waren für den Senat nachvollziehbar und hinterließen keine Zweifel daran, dass in dem Bewerbungsverfahren B der besser geeignete Kandidat war. Aus der Gegenüberstellung der Kenntnisse und Ausbildungen der beiden geht klar hervor, dass Antragstellerin und B nicht gleich qualifiziert sind. Das Verfahren war durch einen externen Berater vorbereitet, der nach Ansicht des Senates soweit möglich dafür gesorgt hat, ein nachvollziehbares und objektives Bewerbungsverfahren zu gewährleisten. Anhand der Ausschreibungskriterien wurde ein Fragebogen erstellt, die Fragen wurden für das Hearing an die Mitglieder der Hearingkommission so verteilt, dass die Fragen immer von den gleichen Personen gestellt wurden. Hinweise darauf, dass der Geschlechteraspekt im vorliegenden Fall eine Rolle bei der Stellenvergabe gespielt haben könnte, ergab das Verfahren vor Senat I der GBK nicht.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive, nämlich die bessere Qualifikation von B, ausschlaggebend waren.

2.   Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG vor.

§ 17 Abs. 1 Z 5 untersagt Diskriminierungen aus dem Grund des Alters beim beruflichen Aufstieg im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Die Beförderung wird als ein in der Praxis besonders wichtiger Unterfall des Aufstiegs ausdrücklich hervorgehoben. Die vorliegende Bestimmung ist § 3 Z 5, der geschlechtsbezogene Diskriminierungen beim beruflichen Aufstieg untersagt, nachgebildet und erstreckt das dort festgelegte Verbot auf die im II. Teil des Gesetzes geschützten Gründe.6

Wie oben festgestellt, bewarb sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin um eine Stelle als AbteilungsleiterIn im … Service der V. Diese Stelle wäre mit mehr Verantwortung sowie einer höheren Entlohnung verbunden gewesen, weshalb dieser Fall vom Begriff des beruflichen Aufstieges umfasst ist.

Die Antragstellerin konnte nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. So ließ ihre Schilderung – sie habe trotz gleichwertiger Qualifikation als ihr Mitbewerber die Stelle als Abteilungsleiterin im … Service der Filiale 1 nicht erhalten, da ihr im Feedbackgespräch „Charme und Power einer typisch jungen Akademikerin“ rückgemeldet und die Stelle mit einem älteren Bewerber besetzt worden sei – darauf schließen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Alters beim beruflichen Aufstieg von der Antragsgegnerin benachteiligt wurde.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.

Zu den Gründen, die nach Ansicht des Senates zur Bestellung von B und nicht zur Bestellung der Antragstellerin geführt haben, wird auf oben Ausgeführtes verwiesen.

Was die Aussagen im Zuge des Feedbackgespräches mit V betrifft, wonach das Auftreten der Antragstellerin „dem Charme und der Power einer typisch jungen Akademikerin entsprochen hätte“, ist festzuhalten, dass dieser dem Senat das Feedbackgespräch in der Befragung nachvollziehbar dargestellt hat. Aus dem angeführten – aus dem Kontext genommenen – Satz geht nach Ansicht des Senates keine Diskriminierung aufgrund des Alters hervor. Im Zuge der Befragungen durch den Senat haben sowohl die Antragstellerin als auch V von einem konstruktiven Feedbackgespräch berichtet, in dem V festhielt, dass er in der Antragstellerin ein High Potential sehe, was der auch an die Direktion rückmeldet habe und in dem Themen wie Möglichkeiten der Weiterbildung der Antragstellerin besprochen worden seien.

Zusammengefasst geht der Senat daher davon aus, dass der Altersaspekt im vorliegenden Fall keine Rolle bei der Stellenvergabe gespielt hat.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 26 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die Nichtbesetzung der Antragstellerin mit der ausgeschriebenen Stelle ausschlaggebend waren.

Wien, 18. Mai 2021

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz. 100.

5  Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz. 106.

6  Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 17 Rz. 117.

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2022
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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