TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/31 VGW-031/074/12386/2021

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Veröffentlicht am 31.08.2021
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Entscheidungsdatum

31.08.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MG §5 Abs1
COVID-19-MG §8 Abs5
COVID-19-NotMV 02te §1 Abs1
VStG 1991 §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Mandl über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 06.04.2021, Zl. …, wegen Übertretung der §§ 8 Abs. 5, 5 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) iVm § 1 Abs. 1 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (2. COVID-19-NotMV),

zu Recht e r k a n n t:

I.   Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II.  Gemäß § 51 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer € 10 als Beitrag zum Beschwerdeverfahren, das sind 20% der verhängten Strafe (Mindestkostenbeitrag), zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Gegen den Beschwerdeführer (BF) erging ein Straferkenntnis mit nachstehendem Spruch:

Datum/Zeit: 15.1.2021, 22:58 Uhr

Ort: Wien, C.-gasse …/12

Sie haben am 15.1.2021 und 22:58 Uhr Ihren privaten Wohnbereich in D.-straße …/20 verlassen und sich zu diesem Zweck in Wien, C.-gasse …/12 aufgehalten, obwohl zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs gemäß 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 2. COVID-19-NotMV, BGBl. II Nr. 598/2020, idF BGBl. II Nr. 17/2021 in der Zeit vom 15.1.2021 bis 24.1.2021 nur zu folgenden Zwecken zulässig war:

1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere

a) der Kontakt mit

aa) dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner,

bb) einzelnen engsten Angehörigen (Eltern, Kinder und Geschwister),

cc) einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich physischer Kontakt oder nicht physischer Kontakt gepflegt wird,

b) die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens,

c) die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen oder die Vornahme einer Testung auf SARS-CoV-2 im Rahmen von Screeningprogrammen,

d) die Deckung eines Wohnbedürfnisses,

e) die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung, sowie

f) die Versorgung von Tieren,

4. berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist,

5. Aufenthalt im Freien alleine, mit Personen aus dem gemeinsamen Haushalt oder Personen gemäß Z 3 lit. a zur körperlichen und psychischen Erholung,

6. zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen, einschließlich der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen der allgemeinen Vertretungskörper oder an mündlichen Verhandlungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Wahrung des Grundsatzes der Öffentlichkeit,

7. zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie,

8. zum Zweck des zulässigen Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten oder des zulässigen Erwerbs vorbestellter Waren gemäß den §§ 9, 10 und 11 sowie Einrichtungen gemäß § 15 Absatz 1Z1 und 2, und

9. zur Teilnahme an Veranstaltungen gemäß den §§ 12 und 13.

Es lag jedoch keiner der angeführten Gründe im gegenständlichen Fall vor, da Sie gemeinsam mit Ihren Freunden (u.a. E. F. , G. H., J. K.) in der Wohnung an der angeführten Adresse eine Party feierten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§§ 8 Abs. 5, 5 Abs. 1 COVID-19-MG iVm § 1 Abs 1 2. COVID-19-NotMV, BGBl. II Nr. 598/2020, idF BGBl. II Nr. 17/2021

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 50, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Stunden gemäß § 8 Abs. 5 COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG, BGBl. I Nr. 12/2020 idgF

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 10 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 60

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer (BF) Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien und ersuchte um nochmalige Überprüfung, da diese Verordnung noch immer gesetzeswidrig sei.

Nachstehender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Der BF ist wohnhaft in Wien, D.-straße …/20. Am 15.1.2021 um 22:58 Uhr wurde der BF in Wien, C.-gasse …/12 als Teilnehmer einer Party von wegen Lärmerregung einschreitenden Polizeibeamten angetroffen und wegen der nunmehr angelasteten Verwaltungsübertretung zur Anzeige gebracht.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Die Anwesenheit des BF als Partyteilnehmer war aufgrund der Anzeige und des Akteninhaltes als erwiesen anzusehen, dies wurde vom BF auch nicht bestritten. Unbestritten befindet sich der private Wohnbereich des BF nicht in Wien, C.-gasse …/12. Nach den Daten des Zentralen Melderegisters ist der BF in Wien, D.-straße …/20 gemeldet.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 5 Abs. 1 Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG, BGBl. I Nr. 12/2020, gilt, sofern es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich ist, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern, und Maßnahmen gemäß den §§ 3 und für nicht ausreichend, das durch Verordnung angeordnet werden kann, dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation aufgrund von COVID-19 getroffen werden (2. COVID-19-NotMV) BGBl. II Nr. 598/2020, idF BGBl. II Nr. 17/2021, galt, dass zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs nur zu folgenden Zwecken zulässig war:

1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,

3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere

a) der Kontakt mit

aa) dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner,

bb) einzelnen engsten Angehörigen (Eltern, Kinder und Geschwister),

cc) einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich physischer Kontakt oder nicht physischer Kontakt gepflegt wird,

b) die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens,

c) die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen oder die Vornahme einer Testung auf SARS-CoV-2 im Rahmen von Screeningprogrammen,

d) die Deckung eines Wohnbedürfnisses,

e) die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung, sowie

f) die Versorgung von Tieren,

4. berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist,

5. Aufenthalt im Freien alleine, mit Personen aus dem gemeinsamen Haushalt oder Personen gemäß Z 3 lit. a zur körperlichen und psychischen Erholung,

6. zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen, einschließlich der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen der allgemeinen Vertretungskörper oder an mündlichen Verhandlungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Wahrung des Grundsatzes der Öffentlichkeit,

7. zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie,

8. zum Zweck des zulässigen Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten oder des zulässigen Erwerbs vorbestellter Waren gemäß den §§ 9, 10 und 11 sowie Einrichtungen gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 und 2, und

9. zur Teilnahme an Veranstaltungen gemäß den §§ 12 und 13.

Der Teilnahme des BF an einer Party zur angegebenen Zeit am angeführten Ort liegt kein in der zitierten 2. COVID-19-NotMV genannter Zweck zugrunde. Die objektive Tatseite war daher als erwiesen anzusehen.

Zur subjektiven Tatseite ist festzuhalten, dass es sich bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt. Nach dieser Bestimmung genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der BF hat zu einem allfälligen mangelnden Verschulden kein Vorbringen erstattet. Damit war auch die subjektive Tatseite als erwiesen anzusehen.

Die in der Beschwerde allgemein und unkonkret geäußerte Ansicht, dass „diese Verordnung noch immer gesetzeswidrig“ sei, wird vom erkennenden Gericht nicht geteilt.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 8 Abs. 5 Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG, BGBl. I Nr. 12/2020, gilt, wer einer Verordnung gemäß § 5 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 1450, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu 4 Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an einer Hintanhaltung der Verbreitung des Coronavirus durch Ansammlung von Menschen.

Zum Schuldgehalt ist auszuführen, dass der BF bei angemessener Sorgfalt hätte erkennen können, dass der Besuch einer Party keinen erlaubten Zweck im Sinn der 2. Covid-19-NotMV darstellt. Auch musste dem BF nach monatelang vorherrschender Berichterstattung klar sein, dass Menschenansammlungen – etwa bei einer Party im privaten Wohnraum - eine Verbreitung des Coronavirus begünstigen können.

Das Verschulden des BF an der Tat war daher nicht als gering einzustufen.

Nach dem vorliegenden Akteninhalt lagen weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vor. Die Strafe war dennoch nicht spruchgemäß herabzusetzen, da im Straferkenntnis durchschnittliche Vermögens- und Einkommensverhältnisse angenommen wurden und eine Angabe zu den persönlichen Verhältnisse des BF nicht erfolgt ist. Eine Herabsetzung kam auch aufgrund spezial- und generalpräventiver Überlegungen nicht in Betracht, zumal die Strafe im alleruntersten Bereich des bis € 1450 reichenden Strafrahmens angesetzt ist.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG; die dort genannten Voraussetzungen sind erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da die Verwaltungsübertretung nicht bestritten wurde, in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlassen des privaten Wohnbereichs; Party; Feier; Ungehorsamkeitsdelikt; fahrlässiges Verhalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.074.12386.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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