TE Vwgh Erkenntnis 2022/3/4 Ra 2020/02/0300

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Veröffentlicht am 04.03.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KDV 1967 §58 Abs1 Z2 lite
KFG 1967 §134 Abs1
KFG 1967 §98 Abs1
VStG §44a Z2
VStG §44a Z3
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des E in B, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 26. November 2020, 405-4/3543/1/9-2020, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 2. Juli 2020 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am 26. Juli 2019 um 06:41 Uhr an einem näher genannten Ort der A1 als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Anhängers die für Kraftwagenzüge auf Autobahnen und Autostraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h - nach Abzug der Messtoleranz zu seinen Gunsten - um 48 km/h überschritten. Der Revisionswerber habe dadurch gemäß § 98 Abs. 1 KFG iVm § 58 Abs. 1 Z 2 lit. e KDV eine Verwaltungsübertretung begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 66 Stunden) verhängt und ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von € 25,-- vorgeschrieben wurde.

2        Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) insoweit Folge als die ausgesprochene Geldstrafe auf € 180,-- (Ersatzfreiheitsstrafe auf 54 Stunden) mit der Maßgabe herabgesetzt wurde, dass im Tatvorwurf die Rubrik „Fahrzeug:“ durch „Kraftwagenzug: Kastenwagen, Kennzeichen unbekannt, mit Anhänger“ samt Nennung des im Straferkenntnis angegebenen Kennzeichens ersetzt werde. Der Kostenbeitrag des behördlichen Strafverfahrens wurde gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf € 18,-- reduziert. Eine ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

3        Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber zur Tatzeit am Tatort als Lenker eines Kraftwagenzuges (Zugfahrzeug: Kastenwagen mit Kennzeichen unbekannt, Anhänger mit näher bezeichnetem Kennzeichen) die auf Autobahnen für Kraftwagenzüge erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 48 km/h überschritten habe. Bei dem Anhänger habe es sich um einen anderen als „leichten“ Anhänger (höchstzulässiges Gesamtgewicht über 750 kg) gehandelt, wobei die Summe der zulässigen Gesamtgewichte 3.500 kg überschritten habe.

4        In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht - sofern von gegenständlicher Relevanz - aus, dass der Revisionswerber einen Kraftwagenzug gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 lit. e KDV - nämlich einen bei dem der Anhänger ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von über 750kg aufgewiesen habe - gelenkt habe, wobei die Summe der zulässigen Gesamtgewichte von Zugfahrzeug und Anhänger über 3.500kg gelegen sei. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeitsgrenze für Kraftwagenzüge auf Autobahnen von 80 km/h sei um 48 km/h überschritten worden.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6        Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zurückweisung der Revision als unzulässig, in eventu ihre Abweisung als unbegründet sowie den Zuspruch von Aufwandersatz.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8        Die Revision bringt als grundsätzliche Rechtsfrage u.a. vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ab, wonach die Verwaltungsvorschrift, die verletzt worden sei, durch Angabe ihrer Fundstelle im Spruch anzuführen sei. Damit erweist sie sich als zulässig und berechtigt.

9        Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 2.12.2021, Ra 2021/02/0178, mwN).

10       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Gebot des § 44a Z 2 VStG dann nicht entsprochen, wenn die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift nicht unter Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch angeführt wird. Hiezu zählt auch die Angabe ihrer - richtigen - „Fundstelle“. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2021/02/0023, mwN).

11       Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).

12       Dem Spruch des behördlichen Straferkenntnisses sind weder die Fundstellen der als verletzte Verwaltungsvorschriften zitierten Normen des § 98 Abs. 1 KFG und des § 58 Abs. 1 Z 2 lit. e KDV noch die Fundstelle der herangezogenen Strafsanktionsnorm des § 134 Abs. 1 KFG zu entnehmen. Obwohl das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch zu ergänzen, wenn dieser - wie hier - unvollständig ist, hat es durch die Abweisung der Schuldfrage der Beschwerde den Spruch des bei ihm in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses unverändert übernommen (vgl. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013, mwN).

13       Somit hat das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

14       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. März 2022

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020300.L00

Im RIS seit

28.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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