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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des Y T, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2021, L507 2176807-1/13E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, beantragte am 23. September 2014 internationalen Schutz und machte im Wesentlichen geltend, als Alevit in seinem Herkunftsstaat diskriminiert und verfolgt zu werden.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Antrag in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21. September 2017 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.
3 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 29. November 2021, E 2860/2021-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 gewährt habe. Bei einem mehr als fünfjährigen legalen Aufenthalt in Österreich wäre das BVwG verpflichtet gewesen, Ermessen im Sinne der Unterlassung einer Rückkehrentscheidung auszuüben. Außerdem hätte das BVwG dem Revisionswerber aufgrund der Stillstandsklauseln gemäß Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei (ARB 1/80) und von Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG/Türkei (ZP) einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen gehabt.
5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
7 Vorweg ist festzuhalten, dass sich das Zulässigkeitsvorbringen der Revision mit der abweisenden Entscheidung des BVwG zum beantragten internationalen Schutz nicht beschäftigt und insoweit auch keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigt.
8 Soweit sie sich gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist ihr lediglich zu erwidern, dass die abweisende Entscheidung über den internationalen Schutz gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden war, zumal dem Revisionswerber von Amts wegen auch kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt wurde. Das BVwG hat in diesem Zusammenhang eine näher begründete Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK bzw. § 9 Abs. 1 BFA-VG vorgenommen, der in der Zulassungsbegründung der Revision nichts Stichhaltiges entgegengesetzt wird.
9 Insbesondere trifft es nicht zu, dass das BVwG verpflichtet gewesen wäre, in seiner verfahrensabschließenden Entscheidung über den internationalen Schutz von Amts wegen die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 zu überprüfen (vgl. dazu § 58 Abs. 3 AsylG 2005), weshalb nicht weiter darauf einzugehen ist, ob diese Voraussetzungen überhaupt vorgelegen wären. Es entspricht - entgegen der Behauptung des Revisionswerbers - auch nicht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass nach einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen, der sich aufgrund eines (letztlich nicht berechtigten) Antrags auf internationalen Schutz im Bundesgebiet aufgehalten hat, generell unzulässig wäre.
10 Auch der nicht näher begründete Hinweis der Revision auf die Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB 1/80 bzw. Art. 41 Abs. 1 ZP ändern daran schon deshalb nichts, weil die Revision nicht darzulegen vermag, weshalb sich der Revisionswerber auf die Begünstigungen des Assoziationsabkommens EWG/Türkei berufen können sollte (vgl. insbesondere dazu, dass eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung keine „gesicherte Position“ iSd ARB 1/80 vermittelt, VwGH 15.10.2015, Ra 2015/21/0117, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022180031.L00Im RIS seit
25.03.2022Zuletzt aktualisiert am
25.03.2022