TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/26 VGW-102/067/5893/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.08.2021

Index

25/01 Strafprozeß
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

StPO 1975 §5 Abs1
StPO 1975 §5 Abs2
StPO 1975 §93 Abs1
StPO 1975 §93 Abs2
StPO 1975 §93 Abs5
StPO 1975 §106
StPO 1975 §117 Z2 litb
StPO 1975 §119 Abs1
StPO 1975 §119 Abs2 Z1
StPO 1975 §120
StPO 1975 §121
B-VG Art. 130 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG der Frau A. B., Wien, C.-gasse, wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der WEGA am 07.03.2021, in Wien, C.-gasse, betreffend die Öffnung der Wohnungstüre ohne vorherige Ankündigung bzw. Aufforderung,

zu Recht e r k a n n t:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 bis 5 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, 57,40 Euro für Vorlageaufwand, 368,80 Euro für Schriftsatzaufwand und 461,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 887,20 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 22.04.2021 beim Verwaltungsgericht Wien eingelangten Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin im Wege eines Rechtsanwaltes eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 und Art. 132 Abs.2 B-VG und brachte darin vor:

„Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zuge der Hausdurchsuchung am 07.03.2021 in C.-gasse, Wien durch Organe der WEGA wird gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 und Art 132 Abs 2 B-VG und Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG binnen offener Frist

Maßnahmenbeschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Wien erhoben.

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist wohnhaft in C.-gasse, Wien. Aufgrund der Anordnung der Durchsuchung von Orten gegen D. E. vom 21.02.2021 wurde an der genannten Adresse eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Hausdurchsuchung wurde von den WEGA-Kräften F., G., H., I., J., K. und L. durchgeführt.

Im Rahmen der Hausdurchsuchung wurde die Wohnungstüre der Beschwerdeführerin gewaltsam und ohne vorherige Ankündigung bzw Aufforderung, die Türe zu öffnen, mittels eines „Door-Blaster" durch Rvl L. geöffnet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beschwerdeführerin in der Wohnung, hinter der Wohnungstüre und wurde von der gewaltsam aufgebrochenen Türe mit voller Wucht zurückgeschleudert und verletzt - sie erlitt rechtsseitig im Bereich des Oberkörpers Verletzungen, und zwar eine Rippenprellung. Aufgrund des gewaltsamen Aufbruchs sind sowohl die Türe als auch der Türstock beschädigt. Der Türstock ist aufgebogen, die Türe selbst ist in der Mitte aufgesprungen und vollkommen verbogen. Nur durch die Beauftragung eines Tischlers konnte die Türe notdürftig repariert werden, sodass das Öffnen und Schließen gewährleistet ist.

Die Behörde hat es unterlassen, der Beschwerdeführerin zu ermöglichen, die Türe aus Eigenem zu öffnen. Die Beschwerdeführerin wurde durch das inkriminierte Verhalten der belangten Organe am Körper verletzt, zudem wurde ihre Wohnungstüre beschädigt.

Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Sicherheit der belangten Organe, anderer Personen oder Sachen sowie für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Das LKA-Ast ..., (belangte Behörde) hat eine unrichtige gesetzliche Anordnung getroffen, nämlich der WEGA aufzutragen, die Wohnungsöffnung nicht nach § 121 Abs 1 StPO durchzuführen, sondern gewaltsam zu öffnen.

Beweis:    Amtsvermerk von Obstlt G. vom 7.3.2021 zu PAD/...

            Anordnung der Durchsuchung und Sicherstellung zu ... vom 21.2.2021

2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde

Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist nach stRsp des VfGH und VwGH, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht11 Rz 608). Sie liegt nur dann vor, wenn vom Verwaltungsorgan einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Das gewaltsame Aufbrechen der Haustüre im Rahmen der Hausdurchsuchung stellt eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar, weil sie von der gerichtlich bewilligten Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien auf Durchsuchung der Wohnung C.-gasse, Wien nicht erfasst ist.

Gemäß § 3 Abs 1 und Abs 2 Z 2 VwGVG ist für die Maßnahmenbeschwerde des Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG jenes Landesverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Akte der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden ist und die Pflichtverletzungen stattfanden. Das angerufene Gericht ist daher auch örtlich zuständig.

Die Frist zur Erhebung der Beschwerde beträgt gemäß § 7 Abs 4 VwGVG iVm Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG bzw gemäß § 89 Abs 2 SPG sechs Wochen. Die beanstandete Amtshandlung hat am 07.03.2021, weshalb die nunmehr erhobene Beschwerde rechtzeitig ist.

3. Beschwerdegründe

Die Einschreiterin wurde aufgrund der gesetzwidrigen Durchführung der der Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien vom 21.02.2021 durch die Kriminalpolizei (LKA Wien ASt ..., Wega) in ihrem Recht auf gesetzeskonforme Durchsuchung von Orten (§ 121 Abs 1 StPO), konkret, die Beamten freiwillig in ihre Wohnung zu lassen, ihnen das (vermeintlich !) Gesuchte freiwillig herauszugeben, die Durchsuchung freiwillig zu gestatten, in ihrer körperlichen Integrität (§ 5 Abs 1 StPO iVm Art 3 EMRK), in ihrem Hausrecht (§ 5 Abs 1 StPO iVm Art 10 StGG), in ihrem Privat- und Familienrecht (§ 5 Abs 1 StPO iVm Art 8 EMRK), in ihrem Grundrecht auf Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art 8 B-VG und Art 13 EMRK) verletzt. Die einschreitenden Kriminalbeamten haben alle diese gesetzlichen Vorschriften missachtet, als sie die Einspruchswerberin nicht zur freiwilligen Öffnung aufforderten, sondern ohne Legitimation schwere Gewalt anwandten, die Einschreiterin durch die Öffnung der Türe verletzt und die Tür beschädigt, obwohl gelindere Mittel für die Durchführung der Anordnung zur Verfügung gestanden wären.

Zudem war auch die Anordnung von BI M. (LKA Ast ...), die Türe gewaltsam zu öffnen, in concreto rechtswidrig, weil die Voraussetzungen nicht vorlagen.

4. Aus all diesen Gründen wird der

Antrag

gestellt, das Landesverwaltungsgericht Wien möge

gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen, durchführen und die in Beschwerde gezogenen Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 28 Abs 6 VwGVG für rechtswidrig erklären sowie dem Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung den Ersatz der entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution auftragen.“

Der Beschwerde in Ablichtung angeschlossen waren Fotos einer beschädigten Tür, der Anlass-Bericht vom 15.02.2021, der Anlass-Bericht vom 07.03.2021, die Durchsuchung-Sicherstellungsprotokolle vom 07.03.2021, der Suchtmittelvortest vom 07.03.2021, und die am 21.02.2021 vom Landesgericht für Strafsachen gerichtlich bewilligte staatsanwaltschaftliche Anordnung der Durchsuchung und Sicherstellung der Wohnung sowie der Aufenthaltsadresse von D. E. vom 21.02.2021, GZ ....

2. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift. Unter einem wurde um Bekanntgabe der an der Amtshandlung beteiligten bzw. anwesenden Beamten samt deren konkreten Aufgaben bzw. Funktionen im Zuge der Amtshandlung ersucht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte eine Abschrift des elektronisch geführten Verwaltungsaktes vor. Die Gegenschrift ist wie folgt ausgeführt:

„GEGENSCHRIFT.

I.   Sachverhalt:

Der Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus dem Amtsvermerk (AS 16 bis 17 ) und aus dem Anlassbericht (AS 29 bis 35 ) vom 7.3.2021.

Bei den einschreitenden Polizeibeamten handelte es sich - nach dem derzeitigen Informationsstand - um:

BezInsp. M. N. (Kriminalbeamter des LKA)

BezInsp. O. P. (Kriminalbeamter des LKA)

RevInsp. Q. R. (Polizeidiensthundeeinheit)

Insp. S. T. (Polizeidiensthundeeinheit)

Oberstlt. G. U. (WEGA)

BezInsp. F. V. (WEGA)

Insp. H. P. (WEGA)

RevInsp. I. W. (WEGA)

Insp. J. X. (WEGA)

Insp. K. Y. (WEGA)

RevInsp. L. Z. (WEGA)

II.  Rechtliche Beurteilung:

1.   Die BF erachtet die gewaltsame Türöffnung im Rahmen einer Hausdurchsuchung mittels „Door-Blaster", wodurch sowohl Tür als auch Türstock beschädigt wurden, ohne vorherige Aufforderung bzw. Ankündigung die Türe zu öffnen, für rechtswidrig:

Am 07.03.2021 ist über Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien zu ... vom 21.02.2021 vom Landeskriminalamt Wien, Außenstelle ..., („LKA AST ...") in Zusammenarbeit mit weiteren Polizeikräften mit Beginn um ca. 16:00 Uhr an der Wohnadresse der BF in Wien, AA.-gasse, eine Hausdurchsuchung auf Basis der Strafprozessordnung (StPO) durchgeführt worden. Es bestand der Verdacht des Suchtgifthandels mit Kokain, Speed und Cannabiskraut und des Bestehens einer Cannabisplantage.

Durch den die Ermittlungen leitenden Beamten des LKA AST ..., BezI M., wurde mehrfach an der Wohnungstür geklopft. Die dabei anwesenden Beamten des LKA und der Diensthundeeinheit konnten Geräusche aus der Wohnung wahrnehmen, die Wohnungstür wurde aber nicht geöffnet.

Die Öffnung erfolgte in weiterer Folge durch hinzugerufene Kräfte der WEGA mittels „Door-Blaster".

In der Wohnung anwesend waren die BF, der des Suchtgifthandels beschuldigte Lebensgefährte der BF und deren gemeinsames Kind.

Aus Sicht der LPD Wien ist die Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde im konkreten Fall unzulässig, da die Amtshandlung der einschreitenden Organe im Rahmen der Kriminalpolizei auf Grundlage der Strafprozessordnung erfolgt ist und dafür der Rechtsbehelf des Einspruches nach § 106 StPO vorgesehen ist. Polizeiliches Handeln aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung ist ein Akt der Gerichtsbarkeit gemäß Art. 90a B-VG, und ist in diesem Bereich ein Einspruch gemäß § 106 StPO zulässig und von den Strafgerichten meritorisch zu erledigen.

Lediglich im Fall einer offenkundigen Überschreitung der staatsanwaltschaftlichen Anordnung durch die Polizei i.S. eines Exzesses liegt ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (VfGH B 1233/11; Hengstschläger/Leeb, AVG § 67a Rz 37 mwN).

Von einem Exzess kann im vorliegenden Fall jedoch keineswegs ausgegangen werden: Es wurde mehrfach an der Tür geklopft, die Tür aber nicht geöffnet, d. h. die Aufforderung an den Betroffenen im Sinne des § 121 Abs 1 StPO, die Durchsuchung zuzulassen, ist erfolgt, war aber ergebnislos.

Erst danach wurde durch die einschreitenden Organe entschieden, zum Zwecke der Durchführung der angeordneten Hausdurchsuchung und der Beweissicherung die Tür gewaltsam zu öffnen.

Den Erläuterungen zu § 121 StPO folgend liegt es in der Hand der Kriminalpolizei, im konkreten Fall zu entscheiden, ob wegen Gefahr in Verzug verhältnismäßige Gewalt gegen Sachen anzuwenden ist.

Dabei handelt es sich um eine Modalität und nähere Umstände im Zuge der durch eine gerichtliche Anordnung gedeckten Hausdurchsuchung im Sinne der zitierten Judikatur. Was wegen einer Verletzung des § 121 Abs 1 StPO gilt, dem Fehlen der Aufforderung, die Hausdurchsuchung zuzulassen, muss auch auf eine behauptete Verletzung der Verhältnismäßigkeit durch Zwangsgewalt nach erfolgloser Aufforderung anwendbar sein, denn die Durchsuchung darf innerhalb der Grenzen der Verhältnismäßigkeit (§ 5 StPO) auch mit Zwangsgewalt ( § 93 StPO) durchgesetzt werden.

Darüber hinaus ist es gerade Sinn und Zweck der zugrundeliegenden Hausdurchsuchung gewesen, den aktuellen Zustand in der Wohnung möglichst authentisch vorzufinden, um das Vernichten von Beweismitteln zu verhindern, in der Regel kann die Polizei durch rasches Einschreiten verhindern, dass jemand den gesuchten Gegenstand schnell vernichtet.

Es ist folglich nicht von einer Überschreitung der gerichtlichen Anordnung im Sinne eines Exzesses auszugehen. Ob die konkrete Anwendung der Gewalt gegen Sachen als Modalität der Hausdurchsuchung verhältnismäßig war, ist daher im Zuge eines Verfahrens nach § 87 Abs 1 bzw § 106 Abs 1 StPO zu klären:

Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist ein subjektives Recht eine Rechtsmacht, die dem Einzelnen von der Rechtsordnung verliehen ist (6 Ob 690/81; 3 Ob 518/86). Als subjektive Rechte i.S.d. § 106 StPO sind solche zu verstehen, welche die Voraussetzungen und Bedingungen festlegen, die bei Ausübung von Zwang gegenüber den Betroffenen nach diesem Bundesgesetz konkret einzuhalten sind, oder welche dem Betroffenen einen Anspruch auf ein bestimmtes Verfahrensrecht nach der StPO einräumen. Der VfGH sieht Anordnung und Durchführung einer Maßnahme als Einheit an (VfSlg 10.290/1984; Bertel/Vertier, Komm StPO § 106 Rz 1a; Ennöckl, JBl 2008, 412). Daher kann auch dann Einspruch wegen Rechtsverletzung erhoben werden, wenn die Kriminalpolizei bei der Durchführung einer von der StA angeordneten Maßnahme subjektive Rechte verletzt, wie etwa dem von der Hausdurchsuchung Betroffenen die Beiziehung einer Vertrauensperson verweigert, dem Beschuldigten die gerichtliche Bewilligung bei der Durchführung einer Festnahme nicht zustellt, ein Beamter verbale Entgleisungen setzt oder unnötiges Aufsehen erregt bzw vermeidbare Störungen im Zuge einer angeordneten Hausdurchsuchung vornimmt. Denn in diesen Fällen liegt ein Akt der Gerichtsbarkeit vor, der mit Einspruch wegen Rechtsverletzung bekämpft werden kann.

Da die Maßnahmenbeschwerde nur ein subsidiärer Rechtsbehelf ist und gegen die staatsanwaltschaftliche Anordnung und gerichtliche Bewilligung ein eigener Rechtsweg an die ordentlichen Gerichte offensteht (§ 87 Abs 1 StPO), ist sie im vorliegenden Fall unzulässig.

Beweis: vorgelegter Verwaltungsakt

2.   Die BF erachtet die, durch die gewaltsame Türöffnung bei ihr hervorgerufene, Körperverletzung, Rippenprellung, als rechtswidrig:

Entscheidung der VwGH vom 25.01.2000 (98/05/0175):

Verwaltungsorgane können ohne Verfahren und ohne Einhaltung der für Bescheide vorgesehenen Form unmittelbar - d.h. ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte der Rechtsunterworfenen eingreifen, sofern dies Rechtsvorschriften vorsehen. Für derartige, in einfachen Gesetzen vorgesehene Maßnahmen sieht Art. II Abs. 6 Z. 5 EGVG vor, dass die Verwaltungsverfahrensgesetze keine Anwendung zu finden haben. Verwaltungsakte dieser Art erfolgen dann in Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Jänner 1995, Slg. Nr. 14.193/A, und das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/05/0069). Eine bloße Anordnung (ein Befehl) allein kann die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen, wenn der Adressat einer solchen Anordnung bei ihrer Nichtbefolgung mit deren zwangsweiser Realisierung zu rechnen hat (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. 10.020/1984, 10.956/1986, 10.662/1985 uva). Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt also begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde einer bestimmten Person gegenüber voraus und liegt nur vor, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1977, Slg. Nr. 9.439/A, vom 28. Juni 1990, Slg. Nr. 13.244/A, und vom 5. Mai 1994, Zl. 94/06/0010).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist ein faktisches Organhandeln somit dann eine "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt", wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist.

Der hier geübte Zwang war gegen eine Sache - die Tür - gerichtet.

Dass die BF sich in der Wohnung oder gar unmittelbar hinter der Tür aufhielt, war für die einschreitenden Beamten nicht vorhersehbar.

Der gesetzte Zwangsakt war somit nicht gegen die Person der BF gerichtet, beim Einschreiten wurde die Verletzung der BF durch das Öffnen der Türe vielmehr nicht einmal ins Kalkül gezogen, die Intention, einen Zwangsakt gegen die Person der BF zu setzten, lag nicht vor.

Die einschreitenden Beamten konnten keine sichtbaren Verletzung bei der BF wahrnehmen, sie lehnte auch die Verständigung des Rettungsdienstes ab.

Bei dem in Beschwerde gezogenen Sachverhalt handelt es sich somit einerseits nicht um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art 130 B-VG.

Andererseits sei auf das Vorbringen zu Beschwerdepunkt 1 verwiesen:

Polizeiliches Handeln aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung ist ein Akt der Gerichtsbarkeit gemäß Art. 90a B-VG, und ist in diesem Bereich ein Einspruch gemäß § 106 StPO zulässig und von den Strafgerichten meritorisch zu erledigen

Es ist daher der Beschwerde die Zulässigkeit zu versagen. 

Beweis:  vorgelegter Verwaltungsakt

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde in allen Punkten kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen in eventu als unbegründet abzuweisen.

An Kosten werden

•   Schriftsatzaufwand und

•   Vorlageaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

3. Die Gegenschrift wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführerin machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit nicht Gebrauch.

4. Beim Verwaltungsgericht Wien fand am 23.08.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache zur Einvernahme der Zeugen RvI Z. L., BzI N. M., Oberstlt. U. G. und Insp. T. S. statt. Die Beschwerdeführerin blieb der Verhandlung unentschuldigt fern.

4.1. In der Beschwerdesache wird folgender Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

4.1.1. Mit der am 21.02.2021 vom Landesgericht für Strafsachen gerichtlich bewilligten staatsanwaltschaftlichen Anordnung vom selben Tag, GZ ..., wurde (1.) gemäß §§ 117 Z 2, 119 Abs. 1, 120 Abs. 1 erster Satz StPO die Durchsuchung der Wohnung von D. E. mit näher bezeichneter Örtlichkeit sowie der Aufenthaltsadresse von D. E.,  Wien, C.-gasse, samt Kellerabteil oder anderer zur Anschrift gehörenden Räumlichkeiten, sowie (2.) die Sicherstellung des im Zuge der Durchsuchung aufgefundenen Suchtgifts, Suchtgiftutensilien sowie Beweismittel, die mit dem Tatvorwurf im Zusammenhang stehen.

In der Begründung ist auszugsweise ausgeführt, E. ist laut Bericht des LKA Wien vom 15.02.2021 verdächtigt laufend in Wien vorschriftswidrig 1.) Suchtgift, nämlich Cannabiskraut beinhaltend THCA und Delta-9-THC, Kokain (beinhaltend Cocain) und Speed (beinhaltend Amphetamin) gewerbsmäßig anderen Personen überlassen zu haben und laufend zu überlassen, und 2.) Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmengen des § 28b SMG überschreitenden Menge Suchtgift mit dem Vorsatz angebaut zu haben, dass dieses in Verkehr gesetzt werde. Der Tatverdacht stützt sich auf die bisherigen Erhebungen des LKA Wien und der Angaben von AB. AC.. Bei Nachbarn konnte erhoben werden, dass es aus den Wohnungen regelmäßig nach Cannabis rieche. Für den Fall, dass bei der Durchsuchung Suchtgift, Suchtgiftutensilien oder andere Beweismittel, die mit dem Tatvorwurf in Zusammenhang stehen, aufgefunden werden, sind diese sicherzustellen.

4.1.2. Die Beschwerdeführerin ist wohnhaft in der Wohnung Wien, C.-gasse. In Durchführung der Durchsuchungs- und Sicherstellungsanordnung vom 21.02.2021 wurde die Wohnung der Beschwerdeführerin durchsucht:

BzI M. traf dazu zunächst vor der Wohnung der Beschwerdeführerin mit zwei Beamten der Diensthundestaffel (u.a. Insp. S.) ein. Aus dem Wohnungsinneren waren Geräusche von einem Medium (Radio, Fernseher, Playstation oder dergleichen) hörbar. BzI M. klopfte mehrere Minuten lang laut an die Wohnungstüre, um eine Öffnung der Wohnungstüre zu erwirken. Nachdem BzI M. einerseits aufgrund der Geräusche aus dem Wohnungsinneren schloss, dass jemand in der Wohnung anwesend war und trotz des lauten Klopfens die Wohnungstüre nicht geöffnet wurde, entschied er, die WEGA zur Öffnung der Wohnungstüre beizuziehen um die staatsanwaltschaftliche Durchsuchungsanordnung durchführen zu können. Bis zum Eintreffen der WEGA warteten BzI M. und die beiden Beamten der Diensthundestaffel ca. 20 Minuten mit Vollzug der staatsanwaltschaftlichen Anordnung zu.

Sieben Beamte der WEGA unter dem Kommando von Oberstlt. G. kamen zur verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit. BzI M. beauftragte die Beamten der WEGA mit der unmittelbaren bzw. sofortigen gewaltsamen Wohnungstüröffnung. Zu diesem Zweck setzte RvI L. um ca. 15:10 Uhr einen „Door Blaster“ ein.

Durch die gewaltsame Wohnungstüröffnung wurde die Wohnungstür beschädigt.

Die Beschwerdeführerin befand sich bei der Wohnungstüröffnung unmittelbar hinter der Wohnungstüre und wurde von der geöffneten Wohnungstüre getroffen, als diese nach innen aufging. Die Beschwerdeführerin artikulierte im Zuge der Amtshandlung Schmerz im Bereich des rechten Oberkörpers. Ihr wurde mehrfach die Beiziehung des Rettungsdienstes angeboten, was von ihr abgelehnt wurde. Die weibliche Insp. S. begutachtete jene Körperstellen äußerlich, welche von der Beschwerdeführerin als verletzt bezeichnet wurden; im Wesentlichen war das am entblößten Oberkörper der rechten Bereich bei den Rippen. Insp. S. nahm keine Verletzungen oder Rötungen am Körper der Beschwerdeführerin wahr.

Nicht festgestellt konnte werden, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der verfahrensgegenständlichen Amtshandlung Verletzungen an ihrem Körper erlitten hat.

4.2. Diese Feststellungen wurden aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze, Unterlagen, Fotos, der unbedenklichen und unbestrittenen Aktenlage und der Einvernahme der genannten Zeugen getroffen. Im Hinblick auf das unentschuldigte Fernbleiben konnte die Beschwerdeführerin nicht einvernommen werden.

In der Beschwerdesache ist unstrittig, dass die Wohnung der Beschwerdeführerin gewaltsam geöffnet wurde. Seitens der Beschwerdeführerin wird in der Beschwerde moniert, es wäre ihr die Möglichkeit nicht eingeräumt gewesen, die Türe aus eigenem zu öffnen. Im Anlass-Bericht vom 07.03.2021 ist dazu vermerkt, dass die Wohnungsöffnung gewaltsam mittels WEGA erfolgte, weil der Beschuldigte trotz mehrfachen Klopfens nicht öffnete. In diesem Zusammenhang haben alle einvernommenen Zeugen ausgesagt, dass die Beamten der WEGA erst in weiterer Folge zur beschwerdegegenständlichen Wohnung hinzu beordert wurden. BzI M. und Insp. S. sagten im Wesentlichen übereinstimmend und den persönlichen unmittelbaren Eindruck glaubhaft und nachvollziehbar aus, sie hätten vorab versucht durch Klopfen ein Öffnen der Wohnungstüre zu erreichen. BzI M. sagte im gegebenen Zusammenhang auch aus, dass er aus dem Wohnungsinneren Geräusche wahrgenommen hat und aufgrund der unterbliebenen Wohnungsöffnung trotz langem und lautem Klopfens schloss, die Wohnungstüre werde freiwillig nicht geöffnet werden. Erst deshalb entschied er sich zu Beiziehung der WEGA. Dieser gab er in weiterer Folge den Auftrag zum sofortigen gewaltsamen Wohnungsöffnen. Dies lässt sich auch mit der Dokumentation von Obstlt. G. (Amtsvermerk vom 07.03.2021 und Bericht über eine Zwangsmittelanwendung vom 12.05.2021) stimmig in Einklang bringen, wonach die Wohnungstüröffnung seitens der beigezogenen WEGA sodann ohne vorherige Ankündigung, Androhung oder Aufforderung erfolgte.

Was die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde monierten Verletzungen betrifft, ist festzuhalten, dass über die Behauptung in der Beschwerde sowie der im vorgelegten Behördenakt enthaltenen Dokumentation über die von der Beschwerdeführerin in Rahmen der Amtshandlung geäußerten Verletzungsbehauptungen, keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der verfahrensgegenständlichen Amtshandlung überhaupt am Körper verletzt worden ist, respektive welcher Art diese Verletzungen waren. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens konnte daher nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der verfahrensgegenständlichen Amtshandlungen Verletzungen am Körper erlitten hat.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975 - StPO, BGBl. Nr. 631/1975 (WV), zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 148/2020, lauten auszugsweise:

Gesetz- und Verhältnismäßigkeit

§ 5. (1) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht dürfen bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht der Straftat, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen.

(2) Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen haben Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht jene zu ergreifen, welche die Rechte der Betroffenen am Geringsten beeinträchtigen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdige Interessen wahrt.

(3) (…)“

Kriminalpolizei

§ 18. (1) Kriminalpolizei besteht in der Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG).

(2) Kriminalpolizei obliegt den Sicherheitsbehörden, deren Organisation und örtliche Zuständigkeit sich nach den Vorschriften des Sicherheitspolizeigesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung richten.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 5 Abs. 2 SPG) versehen den kriminalpolizeilichen Exekutivdienst, der in der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes besteht.

(4) (…)“

Zwangsgewalt und Beugemittel

§ 93. (1) Die Kriminalpolizei ist nach Maßgabe des § 5 ermächtigt, verhältnismäßigen und angemessenen Zwang anzuwenden, um die ihr gesetzlich eingeräumten Befugnisse durchzusetzen; dies gilt auch für die Durchsetzung einer Anordnung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts. Dabei ist die Kriminalpolizei unter den jeweils vorgesehenen Bedingungen und Förmlichkeiten ermächtigt, auch physische Gewalt gegen Personen und Sachen anzuwenden, soweit dies für die Durchführung von Ermittlungen oder die Aufnahme von Beweisen unerlässlich ist. Eine Anordnung zur Festnahme (§ 171 Abs. 1) berechtigt auch dazu, die Wohnung oder andere durch das Hausrecht geschützte Orte nach der festzunehmenden Person zu durchsuchen, soweit die Festnahme nach dem Inhalt der Anordnung in diesen Räumen vollzogen werden soll.

(2) Verweigert eine Person eine Handlung, zu der sie gesetzlich verpflichtet ist, so kann dieses Verhalten unmittelbar durch Zwang nach Abs. 1 oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Ist dies nicht möglich, so kann die Person, falls sie nicht selbst der Straftat verdächtig oder von der Pflicht zur Aussage gesetzlich befreit ist, durch Beugemittel angehalten werden, ihrer Verpflichtung nachzukommen.

(3) und (4) (…)

(5) Die Ausübung unmittelbaren Zwangs ist anzudrohen und anzukündigen, wenn die davon betroffene Person anwesend ist. Hievon darf nur abgesehen werden, wenn der Erfolg der Ermittlung oder der Beweisaufnahme dadurch gefährdet wäre. Für den Waffengebrauch gelten die Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes 1969.

Einspruch wegen Rechtsverletzung

§ 106. (1) Einspruch an das Gericht steht jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil

      1. ihr die Ausübung eines Rechtes nach diesem Gesetz verweigert oder

      2. eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde.

Im Fall des Todes der zum Einspruch berechtigten Person kommt dieses Recht den in § 65 Z 1 lit. b erwähnten Angehörigen zu. Eine Verletzung eines subjektiven Rechts liegt nicht vor, soweit das Gesetz von einer bindenden Regelung des Verhaltens von Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei absieht und von diesem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde.

(2) Soweit gegen die Bewilligung einer Ermittlungsmaßnahme Beschwerde erhoben wird, ist ein Einspruch gegen deren Anordnung oder Durchführung mit der Beschwerde zu verbinden. In einem solchen Fall entscheidet das Beschwerdegericht auch über den Einspruch.

(3) Der Einspruch ist binnen sechs Wochen ab Kenntnis der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. In ihm ist anzuführen, auf welche Anordnung oder welchen Vorgang er sich bezieht, worin die Rechtsverletzung besteht und auf welche Weise ihm stattzugeben sei. Sofern er sich gegen eine Maßnahme der Kriminalpolizei richtet, hat die Staatsanwaltschaft der Kriminalpolizei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Die Staatsanwaltschaft hat zu prüfen, ob die behauptete Rechtsverletzung vorliegt, und dem Einspruch, soweit er berechtigt ist, zu entsprechen sowie den Einspruchswerber davon zu verständigen, dass und auf welche Weise dies geschehen sei und dass er dennoch das Recht habe, eine Entscheidung des Gerichts zu verlangen, wenn er behauptet, dass seinem Einspruch tatsächlich nicht entsprochen wurde.

(5) Wenn die Staatsanwaltschaft dem Einspruch nicht binnen vier Wochen entspricht oder der Einspruchswerber eine Entscheidung des Gerichts verlangt, hat die Staatsanwaltschaft den Einspruch unverzüglich an das Gericht weiter zu leiten. Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei hat das Gericht dem Einspruchswerber zur Äußerung binnen einer festzusetzenden, sieben Tage nicht übersteigenden Frist zuzustellen.“

Definitionen

§ 117. Im Sinne dieses Gesetzes ist

      1. (…)

      2. „Durchsuchung von Orten und Gegenständen“ das Durchsuchen

         a. (…)

         b. einer Wohnung oder eines anderen Ortes, der durch das Hausrecht geschützt ist, und darin befindlicher Gegenstände,

      3. bis 5. (…)“

Durchsuchung von Orten und Gegenständen sowie von Personen

§ 119. (1) Durchsuchung von Orten und Gegenständen (§ 117 Z 2) ist zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort eine Person verbirgt, die einer Straftat verdächtig ist, oder Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind.

(2) Durchsuchung einer Person (§ 117 Z 3) ist zulässig, wenn diese

      1. festgenommen oder auf frischer Tat betreten wurde,

      2. und 3. (…)“

§ 120. (1) Durchsuchungen von Orten und Gegenständen nach § 117 Z 2 lit. b und von Personen nach § 117 Z 3 lit. b sind von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen; bei Gefahr im Verzug ist die Kriminalpolizei allerdings berechtigt, diese Durchsuchungen vorläufig ohne Anordnung und Bewilligung vorzunehmen. Gleiches gilt in den Fällen des § 170 Abs. 1 Z 1 für die Durchsuchung von Personen nach § 117 Z 3 lit. b. Das Opfer darf jedoch in keinem Fall dazu gezwungen werden, sich gegen seinen Willen durchsuchen zu lassen (§§ 119 Abs. 2 Z 3 und 121 Abs. 1 letzter Satz).

(2) Durchsuchungen nach § 117 Z 2 lit. a und nach § 117 Z 3 lit. a kann die Kriminalpolizei von sich aus durchführen.“

§ 121. (1) Vor jeder Durchsuchung ist der Betroffene unter Angabe der hiefür maßgebenden Gründe aufzufordern, die Durchsuchung zuzulassen oder das Gesuchte freiwillig herauszugeben. Von dieser Aufforderung darf nur bei Gefahr im Verzug sowie im Fall des § 119 Abs. 2 Z 1 abgesehen werden. Die Anwendung von Zwang (§ 93) ist im Fall der Durchsuchung einer Person nach § 119 Abs. 2 Z 3 unzulässig.

(2) Der Betroffene hat das Recht, bei einer Durchsuchung nach § 117 Z 2 anwesend zu sein, sowie einer solchen und einer Durchsuchung nach § 117 Z 3 lit. b eine Person seines Vertrauens zuzuziehen; für diese gilt § 160 Abs. 2 sinngemäß. Ist der Inhaber der Wohnung nicht zugegen, so kann ein erwachsener Mitbewohner seine Rechte ausüben. Ist auch das nicht möglich, so sind der Durchsuchung zwei unbeteiligte, vertrauenswürdige Personen beizuziehen. Davon darf nur bei Gefahr im Verzug abgesehen werden. Einer Durchsuchung in ausschließlich der Berufsausübung gewidmeten Räumen einer der in § 157 Abs. 1 Z 2 bis 4 erwähnten Personen ist von Amts wegen ein Vertreter der jeweiligen gesetzlichen Interessenvertretung beziehungsweise der Medieninhaber oder ein von ihm namhaft gemachter Vertreter beizuziehen.

(3) Bei der Durchführung sind Aufsehen, Belästigungen und Störungen auf das unvermeidbare Maß zu beschränken. Die Eigentums- und Persönlichkeitsrechte sämtlicher Betroffener sind soweit wie möglich zu wahren. Eine Durchsuchung von Personen nach § 117 Z 3 lit. b ist stets von einer Person desselben Geschlechts oder von einem Arzt unter Achtung der Würde der zu untersuchenden Person vorzunehmen.“

3.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, welcher lautet:

„§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

      1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

      2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

      3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

3.2. Die Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, lautet auszugsweise:

„§ 1. Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

      1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   737,60 Euro

      2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   922,00 Euro

      3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei              57,40 Euro

      4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   368,80 Euro

      5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   461,00 Euro

      6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)            553,20 Euro

      7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)          276,60 Euro“

III.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen Verwaltungsgerichte (ebenso wie bisher die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Aus den parlamentarischen Erläuterungen zur genannten Novelle (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 13) erschließen sich keine Anhaltspunkte, dass durch diese Novelle der Beschwerdegegenstand eine Änderung erfahren hat, weshalb die bisher ergangene Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung weiterhin einschlägig ist (vgl. etwa auch Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 68, 71).

1.2.1. Voraussetzung für einen tauglichen Beschwerdegegenstand und damit für eine Befugnis des Verwaltungsgerichtes Wien zur Entscheidung in der Sache ist, dass das angefochtene Verhalten tatsächlich die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG darstellt (vgl. etwa Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 162). Ein im Wege der Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG bekämpfbarer unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre eines Beschwerdeführers liegt dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Beschwerdetaugliche Akte der Befehlsgewalt erfordern einen unmittelbaren Befolgungsanspruch bei dem bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich und ohne weiteres Verfahren eine physische Sanktion droht bzw. der Adressat mit zwangsweiser Realisierung bei Nichtbefolgung eines Befehls zu rechnen hat. Ein Zwangsakt kann durch faktische Vollziehung eines vorausgegangenen Befehls, dem nicht entsprochen wurde, als auch sogleich ohne vorherige Androhung gesetzt werden. Begriffsnotwendig ist dafür ein positives Tun nicht hingegen jedoch das Unterbleiben eines Verhaltens, selbst wenn auf dieses Verhalten, weil es zur Realisierung eines im Gesetz eingeräumten Rechtes unerlässlich ist, ein Anspruch besteht. Auch die bloße Untätigkeit einer Behörde stellt keine Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls und Zwangsgewalt dar (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 67a (Stand 1.1.2014, rdb.at) Rz 33, 41 ff, 48 mit weiteren Nachweisen oder Eisenberger in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde2, 16 ff, 22 ff, mit weiteren Nachweisen).

1.2.2.1. Eine Maßnahmenbeschwerde stellt einen subsidiären Rechtsbehelf dar, der in Bezug auf Zwangsakte zum Tragen kommt, wenn es sich um solche handelt, die der Staatsfunktion Verwaltung zuzurechnen sind, hinsichtlich derer keine andere Rechtschutzmöglichkeit besteht (zB VfGH vom 16.12.2010, G259/09ua, VfSlg. 16.815/2003; VwGH 27.3.1998, Zl 95/02/0506). Die Regelungen über Maßnahmenbeschwerden dienen nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes (vgl Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 69 mwN; Eisenberger in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde2, 31; oder etwa VwGH vom 20.03.2019, Ra 2018/09/0090, vom 21.02.2019, Ra 2018/09/0109, vom 25.10.2018, Ra 2018/09/0068, oder vom 04.09.2018, Ra 2017/17/0169). Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein, weshalb in solchen Fällen die Subsidiarität der Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde entgegensteht (zB VwGH vom 19.01.2016, Ra 2015/01/0133, vom 27.08.2008, Zl 2008/15/0113).

1.2.2.2. Entsprechend ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sind bei Vorhandensein eines richterlichen Befehls bzw. einer entsprechenden staatsanwaltschaftlichen Anordnung in Befolgung desselben gesetzte Akte der Verwaltungsbehörden regelmäßig funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen, sodass insoweit keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorliegt. Wird allerdings der durch den richterlichen Befehl gestellte Ermächtigungsrahmen überschritten, handelt es sich sohin um einen „Exzess“, so liegt in diesem Umfang ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor, das vor den Verwaltungsgerichten in Beschwerde gezogen werden kann (vgl. etwa VwGH vom 14.12.2018, Ro 2018/01/0017, oder vom 22.11.2005, Zl 2004/01/0575, jeweils mwN).

Die Frage der Überschreitung des richterlichen Auftrages erfordert Feststellungen über den Inhalt des gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls. Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist es dabei zu beurteilen, ob sich auf Basis der zu treffenden Feststellungen in Anbetracht der Verhältnisse an Ort und Stelle allenfalls eine Überschreitung des gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls ergibt (VwGH vom 22.11.2005, Zl 2004/01/0575, vom 14.12.2018, Ro 2018/01/0017).

Die rechtliche Zurechnung des Vollzugshandelns zur Justizgewalt wird aber nicht schon dadurch unterbrochen, dass im Vollzug des richterlichen Befehls Gesetzwidrigkeiten hinsichtlich der bei einem solchen Akt zu wahrenden Förmlichkeiten unterlaufen. Durchbrochen wird der Auftragszusammenhang des Organhandelns zur richterlichen Gewalt nur durch solche Maßnahmen, die ihrem Inhalt und Umfang nach in der gerichtlichen Anordnung keine Deckung mehr finden. Ein „Exzess“ liegt dabei nur bei einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls vor (VwGH vom 24.10.2013, Zl 2013/01/0036 mwN auf die Rsp des VwGH sowie unter Hinweis auf VfGH 01.12.2012, B 619/12 u.a.)

Eine Hausdurchsuchung auf Grund gerichtlicher Anordnung bleibt somit gleichwohl der Akt eines Gerichtes und ist deshalb der Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte entzogen, wenn bei Durchführung der gerichtlichen Anordnung eine Gesetzwidrigkeit (z.B. die unterlassene Zustellung des Hausdurchsuchungsbefehls oder die unterlassene Befragung des Betroffenen vor Beginn der Hausdurchsuchung) unterläuft. Die Modalitäten und die näheren Umstände, unter denen eine Hausdurchsuchung erfolgte, sind keine vor den Verwaltungsgerichten selbständig bekämpfbaren Maßnahmen. Bei einer auf Grund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung ist auch die Vorgangsweise bei Durchsetzung des Hausdurchsuchungsbefehls dem Gericht zuzurechnen (VwGH vom 12.09.2013, Zl 2013/04/0005).

1.3. In der Beschwerdesache steht fest, dass der Beschwerdeführerin vor dem gewaltsamen Öffnen der Wohnungstüre die Möglichkeit eingeräumt worden war die Wohnungstüre aus eigenem zu öffnen. Die Beschwerdeführerin reagierte auf die Aufforderung bzw. das Anklopfen von BzI M. nicht. Dieser hatte in Hinblick auf die aus der Wohnung hervorkommenden Geräusche in vertretbarer Weise Grund zur Annahme, dass sich Personen in der Wohnung aufhielten und diese nicht bereit waren, die Wohnungstüre freiwillig zu öffnen bzw. an polizeilichen Handlungen mitzuwirken. Der Beschwerdeführerin war somit grundsätzlich auch die Möglichkeit eröffnet gewesen, das Gesuchte freiwillig herauszugeben.

Im gegebenen Zusammenhang handelt es sich bei diesen gesuchten Gegenständen um Suchtgift, Suchtgiftutensilien bzw. sonstige Beweismittel, die mit den dem D. E. angelasteten Tatvorwürfen im Zusammenhang standen. Gerade bei sicherzustellenden Suchtgiften bzw. Suchtgiftutensilien besteht durchaus die reale sowie lebensnahe Gefahr, dass diese rasch verbracht bzw. vernichtet werden können. Diesfalls würde die Sicherstellungsanordnung konterkariert werden.

Die gewaltsame Wohnungstüröffnung durch die Kriminalpolizei aus eigenem war daher im Hinblick auf § 93 Abs. 1 StPO nicht unverhältnismäßig zur Durchsetzung der staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung- und Sicherstellungsanordnung.

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.

1.4. Eine Verletzung der Beschwerdeführerin am Körper aufgrund der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung, wie in der Beschwerde moniert, konnte aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht als erwiesen festgestellt werden. Der Beschwerde ist daher auch in diesem Punkt der Erfolg versagt.

2. Der Kostenzuspruch gründet sich auf § 35 Abs. 1, 3 und 4 Z 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 bis 5 VwG-AufwErsV und war im Hinblick darauf zu treffen, dass die in Beschwerde gezogenen Amtshandlungen im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang standen.

3. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Verhältnismäßigkeit; Kriminalpolizei; Zwangsgewalt; Beugemittel; Einspruch wegen Rechtsverletzung; Durchsuchung von Orten und Gegenständen; Durchsuchung von Personen; Überschreitung des richterlichen Auftrages; Hausdurchsuchung; Exzess; gewaltsames Öffnen der Wohnungstüre; Suchtgift; Maßnahmenbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.102.067.5893.2021

Zuletzt ak

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten