TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/3 94/03/0141

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Veröffentlicht am 03.07.1996
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Index

92 Luftverkehr;

Norm

LuftfahrtG 1958 §146 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §42;
LuftfahrtG 1958 §44 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des Ing. H in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. April 1994, Zl. UVS-03/14/00561/93, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom 31. Dezember 1992 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 in Verbindung mit § 146 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, in der Fassung BGBl. Nr. 238/1975, mit einer Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) bestraft, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-Gesellschaft m.b.H. es zu verantworten habe, daß diese Gesellschaft vom 17. September 1991 bis 22. November 1991 fünf namentlich genannte Personen durch Abhalten eines Privatpilotenkurses zu Zivilluftfahrern (Privatpiloten) ausgebildet habe und die Ausbildung von Zivilluftfahrern durch Anbieten und Abhalten eines weiteren Privatpilotenkurses im Zeitraum 22. März 1992 bis 19. Juni 1992 fortgesetzt habe, obwohl sie nicht über die für die Ausbildung von Zivilluftfahrern erforderliche Bewilligung als Zivilluftfahrschule verfüge. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 18. Februar 1993 Berufung, der mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1994 insoweit Folge gegeben wurde, als der Tatvorwurf hinsichtlich der Ausbildung einer der fünf genannten Personen fallen gelassen wurde und die verhängte Geldstrafe auf S 23.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde der Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß anstelle des Wortes "Zivilluftfahrschule" der Ausdruck "Zivilluftfahrerschule" zu treten habe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß die A-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: A) keine Zivilluftfahrerschule sei und auch keine Ausbildungsbewilligung besitze und trotzdem theoretischen Unterricht zur Ausbildung von Privatpiloten erteilt habe. Es habe einen mündlichen Kooperationsvertrag zwischen der Zivilluftfahrerschule "F" und der A gegeben, worin vereinbart gewesen sei, daß die A als "Subunternehmer" der F die Räumlichkeiten sowie das komplette Material für den Theorieunterricht für die Ausbildung von Vereinsmitgliedern der F zu Privatpiloten und das Lehrpersonal (für den Theorieunterricht) der F zur Verfügung gestellt habe und die A diese Zivilfluglehrer auf Werkvertragsbasis entlohne. Die Personen, die Theorieunterricht erhalten hätten, seien jedoch nicht ordentliche Vereinsmitglieder der F gewesen, sondern nur Personen, die sich lediglich um die Aufnahme in den Verein beworben hätten. Dies hätte der Beschwerdeführer wissen müssen, weshalb er rechtswidrigerweise "Nichtvereinsmitglieder" ausgebildet habe. Hinsichtlich einer der fünf im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannten Personen sei eine Abänderung erforderlich gewesen, da der Vorwurf betreffend diesen Flugschüler nicht nachgewiesen habe werden können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, worin der Beschwerdeführer sowohl die Mangelhaftigkeit des Verfahrens als auch inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des genannten Bescheides beantragt. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, unter Zugrundelegung des Sachverhaltes nicht einer Verwaltungsübertretung nach § 42 in Verbindung mit § 146 Abs. 1 Luftfahrtgesetz schuldig erkannt und bestraft zu werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte - unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 42 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 (LFG), ist die Ausbildung von Zivilluftfahrern nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen zulässig. Zur Führung von Zivilluftfahrerschulen sowie zu jeder Änderung ihres bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges ist eine Bewilligung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (nunmehr Austro Control GmbH) erforderlich (Ausbildungsbewilligung).

Gemäß § 44 Abs. 1 LFG darf der Betrieb einer Zivilluftfahrerschule erst aufgenommen werden, wenn die Austro Control GmbH dies bewilligt hat (Betriebsaufnahmebewilligung). Dieser Bescheid ist schriftlich zu erteilen, andernfalls liegt ein mit Nichtigkeit bedrohter Fehler vor. Gemäß § 44 Abs. 4 LFG obliegt dem verantwortlichen Geschäftsführer die zuverlässige Führung der Zivilluftfahrerschule.

§ 42 LFG stellt somit den allgemeinen Grundsatz auf, daß die Ausbildung von Zivilluftfahrern, wozu sowohl die praktische als auch die theoretische Ausbildung zu zählen ist, nicht außerhalb des vom Luftfahrtgesetz vorgesehenen Ausbildungssystems zulässig ist. Die - im vorliegenden Fall allein Gegenstand bildende - theoretische Ausbildung ist hiebei als das Vermitteln der für die Ausübung der angestrebten Berechtigung als Zivilluftfahrer notwendigen Fachkenntnisse (vgl. § 18 Abs. 1 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung) zu verstehen. Zutreffend ist die Behörde zunächst inhaltlich davon ausgegangen, daß die Ausbildung von Flugschülern trotz Fehlens einer Berechtigung nur unter der Voraussetzung strafbar ist, daß sie im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 18. November 1983, Zl. 83/02/0128) erfolgt, daß jedoch unter der hier relevanten strafbaren "Ausbildung" nicht die unselbständige Tätigkeit eines Zivilfluglehrers (im Rahmen einer Zivilluftfahrerschule) zu verstehen ist.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, wer in diesem Sinn "selbständig ausgebildet" hat und ob diese Ausbildung außerhalb einer - bewilligten - Zivilluftfahrerschule erfolgte.

Der Beschwerdeführer rügt die Auffassung der belangten Behörde, daß er bzw. die A "Privatpilotenkurse" abgehalten habe und bringt insbesondere vor, daß er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A auf die Tätigkeiten des Vereines F als Ausbildungsunternehmen, welches die Ausbildungsabende in den Räumlichkeiten der A organisiert habe und dessen Ausbildungsleiter die Zivilluftfahrlehrer ausgewählt habe - mit diesem Unternehmen seien lediglich die Leistungen der A abgerechnet worden -, weder organisatorische noch inhaltliche Einflußmöglichkeiten gehabt habe und daß im bekämpften Bescheid Feststellungen dahin fehlten, durch welche konkrete Handlungen er gegen die von der belangten Behörde genannten Bestimmungen verstoßen habe.

Da es nach dem oben Gesagten auf die Selbständigkeit der Ausbildung ankommt, wäre daher insbesondere zu prüfen gewesen, wer die Organisation der Ausbildung vornimmt, wer das Lehrprogramm erstellt, wer die Lehrer auswählt, wer den Lehrern gegenüber weisungsbefugt ist, wer sie und die gesamte Ausbildung überwacht und wer wirtschaftlich die Entlohnung der Lehrer trägt. Die belangte Behörde hat die für die Beurteilung dieser Fragen notwendigen Feststellungen im einzelnen nicht hinreichend getroffen, insbesondere reicht der Hinweis der Behörde auf das Tätigwerden der A als "Subunternehmer" nicht aus, die aufgezeigten Fragen zu lösen. Erst auf Grund der von der belangten Behörde hiezu im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Feststellungen wird beurteilt werden können, ob das Unternehmen, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, selbständig ausgebildet hat und demzufolge, weil es - im Sinne des Spruchvorwurfes - keine Bewilligung dafür hatte, das Verhalten des Beschwerdeführers strafbar war.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994030141.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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