TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/28 LVwG-S-1686/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2022
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Entscheidungsdatum

28.02.2022

Norm

AZG §9
AZG §12 Abs1
AZG §26 Abs1
VStG 1991 §9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter HR Dr. Pichler über die Beschwerde des A, geb. ***, vertreten durch die B Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 07.07.2021 zu Zl. ***, betreffend vier konkret angelasteter Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), nach Durchführung der dezidiert beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlungen vom 08.10.2021, 03.12.2021 und vom 08.02.2022, jeweils am Sitz der belangten Behörde – BH Mödling – zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben, gegenständlich bekämpftes Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.   Eine ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 07.07.2021 zu Zl. *** wurden über den nunmehrigen Beschwerdeführer A wegen vier konkret angelasteter Übertretungen nach den Bestimmungen der §§ 9 Abs 1, 12 Abs 1 und 26 Abs 1, jeweils Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969 idgF, Geldstrafen im Gesamtausmaß von 2.450 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen in der Gesamtdauer von 185 Stunden) verhängt und gemäß § 64 Abs 2 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren gesetzeskonform mit zusammen 245 Euro auferlegt.

Dagegen erhob der Bestrafte durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht schriftlich Beschwerde, focht das bekämpfte Straferkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften an, begehrte schlussendlich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Aufnahme der beantragten Beweise die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, hilfsweise das Begehr gestellt wurde, die verhängte Strafe beträchtlich herabzusetzen.

In Hinblick auf dieses Vorbringen hat das LVwG NÖ antragsgemäß öffentliche mündliche Verhandlungen durchgeführt, in welchen Beweis aufgenommen wurde durch Wertung und Würdigung des gesamten Akteninhaltes, des Verfahrens zu LVwG-S-1494/001-2021 – des wegen identer Tatanlastungen rechtskräftig bestraften verantwortlich Beauftragten Rayonsleiter F – den ausführlichen Angaben des in der Verhandlung am 08.02.2022 persönlich anwesenden und einvernommenen Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des Unternehmens C, der Aussage der Verkaufsleiterin D, den differierenden Rechtsstandpunkten des Vertreters des Beschwerdeführers sowie der mitbeteiligten Partei des zuständigen Arbeitsinspektorates, weiters der im Verfahren vorgelegten Beilagen A - C, und wird folgender Sachverhalt der darauf basierenden rechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer A übt seit Oktober 2016 die Tätigkeit eines Geschäftsführers im Unternehmen C, bezogen auf den gesamten Verkaufsbereich Österreich, aus.

Bei Antritt dieser seiner Tätigkeit hat er – in Vorabkenntnis von firmeninternen Unzulänglichkeiten und Versäumnissen – betreffend Einhaltung einschlägiger arbeitszeit- und arbeitnehmerschutzrechtlicher Normen – durch Lukrierung eines beträchtlichen zusätzlichen Budgetpostens und zweckgebundener Verwendung dessen in Hinblick auf eine bessere Personalressourcenausstattung im Unternehmen versucht, den verantwortlichen leitenden Angestellten dieses Unternehmens die Möglichkeit zu geben, flexibler und somit gesetzeskonformer Personaleinsatzplanungen vornehmen zu können.

A bildet sohin die erste Führungsebene obgenannten Unternehmens, ihm direkt unterstellt – weisungsgebunden und berichtspflichtig – fungieren sechs Ressortleiter, darunter auch ein Vertriebsdirektor, als die zweite Führungsebene des Unternehmens.

Innerhalb dieser Führungsebene ist ein Ressortleiter zuständig für den Personaleinsatz und die Personalplanung in den Filialen des Unternehmens C.

Diesem Vertriebsdirektor – zuständig für Personaleinsatz in den Filialen – sind ebenfalls direkt unterstellt und berichtspflichtig die dritte Führungsebene des Unternehmens, insgesamt fünf Verkaufsleiter österreichweit.

Diese fünf Verkaufsleiter sind allesamt u.a. zuständig für Personalfragen.

Diese sind – mit jeweilig gleicher sachlicher Verantwortung ausgestattet – verantwortlich für unterschiedlich große Rayonsbereiche, jedem dieser fünf Verkaufsleiter sind im Regelfall 8 - 10 Rayonsleiter unterstellt, und ist die örtliche und sachliche Zuständigkeit dieser leitenden Angestellten auf der dritten innerbetrieblichen Führungsebene in einem Ausmaß von jeweilig rund 70 – 80 Filialen gegeben.

Auch für diese leitenden Angestellten besteht eine direkte Berichtspflicht gegenüber den ihnen Vorgesetzten, die zweite Führungsebene des Unternehmens bildenden Ressortleitern/Vertriebsdirektoren.

Die vierte Verantwortungsebene des Unternehmens bilden jeweils Rayonsleiter, denen – rayonsbezogen – 8 – 12 einzelne Filialen, die jeweils von Filialleitern – die fünfte und letzte Führungsebene des Unternehmens bildend – geführt werden, die direkte Vorgesetztenfunktion für die einzelnen Mitarbeiter in den jeweiligen Filialen ausüben, und auch der ihnen unmittelbar vorgesetzten höheren Führungsebene gegenüber berichtspflichtig und weisungsgebunden sind.

Grundsätzlich ist laut interner Organisationsstruktur davon zu sprechen, dass die jeweiligen Filialleiter zuständig sind für die Personaleinsatzplanung für die Mitarbeiter der eigenen Filiale, wobei hinsichtlich der Personalplanung, der Arbeitszeiten, diesen Filialleitern filialbezogen Arbeitsstunden und Einsatzstunden in bestimmter Größe vorgegeben sind und in diesem Rahmen der Filialleiter selbständig einen Personaleinsatzplan für die Mitarbeiter zu erstellen hat.

Ein Abweichen von den im groben Rahmen vorgegebenen, zur Verfügung stehenden, Mann-Stunden ist nur dann möglich, wenn einzelfallbezogen der Filialleiter diese Nichteinhaltung bzw. Abweichung gegenüber seiner jeweilig vorgesetzten Rayonsleitung nachvollziehbar, logisch, argumentieren und rechtfertigen kann.

Die jeweilige Stundenvorgabe an die Filialleiter hängt von mehreren eingeschätzten Faktoren ab, insbesondere der zu erwartenden und tatsächlichen Kundenfrequenz, der Größe der Filiale, dem jeweiligen Umsatz, der räumlichen Lage und auch den baulichen Gegebenheiten.

In Fragen, Personaleinsatz betreffend, hinsichtlich Personalrekrutierung, herrscht im Unternehmen dahingehend ein sogenanntes „Vier-Augen-Prinzip“ dergestalt, dass grundsätzlich der auf der innerbetrieblich vierten Führungsebene stehende Rayonsleiter von sich aus Personalmaßnahmen, von der Einstellung über Kündigung bis zur allfälligen Entlassung eines ihm unterstellten Filialleiters aussprechen kann, hat er jedoch in diesem Fall von so weitgehender Personalnahme davon den ihm zuständigen Vorgesetzten, den die dritte Führungsebene bildenden Verkaufsleiter, in Kenntnis zu setzen, in der Praxis diese vom Rayonsleiter vorgeschlagene begründete Personalmaßnahme – Filialleiter betreffend – zustimmend vom Verkaufsleiter zur Kenntnis genommen wird.

So es sich um Personalmaßnahmen von Mitarbeitern in Filialen handelt, hat der Rayonsleiter völlige Personalhoheit und auch keine Informationspflicht gegenüber den ihm direkt vorgesetzten Verkaufsleitern.

Sämtliche firmeninternen Angelegenheiten, Personalfragen berührend, Arbeitszeitregelungen betreffend genauso wie Urlaubsplanung und einzuhaltende Arbeitsruhezeiten sind Entscheidungen, mit denen als oberste Führungsebene die auf der dritten Ebene des innerbetrieblichen Organigramms stehenden Verkaufsleiter befasst sind.

Der Geschäftsführer ist in diese Fragen genauso wenig involviert wie die ihm unterstellten Vertriebsdirektoren, da es insbesondere nicht Aufgabe des Geschäftsführers sein kann, in Personalentscheidungen eingebunden zu sein, die eine von rund 300 Filialen des Unternehmens betreffen.

Von der allfälligen Eignung der Mitarbeiter, deren Befähigung, allenfalls eine Leitung der Filiale zu übernehmen, kann der Beschwerdeführer in seiner Führungsfunktion keine Kenntnis haben.

Nur im Fall weitreichender betriebswirtschaftlicher Zielvorgaben des Unternehmens im Zusammenhang mit Grundsatzfragen der strategischen Ausrichtung des Handelsunternehmens österreichweit, dann insbesondere in Entscheidungen, den „Kostenfaktor“ betreffend, wobei diese Fragen primär in den Verantwortungsbereich der die zweite Führungsebene bildenden Vertriebsdirektoren fallen, für diese eben jedenfalls Berichtspflicht gegenüber dem Geschäftsführer bestehen, obliegt Letzterem die Entscheidung.

Hinsichtlich der Personaleinsatzpläne, Arbeitszeit, Arbeitsruhe, allfällige Urlaube betreffend, werden diese seitens des jeweiligen Filialleiters für seine Mitarbeiter per Dienstplan diesen rund 14 Tage vorher zur Kenntnis übermittelt, wobei dieser Personaleinsatzplan im Regelfall vom Filialleiter eigenverantwortlich zu erstellen ist, vorgesehen seitens des Unternehmens weiters ist, dass ein seiner Kontrollpflicht nachkommender Rayonsleiter in der Praxis zumindest stichprobenartig Einblick in diese Personaleinsatzpläne des ihm jeweilig unterstellten Filialleiters nimmt.

In gegenständlichem Unternehmen gibt es keine ausreichende Personalreserve, dies verschärft durch die doch schon geraume Zeit die Personalknappheit verschärfende „Covid-Pandemie“.

Der Beschwerdeführer als Geschäftsführer vertritt und lebt einerseits die Maxime, dass in diesem Unternehmen keine tatsächlich geleisteten Überstunden nicht bezahlt werden, andererseits er vorgibt, dies auch aus der firmeninternen Kommunikation, der Mitarbeiterzeitung und der Betriebsratszeitung ersichtlich, dass Dienstnehmer aber auch nur tatsächlich geleistete Überstunden zur Aufzeichnung und Verrechnung bringen dürfen, und bei Zuwiderhandlungen dies weitreichende, auch in gegenständlichem Verfahren offensichtlich schlagend werdende Konsequenzen mit sich bringt, bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses führend, bei Verletzung der Korrektheit der aufgezeichneten Arbeitsstunden.

Zu diesen Feststellungen gelangt das erkennende Gericht aufgrund der durchgeführten, umfangreichen, im Rahmen der Unmittelbarkeit abgehaltenen Beweisaufnahmen, insbesondere durch die Einvernahme des Beschwerdeführers, der auch auf das Gericht einen durchaus positiven, glaubwürdigen, sachlichen Eindruck hinterlassen hat, die offene Darlegung der verschiedenen Verantwortungsebenen im Unternehmen C tätigte, die im Übrigen gut in Einklang zu bringen sind mit der Amtskenntnis des Gerichtes bezogen auf Jahrzehnte lange Erfahrung mit dem Führungsorganigramm im E-Konzern.

Der Beschwerdeführer hat emotionslos, logisch nachvollziehbar, bemüht um die Feststellung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes, insbesondere betreffend die verschiedenen Verantwortungsebenen in Hinblick Einhaltung einschlägiger arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, praxisnah die dahingehende Unternehmenskultur dargelegt, und besteht für das Gericht kein Zweifel an der Richtigkeit der geschilderten Verantwortungsstrukturen, der Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Führungsebenen hinsichtlich Berichtspflicht, Weisungsgebundenheit und jeweiliger Personalhoheit, auch unter Bedachtnahme auf die lebensnahen – arbeitsmarkmäßig – eingeschränkten Ressourcen.

Es war sohin der Verantwortung des Beschwerdeführers, insbesondere hinsichtlich des Fehlens seiner persönlichen Eingebundenheit in Personalentscheidungen, die fünfte Führungsebene oder Mitarbeiter einzelner Filialen betreffend, vollinhaltlich Glaube zu schenken.

Dass diese Annahme der Richtigkeit entspricht, erhellt auch aus der Aussage der unter Wahrheitspflicht einvernommenen leitenden Angestellten, der Verkaufsleiterin D, welche auf das Gericht ebenfalls einen äußerst kompetenten, positiven und glaubwürdigen Eindruck hinterließ, auch unter Bedachtnahme des Umstandes, dass diese Verkaufsleiterin im aufrechten Dienstverhältnis zum Unternehmen C steht, und auch dahingehend keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen sind, dass sie in irgendeiner Form dadurch bei Erstattung ihrer Aussage beeinflusst schien, keine Angaben zu tätigen, die ihrem Vorgesetzten und zwangsläufig auch ihr zum Nachteil gereichen würden.

 

Sie hat gleichfalls in nicht formelhaft vorgebrachten Ausführungen die Verantwortungsebenen dargelegt, die inhaltlich deckungsgleich mit den Angaben des Beschwerdeführers sind, wobei das LVwG NÖ darauf hinweist, dass keinesfalls im Zuge der Beweisaufnahme der Eindruck entstanden ist, dass es sich hiebei um Vorabsprachen hinsichtlich der zu erstatteten Aussagen handelt.

Auch persönlichkeitsmäßig hat die Zeugin D äußerst sicher und ehrlich gewirkt, sohin ihrer Aussage, die die Verantwortung des Beschwerdeführers stützt, rückhaltlos Glaube zu schenken war.

Folgernd ist obig festgestellter Sachverhalt mit der für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit seitens des LVwG NÖ als erwiesen anzusehen, und konnte von allfällig weiteren, auch amtswegigen, Beweisaufnahmen Abstand genommen werden, da solche – ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung – zu keiner Verbreiterung der entscheidungsrelevanten Grundlage führen hätte können.

Rechtlich folgt daher:

Für gegenständliche C-Filiale in ***, ***, war zum Tatzeitpunkt – unbestritten – der Rayonsleiter F verantwortlich, dessen Bestellungsurkunde sämtliche für die Rechtswirksamkeit erforderlichen Merkmale aufweist und dessen Rechtswirksamkeit der Bestellung auch in dem ihn betreffenden Parallelverfahren zu LVwG-S-1494/001-2021 – zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsen – von keiner Verfahrenspartei bestritten wurde.

Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 9 Abs 6 VStG bleiben die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs 1 leg.cit. sowie Personen im Sinne des Abs 3 obzitierter Norm trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des

§ 7 VStG – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Im vorliegenden Fall steht aufgrund des festgestellten – unstrittigen – Sachverhalts fest, dass zu den gegenständlich verfahrensrelevanten Tatzeitpunkten ein verantwortlicher Beauftragter, ein Rayonsleiter, rechtswirksam bestellt war, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit für den konkret sachlich und örtlich determiniert abgegrenzten Aufgabenbereich der gegenständlichen C-Filiale trägt.

Aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer A, Geschäftsführer des Unternehmens C, eine vorsätzliche Nichtverhinderung der angelasteten Übertretungen vorzuwerfen ist, oder dieses Sachverhaltselement auch nur im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens in einer verfolgungsverjährend unterbrechenden Frist angelastet wurde.

Eine Bestrafung des Beschwerdeführers ist somit in Folge der rechtswirksamen, unbestrittenen Bestellung eines auf der vierten innerbetrieblichen Führungsebene stehenden Rayonsleiters zum verantwortlichen Beauftragten für gegenständlichen Zuständigkeitsbereich, auch der Wahrung der Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen, ausgeschlossen, weshalb allein aus diesem Grund das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen ist.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass eine Auswechslung des Spruches oder dessen Ergänzung mit sachverhaltsrelevanten Elementen dahingehend, dass eine vorsätzliche Nichtverhinderung der angelasteten Übertretungen durch den Einschreiter zu verantworten ist, rechtlich zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen ist, und überdies – wie aus obigen Feststellungen erhellt – keinerlei schuldhaft subjektiv vorwerfbares Verhalten in der Person des Bestraften im Sinne einer vorsätzlichen Nichtverhinderung hervorgekommen sind.

Der Beschwerdeführer hat infolge der Stattgebung der Beschwerde keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten (vgl. § 52 Abs 8 VwGVG).

Es war sohin gegenständlicher Beschwerde dem Grunde nach zu folgen.

Darüber hinaus sieht sich das LVwG NÖ verhalten, erstmalig – dies nach rund 30 Jahren einschlägiger beruflicher Erfahrung – festzuhalten:

Auffällig dem Gericht war gegenständlich – entgegen der sonst völlig sachlich nachvollziehbaren, gesetzeskonformen, objektiven und mit Augenmaß getätigten Vorgangsweise der Erstattung notwendiger Anzeigen durch Organe des Arbeitsinspektorates – dass genau in diesem Fall jedoch offenbar nicht nur sachliche Motive gegenständlicher Anzeigeerstattung zugrunde gelegt wurden, sondern offensichtlich hier von einzelnen, agierenden, Arbeitsinspektoren versucht wird, unter Ausreizung der zustehenden rechtlichen Möglichkeiten nach dem ArbIG ein „Exempel zu statuieren“.

Aus welcher persönlichen Motivenlage heraus ein solch überschießendes Agieren in diesem Einzelfall Platz greift, entzieht sich der Kenntnis des Gerichtes und ist auch dahingehend weder eine Wertung noch eine Beurteilung zu treffen.

Dass jedoch – wie dem Gericht aufgrund mehrmaliger anberaumter und durchgeführter mündlicher Verhandlungstermine zweifelsfrei erhellt –, dies bestätigt durch das allein schon verbal aggressiv wirkende Verhalten eines an der Verhandlung lediglich als Öffentlichkeit beiwohnenden Arbeitsinspektors, stellt hier das direkt überzogene Vorgehen in gegenständlicher Verwaltungsstrafsache eine glücklicherweise Einzelfall bezogene Vorgangsweise der Arbeitsinspektion dar, die ganz im Gegensatz dazu zu den fast ausschließlich nachvollziehbaren, sachlichen, emotionslosen und fachkundigen, mit Augenmaß verfassten Strafanträgen durch Organe der Arbeitsinspektion, steht.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision an den VwGH ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der diesbezüglich, als einheitlich anzusehenden, ständigen höchstgerichtlichen Judikatur abweicht.

Schlagworte

Arbeitsrecht; Arbeitnehmerschutz; Arbeitszeit; Höchstgrenzen; Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht; Ruhezeiten;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.1686.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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