Entscheidungsdatum
10.01.2022Norm
GewO 1994 §14 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn B, vertreten durch Rechtsanwalt A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 08. Oktober 2021, Zl. ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ sowie Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Herr B (im Folgenden: Beschwerdeführer) hat am 18. Juli 2021 das Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (im Folgenden: belangte Behörde) angemeldet. Dieser Gewerbeanmeldung wurden eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschlussgründen, eine Meldebestätigung der Stadtgemeinde *** sowie eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 Asylgesetz 2005 vorgelegt.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 01. September 2021 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die von Ihm vorgelegte Aufenthaltsberechtigungskarte die Daten des Beschwerdeführers im Gewerbeanmeldungsverfahren nicht eindeutig erweisen könne, zumal im Asylverfahren mehrere Aliasnamen bekannt gegeben worden seien.
Da der Beschwerdeführer dazu keine Stellungnahme abgegeben hat, erging in der Folge der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 08. Oktober 2021.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Voraussetzungen zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes nicht vorliegen würden und untersagte die Ausübung des Gewerbes. Es hätten die Angaben über Vor- und Familienname, das Alter und die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde verkenne, dass die Transkription von Namen in arabischer Schrift zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könne, je nach dem man sich eher an eine englischsprachige Transkription halte oder an eine deutschsprachige. C mit Doppel e entspreche mehr einer englischen Schreibweise, D der deutschsprachigen.
Beim Beschwerdeführer gebe es keinen Zweifel am Familiennamen E und am Vornamen C. Weitere Vornamen würden Vater und Großvater betreffen und würden daher eine Namenskette bilden.
Mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom 07. Dezember 2021 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass sich aus einem aktuellen Auszug des Fremdenregisters betreffend den Beschwerdeführer ergibt, dass die gegenständliche Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Asylgesetz ausgestellt wurde und bis 29. Juli 2022 gültig ist.
Weiters wurde mitgeteilt, dass der gegenständliche Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers nicht zur Ausübung eines Gewerbes gemäß § 14 GewO 1994 berechtigt, da es sich nicht um eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ bzw. eine Aufenthaltsberechtigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach dem Asylgesetz handelt.
Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes nicht vorliegen und wurde eine Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des gegenständlichen Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen.
Der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers hat gegenständliches Schreiben nachweislich am 13. Dezember 2021 übernommen und langte bis dato keine Stellungnahme beim erkennenden Gericht ein.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde übermittelten unbedenklichen Verwaltungsakt zur Zl. ***, in die Beschwerde sowie von Amts wegen eine Abfrage im Zentralen Fremdenregister betreffend den Beschwerdeführer durchgeführt wurde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich geht von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und war zuletzt wohnhaft in ***, ***.
Der Beschwerdeführer ist aktuell im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Asylgesetz welche noch bis 29. Juli 2022 gültig ist.
Der Beschwerdeführer hat keinen Asylstatus.
Der gegenständliche Aufenthaltstitel berechtigt nicht zur Ausübung eines Gewerbes.
Dies wurde dem Beschwerdeführer nachweislich mit Schreiben vom 07. Dezember 2021 mitgeteilt und langte seitens des Beschwerdeführers dazu bis dato keine Stellungnahme ein.
Beweiswürdigung:
Zu diesen Feststellungen gelangte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund des unbedenklichen Inhaltes des von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsaktes zur Zl. *** sowie aufgrund der Einsichtnahme in das aktuelle Zentrale Fremdenregister.
Rechtslage:
Folgende rechtliche Bestimmungen sind im gegenständlichen Verfahren von Relevanz:
Gewerbeordnung 1994 (GewO):
§ 14 Abs. 1:
„(1) Ausländische natürliche Personen dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich.“
§ 340 Abs. 1 und 3:
(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.
(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.
Asylgesetz 2005 (AsylG):
§ 55 Abs. 1 und 2:
„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Erwägungen:
Gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, ausländische natürliche Personen Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen.
Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller), und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich.
Asylwerber zählen nicht zu den in § 14 Abs. 1, zweiter Satz GewO genannten Personen, denen Asyl gewährt wird und sind daher nach dieser Bestimmung nicht gewerberechtsfähig. § 7 Abs. 2 Grundversorgungsgesetz-Bund (GVG-B) sieht jedoch als Lex specialis zu § 14 GewO vor, dass die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit durch Asylwerber (nur) in den ersten drei Monaten nach Einbringung des Asylantrages unzulässig ist. Daraus folgt, dass Asylwerber ab Beginn des vierten Monats nach Einbringung eines Asylantrages gewerberechtsfähig sind.
Beim Beschwerdeführer handelt es sich im Hinblick auf die obgetroffenen Feststellungen um keinen Asylwerber, ist doch das Verfahren auf Gewährung von internationalen Schutz seit 07. Oktober 2021 aufgrund Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister rechtskräftig beendet. Auch ist der Beschwerdeführer keine Person im Sinne des § 14 Abs. 1, zweiter Satz GewO, der Asyl gewährt wird, weil der Asylantrag des Beschwerdeführers – wie festgestellt – rechtskräftig abgewiesen und in einem eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Die dem Beschwerdeführer verliehene Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Asylgesetz berechtigt den Beschwerdeführer nicht zur Ausübung eines Gewerbes. Bei der gegenständlichen Aufenthaltsberechtigungskarte handelt es sich weder um eine „Aufenthaltsberechtigung plus“- Karte noch um eine Aufenthaltsberechtigung zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach dem Asylgesetz.
Der Beschwerdeführer verfügt daher, als Drittstaatsangehöriger, über keinen Aufenthaltstitel, welcher ihn (derzeit) für die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt. Da mit dem Irak auch kein Staatsvertrag im Sinne des § 14 Abs. 1 GewO besteht, wonach ausländische natürliche Personen Gewerbe wie Inländer ausüben dürften, sind die im § 14 GewO für natürliche Personen vorgesehene Gewerbeantrittsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Es liegen daher die Voraussetzung für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes nicht vor und war daher bereits aus diesem Grund die gegenständliche Beschwerde abzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Nichtdurchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung:
Die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung wurde von keiner Partei beantragt. Darüber hinaus konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage feststeht und nicht strittig ist; auch konnte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt im Rahmen der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme darlegen. Dem Entfall der Verhandlung stehen daher auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich überdies auf den klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut, insbesondere des § 14 GewO, stützen kann.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeausübung; Untersagung; Asylwerber; Drittstaatsangehöriger;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.2090.001.2021Zuletzt aktualisiert am
01.04.2022