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VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des Dr. AZ in W, vertreten durch Dr. Johannes Bruck, Rechtsanwalt in Groß-Enzersdorf, Elisabethstraße 7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. Juni 1988, Zl. MDR-B XXI-2/88, betreffend Nichterlassung von Feststellungsbescheiden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird gemäß § 59 Abs. 3 VwGG einer besonderen Beschlußfassung vorbehalten.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, Außenstelle für den 21. Bezirk, vom 23. Juni 1977 waren unter anderem dem Beschwerdeführer als Miteigentümer des Hauses A-Straße 41 bestimmte Aufträge im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung erteilt worden; auf Grund einer dagegen erhobenen Berufung änderte die Bauoberbehörde den Bescheid dahin ab, daß ein Teil des Auftrages zu entfallen habe und im übrigen die Maßnahmen binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides in Angriff zu nehmen und sodann ohne unnötige Unterbrechung zu beenden seien. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1987, Zl. 83/05/0067, abgewiesen.
Mit Eingabe vom 6. August 1987 teilten der Beschwerdeführer und die damalige Miteigentümerin der Liegenschaft mit, daß ein Teil des Auftrages bereits erfüllt sei; zum Auftrag, eine Sickergrube aufzulassen, wurde vorgebracht, daß die Senkgrube, in die die bisher in die aufzulassende Sickergrube eingeleiteten Abwässer eingeleitet werden sollten, die einzige verbleibende Abwasserbeseitigungsanlage des Hauses wäre; unter Zugrundelegung der Werte der ÖNORM B 2502 wären die Dimensionen dieser Grube, bezogen auf die dem Ausmaß der nach Maßgabe der seinerzeit erteilten Baubewilligung zugrundeliegenden Aufenthaltsräume Rechnung tragende Einwohnerzahl, viel zu klein. Es wäre daher ein Zustand zu gewärtigen, welcher im Widerspruch zu § 93 Abs. 6 der Wiener Bauordnung stünde. Eine auf Beendigung der vorgesehenen Maßnahmen zielende Weiterführung hätte daher die Konsequenz, daß die Senkgrube durch entsprechende bauliche Maßnahmen ganz erheblich vergrößert werden müßte, was offensichtlich baubewilligungspflichtig wäre. Technisch sei dies nur durch Vergrößerung in Richtung zur (verlängerten) Straße möglich. In dieser Richtung entspreche aber die in der Natur zu ersehende Größe des Gartens bzw. die Lage der Einfriedung keineswegs tatsächlich völlig der Größe des Bauplatzes. Vielmehr laufe die Grundgrenze abweichend von der Einfriedung und zwar ein Stück durch den Garten. Schließlich sei erhoben worden, daß die Liegenschaft, auf die sich der Auftrag bezieht, zu einem örtlichen Bereich gehöre, über den Ende Dezember 1986 eine befristete Bausperre verhängt wurde. Hieraus ergäben sich zur nunmehr anstehenden Frage einer „unnötigen“ oder aber etwa doch notwendigen „Unterbrechung“ der Maßnahme folgende rechtlich bedeutsamen Umstände: Angesichts der über die Gegend verhängten Bausperre wäre eine bauliche Herstellung derzeit jedenfalls gesetzwidrig. Auch eine Ausnahmebewilligung entspräche nicht dem Gesetz. Die bauliche Herstellung würde den Charakter des bestehenden Wohnhauses „nachdrücklich intensivieren“, was der Flächenwidmung „Grünland - ländliches Gebiet“ widerspräche. Eine denkbare Alternative wäre eine Änderung der seinerzeit erteilten Baubewilligungen auf die Reduktion der Aufenthaltsräume auf das einer einzigen Wohnung entsprechende Ausmaß, während die übrigen verbleibenden Räumlichkeiten in Nebenräume, Lagerräume, Wintergarten usw. umgewidmet würden. Damit schiene rechtlich das Haus selbst der verbleibenden Abwasserbeseitigungsanlage angepaßt. Daraus ergebe sich als nächster Schritt die Aufkündigung des bestehenden Mietverhältnisses auf Grundlage dieses Bescheides. Schließlich verwies der Beschwerdeführer auf die in den Medien verbreiteten Aussagen zuständiger Politiker, in etwa zehn Jahren werde das gesamte Gemeindegebiet Wiens vom öffentlichen Kanalnetz erfaßt sein, woraus sich ergebe, daß alle zusätzlichen Kosten dem Hauseigentümer derzeit nicht zumutbar seien. Da zu diesen Themen kein spezielles Verfahren vorgesehen sei und die Erlangung eines sogenannten „Leistungsbescheides“ nicht möglich sei, bestehe im Sinne der Rechtsprechung und unter Zugrundelegung des aus dem gesamten bisherigen Verfahren samt Begleitumständen abgeleiteten erheblichen rechtlichen Interesses die Möglichkeit der Erlangung entsprechender Feststellungsbescheide. Diese seien auch für die denkbare Möglichkeit der Einbringung eines Ansuchens um nachträgliche Bewilligung präjudiziell. Dementsprechend stellte der Beschwerdeführer (zusammen mit der damaligen weiteren Miteigentümerin) den Antrag, die Behörde möge bescheidmäßig feststellen, daß die Aufträge durchwegs in Angriff genommen und die laut Auftrag 2 vorgesehene Maßnahme sogar bereits beendet sei, weiters, daß die Weiterführung der hinsichtlich des Auftrages 1 in Angriff genommenen Maßnahmen durch zumindest einen der nachfolgenden rechtsrelevanten Umstände eine rechtlich notwendige Unterbrechung erfahren müsse und zwar entweder
a) nach Maßgabe der zusätzlichen ausdrücklichen Feststellung, daß eine gegebenenfalls nötige bauliche Erweiterung der einzig verbleibenden Abwasseranlage bereits zufolge der verhängten Bausperre, vor allem aber auch der Lage im „Grünland - ländliches Gebiet“, darüber hinaus allenfalls auch wegen Verstoßes gegen Abstandsvorschriften unzulässig wäre, oder
b) nach Maßgabe des zusätzlichen Ergebnisses eines einzuleitenden baubehördlichen Feststellungsverfahrens zur Ermittlung einer angemessenen Möglichkeit der Reduzierung der im Haus bestehenden Wohnräume zwecks Anpassung des Hauses an die Dimensionen der verbleibenden Senkgrube und zwecks Schaffung eines Titels für die Aufkündigung der bestehenden Mietverhältnisse, oder
c) nach Maßgabe der zusätzlichen ausdrücklichen Feststellung, wonach zufolge der entsprechenden politischen Erklärungen den Hauseigentümern erhebliche wirtschaftliche Nachteile nicht zugemutet werden könnten, verbunden mit einem Aufschub der Maßnahme für den Zeitraum von vorerst fünf Jahren.
Da die Behörde erster Instanz untätig geblieben war, stellte der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Bekanntgabe, daß er Alleineigentümer geworden sei, den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Bauoberbehörde für Wien.
Diese bejahte zwar die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AVG 1950, wies jedoch die Feststellungsanträge des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid zurück. In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde aus, daß sich alle Anträge auf die Durchführung der von der Behörde angeordneten Maßnahmen bezögen und offenbar darauf abzielten, eine Vollstreckung zu verhindern. Ob die Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung gegeben seien, sei jedoch weder ganz noch teilweise durch Feststellungsbescheide der vom Beschwerdeführer gewünschten Art zu klären. Ebenso wie dem Vollstreckungsverfahren kein von der Baubehörde durchzuführendes Verfahren vorauszugehen habe, in dem festzustellen sei, ob sich der für den Titelbescheid maßgebende Sachverhalt wesentlich geändert habe, könne auch ein Interesse an den begehrten Feststellungen in bezug auf die eigentliche Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen nicht bejaht werden. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen wären allenfalls im Rahmen einer Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung zu klären.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Eine Gegenschrift wurde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen die Behörden im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit nur dann Feststellungsbescheide erlassen, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Vorschriften nichts anderes bestimmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 1966, Slg. Nr. 6978/A). Freilich kann Gegenstand eines Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, sofern ein Gesetz nicht ausdrücklich eine solche Feststellung vorsieht. Darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit eines Gesetzes oder gesetzlicher Bestimmungen und ihre Auslegung noch über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Anspruchsvoraussetzungen im Spruch entscheiden (hg. Erkenntnis vom 9. April 1976, Slg. Nr. 9035/A). Es kann also insbesondere nicht eine Teilfrage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erweisen sich die Feststellungsanträge des Beschwerdeführers als unzulässig.
Soweit einem Auftrag der Baubehörde zur Gänze entsprochen wurde, besteht nach Lage des Falles kein Interesse an der ausdrücklichen Feststellung, daß dies geschehen sei. Auch der Beschwerdeführer hat selbst konkret nichts vorgebracht, was sein Feststellungsinteresse dartun könnte.
Der Beschwerdeführer macht in Wahrheit auch nicht die Unmöglichkeit der Befolgung des Auftrages - und sei es auch nur eine rechtliche - geltend, er behauptet lediglich, daß der nach dem Auftrag herzustellende konsensmäßige Zustand nach heutigen Vorschriften und Vorstellungen nicht mehr genehmigt werden dürfte. Dies ist jedoch für die Herstellung eines konsensmäßigen Zustandes bedeutungslos.
Soweit der Beschwerdeführer die Frage der Zulässigkeit der von ihm für erforderlich gehaltenen Erweiterung der vorhandenen Senkgrube zum Gegenstand einer besonderen Feststellung machen möchte, steht dem schon entgegen, daß es sich dabei nur um einen Teil der rechtlichen Beurteilung des Bauansuchens handelt, an dessen Einbringung der Beschwerdeführer ja nicht gehindert ist. Einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der Auflassung der Sickergrube vermag der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zu erkennen. Dasselbe gilt für die „Reduzierung der im Haus bestehenden Wohnräume zum Zweck der Anpassung des Hauses an die Dimensionen der verbleibenden Senkgrube“. Es steht dem Beschwerdeführer frei, bei der Baubehörde um eine Umwidmung von Räumen einzukommen; der Beschwerdeführer darf jedoch nicht annehmen, daß dies auf das Mietverhältnis mit einem unangenehmen Mieter von Bedeutung wäre. Völlig unverständlich ist es schließlich, aus Erklärungen von Politikern in den Medien irgendein Recht auf Kanalanschluß abzuleiten. Auch hier kann der Verwaltungsgerichtshof ein ernstliches Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers nicht erkennen.
Die belangte Behörde hat daher jedenfalls im Ergebnis zu Recht die Feststellungsanträge zurückgewiesen. Da der Beschwerdeführer damit durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG war von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung abzusehen, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 59 Abs. 3 VwGG.
Wien, am 4. Juli 1989
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1988050168.X00Im RIS seit
01.04.2022Zuletzt aktualisiert am
01.04.2022