TE Vfgh Beschluss 2022/2/28 G249/2021

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Veröffentlicht am 28.02.2022
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Index

L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Krnt GemeindekanalisationsG §4
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Unzulässigkeit der Anfechtung einer Bestimmung des Kärntner GemeindekanalisationsG mangels Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen die Entscheidung eines Landesverwaltungsgerichts im vorangegangenen Verfahren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Antragsteller begehrt in seinem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Individualantrag die Aufhebung des §4 Kärntner Gemeindekanalisationsgesetzes (K-GKG) oder der Wortfolge "wenn die Art und Menge der Abwässer deren unschädliche Beseitigung erfordert" als verfassungswidrig, in eventu als gesetzwidrig, "in eventu möge der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber auftragen, die Bestimmung des §8 K-GKG ausreichend klar zu formulieren, um den Eigentümern eine Wahlmöglichkeit zu belassen".

2. Der Antragsteller führt in seinem Individualantrag ua Folgendes aus:

Der Antragsteller sei antragslegitimiert, weil er mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Feistritz ob Bleiburg vom 21. Februar 2011 gemäß §4 K-GKG als Eigentümer eines im Einzugsbereich der Kanalisationsanlage gelegenen Grundstücks verpflichtet worden sei, das auf diesem Grundstück errichtete Gebäude an die Kanalisationsanlage Feistritz ob Bleiburg anzuschließen. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Feistritz ob Bleiburg sei die gegen den Anschlusspflichtbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Feistritz ob Bleiburg vom 21. Februar 2011 erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen worden. Dagegen habe er eine Beschwerde erhoben, welche mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 3. September 2015 als unbegründet abgewiesen worden sei.

In diesem Verfahren seien die Behörden davon ausgegangen, dass der Antragsteller über keine, gemäß §5 Abs1 K-GKG geforderte, schadlose Anlage zum Verbringen der Abwässer verfüge, was nach Meinung des Antragstellers aber nicht richtig sei. In diesem Verfahren sei festgestellt worden, dass die Abwasserentsorgung seines Wohnhauses über eine Drei-Kammer-Kläranlage mit anschließender Versickerung erfolge. Dass durch eine Drei-Kammer-Fertigteil-Kläranlage mit Sickergrube die sonstige schadlose Verbringung der Abwässer nicht gewährleistet sei, sei nach Meinung des Antragstellers unrichtig.

Der Antragsteller führt weiters aus, dass, obwohl er bisher in seinen Eingaben stets darauf hingewiesen habe, dass die genannten Bestimmungen des K-GKG verfassungswidrig seien und dass er eine Normenprüfung verlange, ihm dies von den Behörden bisher verwehrt worden sei.

Weil er durch die genannten Normen aber so unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt sei, stehe ihm kein anderer zumutbarer Weg zur Durchsetzung seiner Rechte und Abwehr der verfassungswidrigen Eingriffe in sein Vermögen und sein Eigentum mehr zur Verfügung als der gegenständliche Individualantrag. Die Behörde habe ihm bereits die Ersatzvornahme angedroht, sodass er aktuell beeinträchtigt sei. Ungeachtet der schon lange anhängigen Verwaltungsverfahren sei er nunmehr mit Schreiben vom 1. Juli 2021 von der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt aufgefordert worden, den Anschluss seines Gebäudes bis zu einem näher bestimmten Termin durchzuführen, widrigenfalls mit Kostenbescheid gegen ihn weiter vorgegangen werde. Dieses Schreiben sei letztlich der Anlass zur Erhebung des gegenständlichen Individualantrages.

3. Der Individualantrag ist unzulässig.

3.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 Z1 litc B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

3.2. Der Antragsteller führt in seinem Antrag aus, dass ihm gegenüber unter Anwendung von §4 K-GKG ein Bescheid über die Anschlusspflicht an die Kanalisationsanlage erlassen worden sei, den er letztlich mit Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Kärnten bekämpft habe, wobei seine Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden sei. In diesen Verfahren habe er seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des K-GKG dargelegt und angeregt, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten.

3.3. Dem Antragsteller stand damit ein Weg zur Verfügung, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Rahmen des Verfahrens über die Anschlusspflicht des Grundstückes an die Kanalisationsanlage an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfSlg 10.004/1984, 16.783/2003). Von der Möglichkeit, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu erheben und im Rahmen dieser Beschwerde die Prüfung der bekämpften Bestimmungen des K-GKG durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen, hat der Antragsteller aber keinen Gebrauch gemacht (vgl VfGH 5.10.1992, V7/92; 22.9.2020, V97/2019). Der Antragsteller hat auch keine besonderen Umstände geltend gemacht, die ausnahmsweise dennoch zur Zulässigkeit des Individualantrages führen könnten.

3.4. Dem Antragsteller fehlt es daher an der Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B-VG.

4. Der Antrag ist daher ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Kanalisation, VfGH / Individualantrag, VfGH / Weg zumutbarer, VfGH / Legitimation, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:G249.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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