TE Vwgh Beschluss 2022/3/1 Ra 2021/14/0201

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Veröffentlicht am 01.03.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des Y S, vertreten durch Dr. Christoph Schimmer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 2, dieser vertreten durch Mag. Dr. Günter Harrich, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Margaretenstraße 91/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2021, W119 2179042-1/32E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 7. April 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31. Oktober 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Mit Beschluss vom 15. Dezember 2021, E 2353/2021-12, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. Zu der Begründung wies der Verfassungsgerichtshof abschließend darauf hin, dass dieses Ergebnis die Vollzugsbehörde nicht von ihrer Verpflichtung entbinde, bei der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme Art. 3 EMRK (insbesondere im Hinblick auf die aktuelle Sicherheitslage im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei) zu beachten.

5        In Folge brachte der Revisionswerber die gegenständliche Revision ein.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt, das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen hat. Somit sind Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben und daher vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren entzogen (vgl. VwGH 10.12.2021, Ra 2021/14/0296).

10       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter dem Punkt „Beschwerdelegitimation“ vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von der ständigen (in der Revision gar nicht zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, weil es die aktuell extrem volatile und unübersichtliche Sicherheitslage in Afghanistan nicht beachtet und veraltete Länderberichte verwendet habe.

11       Werden wie hier Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden.

12       Zur Darlegung der Relevanz eines Verstoßes gegen das Erfordernis der Heranziehung aktueller Länderinformationen genügt es nicht, sich ändernde Verhältnisse zu behaupten, sondern es ist auch erforderlich, unter Anführung eines Belegs konkret aufzuzeigen, aufgrund welcher vor der Entscheidung verfügbarer (aktuellerer) Berichte es zu geänderten, für den Revisionswerber günstigeren Feststellungen hätte kommen können (vgl. zum Ganzen abermals VwGH Ra 2021/14/0296, mwN).

13       Eine solche konkrete und nachvollziehbare Relevanzdarstellung lässt die Revision vermissen. Insbesondere zeigt die Revision nicht fallbezogen und konkret den Revisionswerber betreffend auf, welche individuellen Feststellungen aufgrund welcher zum Entscheidungszeitpunkt am 11. Mai 2021 vorhandener Länderberichte oder sonstigen verfügbaren Informationen zu treffen gewesen wären.

14       Soweit sich der Revisionswerber auf Umstände in Afghanistan im September/Oktober 2021 bezieht, zeigt er nicht auf, weshalb das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung am 11. Mai 2021 von einer solchen Situation hätte ausgehen müssen.

15       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140201.L00

Im RIS seit

25.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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