TE Lvwg Beschluss 2021/9/24 VGW-124/074/13686/2021

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Veröffentlicht am 24.09.2021
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Entscheidungsdatum

24.09.2021

Index

L72009 Beschaffung Vergabe Wien
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2018 §4 Abs1 Z1
WVRG 2020 §25 Abs1
WVRG 2020 §25 Abs2
WVRG 2020 §26 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Mandl über den Antrag der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Errichtung Beleuchtungsanlage, Wien, B.-Straße", …, der Stadt Wien, Magistratsabteilung 33, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Zur Prüfung der von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten wird ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet.

II. Der Antrag, für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher der Stadt Wien, Magistratsabteilung 33, im gegenständlichen Vergabeverfahren die Erteilung des Zuschlags untersagt wird, wird abgewiesen.

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Die Stadt Wien, MA 33 – Wien leuchtet (im Folgenden Antragsgegnerin und Auftraggeberin genannt), führt ein offenes Verfahren als Bauauftrag im Unterschwellenbereich, nämlich die Errichtung einer Beleuchtungsanlage in Wien, B.- Straße.

Die Angebotsfrist endete am 24.8.2021 um 10:00 Uhr. Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Angebot.

Mit Schreiben vom 8.9.2021 hat die Auftraggeberin der Antragstellerin die Ausscheidensentscheidung mitgeteilt. Als Gründe für das Ausscheiden wurden angeführt, dass die Eignung aufgrund der fehlenden Befugnis für die Elektroarbeiten nicht gegeben sei und die Antragstellerin es unterlassen habe, geforderte Dokumente nachzureichen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der am 17.9.2021 dem Verwaltungsgericht Wien übermittelte Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung, Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, Pauschalgebühren-ersatz sowie Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Mit Schriftsatz vom 21.9.2021 gab die Antragsgegnerin Daten zum gegenständlichen Verfahren bekannt und beantragte unter Zitierung von Judikatur und Literatur die Abweisung des Antrages auf einstweilige Verfügung.

Diese Stellungnahme wurde der Antragstellerin mit einer kurzen Frist zur Möglichkeit einer Äußerung übermittelt. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt; der Antrag blieb aufrecht.

Das Verwaltungsgericht Wien hat festgestellt und erwogen:

Ausgehend vom Vorbringen der Antragstellerin sowie nach Einsicht in die von ihr vorgelegten Urkunden hat das Verwaltungsgericht Wien zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung festgestellt und erwogen:

Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018. Sie führt ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages.

Der Antrag auf Einleitung des Nichtigerklärungsverfahrens ist rechtzeitig (§ 19 Abs. 1 WVRG 2020) und auch zulässig, da damit eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 15 lit. a sublit. aa BVergG 2018 bekämpft wird. Die Verständigung der Antragsgegnerin im Sinne des § 21 Abs. 1 WVRG 2020 ist erfolgt. Die Beibringung der Pauschalgebühren für ein Nachprüfungsverfahren im Unterschwellenbereich ist nachgewiesen. Die Antragstellerin hat den ihr allenfalls drohenden Schaden bei Nichterlangung des gegenständlichen Auftrages plausibel dargelegt (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2016/04/0005). Der Antrag auf Einleitung eines Nichtigerklärungsverfahrens entspricht auch sonst den vergaberechtlichen Bestimmungen des WVRG 2020. Es war daher das von der Antragstellerin begehrte Nachprüfungsverfahren einzuleiten.

Für die Behandlung des gegenständlichen Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 WVRG 2020 gegeben, wobei gemäß § 2 Abs. 3 WVRG 2020 Entscheidungen über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen durch die Einzelrichterin erfolgen.

Der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung entspricht grundsätzlich den Bestimmungen des § 25 Abs. 2 WVRG 2020.

Gemäß § 25 Abs. 1 WVRG 2020 hat das Verwaltungsgericht Wien, sobald ein Nichtigerklärungsverfahren eingeleitet ist, auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers oder der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

Die von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind bei ihrem Vorliegen durchaus geeignet, im Ergebnis die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung herbeizuführen. Dazu bedarf es aber einer eingehenden Prüfung der von der Antragsgegnerin vorzulegenden Vergabeakten sowie der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung, welche in absehbarer Zeit stattfinden soll.

Gemäß § 26 Abs. 1 WVRG 2020 hat das Verwaltungsgericht Wien vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahmen für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers oder der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bewerberinnen oder Bieter oder Bieterinnen und des Auftraggebers oder der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Interessensabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf deren Erlassung abzuweisen.

Vorliegend hat die Antragstellerin ihr Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung dargelegt und ausgeführt, dass dem Schutz ihrer Interessen der Vorrang gegenüber den Interessen der Auftraggeberin an einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens einzuräumen wäre.

Eine Prüfung der Interessenslage konnte im Hinblick auf die Abweisung des gegenständlichen Antrages auf einstweilige Verfügung unterbleiben, welche aus folgenden Überlegungen erfolgte:

Das BVA hat in seinen Bescheiden vom 12.1.2009, N/0001-BVA/13/2009-6, und BVA 25.7.2012, N/0072-BVA/08/2012-EV20, die Ansicht vertreten, dass eine unmittelbare Schädigung dann nicht droht, wenn ein Auftraggeber lediglich eine Ausscheidensentscheidung erlässt und der betroffene Bieter gegen diese Entscheidung einen Nachprüfungsantrag einbringt. In einem solchen Fall verbleibt nämlich die Antragstellerin zumindest für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens als Bieterin im Vergabeverfahren, weshalb ihr – wie allen anderen im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern auch – eine etwaige Zuschlagsentscheidung mitgeteilt werden muss (vgl. Georg Gruber/Thomas Gruber in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG², § 328, Rz 33 mwN).

Tatsächlich hätte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlags untersagt wird, keinen Mehrwert. Gegen eine etwaige Zuschlagserteilung ohne vorangegangene Zuschlagsentscheidung ist die Antragstellerin abgesichert, da eine solche Vorgangsweise vergaberechtlich unzulässig und ein auf diese Weise allenfalls geschlossener Vertrag gemäß § 8 Abs. 3 Z 4 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 WVRG 2020 mit Nichtigkeit bedroht ist. Gegen eine etwaige Zuschlagsentscheidung müsste die Antragstellerin hingegen, wenn sie deren Bestandsfestigkeit verhindern will, ohnedies mit einem weiteren Nachprüfungsantrag vorgehen und ist kein Grund ersichtlich, warum ein etwaiger Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Untersagung der Zuschlagserteilung ausgesprochen werden soll, nicht erst mit einem Antrag auf Nichtigerklärung einer allfälligen Zuschlagsentscheidung eingebracht werden soll.

§ 25 WVRG erfordert für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dass der abzuwendende Schaden „unmittelbar“ droht. An dieser „Unmittelbarkeit“ fehlt es, wenn wie hier vor dem drohenden Schadensereignis zwangsläufig noch eine Entscheidung ergehen müsste, die die Antragstellerin anfechten und zum Anlass eines Antrags auf einstweilige Verfügung nehmen kann. In diesem Fall droht der Schaden noch nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar.

Aus diesen Gründen war daher der Antrag auf Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung spruchgemäß abzuweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Nachprüfungsverfahren; Einstweilige Verfügung; vorläufige Maßnahmen; unmittelbar drohende Schädigung; Interessensabwägung; Fortsetzung des Vergabeverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.124.074.13686.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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