TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/27 96/18/0107

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Veröffentlicht am 27.06.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Dezember 1995, Zl. SD 193/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. Dezember 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz- FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals im September 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen bis 30. Mai 1993 gültigen Sichtvermerk erhalten. Im Februar 1993 sei er in sein Heimatland zurückgekehrt und am 25. August 1994 sichtvermerksfrei wieder in Österreich eingereist. Am 28. Oktober 1994 sei für den Beschwerdeführer bei der österreichischen Botschaft in Zagreb ein Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz eingebracht worden; dieser sei in der Zwischenzeit rechtskräftig abgewiesen worden. Es stehe demnach fest, daß der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge.

Dem Beschwerdeführer komme auch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Grunde des § 12 AufG bzw. der dazu ergangenen Verordnung BGBl. Nr. 389/1995 zu, und zwar schon allein deshalb nicht, weil er im Februar 1993 freiwillig in seine Heimat zurückgekehrt sei und sich erst wieder im August 1994, also nach etwa eineinhalb Jahren, aus Kroatien kommend neuerlich nach Österreich begeben habe. Sein Vorbringen, er habe seine Heimat wegen der bewaffneten Konflikte verlassen müssen, entbehre demnach der Glaubwürdigkeit.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung nach § 19 FrG betreffe, so liege aufgrund der familiären Bindungen (Gattin und Kind) ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers zweifellos vor. Dessen ungeachtet sei aber seine Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit etwa einem Jahr unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz der Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen ist - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde dem Beschwerdeführer entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerde vor, daß der Beschwerdeführer gegen die seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abweisende Entscheidung (vom 13. November 1995) eine Beschwerde "beim Verfassungsgerichtshof bzw. Verwaltungsgerichtshof" eingebracht und in diesem - noch anhängigen - Beschwerdeverfahren die Zuerkennung aufschiebender Wirkung beantragt habe. Die belangte Behörde hätte mit der Ausweisung des Beschwerdeführers jedenfalls so lange zuwarten müssen, bis das bezeichnete Beschwerdeverfahren abgeschlossen sei.

1.2. Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Es existiert keine Vorschrift, welche die zur Erlassung einer Ausweisung zuständige Behörde verpflichtet, mit dieser Entscheidung bis zum Abschluß des einen eine Aufenthaltsbewilligung versagenden Bescheid betreffenden Beschwerdeverfahrens vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes zuzuwarten; daß aber der besagten Beschwerde des Beschwerdeführers aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, wird von ihm nicht behauptet.

2.1. Einen wesentlichen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde nicht konkret auf seine und seiner Familie Lebensumstände eingegangen sei und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Darüber hinaus habe die belangte Behörde nicht begründet, weshalb der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde und seine Ausweisung dringend geboten sei; es handle sich insoweit um eine "Scheinbegründung, zumal lediglich die "verba legalia" wiedergegeben werden".

2.2. Auch dieser Vorwurf wird zu Unrecht erhoben. Die belangte Behörde hat, wie der Begründung des bekämpften Bescheides (oben I. 1.) unschwer zu entnehmen ist, im Hinblick auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers (Aufenthalt der Gattin und des Kindes in Österreich) - zutreffend - einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in sein Familienleben angenommen. Daß sie einen solchen Eingriff nicht auch in bezug auf das Privatleben des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hat, begegnet angesichts seines insgesamt bloß eindreivierteljährigen, davon aber etwa einjährigen unrechtmäßigen, Aufenthaltes in Österreich, der noch dazu laut unbestritten gebliebener behördlicher Feststellung durch einen Zeitraum von ca. eineinhalb Jahren (Aufenthalt in der Heimat) unterbrochen war, keinen Bedenken. Wenn die belangte Behörde ungeachtet des Eingriffes in das Familienleben des Beschwerdeführers durch die Ausweisung diese Maßnahme für dringend geboten und demnach gemäß § 19 FrG für zulässig angesehen hat, so kann diese Beurteilung angesichts der erheblichen Beeinträchtigung, welche die aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden durch das Verhalten des Beschwerdeführers erfahren haben, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dies umso weniger, als zu dem das maßgebliche öffentliche Interesse gefährdenden schon etwa einjährigen unerlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers noch der - diese Gefährdung verstärkende - Umstand hinzutritt, daß die Rechtslage der Erteilung einer vom Beschwerdeführer benötigten Aufenthaltsbewilligung, während sich dieser im Inland aufhält, entgegensteht. Auch letzteres wurde von der belangten Behörde richtig gesehen.

2.3. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde auf der Basis von den konkreten Fall betreffenden ausreichenden Feststellungen und mit ebensolcher Begründung die Zulässigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG frei von Rechtsirrtum bejaht.

3. Mit seiner Rüge, die belangte Behörde habe weder über seinen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung noch über seinen Antrag auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes entschieden, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Verletzung von Rechten durch den angefochtenen Bescheid darzutun, wurde doch mit diesem ausschließlich über die Erlassung einer Ausweisung abgesprochen.

4. Was schließlich die in der Beschwerde vorgetragene Anregung anlangt, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof in Ansehung der §§ 17 Abs. 1 und 19 FrG ein Gesetzesprüfungsverfahren beantragen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer dafür gegebene Begründung, daß die genannten Bestimmungen der Behörde "keinen Raum zur konkreten Einzelfallprüfung überläßt", nicht zu teilen. Im übrigen sei dazu auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1995, B 2754/94, verwiesen, aus dem sich ergibt, daß dieser Gerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend die in jenem Bescheidverfahren präjudiziellen §§ 17 Abs. 1 und 19 FrG nicht eingeleitet hat (vgl. ferner das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 1996, B 1799/94). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich von daher gesehen nicht veranlaßt, die Anregung des Beschwerdeführers aufzugreifen.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180107.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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