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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §26 Abs4 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B in W, gegen den Bescheid des Landesgeschäftsführers des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 19. Jänner 1996, Zl. III-7022/7100 B, VNr: 3692 180754, betreffend Wiedereinstellungsbeihilfe gemäß Art. XXI KUEG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 13.280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Eine Dienstnehmerin der beschwerdeführenden Gesellschaft bezog im Anschluß an die Geburt ihres Kindes am 9. Oktober 1992 vom 5. Dezember 1992 bis 9. Oktober 1994 Karenzurlaubsgeld. Sie war bei der Beschwerdeführerin vom 1. Jänner 1994 bis 9. Oktober 1994 geringfügig, ab 10. Oktober 1994 in vollem Umfang beschäftigt. Mit Bescheid vom 3. Oktober 1995 hatte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinstellungsbeihilfe gemäß Art. XXI Karenzurlaubserweiterungsgesetz keine Folge gegeben.
Der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge gegeben. Nach der Begründung dieses Bescheides habe ein Vergleich der Tätigkeit der Dienstnehmerin "vor, während und nach dem Karenzurlaub" den Schluß zugelassen, daß diese bei der Beschwerdeführerin "erst in Einarbeitung" begriffen gewesen sei, als sie in den Wochengeldbezug getreten sei. Ihre geringfügige Beschäftigung während des Karenzurlaubes habe praktisch eine Weiterführung der Einarbeitungsphase dargestellt, die nach Beendigung des Karenzurlaubes intensivierend abgeschlossen worden sei. Die Dienstnehmerin sei somit schon vor Beendigung ihres Karenzurlaubes bei der Beschwerdeführerin mit derselben Arbeit wie vor Antritt des Karenzurlaubes beschäftigt gewesen. Die Aufnahme der Vollbeschäftigung nach Beendigung des Karenzurlaubes könne daher nicht als Wiedereinstellung gewertet werden, weil die Dienstnehmerin schon vorher im ursprünglichen Aufgabenbereich, wenn auch nur geringfügig beschäftigt, bei der Beschwerdeführerin tätig geworden sei. Es liege somit eine Wiedereinstellung, wenn auch in einem zeitlich geringeren Ausmaß, vor Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes vor. Eine Wiedereinstellung vor Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes schließe aber den Anspruch auf Wiedereinstellungsbeihilfe aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Abs. 1 bis 3 des Art. XXI des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl. Nr. 408/1990, in der Fassung des Art. 25 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994, lauten:
"(1) Wird Karenzurlaubsgeld nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes nur von einem Elternteil in Anspruch genommen, erhält der Arbeitgeber nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Wiedereinstellungsbeihilfe.
(2) Beschäftigt der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Wiedereinstellung
a) bis zu zehn Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer), beträgt die Beihilfe 66 v.H.
b) elf bis 50 Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmer), beträgt die Beihilfe 40 v.H.
des der wiedereingestellten Arbeitnehmerin (des wiedereingestellten Arbeitnehmers) zustehenden Bruttolohnes für die ersten drei Monate nach der Wiedereinstellung.
(3) Endet das Arbeitsverhältnis, das Anlaß für eine Beihilfe nach Abs. 2 war, nach der Wiedereinstellung durch Verschulden oder durch Kündigung des Arbeitgebers vor Ablauf eines Jahres nach dem Ende des gesetzlichen Kündigungsschutzes (vier Wochen), ist die Beihilfe nach Abs. 2 zur Gänze zurückzuzahlen."
Der Anspruch auf Wiedereinstellungsbeihilfe nach Art. XXI KUEG setzt demnach voraus, daß "Karenzurlaubsgeld nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes nur von einem Elternteil in Anspruch genommen" wird.
Im Beschwerdefall ist nicht strittig, daß die betroffene Dienstnehmerin Karenzurlaubsgeld bis 9. Oktober 1994, somit jedenfalls bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des am 9. Oktober 1992 geborenen Kindes (vgl. dazu das Erkenntnis vom 19. März 1996, Zl. 95/08/0240), in Anspruch genommen hat.
Die Auffassung der belangten Behörde läuft darauf hinaus, daß die Wiedereinstellung erst nach Ablauf dieser Frist erfolgen dürfe und daß unter Wiedereinstellung jede, wenn auch nur in geringfügigem Ausmaß verrichtete Beschäftigung bei jenem Dienstgeber, mit dem die Vereinbarung des Karenzurlaubes getroffen wurde, zu verstehen ist. Darüber hinaus vertritt die Behörde, wie auch aus ihrer Gegenschrift hervorgeht, offenbar die Auffassung, daß Wiedereinstellungsbeihilfe entsprechend ihrem Zweck einer Abgeltung der Kosten für die Wiedereinschulung nach einem zweijährigen Karenzurlaub jedenfalls dann nicht gebührt, wenn sich die betroffene Dienstnehmerin schon vor Antritt des Karenzurlaubes erst im Stadium der Einschulung befunden hat, sodaß die weitere Einschulung nach Abschluß des Karenzurlaubes nicht auf diesen, sondern auf die schon vorher unzureichenden Kenntnisse zurückzuführen ist.
Dieser Auffassung der belangten Behörde ist nicht beizutreten, weil das Gesetz über die im Art. XXI Abs. 1 des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes genannten Voraussetzungen hinaus keine weitere Anspruchsvoraussetzungen für die Zuerkennung der Wiedereinstellungsbehilfe normiert. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut hängt der Anspruch auf Wiedereinstellungsbeihilfe (abgesehen von der Wiederaufnahme der Beschäftigung im karenzierten Dienstverhältnis) dem Grunde nach ausschließlich davon ab, ob "Karenzurlaubsgeld nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz" bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes nur von einem Elternteil in Anspruch genommen wurde. Ein solcher Anspruch auf Karenzurlaubsgeld wird aber gemäß § 26 Abs. 4 lit. a AlVG idF vor BGBl. 297/1995 von einer (darüberhinaus vereinbarten) geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG nicht berührt, und zwar auch dann nicht, wenn diese geringfügige Beschäftigung beim gleichen Dienstgeber ausgeübt wird, mit dem (an sich) Karenzurlaub vereinbart ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 27. Jänner 1983, Zl. 82/08/0197, Slg. Nr. 10.961/A, sowie nunmehr auch § 15a MSchG).
Der Gesetzgeber hat damit eine im Massenverfahren leicht administrierbare, weil nur am Merkmal des Bezuges von Karenzurlaubsgeld anknüpfende Regelung geschaffen, die die Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Umstände schon von ihrem Wortlaut her ausschließt.
Eine solche, weder auf den förmlichen Kenntnisstand der Dienstnehmerin noch auf sonstige besondere Umstände, wie sie z. B. in einem Familienbetrieb bestehen mögen, Bedacht nehmende Regelung, liegt im rechtspolitischen Ermessensspielraum des Gesetzgebers und begegnet aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (die unter Umständen Anlaß zu einem engeren Verständnis eines zu weiten Gesetzeswortlautes geben könnten).
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996080046.X00Im RIS seit
18.10.2001