TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/15 VGW-031/076/16415/2021

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Entscheidungsdatum

15.12.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

COVID-19-MG §4
COVID-19-MG §8
COVID-19-NotMV 03te §2
VStG 1991 §19
VStG 1991 §20
VStG 1991 §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. X. über die Beschwerde der Frau A. B., C., D./Haus 1, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 06.10.2021, Zahl MBA/…/2021, wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 8 Abs. 2 Z 2, 4 Abs. 1 COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) iVm § 2 Abs. 1 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (COVID-19-NotMV), BGBl. II Nr. 598/2020, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 27/2021,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 20, -- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG steht der Beschwerdeführerin eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht offen. Im Übrigen ist gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Das angefochtene Straferkenntnis vom 06.10.2021, Zahl MBA/…/2021, enthält folgenden Spruch:

„1. Datum/Zeit:  30.01.2021, 14:32 Uhr

    Ort:          Wien, E.

Sie haben am 30.01.2021 zum angeführten Zeitpunkt in Wien, E., einen öffentlichen Ort im Freien betreten und gegenüber anderen Personen, bei welchen es sich nicht um Personen, die mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt leben gehandelt hat, den Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten, obwohl aufgrund der 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung - 3. COVID-19-NotMV, BGBl. II Nr. 598/2020, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 27/2021, in der Zeit vom 25.01.2021 bis 03.02.2021 beim Betreten öffentlicher Orte im Freien gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.  §§ 8 Abs. 2 Z. 2, 4 Abs. 1 COVID-19-MG i.V.m. § 2 Abs. 1 3. COVID-19-NotMV, BGBl. II Nr. 598/2020, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 27/2021

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich ist,  […]      Gemäß

                           Ersatzfreiheitsstrafe von 

    1. € 100,00  0 Tage(n) 2 Stunde(n) 0   § 8 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz     Minuten     - COVID-19-MG, BGBl. I Nr. 12/2020,         zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.
                 23/2021

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

110,00“

2. In der dagegen formgerecht und rechtzeitig eingebrachten Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin Folgendes vor:

„Ich erhebe Einspruch gegen den Strafbescheid (Straferkenntnis) vom 6. Oktober 2021 (ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wien …), da diese Verordnungen, wie ich bereits in meinem Einspruch vom 26. April 2021 kundgetan habe, verfassungswidrig und damit auch gesetzwidrig sind.

Wie viele unabhängige Experten bestätigen können (die aber bei den sog. „Leitmedien" kein Gehör finden), ist das Coronavirus nicht gefährlicher als das Grippevirus. Auch die veröffentlichten Zahlen (Infektionszahlen, etc…) beruhen auch keiner evidenzbasierten Basis, da der PCR-Test, der zwecks Feststellung einer Infektion mit dem Coronavirus (lt. dem Erfinder des PCR-Tests) gar nicht dazu geeignet ist, eine tatsächliche Infektion mit dem Coronavirus festzustellen.

Den von der Regierung verordneten Maßnahmen fehlt somit auch jegliche, wissenschaftliche Basis, um diese Zwangsmaßnahmen weiterhin aufrecht zu erhalten.

Aus diesem Grund ersuche ich um Aufheben des Strafbescheides (der Straferkenntnis) vom 6. Oktober 2021 sowie um Einstellung des Verfahrens.

Abschließend noch eine Frage an Sie: Geht es bei all' den Maßnahmen tatsächlich um die Gesundheit der Bevölkerung oder steckt dahinter eine Agenda, um die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen Stück für Stück „auszuhebeln"?

Natürlich können Sie bzw. ihre Behörde weiterhin diese sowohl verfassungs- als auch gesetzwidrigen Verordnungen vollstrecken, nur möchte ich Sie in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass auch für Beamte die private Haftung gilt (falls sie rechtswidrige Verordnungen umsetzen bzw. vollstrecken).“

3. Die belangte Behörde verzichtete auf die Fällung einer Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

4.1. Das Verwaltungsgericht Wien nimmt als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin am 30.01.2021, um 14:32 Uhr, in Wien, E., einen öffentlichen Ort im Freien betreten und nicht den Mindestabstand von 2 Metern gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihr leben, eingehalten hat.

4.2. Dieser am 30.01.2021 zur Anzeige gebrachte Sachverhalt beruht auf der eigenen dienstlichen Wahrnehmung des Meldungslegers, einem Organ der öffentlichen Aufsicht, und wurde in weiterer Folge von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

II. 1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz - COVID-19-MG), BGBl. I Nr. 12/2020 in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 104/2020, wobei § 8 COVID-19-MG zuletzt durch BGBl. I Nr. 23/2021 geändert wurde, lauten:

„Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit
§ 4.

(1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten und das Befahren von

1.

bestimmten Orten oder

2.

öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren bestimmter Orte gemäß Abs. 1 Z 1, nicht aber öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit gemäß Abs. 1 Z 2 untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

Strafbestimmungen
§ 8.

(1) Wer

1.

eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel benutzt, deren/dessen Betreten, Befahren oder Benutzen gemäß § 3 untersagt ist, oder

2.

einen Ort betritt oder befährt, dessen Betreten oder Befahren gemäß § 4 untersagt ist,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

(2) Wer

1.

eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen benutzt oder

2.

die in einer Verordnung gemäß § 4 genannten Orte entgegen den dort festgelegten Zeiten, Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.“

2. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 3. COVID-19-NotMV), in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl. II Nr. 27/2021, lautet:

„Öffentliche Orte
§ 2.

(1) Beim Betreten öffentlicher Orte im Freien ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten.“

3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten in diesem Falle unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

III. 1. Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde auf das Wesentliche zusammengefasst geltend, dass die der Bestrafung zugrunde gelegten Rechtsgrundlagen gesetz-, respektive verfassungswidrig seien, zumal es keine wissenschaftliche Basis gebe, um die darin normierten Zwangsmaßnahmen weiterhin aufrecht zu erhalten. Das Coronavirus sei – wie viele unabhängige Experten bestätigen würden - nicht gefährlicher als das Grippevirus. Die veröffentlichten Zahlen (Infektionszahlen, etc.) würden auf keiner evidenzbasierten Basis beruhen, zumal der PCR-Test gar nicht dazu geeignet sei, eine tatsächliche Infektion mit dem Coronavirus festzustellen.

2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Verwaltungsgerichte nach Art. 135 Abs. 4 iVm Art. 89 und 139 ff B-VG bei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer darin genannten generellen Norm zu deren Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend kann eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht auch mit der Rechtswidrigkeit des angewendeten Gesetzes oder der angewendeten Verordnung begründet werden.

Eine solche Beschwerde hat die Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides allerdings zumindest so weit auszuführen, dass dem Verwaltungsgericht eine Beurteilung dieser Bedenken mit Blick auf seine Anfechtungsbefugnis ermöglicht wird (siehe Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 29 VwGVG, Stand 15.2.2017, rdb.at mit weiteren Hinweisen, z.B. VwGH vom 17.12.2014, Ro 2014/10/0120, VfGH vom 04.03.2015, E 923/2014).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 01.10.2020, G271/2020, V463/2020 ua (V463-467/2020-16) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem COVID-19-Maßnahmengesetz der verordnungserlassenden Behörde einen Einschätzungs- und Prognosespielraum überträgt, „ob und wieweit sie zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auch erhebliche Grundrechtsbeschränkungen für erforderlich hält, womit der Verordnungsgeber seine Entscheidung als Ergebnis einer Abwägung mit den einschlägigen grundrechtlich geschützten Interessen der betroffenen Personen zu treffen hat. Der Verordnungsgeber muss also in Ansehung des Standes und der Ausbreitung von COVID-19 notwendig prognosehaft beurteilen, inwieweit in Aussicht genommene Maßnahmen wie die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignete (der Zielerreichung dienliche) erforderliche (gegenläufige Interessen weniger beschränkend und zugleich weniger effektiv nicht mögliche) und insgesamt angemessene (nicht hinnehmbare Grundrechtseinschränkungen ausschließende) Maßnahmen darstellen.“

Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in der zuvor genannten Entscheidung, sind diesem keine Bedenken ob grundrechtsbeschränkender Maßnahmen an sich entstanden, sondern er hat vielmehr festgehalten, dass der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung, ob und welche Grundrechtsbeschränkungen zu erlassen sind, die oben näher ausgeführte Abwägung zu treffen hat. Vor diesem Hintergrund lässt die im vorliegenden Beschwerdeverfahren zum Tatzeitpunkt verordnete „Maßnahme“ der Einhaltung eines 2 Meter Abstandes gegenüber anderen Personen, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben, an sich auch beim Verwaltungsgericht Wien keine Bedenken entstehen.

Die Beschwerdeführerin hat indes anlassbezogen – ungeachtet ihrer geäußerten persönlichen Meinung - nicht weiter dargelegt, inwiefern darüber hinaus konkrete Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Rechtsgrundlagen des bekämpften Straferkenntnisses bestehen, sodass dem Verwaltungsgericht Wien keine weitere Beurteilung mit Blick auf seine Anfechtungsbefugnis ermöglicht wurde.

3. Zur Strafhöhe ist auszuführen, dass bei der gegenständlichen Strafbemessung von einem gesetzlichen Strafrahmen von bis zu 500,-- Euro auszugehen war und das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche beträgt (vgl. § 8 COVID-19-MG).

Der Unrechtsgehalt einer Übertretung der genannten Vorschriften ist als durchaus gravierend anzusehen, da die dargestellten Vorgaben dem Schutz des als sehr bedeutend einzustufenden öffentlichen Interesses an der Hintanhaltung einer Verbreitung von COVID-19 bzw. der Eindämmung von COVID-19 dienen und somit im Wesentlichen den Schutz der eigenen Gesundheit und der Gesundheit anderer Personen bezwecken. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war im gegenständlichen Fall daher keinesfalls als geringfügig anzusehen.

Auch das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der Beschwerdeführerin zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die Beschwerdeführerin im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Der Beschwerdeführerin kommt der Aktenlage nach der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Erschwerungsgründe oder sonstige Milderungsgründe sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Mangels Angaben der Beschwerdeführerin ist von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen.

Vor dem Hintergrund der als besonders hoch einzustufenden Bedeutung des geschützten Rechtsgutes – mithin die öffentliche Gesundheit – erscheint die verhängte Strafe in Höhe von 100, -- Euro nicht zu hoch bemessen und ist diese in spezialpräventiver Hinsicht schuld- und tatangemessen. Eine Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe, die generalpräventive Funktion einer Verwaltungsstrafe und die ohnehin nur geringe Ausschöpfung des Strafrahmens nicht in Betracht.

Der Ausspruch einer Ermahnung unter Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG schied aus, da weder die (abstrakte) Bedeutung des in Rede stehenden strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat, noch das Verschulden der Beschwerdeführerin als gering angesehen werden konnte (vgl. zu den Voraussetzungen der Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG etwa VwGH vom 25.04.2019, Ra 2018/09/0209). Auch die Anwendung des § 20 VStG kam im vorliegenden Fall nicht in Betracht, zumal die Strafsanktionsnorm des § 8 COVID-19-MG keine Mindeststrafe vorsieht.

Auch die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zu der verhängten Geldstrafe und dem gesetzlichen Strafrahmen gesetzeskonform und angemessen verhängt.

Der Ausspruch über die Kosten stützt sich auf die im Spruch zitierten Gesetzesstellen.

Weil in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 500,-- Euro und keine (primäre) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte, und lediglich eine Geldstrafe von 100, -- Euro verhängt wurde, ist eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG iVm § 25a Abs. 4 VwGG) nicht zulässig.

Der belangten Behörde steht die ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht offen, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Die Strafbemessung erfolgte anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung, die nach den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen vorgenommen wurde, und warf daher keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf (VwGH vom 09.06.2017, Ra 2017/02/0018).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Betreten öffentlicher Orte; Betretungsverbot; öffentliche Orte; Abstand; Verfassungskonformität; Strafbemessung; Verschulden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.076.16415.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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