TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/5 95/02/0291

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Veröffentlicht am 05.07.1996
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §82 Abs1;
StVO 1960 §82 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom 11. Mai 1995, Zl. Senat-GF-94-480, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 8. Oktober 1993 in der Zeit von

10.15 bis 11.00 Uhr auf einem örtlich umschriebenen Gehsteig für den Verein "Zeugen Jehovas" Werbebroschüren bzw. Zeitschriften unentgeltlich angeboten, ohne hiefür im Besitz einer Bewilligung nach § 82 StVO zu sein, wobei diese Tätigkeit geeignet gewesen sei, die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen beeinträchtigen, da der Beschwerdeführer die erwähnten Druckwerke auf einer Art Plakatwand vor sich hergetragen und seine Erscheinung dadurch als "auffällig" und an diesem Ort als "ungewöhnlich" zu werten gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

§ 82 Abs. 1 StVO lautet:

"Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen."

Der Beschwerdeführer beschreibt seine "Tätigkeit" dahin, daß er zwei näher zitierte Zeitschriften mit religiösem Inhalt vor sich in einer Plastikhülle gehalten habe. Die Abgabe der Zeitschriften an Interessenten erfolge unentgeltlich und in Ausübung des "religiösen Dienstes" des Beschwerdeführers, ohne daß er hiefür ein Entgelt erhalte.

Durch diese Tätigkeit wird allerdings nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die im ersten Satz des § 82 Abs. 1 StVO normierte Bewilligungspflicht ausgelöst, weil es sich hiebei zweifellos um einen der "Werbung" im Sinne dieser Gesetzesstelle zumindest gleichzuhaltenden Zweck handelt, ohne daß daher darauf einzugehen ist, ob im Beschwerdefall (auch) eine Bewilligungspflicht nach dem zweiten Satz des § 82 Abs. 1 StVO vorgelegen ist.

Diese Bewilligungspflicht wird auch nicht etwa durch eine der im § 82 Abs. 3 StVO normierten Ausnahmen - insbesondere nicht durch dessen lit. a für gewerbliche Tätigkeiten auf Gehsteigen oder Gehwegen ohne feste Standplätze - beseitigt. Auch sei zur Klarstellung gesagt, daß § 78 lit. c StVO für den Beschwerdefall nichts hergibt, weil es dort um das (absolute) Verbot geht, den Fußgängerverkehr auf Gehsteigen und Gehwegen in Ortsgebieten durch die dort angeführten Tätigkeiten zu behindern.

Mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 28. April 1993, Zl. 92/02/0204, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Dies deshalb, weil es im damaligen Beschwerdefall um das Verteilen "politischer" Flugblätter ging und ein wesentliches Argument des Gerichtshofes der Umstand darstellte, daß "durch die Dauer eines Bewilligungsverfahrens eine sofortige Reaktion auf aktuelle Ereignisse durch das Verteilen politischer Druckschriften" verhindert würde, was allerdings im vorliegenden Beschwerdefall sachverhaltsbezogen nicht zutrifft.

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht die Bewilligungspflicht der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tätigkeit angenommen. Infolge Fehlens einer derartigen Bewilligung wurde der Beschwerdeführer sohin auch zu Recht einer Übertretung des § 82 Abs. 1 StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, beschränkt durch den Umfang des Antrages der belangten Behörde.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995020291.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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