TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/21 LVwG-AV-42/001-2022

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Veröffentlicht am 21.01.2022
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Entscheidungsdatum

21.01.2022

Norm

StVO 1960 §99 Abs1a
FSG 1997 §3 Abs1
FSG 1997 §7
FSG 1997 §24
FSG 1997 §25
FSG 1997 §26 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 21. Dezember 2020, GZ. ***, betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A<=25kW, A und B sowie Anordnung einer Nachschulung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG insoferne stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung von 7 Monaten auf 6 Monate (ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 16.12.2021) herabgesetzt wird.

2.   Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 17. Dezember 2021, GZ: ***, wurde Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1a i.V.m § 5 Abs. 1 StVO 1960 bei der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten angezeigt, welche das Verfahren an die Wohnsitzbehörde, die Landespolizeidirektion Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) abgetreten hat.

Auf Grund dieser Anzeige stand der Beschwerdeführer unter Verdacht, am 16.12.2021, um 22:45 Uhr, den PKW, Kennzeichen ***, auf der *** bei Strkm *** von *** kommend in Fahrtrichtung *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,75 mg/l. Bei dieser Fahrt stieß der Beschwerdeführer gegen einen am Straßenrand stehenden Baum und beschädigte diesen, eine Schneestange sowie einen Straßenleitpflock.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 2021, GZ. ***, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A<=25kW, A und B auf die Dauer von sieben Monaten, gerechnet ab dem Tage der vorläufigen Abnahme des Führerscheins (16.12.2021) entzogen und die Anordnung einer Nachschulung verfügt. Weiters wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin am 16.12.2021 um 22.45 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** auf der *** bei Strkm *** zwischen *** und *** in Fahrtrichtung *** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,75 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft) gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe. Der Verkehrsunfall mit Sachschaden sei als erschwerend zu werten, aus diesem Grund ergebe sich eine Entziehungsdauer von sieben Monaten.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 12. Jänner 2022 Beschwerde erhoben. Beantragt wurde die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass die Entziehungsdauer herabgesetzt werde.

Begründend wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer sich des vorliegenden Sachverhaltes vollkommen bewusst sei und auch keine entschuldbare Rechtfertigung für das unvernünftige Verhalten vorlegen könne.

Er habe auf einer kleinen internen Weihnachtsfeier Alkohol getrunken und die Menge des Alkohols und dessen Auswirkungen auf seinen Körper zu diesem Zeitpunkt unterschätzt. Er sei sich seiner Alkoholisierung nicht bewusst gewesen und habe geglaubt, das Fahrzeug unter den gesetzlichen Bestimmungen noch lenken zu können. Dies sei der erste rechtswidrige Vorfall in Bezug auf das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss gewesen. Er werde in Zukunft sein Fahrzeug nur mehr in Betrieb setzen, wenn er keinen Schluck Alkohol konsumiert habe.

Er sei für seine berufliche Tätigkeit auf das Fahren von Kraftfahrzeugen angewiesen, er müsse auch mehrmals im Jahr im Ausland mit einem Dienstfahrzeug fahren, indem dies die Infrastruktur so erfordere. Es wäre für seine berufliche Tätigkeit hilfreich, wenn der Entzug der Lenkberechtigung kürzer dauern würde, was auch sein Dienstgeber bestätigen könne.

Er ersuche deshalb um Verkürzung der Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, dem die belangte Behörde am 12. Jänner 2022 den Akt und die Beschwerde vorgelegt hat, hat wie folgt erwogen:

 

Aufgrund der unbedenklichen Aktenlage sowie des Vorbringens der Beschwerdeführerin steht Folgendes fest:

Der Beschwerdeführer lenkte am 16. Dezember 2021, um 22:45 Uhr, den PKW, Kennzeichen ***, auf der *** bei Strkm. *** zwischen *** und *** in Fahrtrichtung ***, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Test am geeichten Alkomaten ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,75 mg/l. Bei dieser Fahrt stieß der Beschwerdeführer gegen einen am Straßenrand stehenden Baum, eine Schneestange und einen Straßenleitpflock und beschädigte diese. Den Beschwerdeführer trifft ein Verschulden, nämlich zumindest Fahrlässigkeit, am Zustandekommen des Verkehrsunfalles.

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennt das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die anzuwendenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) in der geltenden Fassung lauten wie folgt:

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die …

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7), …

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.“

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei denen in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

2. wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. ….

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.

§ 26. (2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges …

4. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.

§ 29. (4) Wurde der Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen und nicht wieder ausgefolgt, so ist die Entziehungsdauer ab dem Tag der vorläufigen Abnahme zu berechnen.

Gemäß § 99 Abs. 1 a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Indem der Beschwerdeführerin am 16.12.2021 um 22.45 Uhr den PKW, ***, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, wobei der Alkoholgehalt der Atemluft 0,75 mg/l betrug, konnte gegenständlich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen hat. Dieser Umstand wurde vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt. Unbestritten ist weiters, dass der Beschwerdeführer bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verursachte, bei welchem er einen Straßenleitpflock, eine Schneestange sowie einen Baum beschädigt hat, welcher in Folge der Kollision umstürzte. Es ist als erwiesen anzusehen, dass den Beschwerdeführer ein Verschulden an dem gegenständlichen Verkehrsunfall trifft.

So gab dieser bei der polizeilichen Sachverhaltsaufnahme an, aus eigenem Verschulden von der Fahrbahn abgekommen und mit dem Baum kollidiert zu sein, was zweifelsfrei zumindest als fahrlässiges, damit schuldhaftes Verhalten einzustufen ist.

Es konnte folglich als erwiesen angesehen werden, dass beim Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache i.S.d. § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG vorliegt, was seine Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich zieht. Die Wertung (§ 7 Abs. 4 FSG) dieser bestimmten Tatsache ergibt, dass dieses Verhalten des Beschwerdeführers als besonders verwerflich anzusehen war, indem nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung Alkoholdelikte zu den schwerstwiegenden Verfehlungen im Straßenverkehr gehören, bei deren Beurteilung ein strenger Maßstab anzulegen ist.

In Fällen, für die bereits im Gesetz eine fixe bzw. eine Mindestentziehungsdauer normiert ist, hat schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG zur Entziehung der Lenkberechtigung für die im Gesetz bestimmte (Mindest-)Dauer zu führen und hat demnach eine Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG insoweit zu entfallen. Bei Vorliegen der im § 26 Abs. 1 bis 3 umschriebenen Voraussetzungen ist jedenfalls eine Entziehung der Lenkberechtigung für den jeweils vorgesehenen fixen Zeitraum bzw. den Mindestzeitraum auszusprechen (z.B. VwGH 27.01.2014, 2013/11/0211; VwGH 30.06.2016, Ra 2016/11/0099). Für ein Unterschreiten der gesetzlich vorgegebenen Mindestentziehungsdauer fehlt eine gesetzliche Grundlage, vielmehr ist bei Vorliegen eben der im § 26 Abs. 1 bis 3 FSG umschriebenen Voraussetzungen jedenfalls eine Entziehung der Lenkberechtigung für diesen vorgegebenen Zeitraum auszusprechen (vgl. z.B. VwGH 20.09.2017, Ra 2015/11/0100).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17.11.2009, Zl. 2009/11/0023, unter Hinweis auf seine ständige Judikatur ausgeführt hat, darf die gesetzlich festgelegte Mindestentziehungsdauer dann überschritten werden, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungsdauer hat nach der allgemeinen Regel des § 25 Abs. 3 FSG zu erfolgen, d.h. die Behörde darf über eine solche Mindestentziehungszeit insoweit hinausgehen, als der Betreffende für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch immer wieder veranlasst zu betonen, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung keine (Neben-)Strafe darstellt, sondern eine administrative Maßnahme im Dienste der Verkehrssicherheit (vgl. im Zusammenhang mit dem Ausspruch, dass es auf das Ausmaß der Unfallfolgen nicht ankommt, das Erkenntnis vom 20.1.1998, 97/11/0217).

Im Gegenstand ist unter Anwendung des § 26 Abs. 2 Z. 4 FSG eine Mindestentziehungsdauer von vier Monaten maßgeblich, indem der Beschwerdeführer erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen hat.

Im gegenständlichen Fall ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall verschuldet hat. Welche Bedeutung der Gesetzgeber der Verschuldung eines Verkehrsunfalles beimisst, zeigt sich in § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG, wo bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 bis 1,2 Promille die dort normierte Mindestentziehungsdauer um zwei Monate erhöht wird, wenn der Lenker einen Verkehrsunfall verschuldet; daraus lässt sich ableiten, dass das Verschulden eines Verkehrsunfalls auch bei anderen Alkoholdelikten entzugsdauererhöhend wirkt (vgl. VwGH vom 28.3.2003, 2002/11/0052). Es muss sich dabei um kein Alleinverschulden handeln, sondern auch ein Mitverschulden des Alkolenkers, gleichgültig, in welchem Ausmaß, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 28.6.2001, 99/11/0265) als ausreichend im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 2 FSG zu werten. Es kommt nach dem Gesetzeswortlaut auch nicht darauf an, ob ausschließlich Sachschaden oder aber auch ein Personenschaden verschuldet wurde. Der Verwaltungsgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, dass die Unfallfolgen bei der Wertung der bestimmten Tatsachen nach § 7 Abs. 4 FSG außer Betracht zu bleiben haben bzw. dass es für die Festsetzung der Entziehungszeit auf das konkrete Ausmaß der Unfallfolgen nicht ankommt, ist doch der entscheidende Gesichtspunkt die Gefährlichkeit des in alkoholisiertem Zustand gesetzten Verhaltens (vgl. VwGH vom 23.4.1996, 95/11/0408) und vermögen die Unfallfolgen den durch dieses Verhalten bestimmten Grad der Verwerflichkeit nicht noch zusätzlich zu erhöhen (vgl. VwGH vom 22.10.1991, 91/11/0033).

Das erkennende Gericht stellt aus all diesen Gründen die Prognose, dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit – unbeschadet der Absolvierung der begleitenden Maßnahme der Nachschulung – nach einer Entziehungsdauer von 6 Monaten wieder erlangen werde. Somit war die Entziehungsdauer spruchgemäß herabzusetzen.

Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass die Lenkberechtigung eine wesentliche Voraussetzung zur Ausübung seiner Berufstätigkeit ist, so ist dem entgegenzuhalten, dass private und berufliche Umstände bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben haben (VwGH vom 25.02.2003, 2003/11/0017 u.a.). Dass die Lenkberechtigung für den Beschwerdeführer eine Erleichterung oder gar Voraussetzung im Berufsleben darstellt kann nachvollzogen werden, hat jedoch außer Betracht zu bleiben, da bei der Verkehrszuverlässigkeit einer Person nicht private oder berufliche Umstände Berücksichtigung finden können, sondern zu prüfen ist, wann der Betreffende die Sinnesart, wegen welcher die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist, überwunden haben wird.

Da der Führerschein am 16.12.2021 vorläufig abgenommen wurde, beginnt die Entziehungsdauer an diesem Tag (§ 29 Abs. 4 FSG). Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gemäß § 24 Abs. 3 FSG die Entziehungsdauer nicht vor Absolvierung der Nachschulung enden kann. Letztere wurde aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 24 Abs. 3 FSG) zu Recht vorgeschrieben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war weder vom Beschwerdeführer noch von der belangten Behörde beantragt worden. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist, wie auch der Beschwerdeführer eingeräumt hat, aufgrund der Aktenlage geklärt. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen (vgl. dazu z.B. VwGH vom 15.5.2014, 2012/05/0087).

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. VwGH vom 23.9.2014, Ro 2014/01/0033), war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Entziehung; Verkehrszuverlässigkeit; Entziehungsdauer;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.42.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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