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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §138 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der U in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Dezember 1995, Zl. 513.189/03-I5/95, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. April 1993 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes auf dem Grundstück Nr. 389/6, KG Sch., den wasserpolizeilichen Auftrag, die in einer Entfernung von ca. 80 m in östlicher Richtung von einem näher bezeichneten Haus in der V-förmig ausgebildeten Geländemulde im Ausmaß von ca. 20 m3 gelagerten Abfälle, wie insbesondere Hausmüll, Ölkanister mit geringen Mengen Ölinhalt, Putzmittelbehälter, Medikamentendosen, Dosen mit Lackresten, Polystyrolbecher, PVC-Becher, PE-Kunststoff-Taschen, PE-Mineralölbehälter und größere Mengen an Flaschen umgehend, längstens jedoch bis zum 15. Mai 1993, zu entfernen und einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.
Die Beschwerdeführerin berief. Sie machte im wesentlichen geltend, sie habe keinen Müll abgelagert.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1995 wies die belangte Behörde die Berufung ab und setzte die Frist zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes mit 1. Februar 1996 neu fest.
In der Begründung wird ausgeführt, es sei mit einer Versickerung von Wässern aus der Deponie in das Grundwasser zu rechnen, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Grundwassers für Trinkwasserzwecke komme, was dem öffentlichen Interesse an der Reinhaltung der Gewässer widerspreche.
Wie aus dem bei einer von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 28. Juni 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung erhobenen Befund des Amtssachverständigen für Abfalltechnik und Chemie hervorgehe, handle es sich bei der gegenständlichen Deponie um eine Hausmülldeponie und seien die dort vorgefundenen Gegenstände typische Haushaltsgegenstände. Nach dem Gutachten des Amtssachverständigen seien die Ablagerungen zum größten Teil offensichtlich seit längerer Zeit auf der Deponie gelagert worden, da keinerlei leicht abbaubare organische Substanzen mehr hätten vorgefunden werden können und das Erdreich zwischen den Abfällen bereits durchwurzelt gewesen sei.
Aus der Aktenlage ergebe sich, daß anläßlich eines Lokalaugenscheines am 11. Juni 1992 im Beisein der Beschwerdeführerin im zum Teil unwegsamen Gelände, überwuchert mit Stauden, Brennesseln etc., eine Lagerungs- bzw. Ablagerungsstätte festgestellt worden sei. Aus dem Umstand, daß die Ablagerungsstätte bereits am 11. Juni 1992 überwachsen gewesen sei, könne geschlossen werden, daß die Ablagerung zum Zeitpunkt der faktischen Übergabe (der Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin an ihren Rechtsnachfolger) bereits vorhanden gewesen sein müsse. Auch gehe aus einem Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Gmunden hervor, daß K. F. der Behörde gegenüber angegeben habe, der Müll stamme von der Beschwerdeführerin.
Zu berücksichtigen sei weiters der Umstand, daß die Beschwerdeführerin etwa seit 1970 grundbücherliche Eigentümerin des Deponiegrundstückes sei und laut im Akt erliegender gutächtlicher Stellungnahmen und Beobachtungen festgestellt werden könne, daß die Ablagerung der Abfälle offensichtlich seit längerer Zeit bestanden habe.
Aus eidesstattlichen Erklärungen von E. J. und F. A. gehe hervor, daß bis 1968 kein Müll auf der Liegenschaft gelagert worden sei.
Die belangte Behörde habe auch den Umstand in ihre Beweiswürdigung einbezogen, daß die abgelagerten Abfälle zum Teil deutschen Ursprungs seien und die Beschwerdeführerin eine Nahebeziehung zu Deutschland habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, dem angefochtenen Bescheid könne nicht entnommen werden, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgehe. Es gebe keine Feststellung darüber, daß die Beschwerdeführerin selbst Müll abgelagert habe. Die eidesstattlichen Erklärungen seien als Beleg dafür, daß der Müll nicht schon aus der Zeit, bevor die Beschwerdeführerin Liegenschaftseigentümerin war, stamme, nicht geeignet. In einem Aktenvermerk vom 22. Dezember 1992 werde festgestellt, daß nicht einwandfrei zu klären sei, wer die Ablagerung verursacht habe. Aus diesem Aktenvermerk wie auch aus einem nachfolgenden Gutachten und einem Vergleich verschiedener Photos ergebe sich, daß auch ab Herbst 1992, also nach der Übergabe der Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin an ihren Rechtsnachfolger, Müll abgelagert worden sei. Das Vorhandensein älteren Mülls rechtfertige nicht den Schluß auf eine Verursachung der Ablagerung durch die Beschwerdeführerin. Gerade im ländlichen Bereich, insbesondere in einem mehr oder weniger unwegsamen Waldgebiet, seien kleine Ablagerungen von Hausmüll, die in keiner Weise dem jeweiligen Liegenschaftseigentümer zugeordnet werden könnten, nicht ungewöhnlich.
Im übrigen liege auch entschiedene Sache vor, weil die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Bescheid vom 21. Juli 1995 der Stadtgemeinde Gmunden den Auftrag zur Beseitigung des gesamten auf dem Grundstück Nr. 389/6 lagernden Mülls erteilt habe.
Schließlich macht die Beschwerdeführerin geltend, sie könne den wasserpolizeilichen Auftrag nicht erfüllen, weil sie das Grundstück, auf dem sich die Ablagerungen befinden, verkauft habe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Die belangte Behörde stützte ihre Annahme, es sei die Beschwerdeführerin, welche die in der Ablagerung von Abfall gelegene eigenmächtige Neuerung vorgenommen habe, im wesentlichen auf den Befund des Amtssachverständigen für Chemie und Abfalltechnik vom 25. Juni 1995, den Bericht der städtischen Sicherheitswache Gmunden vom 11. Juni 1992 über einen an diesem Tag durchgeführten Lokalaugenschein, den Umstand, daß die Beschwerdeführerin seit 1970 Eigentümerin der Deponieliegenschaft war, sowie auf Hinweise auf die örtliche und zeitliche Herkunft des Mülls, die sich aus dem Akt ergeben.
Von Organen der städtischen Sicherheitswache Gmunden wurde am 11. Juni 1992 über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eine Prüfung des Deponiegeländes vorgenommen. Dabei wurde eine teilweise bereits überwucherte Mülldeponie mit eindeutig schon längere Zeit dort lagerndem Müll entdeckt. Die Beschwerdeführerin selbst gab an, es handle sich um eine Ablagerungsstätte, die vor ca. 20 Jahren von ihrem Mann angelegt worden sei. In schlüssiger Beweiswürdigung ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Deponie bereits vor der Übergabe der Liegenschaft an den Rechtsnachfolger der Beschwerdeführerin bestand.
Der Befund des Amtssachverständigen für Chemie und Abfalltechnik, auf den sich die belangte Behörde bezieht, wurde bei einem Lokalaugenschein am 28. Juni 1995 erstattet. Bei diesem Lokalaugenschein wurden sowohl auf der Oberfläche der Deponie als auch - im Zuge von an verschiedenen Punkten des Deponiegeländes während des Lokalaugenscheines vorgenommenen Grabungsarbeiten - unter der Erde Abfälle vorgefunden, und zwar bis zur maximalen Grabungstiefe von 80 cm. Das Erdreich, in dem die Abfälle aufgefunden wurden, war bereits verwurzelt, wobei die Wurzeln einen Durchmesser von bis 4 cm aufwiesen. Unter den in der Erde gefundenen Abfällen befanden sich Gegenstände, die auf einen in einer Nahebeziehung zur Bundesrepublik Deutschland stehenden Benützer und auf eine Deponierung in den Siebzigerjahren schließen lassen (z.B. Plastiksack mit Aufschrift "Olympiade 1972 München" in 80 cm Tiefe; Margarinebecher und Dosen mit Preisangaben in DM und Verfallsdatum aus den Jahren 1972 und 1977 udgl.). Der Amtssachverständige führte im Gutachten noch an, die Ablagerung der Abfälle bestehe offensichtlich seit längerer Zeit (zumindest mehrere Jahre), da keinerlei leicht abbaubare organische Substanzen wie etwa Reste von Nahrungsmitteln im Gebinde etc. hätten vorgefunden werden können und das Erdreich zwischen den Abfällen bereits durchwurzelt gewesen sei.
Auch alle diese Umstände sprechen dafür, daß die Beschwerdeführerin Abfälle deponiert hat. Aus den gefundenen Gegenständen lassen sich Hinweise darauf entnehmen, daß - jedenfalls auch in den Siebzigerjahren - Abfälle abgelagert wurden. In dieser Zeit war die Beschwerdeführerin Liegenschaftseigentümerin. Es ist völlig unwahrscheinlich, daß die Beschwerdeführerin Ablagerungen durch Unbekannte auf ihrem Grundstück in einer Entfernung von 80 m vom Haus nicht wahrgenommen und/oder dagegen nichts unternommen hätte. Insbesondere aber kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus der Tatsache, daß auf der Deponie Gegenstände gefunden wurden, die zweifelsfrei auf einen Ablagerer mit Nahebeziehung zur Bundesrepublik Deutschland hinweisen, und aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin eine solche enge Nahebeziehung aufweist - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selbst angibt, hielt sie sich auch während der Zeit ihres Eigentums an der Deponieliegenschaft häufig in München auf - den Schluß zog, die Beschwerdeführerin sei die Verursacherin der eigenmächtigen Neuerung.
Entgegen den Behauptungen in der Beschwerde ergibt sich weder aus dem Aktenvermerk vom 22. Dezember 1992 noch aus sonstigen Aktenteilen ein eindeutiger Hinweis darauf, daß auf der Deponie auch Abfälle vorhanden sind, die eindeutig nicht von der Beschwerdeführerin stammen. In dem erwähnten Aktenvermerk ist zwar die Rede von jüngeren Ablagerungen, was aber mangels näherer Konkretisierung, was darunter gemeint ist, nicht zwingend den von der Beschwerdeführerin gezogenen Schluß zuläßt, daß es sich dabei um Ablagerungen handelt, die erst im oder nach dem Herbst 1992 getätigt wurden.
Selbst wenn aber Abfälle vorhanden sind, die nicht von der Beschwerdeführerin stammen, hindert dies nicht die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gegenüber der Beschwerdeführerin. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Slg. N.F. 14.056/A, ausgeführt hat, enthält § 138 WRG 1959 keine Regelung für den Fall, daß eine eigenmächtige Neuerung von mehreren Personen vorgenommen wurde und eine Zurechnung der Anteile an dieser Neuerung an die einzelnen Verursacher nicht (mehr) möglich ist. In einem solchen Fall ist es zulässig, daß die Behörde einen von mehreren Verursachern zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes heranzieht, sofern hiefür sachliche Gründe vorliegen.
Daß eine Trennung der vermischt auf der Deponie liegenden einzelnen Ablagerungen nach möglicherweise unterschiedlichen Verursachern im Beschwerdefall nicht in Betracht kommt, liegt auf der Hand. Die Beschwerdeführerin ist die einzige bekannte Verursacherin der eigenmächtigen Neuerung. Ihre Heranziehung liegt daher im Sinn des Gesetzes, da nur durch ihre Heranziehung eine rasche Beseitigung des Abfalls möglich ist. Daß der ältere, jedenfalls der Beschwerdeführerin zuzurechnende Müll im Verhältnis zu dem "jüngeren" in quantitativer und qualitativer Hinsicht nur von völlig untergeordneter Bedeutung sei, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet und es ergibt sich auch keinerlei Anhaltspunkt in dieser Richtung aus dem Akt.
Was den zeitlichen Anfangspunkt der Deponie anlangt, ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß sie selbst anläßlich der Überprüfung des Deponiegeländes am 11. Juni 1992 angegeben hat, die Deponie sei vor ca. 20 Jahren von ihrem Mann angelegt worden. Der Hinweis auf ihren Mann ändert nichts an der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Beseitigung des Mülls, da sie die von ihrem Mann angelegte Deponie aufrechterhalten und genützt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt nicht nur die unmittelbare Herbeiführung eines einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Zustandes ohne entsprechende Bewilligung eine Übertretung von Bestimmungen des WRG 1959 im Sinne des § 138 Abs. 1 leg. cit. dar, sondern auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines konsenslos bestehenden Zustandes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 93/07/0171, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. Juli 1995 erging auf der Grundlage des Forstgesetzes 1975. Schon aus diesem Grund liegt nicht entschiedene Sache vor.
Dem Einwand der Beschwerdeführerin, der angefochtene wasserpolizeiliche Auftrag habe auch deswegen nicht erlassen werden dürfen, weil es an einem Antrag eines Betroffenen fehle, ist zu erwidern, daß § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages auch dann vorsieht, wenn das öffentliche Interesse es erfordert. Dies trifft im Beschwerdefall zu, da nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik von der den Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages bildenden Deponie Gefahren für das Grundwasser ausgehen.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie könne den wasserpolizeilichen Auftrag nicht erfüllen, weil sie das Grundstück verkauft habe, geht aus mehreren Gründen ins Leere.
Zunächst ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß der Käufer des Grundstückes nicht nur keine Einwendungen gegen die Räumung der Deponie erhebt, sondern diese sogar fordert.
Außerdem ist ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 an den Verursacher der eigenmächtigen Neuerung zu richten. Als Verursacher der Neuerung ist die Beschwerdeführerin anzusehen. Der wasserpolizeiliche Auftrag war daher an sie zu richten. Ob sie das Ablagerungsgrundstück verkauft hat, ist dabei ohne Belang. Dies könnte allenfalls im Zuge der Vollstreckung des wasserpolizeilichen Auftrages von Bedeutung sein, nicht aber für die Zulässigkeit der Erteilung des wasserpolizeilichen Auftrages an die Beschwerdeführerin.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996070010.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
25.03.2011