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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Arbeiterfischereivereins G in G, vertreten durch Dr. Gert Folk, Rechtsanwalt in 8605 Kapfenberg, Lindenplatz 4a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 21. Dezember 2017, LVwG 46.24-2703/2016-6, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark; mitbeteiligte Partei: V GmbH in Wien, vertreten durch die Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 8010 Graz, Kalchberggasse 1), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 12. August 2016 wurde der mitbeteiligten Partei, die das Kraftwerk W. an der Mur betreibt, die wasserrechtliche Bewilligung für die Durchführung von Stauraumspülungen in Form einer Erstspülung und regelmäßig wiederkehrenden Folgespülungen beim Kraftwerk „KW W.“ sowie die damit im Zusammenhang stehende Errichtung von drei Buhnen unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
2 Unter Spruchpunkt II. des Bescheides wurde die Festlegung einer Entschädigung als Ersatz für vermögensrechtliche Nachteile, die Fischereiberechtigten aus Anlass der Durchführung einer Spülung im Sinne des bewilligten Spülprogrammes entstehen, einem Nachtragsbescheid vorbehalten.
3 Nach den Feststellungen des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) ist der Revisionswerber fischereiberechtigt an beiden Ufern der Mur in näher genannten Abschnitten, wobei im Bereich des Kraftwerks W. der Revisionswerber und die mitbeteiligte Partei in strittiger Höhe mitfischberechtigt sind.
4 Der Revisionswerber erhob im erwähnten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Einwendungen und gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 2016 Beschwerde, die mit dem angefochtenen Erkenntnis des LVwG als unbegründet abgewiesen wurde. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
6 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof beantragte die mitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision.
7 Auch die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus (nunmehr: Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus) erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie sich für die Abweisung der Revision aussprach.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, im Lichte jüngerer Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) erschienen die restriktive, die Parteistellung des Fischereiberechtigten begrenzende Bestimmung des § 15 WRG 1959 und die hierzu ergangene höchstgerichtliche Judikatur nicht weiter haltbar. Die „von der belangten Behörde“ zitierte beschränkte Parteistellung des Fischereiberechtigten entspreche zwar der gesetzlichen Regelung des § 15 WRG 1959 und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, stehe aber im Widerspruch zu Art. 9 Abs. 3 und 4 der Aarhus-Konvention und § 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Es sei im Lichte der (näher zitierten) Judikatur des EuGH nicht weiter aufrechtzuerhalten, dass der Fischereiberechtigte im Wesentlichen bei der Verfolgung seiner Rechte, aber auch in der Sicherung der Erreichung der mit der Richtlinie 2000/60/EG festgelegten Umweltqualitätsziele darauf beschränkt werde, lediglich Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren zu dürfen, welche überdies nur dann zu beachten seien, wenn die Maßnahmen so weitgehend konkretisiert vorgetragen würden, dass sie in Auflagenform in die Bewilligung einfließen könnten.
13 Mit diesen Darlegungen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil dazu - worauf die mitbeteiligte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend hinweist - in den Revisionsgründen nichts mehr ausgeführt wird (vgl. dazu unter anderem VwGH 22.11.2017, Ra 2014/06/0038; 16.12.2019, Ra 2019/05/0310; 9.9.2020, Ro 2020/07/0008; 8.3.2021, Ra 2021/02/0012, jeweils mwN).
14 Die Revisionsbegründung beschränkt sich insoweit vielmehr - überdies in Form eines unzulänglichen Verweises (arg.: „Wie dargelegt, ...“) auf im Übrigen nicht weiter konkretisierte Ausführungen - auf das Vorbringen, „die belangte Behörde“ habe sich mit den Ausführungen im Rechtsmittel nicht oder nur unzureichend auseinandergesetzt unter Verweis darauf, dass Fischereiberechtigte nicht berechtigt seien, diesbezügliche (ebenso nicht näher erläuterte) „Fehler“ in der Entscheidung erster Instanz geltend zu machen. Ein auf die Aarhus-Konvention, die GRC oder die Judikatur des EuGH Bezug nehmendes, mit der in der Zulässigkeitsbegründung geltend gemachten Rechtsfrage korrelierendes Vorbringen enthalten die Revisionsgründe nicht.
15 Gleiches gilt für die die Frage der Entschädigung ansprechenden Zulässigkeitsausführungen, wonach auch ein Verweis auf die Entschädigungspflicht fehl schlage, weil das übergeordnete Interesse an der Verhinderung einer Umweltgefährdung durch geeignete Rechtsbehelfe zu sichern und dem Fischereiberechtigten vom EuGH das Recht auf Erhebung einer Umweltbeschwerde - im Gegensatz zur diesbezüglich den Fischereiberechtigten ausschließenden österreichischen Rechtslage - zugestanden worden sei.
16 Die Revisionsgründe enthalten hingegen Ausführungen zum Entschädigungsvorbehalt. Der Revisionswerber bemängelt dabei, es sei nicht verständlich, warum die Entschädigungsfestsetzung durch die Behörde erster Instanz nicht weiter verfolgt worden sei, und stellt den Sinn des Entschädigungsvorbehalts in Frage. Es komme zu einer für den Fischereiberechtigten nicht tragbaren Verzögerung bei der Erledigung von Schäden. Mit diesem Vorbringen wird jedoch im Zusammenhang mit der Entschädigung ein völlig anderer Gesichtspunkt als in der Zulässigkeitsbegründung angesprochen.
17 Schließlich wird in der Zulässigkeitsbegründung eine „der bekämpften Entscheidung zu entnehmende Fehlbeurteilung, wonach die Verschlechterung gesichert sein müsste, um beachtlich in der Entscheidungsfindung zu sein“, behauptet.
18 Dem ist zu entgegnen, dass das LVwG im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen ist, dass die Frage der Beurteilung des Gewässerzustandes vom Revisionswerber nicht geltend gemacht werden könne, weil sie nicht von dessen Mitspracherecht als Fischereiberechtigter umfasst sei. Dazu enthalten die Revisionsgründe - wie bereits dargestellt - jedoch keine substantiellen, der Zulässigkeitsbegründung entsprechenden Ausführungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird daher nicht dargelegt.
19 Ergänzend sei festgehalten, dass nach den Erwägungen des LVwG etwa auch bei einem allfälligen plötzlichen Hereinbrechen von Sedimentbänken keine schwerwiegende Beeinträchtigung des Fischereirechtes „zu erwarten“ sei, womit das LVwG jedenfalls insoweit nicht einen Beurteilungsmaßstab zugrunde legte, gemäß dem die Beeinträchtigung „gesichert“ sein müsste.
20 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2018070344.L00Im RIS seit
25.03.2022Zuletzt aktualisiert am
28.03.2022