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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des A Ö, vertreten durch Mag. Christian Hirsch, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. September 2021, L524 2105371-4/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein - mehrfach in Österreich straffällig gewordener - türkischer Staatsangehöriger, stellte im September 2010 und im Februar 2016 bereits erfolglos Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Am 18. November 2016 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz (somit seinen zweiten Folgeantrag).
3 Diesen Antrag wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer Maßgabebestätigung in Bezug auf den vorangegangenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Jänner 2021 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erließ ein Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren. Weiters sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend ging das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das Vorbringen des Revisionswerbers zu gewaltsamen Übergriffen seitens türkischer Behörden zusammengefasst davon aus, dieser habe aus näher genannten Gründen nicht glaubhaft darlegen können, dass er in der Türkei Opfer sicherheitsbehördlicher Maßnahmen geworden sei. Es lägen auch vor dem Hintergrund der Länderberichte und den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses bei der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat vor. Der vom Revisionswerber ausgehenden schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nur durch die Verhängung eines Einreiseverbots in der Dauer von acht Jahren begegnet werden.
5 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3894/2021-5, abgelehnt und diese Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
6 In der Folge brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 13.12.2021, Ra 2021/14/0370 bis 0372, mwN).
11 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, dass die besonderen Umstände dieses Einzelfalles und die persönlich erlittenen traumatischen Übergriffe mit schweren gesundheitlichen Folgen des Revisionswerbers die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses zeigen würden.
12 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber nicht ansatzweise auf, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im oben dargestellten Sinn der Verwaltungsgerichtshof zu lösen hätte.
13 Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung weiters vor, dem Erkenntnis hafteten auch wesentliche Verfahrensmängel an, weil der Grad seiner Behinderung von 80% bei der Beurteilung seiner Erwerbsfähigkeit völlig unberücksichtigt geblieben sei, weil die Behinderung ein Abschiebehindernis darstelle. Dem Revisionsweber hätte auch die beabsichtigte Erhöhung des Einreiseverbotes von fünf auf acht Jahre zur Kenntnis gebracht und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt werden müssen.
14 Wenn die Revision solche Mängel - wie hier Feststellungs-, Begründungs- und Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen führt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 4.11.2021, Ra 2021/14/0333 bis 0334, mwN). Gleiches gilt auch bei Geltendmachung der Verletzung des Parteiengehörs (vgl. dazu VwGH 13.1.2022, Ra 2021/14/0386 bis 0390, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihrem bloß pauschal gehaltenen Vorbringen nicht gerecht.
15 Abgesehen davon, dass das Bundesverwaltungsgericht eine 80 % Behinderung und eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit des Revisionswerbers ohnehin festgestellt hat, lässt es die Revision im Dunkeln, weshalb aufgrund dessen von einem „Abschiebehindernis“ auszugehen sei bzw. inwieweit darin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege. Auch im Zusammenhang mit dem Einreiseverbot ist den Ausführungen im Zulassungsvorbringen eine Relevanzdarstellung nicht zu entnehmen.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022140032.L00Im RIS seit
28.03.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2022