TE Vwgh Beschluss 2022/3/1 Ra 2022/05/0034

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.2022
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache des DI G S in W, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Juli 2021, VGW-111/067/3099/2021-3, betreffend Parteistellung und Akteneinsicht in einem Bauverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Parteien: 1. W GmbH in W und 2. G Genossenschaft, reg. Gen. mbH in W; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (in der Folge: Verwaltungsgericht) vom 7. Juli 2021 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 21. Dezember 2020, mit welchem festgestellt worden war, dass dem Revisionswerber Parteistellung in einem näher bezeichneten Baubewilligungsverfahren nicht zukomme, und sein Antrag auf Akten- und Planeinsicht zurückgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen (1.) und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig erklärt (2.).

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei Miteigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft der KG F. . Beim Magistrat der Stadt Wien sei ein näher beschriebenes Bauansuchen vom 28. August 2020 auf einer näher genannten Liegenschaft der KG F. anhängig, für welches der Revisionswerber mit Eingabe vom 1. Dezember 2020 Akteneinsicht und (laut angefochtenem Bescheid) die Feststellung seiner Parteistellung begehrt habe. Zwischen der Liegenschaft des Revisionswerbers und jener Liegenschaft, auf welche sich das Bauansuchen beziehe, komme ein näher genanntes Grundstück zu liegen, welches eine Breite von mehr als 6 m aufweise; die Abteilung dieses Grundstückes sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 11. August 2020 bewilligt und grundbücherlich durchgeführt worden. Das im Bauland gelegene Baugrundstück sei damit von der Liegenschaft des Revisionswerbers durch eine mehr als 6 m breite Grundfläche getrennt; vor dem Hintergrund des § 8 AVG iVm § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien bestünden daher mangels Parteistellung des Revisionswerbers in dem bezeichneten Baubewilligungsverfahren keine Bedenken gegen die Verweigerung der Akten- und Planeinsicht, weshalb die Beschwerde abzuweisen gewesen sei.

6        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 30. November 2021, E 3207/2021-5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abtrat.

7        Nunmehr richtet sich gegen dieses Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, die mitbeteiligten Parteien hätten die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 11. August 2020 bewilligte Grundabteilung nur erwirkt, um dem Revisionswerber und anderen potentiellen Nachbarn die Parteistellung im Bauverfahren zu nehmen. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, bzw. werde davon abgewichen. Dem Nachbarn komme im Grundabteilungsverfahren keine Parteistellung zu, allerdings sei er im Baubewilligungsverfahren berechtigt, Einwendungen gegen eine vorher erfolgte Bauplatzbeschaffung vorzubringen (Verweis auf VwGH 21.6.1988, 87/05/0087). „Bei verfassungskonformer Interpretation der § 134 Abs 2 und 3 BO für Wien, § 17 AVG“ sei davon auszugehen, dass der Nachbar die ihm durch § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien gewährte Parteistellung im Bauverfahren nicht verliere, wenn die Liegenschaft, deren Miteigentümer er sei, und die zu bebauende Liegenschaft durch eine Fahne mit einer Breite von geringfügig mehr als sechs Metern getrennt seien und dieses Fahnengrundstück „durch eine gesetzwidrige, vom Nachbarn aber nicht abgesondert bekämpfbare Grundabteilung“ in dieser Breite entstanden sei.

8        Mit diesem Vorbringen wird eine Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9        Soweit zunächst ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht wird, genügt dieses Vorbringen mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht, zumal schon nicht - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 25.2.2021, Ra 2018/06/0168, oder auch 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN). Dabei wäre konkret darzulegen gewesen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. dazu etwa VwGH 14.5.2021, Ra 2021/05/0074, oder nochmals 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN). Der bloße Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 21. Juni 1988, 87/05/0087, in dem es um eine Strittigkeit der Parteistellung der dortigen Nachbarn nicht ging, ist mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte zur Begründung der Zulässigkeit der Revision jedenfalls weder ausreichend noch zielführend.

10       Im Übrigen ist es nicht zutreffend, dass zu einer Sachverhaltskonstellation wie der vorliegenden (Wegfall der Parteistellung durch spätere Grundstücksteilung) keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht (vgl. etwa VwGH 7.10.2020, Ra 2020/05/0187 bis 0189; 25.9.2018, Ra 2018/05/0216; 10.12.2013, 2010/05/0145, oder auch bereits 8.5.2008, 2007/06/0306). Von dieser bereits bestehenden Rechtsprechung hat sich das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht entfernt.

11       Soweit das Zulässigkeitsvorbringen schließlich auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien hinsichtlich der Abgrenzung der Parteistellung abzielt, genügt fallbezogen ein Verweis auf die Begründung des erwähnten Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 2021, E 3207/2021-5.

12       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022050034.L00

Im RIS seit

30.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten