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L65007 Jagd Wild TirolNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Tgenossenschaft, vertreten durch die Riedmüller & Mungenast Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 14. Dezember 2021, Zl. LVwG-2021/41/0716-12, betreffend Feststellung einer Eigenjagd nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbende Partei beantragte am 5. Dezember 2017 die Feststellung des Vorliegens einer Eigenjagd auf einer näher bezeichneten, in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft, bei der es sich um eine ehemalige Almfläche in hochalpiner Lage handelt.
2 Im ersten Rechtsgang hob der Verwaltungsgerichtshof das den Antrag abweisende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol mit hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2020, Ra 2020/03/0014, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
3 Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Feststellung des Vorliegens einer Eigenjagd nach dem hier anzuwendenden § 5 Abs. 5 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG 2004) unter anderem eine land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche in einer bestimmten Größe voraussetze. Für die Beurteilung, ob die in Frage kommende Grundfläche land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sei, komme es nicht darauf an, dass die gesamte Fläche (in ihrer gesetzlich geforderten Mindestgröße) zu 100 Prozent land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden könne. Entscheidend sei vielmehr, ob die Gesamtliegenschaft nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sei, was durch Sachverständigenbeweis geklärt werden müsse. Im fortgesetzten Verfahren wäre daher auf dieser Grundlage zu klären, ob die gegenständliche Liegenschaft nach den Grundsätzen einer rationellen Wirtschaftsführung land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sei. Dazu werde grundsätzlich die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises erforderlich sein.
4 Im fortgesetzten Verfahren wies das Landesverwaltungsgericht Tirol den Antrag - in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der belangten Behörde vom 2. Februar 2021 - neuerlich ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
5 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei nunmehr ein landwirtschaftliches Sachverständigengutachten eingeholt worden, demzufolge die in Rede stehende Liegenschaft nach den Grundsätzen einer rationellen Wirtschaftsführung landwirtschaftlich nicht nutzbar sei, weil ein jährlicher Verlust von etwa EUR 18.800,-- zu erwarten sei. Eine rationelle forstwirtschaftliche Nutzung komme im Hinblick auf die untergeordneten Waldflächen ebenfalls nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund sei der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Feststellung einer Eigenjagd abzuweisen gewesen.
6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit geltend macht, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu, was unter einer rationellen Wirtschaftsführung zu verstehen sei und wo die Grenze der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit anzusetzen sei. In diesem Zusammenhang habe das Verwaltungsgericht auch seine Begründungspflicht verletzt, weil eine nachvollziehbare Begründung für seine Rechtsansicht fehle, wonach unter landwirtschaftlicher Nutzbarkeit im Sinne des TJG 2004 eine „buchhalterisch-rechnerische Wirtschaftlichkeit“ zu verstehen sei. Es habe außerdem das im Verfahren vorgelegte Privatgutachten von DI S in seine Beweiswürdigung zur landwirtschaftlichen Nutzbarkeit nicht einbezogen. Zudem habe das Verwaltungsgericht der revisionswerbenden Partei keine angemessene Frist gegeben, um dem eingeholten Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten zu können (zwischen der Zustellung des Gutachtens am 8. November 2021 und der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2021 seien lediglich drei Wochen gelegen, weshalb die revisionswerbende Partei erfolglos den Antrag auf Einräumung einer Frist von drei Monaten gestellt habe).
7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
9 Im gegenständlichen Verfahren wurde das vom Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtsgang eingeforderte Sachverständigengutachten zur landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der in Rede stehenden Liegenschaft eingeholt. Eine forstwirtschaftliche Nutzbarkeit wurde vom Verwaltungsgericht überdies - im Revisionsverfahren unbestritten - verneint. Das Verwaltungsgericht hielt unter Hinweis auf das ihm nachvollziehbar erscheinende Gutachten fest, die Liegenschaft sei zwar früher als Stieralm genutzt worden, diese almwirtschaftliche Nutzung werde aber seit mindestens 50 bis 60 Jahren - wegen Unwirtschaftlichkeit - nicht mehr aufrechterhalten. Der ehemalige Almstall sei in keinem nutzbaren Zustand mehr, die Hirtenhütte entspreche nicht mehr den heutigen Standards. Neben der erforderlichen Sanierung dieser Gebäude müsste auch der Viehtriebweg entsprechend ausgebaut werden. Den dabei entstehenden wesentlichen Ausgaben stünden zu erwartende Einnahmen gegenüber, die insgesamt einen jährlichen Verlust für die Bewirtschaftung der Alm von gerundet EUR 18.000,-- erwarten ließen. Die Gesamtliegenschaft sei nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht landwirtschaftlich nutzbar.
10 Dem hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Sie legt insbesondere nicht dar, welche zusätzlichen Überlegungen nach ihrem Dafürhalten für eine landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Liegenschaft nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten sprechen sollten und inwiefern das von ihr vorgelegte Privatgutachten zu einer anderen Sichtweise hätte Anlass geben müssen.
11 Soweit sie einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass ihr das Verwaltungsgericht keine dreimonatige Frist zur substantiierten Bestreitung des Sachverständigengutachtens gewährt hat, zeigt sie nicht einmal im Ansatz auf, welches andere Verfahrensergebnis bei Einräumung der gewünschten längeren Stellungnahmefrist hätte erzielt werden können. Es braucht daher nicht weiter beurteilt zu werden, ob der behauptete Verfahrensmangel überhaupt vorlag.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. März 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030031.L00Im RIS seit
01.04.2022Zuletzt aktualisiert am
29.04.2022