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Baurecht - WienNorm
BauO Wr §135 Abs3Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Gehart, über die Beschwerde der BR in W, vertreten durch Dr. Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien I, Neuer Markt 8, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. Jänner 1986, Zl. MA 64-74/85/Str, betreffend eine Verwaltungsstrafe nach § 129 Abs. 2 und § 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Mai 1982 war dem Eigentümer des Hauses Wien, G-gasse 1, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt worden, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides den schadhaften Verputz des Hauptgesimses instandsetzen zu lassen. Begründet wurde dies damit, daß der Verputz des Hauptgesimes im Bereich über dem Hauseingang auf eine Länge von zirka 5 m so schadhaft sei, daß die Feuerwehr am 28. April absturzbedrohte Teile entfernen habe müssen. Da durch die Witterungseinflüsse die Wahrscheinlichkeit weiterer Verputzablösungen an den Rändern der Schadenstellen gegeben sei, bestehe für die Gehsteigbenützer eine dauernde Gefährdung.
Nachdem abwechselnd Strafverfügungen gegen die Beschwerdeführerin als Verwalterin und gegen EB als Hauseigentümerin wegen Verletzung der Instandhaltungspflicht infolge Einsprüche außer Kraft getreten waren, wurde zunächst das Verfahren gegen die Hauseigentümerin fortgeführt; in ihrer Rechtfertigung wies sie darauf hin, daß sie keine Kosteneinschränkung hinsichtlich der Instandsetzung der notwendigen Arbeiten an den Hauptgesimsen gemacht habe und ihr der Gatte der Beschwerdeführerin, Dr. R erklärt habe, daß alles veranlaßt würde und sie sich mit dem Vorfall nicht mehr weiter befassen müsse. In der Folge wurde dann das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin fortgesetzt und die genannte Hauseigentümerin mehrfach als Zeugin vernommen. Bei ihrer Vernehmung am 11. Februar 1985 gab sie an, der Beschwerdeführerin nicht untersagt zu haben, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, vielmehr habe sie ihr mitgeteilt, daß seitens der Hausverwaltung alles Nötige zu veranlassen sei, um dem Bauauftrag gerecht zu werden. Sie habe weder schriftlich noch mündlich der Hausverwalterin untersagt, den schadhaften Verputz des Hauptgesimses instandzusetzen. Nach Zustellung des Bauauftrages sei sie auch nie von der Hausverwaltung kontaktiert worden, daß Arbeiten in Auftrag gegeben worden seien. Die „Hausverwalterin“ habe ihr lediglich versichert, daß sie sich um alles Weitere kümmern werde. - Der Widerspruch zur zuvor wiedergegebenen Rechtfertigung (hinsichtlich der kontaktierten Person) wurde der Zeugin nicht vorgehalten.
In einer Stellungnahme hiezu wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß die ehemalige Hauseigentümerin keineswegs ihr den Auftrag erteilt habe, die Arbeiten, die einen Kostenaufwand von mehreren hunderttausend Schilling verursacht hätten, zu vergeben, sondern die Liegenschaft in der Folge wegen des Bauauftrages verkauft habe. Sie habe die Beschwerdeführerin insofern an der Durchführung der Arbeiten gehindert, als sie ihr die für die Durchführung des Bauauftrages notwendigen Mittel nicht zur Verfügung gestellt habe, welche sie ohne ihren Auftrag zur Durchführung der Arbeiten aus eigener Tasche hätte bezahlen müssen. Hiezu berief sie sich auf die Vernehmung ihres Gatten, Dr. LR.
Daraufhin erging das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 18. März 1985, wonach die Beschwerdeführerin vom 22. Juni 1982 bis 8. August 1983 als Verwalterin des Hauses Wien ohne Veranlassung und Vorwissen der Hauseigentümerin insofern nicht dafür gesorgt habe, daß diese Baulichkeit und die dazu gehörigen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und der Bauordnung für Wien entsprechenden Zustand erhalten worden sei, als sie es unterlassen habe, den schadhaften Verputz des Hausgesimses instandsetzen zu lassen, sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach „§ 120“ Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 der Bauordnung für Wien begangen; gemäß § 135 Abs. 1 BO wurde eine Geldstrafe von S 60.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 60 Tagen) verhängt.
In der Berufung machte die Beschwerdeführerin nicht nur die Hinderung durch die Hauseigentümerin durch Nichtbeistellung der erforderlichen Mittel geltend, sondern bekämpfte auch das Strafausmaß, wobei sie darauf hinwies, daß die Arbeiten nach wie vor noch nicht durchgeführt worden seien, also die von der Strafbehörde angenommene Allgemeingefährdung nicht vorliegen könne.
Im Berufungsverfahren weigerte sich die Hauseigentümerin den als Zeugen geführten Dr. LR von seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht ihr gegenüber zu entbinden; in einer weiteren Vernehmung vom 14. August 1985 gab die Hauseigentümerin an, daß sie der Beschwerdeführerin untersagt habe, eine Generalreparatur des Hauses vorzunehmen, da sie bereits in Verkaufsverhandlungen für dieses Haus gestanden sei; dies habe sich jedoch nicht auf die auf Grund des Bauauftrages notwendige Instandsetzung der Hausfassade bezogen, auch wenn hiezu keine Mitteln aus der Hauptmietzinsabrechnung vorhanden gewesen seien. Bei einer weiteren Vernehmung am 17. Oktober 1985 gab die Hauseigentümerin als Zeugin an, daß sie bei der früheren Aussage den Bauauftrag hinsichtlich der Schäden am Gesims gemeint habe; infolge des Bauauftrages habe ein Baumeister die Fassade besichtigt und Herrn Dr. R - sie habe persönlich mit dem Baumeister nicht gesprochen - gesagt, daß nicht eine Teilreparatur des Gesimses möglich sei. Daraufhin habe sie Herrn Dr. R gesagt, daß dem Bauauftrag entsprochen werden müsse. Die Frage, ob entsprechend dem obigen Vorbringen eine Reparatur des gesamten Gesimses vorgenommen werden solle, sei an sie nicht herangetragen worden. In der Folge wurden nachstehende Teile der Aussage mit dem Vermerk „im Hinblick auf die untenstehenden Ausführungen nicht Gegenstand der Aussage“ gestrichen(!):
„Eine derartige Reparatur hätte bedingt, daß auch das Dach und die Verblechung gerichtet worden wären. Im Hinblick auf den bevorstehenden Verkauf des Hauses wäre dies nicht wirtschaftlich gewesen und zu diesem Zeitpunkt (1982) hätte ich nicht mehr die Zustimmung zu einem § 18 MRG-Verfahren betreffend die Instandsetzung des Gesimses gegeben.“
Weiters gab die Zeugin dann an, sie sei „jedenfalls der Meinung“ gewesen, daß die Hausverwaltung die ganze Zeit über auf Grund der uneingeschränkten Hausverwaltervollmacht die notwendigen Schritte, um den gesetzlichen Bestimmungen Genüge zu tun, unternehme. Nach dem Bauauftrag und im Gespräch mit Herrn Dr. R habe sie angenommen, daß, wie auch dieser ausgesagt habe, „alles Notwendige“ zur Entsprechung des Bauauftrages veranlaßt werde. Ob ein § 18-Verfahren eingeleitet werden solle, sei sie nach dem Bauauftrag nie gefragt worden. Auf Grund der bereits laufenden Verkaufsverhandlungen sei ein § 18 MRG-Verfahren gar nicht mehr in Rede gestanden.
Auch eine weitere Zeugin, die selbst eine Dachrinnenreparatur bezahlt hatte, bestätigte, daß die Hauseigentümerin keine größeren Investitionen mehr durchführen lassen wollte. Der Baumeister schließlich gab als Zeuge an, daß er 1981 oder 1982 beauftragt worden sei, Sicherungsmaßnahmen an der Fassade des betreffenden Hauses durchzuführen. Er habe der damaligen Hauseigentümerin die Generalinstandsetzung empfohlen, sie habe jedoch daraufhin bekanntgegeben, daß sie möglicherweise das ganze Haus verkaufen werde. Einen Auftrag zur Generalisierung der Fassade habe er nicht erhalten. Er habe lediglich zweimal lose Teile der Fassade abgenommen; dabei habe es sich um den Verputz des Hauptgesimses gehandelt, zu dessen Reparatur er jedoch keinen Auftrag erhalten habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde auf Grund der Berufung das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung, daß anstelle des Wortes „unterließen“ das Wort „unterließ“ und anstelle der Zitierung „§ 120 Abs. 2“ die Zitierung „§ 129 Abs. 2“ zu treten habe, bestätigt. Die Behörde stützte sich dabei auf die Vernehmung der früheren Hauseigentümerin, die ausgesagt habe, der Beschwerdeführerin mitgeteilt zu haben, daß sie alles Nötige zur Erfüllung des Bauauftrages veranlassen solle; sie habe auch nicht untersagt, den schadhaften Verputz instandzusetzen. Auf Grund der Zusicherung der Beschwerdeführerin, daß sich die Hausverwaltung um alles kümmern werde, habe die Hauseigentümerin nicht mehr unternommen. Zwar habe sie weiter ausgesagt, daß angesichts der Verkaufsverhandlungen ein § 18 MRG-Verfahren gar nicht in Rede gestanden sei, für die Entlastung der Beschwerdeführerin wäre aber erforderlich gewesen, daß sie die Frage eines zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes erforderlichen § 18 MRG-Antrages an die Hauseigentümerin herangetragen habe. Erst dann hätte davon gesprochen werden können, daß die Hauseigentümerin eine zur Beseitigung des Baugebrechens etwa notwendige Zustimmung verweigert oder aber durch besondere Anordnung eine im Sinne des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien erforderliche Instandsetzung verboten habe. Auch aus den beiden weiteren Zeugenaussagen hätten sich zwar die Verkaufspläne der Hauseigentümerin und ihr grundsätzlicher Plan, keine größeren Reparaturen mehr durchführen zu lassen, ergeben, eine Hinderung der Beschwerdeführerin durch die Hauseigentümerin in bezug auf die konkret vorgeworfenen Baugebrechen vermöchten sie jedoch nicht zu beweisen. Der Umstand, daß die Hauseigentümerin das Haus in der Folge verkauft habe, vermöge die Beschwerdeführerin in keiner Weise zu entlasten, da sie zur Tatzeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Verwalterin des Gebäudes gewesen sei und das Vorhandensein der erforderlichen Kenntnisse über die Möglichkeit der Beschaffung der Mittel durch Beseitigung eines Baugebrechens bei einem konzessionierten Gebäudeverwalter vorausgesetzt werden dürfe. Ihr Vorbringen, daß sie die Arbeiten aus eigener Tasche bezahlen hätte müssen, sei in diesem Zusammenhang unverständlich. Die Beschwerdeführerin hätte lange genug Zeit gehabt, hinsichtlich der gegenständlichen Bauschäden einen Antrag nach § 18 MRG einzubringen. Das Vorliegen der Baugebrechen selbst sei von der Beschwerdeführerin nie bestritten worden, der objektive Tatbestand sei daher als erfüllt anzusehen. Da zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimme, könne der Täter zufolge § 5 Abs. 1 VStG 1950 nur dann straflos bleiben, wenn ihm der Beweis gelinge, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Dieser Nachweis könne bei einer Übertretung der Vorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur in der Weise erbracht werden, daß der Eigentümer bzw. Verwalter unter Beweis stelle, alles in seinen Kräften stehende unternommen zu haben, um das Baugebrechen in kürzester Zeit zu beseitigen. Insbesondere wäre ein Antrag nach § 18 MRG in diesem Sinne entlastend gewesen; während des Tatzeitraumes sei aber kein diesbezügliches Verfahren anhängig gewesen. Damit sei auch der Tatbestand in subjektiver Hinsicht erfüllt.
Als erschwerend nahm die belangte Behörde das Vorliegen von auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen an; im vorliegenden Fall seien beim Zentralgewerberegister zwei Verwaltungsübertretungen vorgemerkt, von welchen die Vorstrafen nach der Bauordnung für Wien offenbar auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten. Milderungsgründe lägen keine vor. Bei Bestätigung der Strafhöhe sei weiters zu beachten gewesen, daß durch das gegenständliche Delikt ein erhebliches öffentliches Interesse an der Sicherheit für Personen und Sachen im Zusammenhang mit dem baulichen Zustand von Gebäuden verletzt worden sei. Daß eine Sicherheitsgefährdung leicht eintreten könnte, zeige deutlich der Feuerwehreinsatz vom 28. April 1982, bei dem absturzbedrohte Teile des Verputzes des Hauptgesimses hätten entfernt werden müssen. Das Verschulden der Beschwerdeführerin sei daher von der belangten Behörde sehr hoch gewertet worden und rechtfertige keine Herabsetzung der Strafhöhe. Die Beschwerdeführerin sei seit dem Bauauftrag vom 5. Mai 1982 nicht nur von den Bauschäden, sondern auch von der dauernden latenten Gefährdung der Gehsteigbenützer durch diese Bauschäden in Kenntnis. Darnach habe sie ihre Pflichten als Hausverwalterin, diese Schäden umgehend beheben zu lassen, vernachlässigt. Das Vorbringen in der Berufung, daß die Schäden bis heute noch nicht behoben seien, was beweise, daß sie keine Quelle von Gefahren seien, zeige, daß die Beschwerdeführerin über ihr Verschulden nicht im Klaren sei, weshalb sich die belangte Behörde der Behörde erster Instanz anschließe und die Strafhöhe auch aus spezialpräventiven Gründen mit dem Ziel, der Beschwerdeführerin ihre Hausverwaltungspflichten vor Augen zu führen und die Begehung gleichartiger Delikte durch sie hintanzuhalten, bestätige. Bei Bestätigung der Strafhöhe sei weiters gewertet worden, daß die Beschwerdeführerin verheiratet sei, zirka S 12.000,-- monatliches Einkommen verzeichne und geringfügige Hausanteile besitze.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nicht nur durch die Bestrafung, sondern auch durch die Höhe der Strafe beschwert.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Ausführungen der Beschwerde hinsichtlich des alten Verfahrens nach § 7 MG gehen allerdings fehl. Verhältnisse des Jahres 1974 sind für die Beurteilung der Einhaltung der Pflichten in den Jahren 1982 und 1983 kaum von Bedeutung.
Mit Recht bekämpfte die Beschwerdeführerin aber die Schlüssigkeit der Überlegungen der Verwaltungsbehörden in bezug auf die Annahme, daß sie durch die frühere Hauseigentümerin an der Vornahme der Arbeiten nicht gehindert worden sei; diese Frage stellt - entgegen der offensichtlichen Annahme der belangten Behörde in der Gegenschrift - keine Rechtsfrage dar, die allein nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst werden könnte; maßgeblich ist vielmehr die Ermittlung des vollständigen Sachverhaltes. Im vorliegenden Fall fällt nun auf, daß die belangte Behörde nicht nur die Weigerung der subsidiär für die Erhaltung verantwortlichen Hauseigentümerin, den als Zeugen geführten Dr. R von seiner anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, obwohl sie nach eigenen Angaben (wenn auch mit einigen Widersprüchen) nur mit ihm und nicht mit der Beschwerdeführerin selbst verhandelt hatte, überhaupt nicht gewürdigt hat; die in der Gegenschrift vertretene Ansicht der belangten Behörde, dies nicht tun zu dürfen, widerspricht offensichtlich dem Prinzip der freien Beweiswürdigung. Vor allem aber blieb die - entgegen allen Verfahrensvorschriften vorgenommene - „Streichung“ des die Beschwerdeführerin eindeutig entlastenden Teiles der Aussage der Hauseigentümerin unberücksichtigt. Es kann doch nicht, wie dies die belangte Behörde getan hat, der Beschwerdeführerin vorgeworfen werden, keinen Antrag nach § 18 MRG eingebracht zu haben, obwohl die Hauseigentümerin ausdrücklich deponiert habe, daß sie wegen des bevorstehenden Verkaufes des Hauses nicht mehr die Zustimmung zu einem § 18 MRG-Verfahren betreffend die Instandsetzung des Gesimses gegeben hätte. Unter diesen Umständen ist es nämlich völlig bedeutungslos, ob die Beschwerdeführerin die Eigentümerin (erfolglos) darum ersucht hätte.
Die belangte Behörde hat aber auch in offensichtlicher Verkennung der zivilrechtlichen Rechtslage unterlassen zu prüfen, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie hätte die Arbeiten am Gesims mangels Vorhandenseins der Mietzinsreserve nicht durchführen können oder aus eigenen Mitteln finanzieren müssen, zutrifft, ob nämlich allenfalls die Mietzinsreserve zwar rechnerisch vorhanden war, faktisch aber nicht zur Verfügung stand, weil die Hauseigentümerin sie für andere Zwecke verwendet hatte. Ein - erfolgreiches - Verfahren nach § 18 MRG setzt nämlich voraus, daß die Kosten der Arbeiten (die selbst nach Angabe der Hauseigentümerin auf die Kosten der Wiederherstellung der Gesimse hätten beschränkt werden müssen) in der - rechnerisch vorhandenen, wenn auch der Hausverwalterin allenfalls nicht zur Verfügung stehenden - Hauptmietzinsreserve zuzüglich der in den nächsten zehn Jahren eingehenden Mietzinse nicht Deckung fänden. Es kann dem Verwalter nicht vorgeworfen werden, ein von vornherein erfolgloses § 18 MRG-Verfahren nicht anhängig gemacht zu haben.
Da die Vermeidung der angeführten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte führen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Argumentation hinsichtlich der Spezialprävention gerade unter den gegebenen Umständen (Unwirtschaftlichkeit der bloßen Fassadenreparatur ohne Dachdecker- und Spenglerarbeiten, Weigerung des Hauseigentümers zur erforderlichen Gesamtinstandhaltung wegen beabsichtigter Veräußerung u. dgl., vor allem aber die aus der Zeugenaussage des Baumeisters nicht festgestellten Sicherungsarbeiten - zweimaliges Abschlagen loser Teile - mit der Berücksichtigung des Verschuldens im Sinn des § 19 Abs. 1 VStG 1950 kaum zu vereinbaren ist.
Infolge Entscheidung in der Sache selbst bedurfte es keiner gesonderten Entscheidung über den Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, jedoch im Rahmen des gestellten Antrages.
Wien, am 1. Juli 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986050046.X00Im RIS seit
30.03.2022Zuletzt aktualisiert am
30.03.2022