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20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Juli 1995, Zl. 870.095/25-VI/12a-95, betreffend Enteignung gemäß §§ 17 ff Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Tirol), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 31. März 1993 wurde für die Ausführung des Projektes zur Errichtung einer Linksabbiegespur (dritter Fahrstreifen) im Bereich Straßenkilometer 29,935 bis Straßenkilometer 30,260 der B n, Z-Straße, die Enteignung der im Grundeinlösungsplan dargestellten, unter Spruchpunkt II angeführten Grundflächen zugunsten des öffentlichen Gutes, "Republik Österreich", Bundesstraßenverwaltung, ausgesprochen. Von dieser Enteignung waren u.a. die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke Nr. 1035/1, KG M, im Ausmaß von 370 m2 und das Grundstück Nr. 1185/2 im Ausmaß von 64 m2 betroffen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt 1. die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid insoweit abgeändert,
"als die Grundbeanspruchung bei Grundparzelle 1035/1, EZ 90034, KG. M, nunmehr 240 m2 und bei Grundparzelle 1185/2, EZ 762, KG. M, nunmehr 35 m2 beträgt."
Die im Lichte der Beschwerde maßgebliche Bescheidbegründung lautet dahin, daß die "Republik Österreich" - Bundesstraßenverwaltung ihre Grundinanspruchnahme in der Berufungsverhandlung insoweit eingeschränkt habe, daß die zukünftige Grundgrenze entlang des Bankettrandes zu situieren sei. Die Grundbeanspruchung bei der Grundparzelle 1.035/1 werde um ca. 130 m2 auf 240 m2 reduziert. Bei der Grundparzelle 1185/2 verringere die mitbeteiligte Partei die Beanspruchungsfläche um 29 m2 auf 35 m2. In dieser Berufungsverhandlung habe der Vertreter des Beschwerdeführers ausgeführt, daß, wenn - wie von der Bundesstraßenverwaltung in der Verhandlung dargelegt - die Zu- und Abfahrt zu den Grundstücken des Beschwerdeführers in beide Fahrtrichtungen ermöglicht werde, er sich grundsätzlich nicht mehr gegen das Enteignungsbegehren stelle und somit einverstanden sei, daß seine Grundstücke so, wie der eingeschränkte Antrag laute, (nämlich in einer Breite von ca. 3,25 m) enteignet werde. Beim eingeschränkten Antrag sei davon auszugehen, daß der Grünstreifen, der, soweit ersichtlich, noch auf derzeitigem Straßengrund liege, 75 cm breit sei, daß daran ein 2,5 m breiter Gehsteig und Radweg anschließe und daran ein 50 cm breites Bankett. Die Berufungsgründe des ungerechtfertigten Umfanges der Enteignung sowie der mangelnden Notwendigkeit der Enteignung gingen einerseits nach erfolgter Einschränkung durch die mitbeteiligte Partei, andererseits durch die Aussage des Vertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach Einverständnis mit dem Enteignungsbegehren bestehe, ins Leere.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, daß der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und den Parteienantrag in möglichst deutlicher Fassung erledige, verletzt.
Die belangte Behörde hat - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, weiters die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Bundesstraßengesetz, BGBl. Nr. 286/1971 (im folgenden: BStG) in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 63/1983, kann für die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen sowie aus Verkehrsrücksichten das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandrechten) an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 19 BStG ist um die Enteignung unter Vorlage der zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere eines Verzeichnisses der zu enteignenden Parzellen mit den Namen und Wohnorten der zu enteignenden Personen und den Ausmaßen der beanspruchten Grundfläche, einschließlich eines Grundbuchsauszuges beim Landeshauptmann einzuschreiten. Gemäß § 20 BStG in der Fassung der Novelle des Bundesministeriengesetzes, BGBl. Nr. 78/1987, entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist.
Gemäß § 17 Abs. 1 Eisenbahnenteignungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954, hat der Landeshauptmann nach Prüfung der ihm vorgelegten Akten den Gegenstand und Umfang der Enteignung durch Erlassung eines oder mehrerer Enteignungsbescheide festzustellen. Der Enteignungsbescheid bezieht sich auf die im Enteignungsplan dargestellten Flächen, deren Ausmaße im zugehörigen Verzeichnis (§ 12) unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur ausgewiesen sind.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß im Spruch eines Enteignungsbescheides klargestellt sein müsse, welche Grundflächen konkret in Anspruch genommen würden; ein Verweis auf einen den Bestandteil des Bescheides bildenden Plan genüge gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 21. März 1985, Slg. Nr. 11.714/A). Der angefochtene Bescheid enthalte jedoch nur mehr das Flächenausmaß der enteigneten Grundstücke, Lage und Form blieben völlig unbestimmt, da im Berufungsbescheid auf keinen Plan mehr verwiesen werde. Aber selbst wenn man davon ausginge, daß der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Verweis auf den Grundeinlösungsplan weiterhin aufrecht bliebe, weil der erstinstanzliche Bescheid lediglich abgeändert worden sei, wäre damit nichts gewonnen, da die enteigneten Grundflächen kleiner geworden seien und sich daher auch Form und Lage der enteigneten Grundflächen gegenüber dem Bescheid erster Instanz geändert haben müßten. Auch wenn man von dieser Auffassung ausgehe, stimme dieser Grundeinlösungsplan nicht mehr mit der im angefochtenen Bescheid angeführten Größe der enteigneten Grundstücke zusammen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Wie dargelegt, hat die Enteignung gemäß § 20 Abs. 1 BStG unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 zu erfolgen. Gemäß dem bereits erwähnten § 17 Abs. 1 leg. cit. hat sich der Enteignungsbescheid auf die im Enteignungsplan dargestellten Flächen, deren Ausmaße im zugehörigen Verzeichnis, unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur, ausgewiesen sind, zu beziehen. Nach der hg. Judikatur muß aus dem Spruch eines Enteignungsbescheides eindeutig hervorgehen, welche Grundflächen konkret in Anspruch genommen wurden (vgl. u. a. die hg. Erkenntnisse vom 9. Mai 1979, Zl. 2087/78, Slg. Nr. 9835/A - nur der Rechtssatz veröffentlicht, vom 29. November 1984, Zl. 82/06/0014, und vom 21. März 1985, Slg. Nr. 11.714/A). Diesem Bestimmtheitsgebot eines Ausspruches über eine Enteignung kann, wenn nicht ganze Grundparzellen enteignet werden, nur durch den Hinweis auf entsprechende, dem Verfahren zugrundegelegene planliche Unterlagen, die dann einen integrierenden Bestandteil des Bescheides darstellen, oder zumindest durch Zustellung einer mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Ausfertigung des Projektplanes entsprochen werden (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 11.714/A). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides mit der Abänderung über das Ausmaß der enteigneten Flächen des Beschwerdeführers übernommen hat. Der danach im Spruch der Enteignung verwiesene, von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Grundeinlösungsplan ist somit Gegenstand auch des angefochtenen Bescheides. Da der im eingeschränkten Antrag der mitbeteiligten Partei in der Berufungsverhandlung maßgebliche Bankettrand in dem verwiesenen Grundeinlösungsplan nicht eingetragen ist, ist aus diesem im Zusammenhalt mit der durch die belangte Behörde erfolgten flächenmäßigen Einschränkung des Ausmaßes der Enteignung nicht eindeutig im Sinne der angeführten hg. Judikatur bestimmt, in welchem Umfang der Beschwerdeführer in bezug auf seine Grundstücke Nr. 1035/1 und 1185/2, KG M, tatsächlich enteignet wurde. Die mitbeteiligte Partei hätte im Hinblick auf die Einschränkung ihres Enteignungsertrages auch den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Grundeinlösungsplan abändern müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1986, Zl. 85/06/0182). Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht somit nicht dem § 17 Abs. 1 Eisenbahnenteignungsgesetz bzw. dem angeführten Bestimmtheitsgebot für den Ausspruch des Umfanges einer Enteignung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995060172.X00Im RIS seit
27.03.2001Zuletzt aktualisiert am
31.03.2009