Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem * 2013 verstorbenen DDr. A*, zuletzt *, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. R*, 2. E*, 3. Dr. H*, 4. Dr. W*, 5. Mag. J*, 6. E*, Erst- bis Dritt- sowie Fünft- und Sechsantragsteller vertreten durch den Viertantragsteller, Rechtsanwalt in Wien, sowie 7. E*, vertreten durch Mag. Kathrin Hartl, Rechtsanwältin in Völkermarkt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erst- bis Sechstantragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 22. Oktober 2021, GZ 4 R 230/21x-238, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Im Verfahren über das Erbrecht nach dem 2013 verstorbenen Erblasser stehen einander die Erst- bis Sechstantragsteller und die Siebtantragstellerin gegenüber. Die Siebtantragstellerin ist das einzige Kind des Erblassers. Sie wurde 15 Jahre nach Errichtung einer letztwilligen Verfügung geboren, aus der die Erst- bis Sechstantragsteller ihr Erbrecht ableiten.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Vorinstanzen stellten nach § 778 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 das Erbrecht der Siebtantragstellerin fest. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Erst- bis Sechstantragsteller zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist daher nicht zulässig:
[3] 1. § 778 ABGB aF sah ausdrücklich vor, dass (auch) im – hier vorliegenden – Agnationsfall alle letztwilligen Anordnungen des Erblassers mit Ausnahme bestimmter Vermächtnisse „entkräftet“ werden. Dafür genügte nach ständiger Rechtsprechung die Tatsache, dass ein kinderloser Erblasser erst nach der Erklärung seinen letzten Willens einen Noterben erhielt, für den keine Vorsorge getroffen war (6 Ob 95/74 SZ 47/77; RS0012870; 2 Ob 220/17t; zum neuen Recht 2 Ob 87/19m). Anderes galt nur dann, wenn anzunehmen war, dass der Erblasser die Verfügung auch bei Kenntnis der Sachlage (hier also der zukünftigen Geburt eines Kindes) getroffen hätte (7 Ob 75/73 SZ 46/44; RS0012890; 2 Ob 220/17t). Ob das zutraf, konnte unter Umständen auch aus dem späteren Verhalten des Erblassers geschlossen werden (7 Ob 75/73). Die Beweislast traf insofern aber immer die Testamentserben (RS0012890; 2 Ob 220/17t; zum neuen Recht 2 Ob 87/19m).
[4] 2. Dieser Beweis ist den Erst- bis Sechstantragstellern angesichts der Negativfeststellung zu ihrer Behauptung, der Erblasser habe mehrfach erklärt, dass die letztwillige Verfügung aufrecht bleiben solle, nicht gelungen. Vielmehr steht sogar positiv fest, dass der Erblasser der Mutter der Siebtantragstellerin mehrfach versichert hatte, dass ihre Tochter „alles erben“ solle. Auf dieser – im Revisionsrekursverfahren nicht zu prüfenden – Tatsachengrundlage besteht kein Zweifel an der Anwendbarkeit von § 778 ABGB aF.
[5] 3. Auf die im Rechtsmittel ausführlich erörterte Frage, ob der Erblasser bei Abgabe der behaupteten, aber gerade nicht festgestellten Erklärungen testierfähig war, kommt es unter diesen Umständen nicht an. Ebenso ist unerheblich, ob die letztwillige Verfügung überhaupt als Erbeinsetzung zu verstehen war.
Textnummer
E134212European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00225.21H.0127.000Im RIS seit
25.03.2022Zuletzt aktualisiert am
25.03.2022