TE Vwgh Beschluss 2022/1/28 Ra 2019/04/0081

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Veröffentlicht am 28.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der Bietergemeinschaft bestehend aus der I GmbH und der I GmbH, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. Mai 2019, Zl. LVwG 443.7-3241/2018-24, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: S, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Hilmgasse 10, 8010 Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Die mitbeteiligte Partei führte als Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe der Generalplanung für die Erweiterung und Sanierung einer Kläranlage, wobei die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip erfolgen sollte.

2        Aufgrund eines am 21. November 2018 durchgeführten Hearings und des von den Bietern jeweils abgegebenen „last and final offer“ erfolgte durch die Auftraggeberin entsprechend den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien die Bestbieterermittlung. In den Ausschreibungsunterlagen wurden die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung wie folgt festgelegt:

Qualität:

- Projektbezogene Fachkenntnisse des vorgesehenen Schlüsselpersonals 30 %

- Konzeptmechanische Reinigungsstufe inklusive Einbindung des ZSK 20 %

- Konzeptbiologische Reinigungsstufe 20 %

Preis

- Gesamtpreis 30 %

3        Je Zuschlagskriterium sollten maximal 100 Bewertungspunkte vergeben werden. Die im jeweiligen Zuschlagskriterium vergebenen Punkte würden nach dem oben angeführten Schlüssel gewichtet und gesondert addiert. Die Berechnung erfolge gerundet auf zwei Kommastellen. Als das wirtschaftlich und technisch günstigste Angebot gehe jenes hervor, das in Summe die höchste Punkteanzahl (maximal 100) erreiche.

4        Ferner fanden sich in den Ausschreibungsunterlagen folgende Festlegungen:

„Die Ergebnisse des gesamten Hearings (Präsentation der Referenzen und des Konzepts, Fachgespräch) fließen in die unten angeführten Bewertungen mit ein. Bei der Bewertung der schriftlichen Konzepte werden Erörterungen im Hearing berücksichtigt.

Die Bewertung der Kriterien ‚Konzepte‘ und ‚projektbezogene Fachkenntnisse des vorgesehenen Schlüsselpersonals‘ erfolgt kommissionell durch die Bewertungskommission nach vorangehender Diskussion.

Maßgeblich ist der Gesamteindruck je Kriterium gemäß Angebot des Bieters durch die Bewertungskommission (keine Einzelbewertung getrennt nach Aspekten/Komponenten/Teilleistungen). Die Bewertung durch Bewertungskommission erfolgt autonom und endgültig.

Bieter, die ein Angebot abgeben, sind sich bewusst und erklären sich auch damit ausdrücklich einverstanden, dass die kommissionelle Bewertung in der Kriteriengruppe Qualität subjektiv nach dem gewonnenen Eindruck der Bewertungskommissionsmitglieder erfolgt und dass dadurch ein vergleichsweise großer Ermessensspielraum bei dieser Bewertung bedingt ist.

Die erreichte Bewertung je Qualitätskriterium wird von der Bewertungskommission in Form einer kurzen zusammenfassenden Darstellung der Merkmale (Vorzüge und/oder Nachteile) des Angebotes zusammenfassend schriftlich begründet (schlagwortartige Angabe der wesentlichen Gründe), wobei jedoch jedem Bieter ausschließlich seine eigene verbale Begründung bekannt gegeben wird.“

5        Die Anzahl und die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission wurde den Bietern vorab nicht bekannt gegeben. Sie erfuhren diese erst zu Beginn des Hearingtermins.

6        In der Folge wurde eine Zuschlagsempfängerin ermittelt und diese Entscheidung von der Auftraggeberin bekannt gegeben.

7        Gegen diese Zuschlagsentscheidung richtet sich der mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2018 eingebrachte Nachprüfungsantrag der Revisionswerberin, mit welchem diese begehrte, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin für nichtig zu erklären.

8        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) den Nachprüfungsantrag ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.

9        Ausgehend von den oben wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen folgerte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht, in der bestandfest gewordenen Ausschreibung sei eine autonome und subjektive Bewertung durch eine Kommission festgeschrieben gewesen. Die Auftraggeberin habe in der Zuschlagsentscheidung Vor- und Nachteile des Angebotes der präsumtiven Bestbieterin und auch der Revisionswerberin angeführt. Die schlagwortartige Darstellung stehe in Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung. Überdies sei das Angebot der Revisionswerberin bei den festgelegten Qualitätskriterien ohnehin erstgereiht gewesen und lediglich wegen des höheren Preises in der Bestbieterermittlung letztlich unterlegen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sei der diesbezüglichen Rüge durch die Revisionswerberin kein Erfolg beschieden, da sie ohnehin die besser bewertete Qualität angeboten habe, als die präsumtive Zuschlagsempfängerin. Der Auftraggeberin sei es nicht verwehrt gewesen, die Anzahl und die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht schon vor dem Hearingtermin bekannt zu geben. Abgesehen davon sei dieses Vorgehen bereits in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt worden und unbekämpft geblieben. Es würden sich bei der Durchführung der Bewertung der Qualität in Ansehung der festgelegten Qualitätskriterien keinerlei Bedenken hinsichtlich vergaberechtswidriger Vorgehensweisen ergeben. Das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, dass die Bewertungskommission eine willkürliche oder eine falsche Bewertung im Sinne der festgelegten Kriterien durchgeführt habe, wobei im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung das Verwaltungsgericht nicht die Richtigkeit der Bewertung nachzuprüfen habe, sondern lediglich zu prüfen habe, ob die Bewertung in Übereinstimmung mit den Ausschreibungsunterlagen durchgeführt worden und plausibel bzw. nachvollziehbar sei. Durch Einsicht in die Bewertungsbögen habe festgestellt werden können, dass sowohl eine plausible und nachvollziehbare Punktebewertung, aber auch eine verbale Begründung, die mit den vergebenen Punkten jedenfalls korreliere, vorgelegen sei. Die Vorgehensweise der Bewertungskommission sei problemlos nachvollziehbar und im Sinne der Rechtsprechung ausreichend begründet gewesen. Dem Nachprüfungsantrag sei daher der Erfolg zu versagen.

10       3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11       4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14       5.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt Folgendes dargelegt: In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0129, 0130, mwN). Dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 15.5.2015, Ra 2015/03/0030; 12.10.2016, Ra 2015/08/0173; 12.10.2016, Ra 2016/08/0043; 21.9.2015, Ra 2015/08/0091, jeweils mwN).

15       Der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt (vgl. VwGH 23.4.2018, Ra 2018/08/0068, mwN).

16       5.2. Die vorliegende Revision enthält unter der Überschrift „Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung“ ein umfangreiches Vorbringen, in dem Gründe für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses dargestellt werden. Ihrem Inhalt nach stellen diese Ausführungen Revisionsgründe dar, auch wenn einleitend erklärt wird, dass die vorgetragenen Argumente Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wären. Dies erhellt sich schon daraus, dass die Revision unter der Überschrift „Revisionsgründe“ schlicht auf die Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision verweist und diese zum Vorbringen unter den Revisionsgründen erklärt.

17       Inwiefern die einzelfallbezogenen Ausführungen betreffend die fehlende Bekanntgabe der Mitglieder der Bewertungskommission, Verbalbewertung, das Bewertungsschema bzw. die Größe und die Mitglieder der Bewertungskommission die Beantwortung grundsätzlicher, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehender Rechtsfragen im Sinn der Tatbestände des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfordern würden, ist im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargestellt und in Hinblick darauf, dass das Vorbringen unter der Überschrift „Revisionsgründe“ in einem bloßen Verweis auf die Ausführungen zur Zulässigkeit besteht, auch nicht ersichtlich. Damit wird die Revision dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG der gesonderten Darstellung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gerecht (vgl. idS auch VwGH 12.7.2019, Ra 2019/03/0047). Die Revision erweist sich damit als nicht gesetzeskonform ausgeführt und war daher zurückzuweisen. Ergänzend ist festzuhalten, dass in der von der Revision ins Treffen geführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.11.2008, 2007/04/0018, fallbezogen ausgeführt wurde, dass in Hinblick auf eine von Kommissionsmitgliedern bestimmte Bewertung durch die Vergabe von Punkten das Fehlen einer verbalen Begründung der Entscheidung der Bewertungskommission in diesen Zuschlagskriterien nicht als Anlass für die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung herangezogen werden könne. Zu der Frage der Darstellung der Gesamtpunkteanzahl wird dort in rechtlicher Hinsicht gar keine Aussage getroffen. Inwiefern hier ein Widerspruch zu der vorliegenden rechtlichen Beurteilung vorliege, zeigt die Revision nicht auf. Überdies ist der Revision entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht darauf verweist, dass die Revisionswerberin in Hinblick auf die festgelegten Qualitätskriterien ohnehin am ersten Platz lag und vielmehr nur wegen des höheren Preises bei der Bestbieterermittlung unterlegen war. Diesem Argument des Verwaltungsgerichts hält die Revision nichts entgegen.

Wien, am 28. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019040081.L00

Im RIS seit

28.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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