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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des R in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. April 1996, Zl. SD 423/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 31. Jänner 1993 mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Am 11. März 1993 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und daraufhin eine Aufenthaltsbewilligung bis zum 31. Mai 1995 erhalten.
Mittlerweile sei die Ehe des Beschwerdeführers vom Bezirksgericht Fünfhaus gemäß § 23 des Ehegesetze für nichtig erklärt worden. Aus den Entscheidungsgründen des in Rechtskraft erwachsenen Urteils ergebe sich, daß die Ehe nur deshalb geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen. Angesichts dieses Sachverhaltes sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG gegeben seien.
Auf dem Boden der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne nämlich ein Aufenthaltsverbot rechtens ausschließlich auf diese Gesetzesstelle gestützt werden, wenn triftige Gründe vorlägen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 18 Abs. 2 FrG angeführten Fälle aufwiesen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigten (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0315).
Im vorliegenden Fall sei das im Grunde dieser Gesetzesstelle relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin - daß diese vom Gericht rechtskräftig für nichtig erklärt worden sei, bleibe unbestritten - zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Beschäftigungsbewilligung, Aufenthaltsberechtigung) zu erblicken gewesen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers handle es sich bei diesem Rechtsmißbrauch um ein die öffentliche Ordnung erheblich beeinträchtigendes, seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzusetzendes Verhalten, das eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG darstelle, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertige (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1053). In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.
Diesbezüglich sei zunächst festzuhalten, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers ebenso wie seine Beschäftigung hinsichtlich deren jeweiliger Berechtigung letztlich auf der rechtsmißbräuchlich eingegangenen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin basierten. Selbst wenn man unbeschadet dessen dennoch einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annehmen wollte, so wäre damit für ihn nichts gewonnen. Denn diesfalls würde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme nach der genannten Bestimmung zulässig erscheinen. Wer, wie der Beschwerdeführer, grob rechtsmißbräuchlich (ausschließlich) zu dem Zweck vorgehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig erscheinen ließen.
Bei Annahme eines Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers und der demnach - neben der Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei - auch erforderlichen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG würde die Zulässigkeit dieser Maßnahme auch nach dieser Bestimmung zu bejahen sein. Da weder familiäre noch sonstige Bindungen des Beschwerdeführers festgestellt werden könnten und auch das Ausmaß seiner Integration im Hinblick darauf, daß der Aufenthalt und die Beschäftigung auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen seien, nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen sei, würden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Sohin sei das Aufenthaltsverbot zu Recht erlassen worden.
Was die Gültigkeitsdauer dieser Maßnahme betreffe, so erscheine die nunmehr vorgenommene Befristung nach Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Ablauf der festgesetzten Frist angenommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben der maßgebliche Sachverhalt der Eingehung einer - mittlerweile für nichtig erklärten - Ehe durch den Beschwerdeführer allein zum Zwecke der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen unbestritten und der aus dieser Feststellung von der belangten Behörde gezogene Schluß, daß damit die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Diese rechtliche Beurteilung entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 96/18/0187 mwN).
2. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach § 19 FrG nahm die belangte Behörde - für den Fall des Vorliegens eines relevanten Eingriffs in den Schutzbereich dieser Regelung (was vorliegend zu bejahen ist) - zutreffend an, daß das durch das rechtsmißbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigte, einen hohen Stellenwert aufweisende maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 MRK) die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend gebiete; das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei seit dem 12. Februar 1996 neuerlich verheiratet (mit einer Frau, mit der er seit Sommer 1995 zusammengelebt hätte), ändert an diesem Ergebnis - ungeachtet der Frage, ob es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG) handelt - deshalb nichts, weil auch bei Berücksichtigung dieses Umstandes die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten gewesen wäre (vgl. das schon genannte Erkenntnis Zl. 96/18/0187).
Auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde für den Fall der Annahme eines Eingriffes im Sinn des § 19 FrG vorgenommenen Abwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Abgesehen davon, daß der etwas mehr als dreijährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich kein hohes Maß an Integration zu begründen vermochte, darf nicht übersehen werden, daß - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - sowohl der Aufenthalt als auch die Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich hinsichtlich ihrer Berechtigung auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene (erste) Ehe des Beschwerdeführers zurückzuführen sind und ihnen daher im gegebenen Zusammenhang kein wesentliches Gewicht zukommt (vgl. das schon zitierte hg. Erkenntnis Zl. 96/18/0187); auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Schwester lebe mit ihrem Ehegatten in Österreich, wobei der Beschwerdeführer ein Zusammenleben mit diesen Personen nicht behauptet hat, ändert nichts an dieser Beurteilung.
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist der Verfahrensrüge, der von der belangte Behörde festgestellte Sachverhalt bedürfe einer Ergänzung, da die belangte Behörde die von der Erstbehörde getroffenen Feststellungen, ohne auf das Vorbringen in der Berufung einzugehen, übernommen habe, der Boden entzogen. Die bezüglich des Vorbringens, der Beschwerdeführer sei "ein nützliches Mitglied der Gesellschaft auch nach EU-Recht" völlig unbestimmt gehaltene Beschwerde ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, zu § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes,
S 249 f).
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180240.X00Im RIS seit
20.11.2000