TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/5 96/02/0292

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Veröffentlicht am 05.07.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §41 Abs3;
FrG 1993 §48 Abs4 Z3;
ZustG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des S zuletzt in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. Mai 1996, Zl. VwSen-400406/6/Le/La, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 1996 wurde die an diese gerichtete Beschwerde gemäß § 51 Abs. 1 FrG als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, der angefochtene Bescheid sei deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 41 Abs. 3 zweiter Satz FrG vorgelegen sei.

§ 41 Abs. 3 FrG lautet:

"Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen."

Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß die (bloße) Zustellung des Schubhaftbescheides an den Fremden (abweichend von § 9 Abs. 1 Zustellgesetz) eine "rechtsverbindliche" Zustellung darstellt (vgl. die RV zum FrG, GP XVIII 692 S. 50). Beim zweiten Satz des § 41 Abs. 3 FrG, betreffend die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten handelt es sich demnach lediglich um eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht die Rechtswidrigkeit der Schubhaft nach sich zieht. Daraus folgt für den vorliegenden Beschwerdefall, daß dahingestellt bleiben kann, ob der Schubhaftbescheid einem Zustellungsbevollmächtigten des Beschwerdeführers "unverzüglich" zugestellt wurde, sodaß sich eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen erübrigt.

Aber auch unter dem Blickwinkel des § 48 FrG ("Dauer der Schubhaft") gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun: Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht insoweit im wesentlichen hervor, auf Grund strafgerichtlicher Verurteilungen sei gegen den Beschwerdeführer am 2. Februar 1995 ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Da sich der Beschwerdeführer in der Folge geweigert habe, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, sei er am 3. November 1995 im Landwege über Ungarn abgeschoben worden. Am 15. Jänner 1996 sei er nach eigenen Angaben illegal nach Österreich zurückgekehrt, wo er am 23. Jänner 1996 festgenommen worden sei. Am selben Tag sei über den Beschwerdeführer durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden. In der Folge habe diese Bezirkshauptmannschaft versucht, die Zustimmung des Bundesministeriums für Inneres zu erreichen, den Beschwerdeführer im Luftwege nach Bosnien-Herzegowina (dessen Staatsangehöriger der Beschwerdeführer ist) abzuschieben, um seine zu erwartende neuerliche illegale Rückkehr nach Österreich zu verhindern. Nachdem von dort eine grundsätzliche Zustimmung erteilt worden sei, sei bei der bosnischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt worden, da der Beschwerdeführer angegeben habe, daß ihm sein Reisepaß von ungarischen Zigeunern abgenommen worden sei. Das Heimreisezertifikat sei am 25. Februar 1996 für die Gültigkeit eines Monates ausgestellt worden. Da das Landesgericht Linz einen Vorführungsbefehl gegen den Beschwerdeführer zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Tagen (oder zur Bezahlung einer Geldstrafe) erlassen habe, habe die Bezirkshauptmannschaft das Polizeigefangenenhaus Linz ersucht, den Beschwerdeführer zur Verbüßung dieser Ersatzfreiheitsstrafe aus der Schubhaft zu entlassen und diesen nach der Entlassung aus der gerichtlichen Haft, neuerlich in Schubhaft zu nehmen. Am 20. März 1996 sei der Beschwerdeführer neuerlich in Schubhaft genommen worden. "Dieser Bescheid" sei ihm am selben Tag persönlich zugestellt worden. In der Zwischenzeit habe sich die Bezirkshauptmannschaft darum bemüht, eine Durchreisebewilligung durch Kroatien sowie eine Bestätigung der bosnischen Botschaft, daß der Beschwerdeführer in Bosnien einreisen dürfe, zu erlangen. Am 25. März habe die Gültigkeit des Heimreisezertifikats geendet. Es sei daher neuerlich ein solches bei der Botschaft beantragt worden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers sei bisher nicht erfolgt, weil dazu nicht alle erforderlichen Bewilligungen (Heimreisezertifikat, Bestätigung der Republik Bosnien-Herzegowina über die Einreisebewilligung nach Bosnien sowie die Durchfuhrbewilligung durch Kroatien) vorhanden gewesen seien. Mittlerweile sei durch Staatsvertrag geklärt worden, daß eine Durchreisebewilligung durch Kroatien nicht mehr erforderlich sei. Die nunmehr vorgesehene Abschiebung auf dem Luftwege sei augenscheinlich ein geeigneteres Mittel, den Beschwerdeführer von weiteren illegalen Einreisen nach Österreich abzuhalten. Weder der Bundespolizeidirektion Linz, die den Schubhaftbescheid erlassen habe, noch der das fremdenpolizeiliche Verfahren führenden Bezirkshauptmannschaft könne daher eine Verzögerung des Verfahrens sowie ein unnötiges Ausdehnen der Schubhaft vorgeworfen werden, da auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtungen und auf Grund des höheren Finanzbedarfes für diesen Fall der Abschiebung weitere Bewilligungen bzw. Zustimmungen einzuholen gewesen seien. Die zusätzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Z. 3 FrG seien erfüllt, weshalb die Schubhaft länger als zwei Monate aufrecht erhalten werden dürfe.

Diese Überlegungen der belangten Behörde sind - unbeschadet der Frage, ob im Hinblick auf den neuerlichen Schubhaftbescheid vom 20. März 1996 der Zeitraum von 2 Monaten (vgl. § 48 Abs. 2 zweiter Satz FrG) zum Zeitpunkt der Erlassung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides überhaupt schon überschritten war - nicht als rechtswidrig zu erkennen. Insbesondere war die belangte Behörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - sehr wohl berechtigt, den Verlängerungsgrund des § 48 Abs. 4 Z. 3 FrG (wenn ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden kann oder darf, weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt) als gegeben anzusehen. Eine damit im Zusammenhang stehende Schubhaft, die dazu dient, eine "nachhaltige" Abschiebung zu ermöglichen, kann - wie gerade der Fall des Beschwerdeführers zeigt - nicht als dem Sinn und Zweck des Gesetzes entgegenstehend angesehen werden.

Ausgehend von diesen Überlegungen ist auch die vom Beschwerdeführer von verfehlten Prämissen ausgehende Kostenersatzrüge nicht gerechtfertigt, da die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde zu Recht abgewiesen hat.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020292.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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