TE Vwgh Beschluss 2022/3/7 Ra 2022/20/0024

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Veröffentlicht am 07.03.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des A S in W, vertreten durch Mag.a Theresia Koller, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Friedrich Schmidt Platz 7/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2021, I412 2205942-1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der im Jahr 1999 geborene und aus Gambia stammende Revisionswerber stellte am 14. November 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. September 2017 wurde der Revisionswerber rechtskräftig wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, wobei die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

3        Mit Bescheid vom 14. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den vom Revisionswerber gestellten Antrag ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig sei, sprach den Verlust des Aufenthaltsrechts gem. § 13 Abs. 2 Asylgesetz 2005 ab dem Tag der strafgerichtlichen Verurteilung aus und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem Erkenntnis vom 14. Dezember 2021 nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In seinem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, ihm drohe aufgrund der vorgebrachten Fluchtgründe (Vorwurf von Raub und Mord in Gambia) die Todesstrafe und er werde dort behördlich gesucht. Das Bundesverwaltungsgericht habe veraltete Länderberichte herangezogen, aus denen sich nicht ergebe, ob die Todesstrafe derzeit nach wie vor praktiziert werde.

9        Der Revisionswerber übersieht, dass das Bundesverwaltungsgericht einerseits seinem Vorbringen zu den Gründen der Flucht aus dem Heimatland keinen Glauben geschenkt hat. Andererseits ist das Verwaltungsgericht selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens, wonach der Revisionswerber als Zeuge in Ermittlungen zu einem Bankraub und zum Tod eines Sicherheitsmannes geraten sei, mit näherer Begründung von keiner asylrelevanten Verfolgung ausgegangen. Die Revision zeigt weder auf, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar wären (vgl. zum insoweit im Revisionsverfahren gegebenen Prüfkalkül etwa VwGH 12.1.2022, Ra 2021/20/0225, mwN), noch setzt sie sich mit den rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die mangelnde Asylrelevanz des Fluchtvorbringens (bei dessen Wahrunterstellung) auseinander. Somit ist den auf der eigenen Prämisse - nämlich der Richtigkeit seines Vorbringens zum Fluchtvorbringen - aufbauenden, aber nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehenden (vgl. § 41 VwGG) Behauptungen (auch jenen im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung, wonach ihm bei Rückkehr die Todesstrafe drohe) der Boden entzogen.

10       Soweit der Revisionswerber rügt, das Bundesverwaltungsgericht habe seine Minderjährigkeit bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben nicht berücksichtigt, ist dem entgegenzuhalten, dass er sowohl im Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als auch im Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bereits volljährig war. Dem Revisionswerber - der sich in seinem Zulässigkeitsvorbringen auch nicht gegen die Feststellungen zu seinem Alter wendet - gelingt es somit nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Minderjährigkeit des Revisionswerbers bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens hätte berücksichtigen müssen.

11       Weiters bringt der Revisionswerber vor, das Bundesverwaltungsgericht habe sich bei der Prüfung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend mit der Situation im Herkunftsstaat auseinandergesetzt sowie außer Acht gelassen, dass es sich bei ihm als unbegleiteten Minderjährigen um eine besonders vulnerable Person handle. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch nicht geprüft, ob dem Revisionswerber eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe.

12       Vor dem Hintergrund der Volljährigkeit des Revisionswerbers gehen aber auch die Ausführungen im Zusammenhang mit seiner behaupteten besonderen Vulnerabilität als unbegleiteter Minderjähriger bei der Prüfung der Rückkehrsituation ins Leere.

13       Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das Bundesverwaltungsgericht in den rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Gambia und der persönlichen Situation des Revisionswerbers mit den Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz befasst und diese als nicht gegeben erachtet, weil dem Revisionswerber durch die Abschiebung nach Gambia keine Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK drohe. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es auf die Frage der innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mehr ankommt, wenn - wie vorliegend - in der Herkunftsregion keine Verletzung des Art. 3 EMRK droht (vgl. VwGH 26.4.2021, Ra 2021/20/0006, mwN).

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 7. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200024.L00

Im RIS seit

01.04.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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