TE Vwgh Erkenntnis 2022/3/4 Ra 2020/02/0242

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2022
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des N in W, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Dr. Neumann Gasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. August 2020, LVwG-S-1933/001-2019, betreffend Übertretungen des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 3. Juli 2019 wurde der Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter des Transportunternehmens J dreier Übertretungen des KFG für schuldig befunden und über ihn jeweils eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Als verletzte Normen wurden im Spruch § 103 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 KFG (zu Spruchpunkt 1. und Spruchpunkt 2.) sowie § 103 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG (zu Spruchpunkt 3.) angeführt.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab, ergänzte jedoch die Tatumschreibung zu Spruchpunkt 3. Ferner setzte es einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4        Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor. Die belangte Behörde verwies in ihrer Revisionsbeantwortung auf die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5        In der Begründung zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 VStG ab, wonach die Verwaltungsvorschrift, die verletzt worden sei, durch Angabe ihrer Fundstelle im Spruch anzuführen sei.

6        Die Revision erweist sich im Hinblick auf dieses Vorbringen als zulässig und begründet.

7        Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013, mwN).

8        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Gebot des § 44a Z 2 VStG dann nicht entsprochen, wenn die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift nicht unter Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch angeführt wird. Hierzu zählt auch die Angabe ihrer - richtigen - „Fundstelle“. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2021/02/0023, mwN).

9        Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).

10       Dem Spruch des behördlichen Straferkenntnisses ist weder die Fundstelle der als verletzte Verwaltungsvorschriften jeweils zitierten Normen § 103 Abs. 1 Z 1 KFG, § 6 Abs. 1 KFG und § 4 Abs. 2 KFG, noch die Fundstelle der jeweils herangezogenen Strafsanktionsnorm des § 134 Abs. 1 KFG zu entnehmen. Obwohl das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch zu ergänzen, wenn dieser - wie hier - unvollständig ist (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0069, mwN), hat es durch die Abweisung der Beschwerde den Spruch des bei ihm in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses in dieser Hinsicht unverändert übernommen (vgl. erneut VwGH 2.12.2021, Ra 2021/02/0178, mwN).

11       Dadurch hat das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

12       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

13       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 4. März 2022

Schlagworte

Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020242.L00

Im RIS seit

28.07.2022

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten