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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EStG 1988 §63;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des C in E, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 29. November 1993, Zl. 1283-2/93, betreffend Jahresausgleich für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1992 bei einem inländischen Arbeitgeber als Projektleiter im Anlagenbau beschäftigt gewesene Beschwerdeführer machte im Rahmen seines Jahresausgleichsantrages für das Streitjahr unter anderem die Berücksichtigung von Aufwendungen für den Besuch der Liechtensteinischen Ingenieurschule in Vaduz (LIS) als Werbungskosten geltend.
Bei Durchführung des Jahresausgleiches anerkannte das Finanzamt diese Aufwendungen - anders als zuvor in den Jahresausgleichsbescheiden für die Jahre 1990 und 1991 und in den für die Jahre 1992 und 1993 ergangenen Freibetragsbescheiden - nicht als Werbungskosten, weil der Besuch der LIS eine Berufsausbildung darstelle.
In seiner gegen den Jahresausgleichsbescheid für das Jahr 1992 erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes aus:
Die LIS setze eine abgeschlossene Berufsausbildung voraus. Sie schließe ohne Matura ab und es würden fast keine allgemeinbildenden, sondern "nur" fachspezifische Fächer unterrichtet. Bestandteil des Studiums sei auch eine einschlägige Berufspraxis. Diese müsse mindestens 33 Stunden pro Woche dauern. Er habe die Fachschule für Maschinenbau in Bregenz abgeschlossen und außerdem habe er noch die Werkmeisterschule für Maschinenbau besucht. Deshalb besitze er zum Unterschied zu den meisten Studienkollegen jetzt schon eine abgeschlossene Ausbildung als Techniker. Er arbeite in einer metallverarbeitenden Firma als Projektleiter im Anlagenbau. Um den wachsenden Anforderungen im immer komplexer werdenden Anlagenbau gewachsen zu sein, dränge ihn sein Arbeitgeber zu dieser Weiterbildung. Dazu komme noch, daß von den Kunden seines Arbeitgebers immer öfters ein Projektleiter mit dem Titel "Ingenieur" gewünscht werde.
Nach abweislicher Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Begründend wies er noch darauf hin, daß der Besuch einer HTL sicherlich für die meisten Studenten eine reine Berufsausbildung darstelle. Es dürfe jedoch nicht ohne Bedeutung sein, mit welchen Voraussetzungen und aus welchen Gründen man dieses Studium betreibe. In seinem Fall diene dieses Studium ausschließlich der Sicherung seines Arbeitsplatzes. Er habe auch schon eine Ausbildung als Techniker, weshalb der Besuch der LIS keine reine Berufsausbildung, sondern vielmehr eine Weiterbildung sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab; dies im wesentlichen mit der Begründung, der vorliegende Sachverhalt gleiche in den wesentlichen Punkten jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juni 1967, Zl. 172/67, zugrundeliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Geltendmachung von Werbungskosten nach § 16 EStG" verletzt. Es sei inhaltlich rechtswidrig, die Kosten für den Besuch der LIS im Streitjahr als BerufsAUSbildungskosten und nicht als BerufsFORTbildungskosten anzusehen. Wesentliche Verfahrensmängel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß sich die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid "über die rechtskräftige Zuerkennung des Freibetrages für das Jahr 1992 hinweggesetzt" und durch die gegenüber den Jahren 1990 und 1991 geänderte Beurteilung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen habe; weiters auch darin, daß die belangte Behörde auf das Argument des Beschwerdeführers, seine Ausbildung habe "ausschließlich" der Sicherung seines Arbeitsplatzes gedient, nicht eingegangen sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Was die behaupteten Verfahrensmängel anlangt, war die belangte Behörde bei Durchführung des Jahresausgleiches für das Jahr 1992 weder an den für dieses Jahr ergangenen, bloß eine vorläufige Maßnahme (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Rz 1 zu § 63) darstellenden Freibetragsbescheid gebunden (weshalb auch der behauptete Eingriff in die Rechtskraft nicht vorliegt) noch auch rechtfertigt der bloße Umstand, daß das Finanzamt gleichartige Aufwendungen in den Jahresausgleichsbescheiden für die Jahre 1990 und 1991 sowie in den Freibetragsbescheiden für die Jahre 1992 und 1993 anerkannt hat, die Annahme, daß durch die Nichtanerkennung solcher Aufwendungen im beantragten Jahresausgleichsbescheid für das Streitjahr der Grundsatz von "Treu und Glauben" verletzt wurde. Das von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellte Interesse des Arbeitgebers des Beschwerdeführers an dessen Weiterbildung am LIS kann, wenn der belangten Behörde darin zu folgen ist, daß es sich hiebei um Aus- und nicht um Fortbildung des Beschwerdeführers handelt, auch nicht als "ausschließliches" angesehen werden. Nimmt man die gleich anschließend zu treffende rechtliche Beurteilung vorweg, so liegt auch insoweit kein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt die Beschwerde sinngemäß vor, der vorliegende Fall sei nicht mit den dem besagten hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1967, Zl. 172/67, und dem weiteren Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 90/14/0244, zugrundeliegenden Beschwerdefällen vergleichbar, sondern mit dem des weiteren hg. Erkenntnisses vom 18. März 1986, Zl. 85/14/0156.
Der Beschwerdeführer im Beschwerdefall Zl. 172/67 war technischer Angestellter in einer Maschinenfabrik, der durch drei Jahre eine gewerbliche Berufsschule und zwei Jahre lang eine Werkmeisterschule besucht hatte. Es ging um die Frage, ob die sodann erfolgte Teilnahme an einem Lehrgang der Studiengemeinschaft D., vom Beschwerdeführer selbst als "Ingenieur-Studium" bezeichnet, Berufsausbildung oder Berufsfortbildung darstellt. Im Hinblick darauf, daß das Bestreben des Beschwerdeführers offensichtlich darauf gerichtet war, durch den Besuch des Lehrganges sich die für die Erlangung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in Österreich erforderlichen Voraussetzungen (in der Regel die Absolvierung einer höheren technischen oder gewerblichen Lehranstalt mit erfolgreich abgelegter Abschlußprüfung unter Nachweis einer entsprechenden praktischen Betätigung, die höhere fachliche Kenntnisse erfordert) anzueignen, habe der bisher als Werkmeister ausgebildete damalige Beschwerdeführer eine höhere Ausbildungsstufe und eine berufliche Stellung angestrebt, wie sie grundsätzlich nur den Absolventen einer höheren technischen Lehranstalt nach bestandener Reifeprüfung vorbehalten ist. Dies lasse die Beurteilung als Berufsausbildung nicht als rechtswidrig erscheinen.
Der Beschwerdeführer im Beschwerdefall Zl. 90/14/0244 war ein Landesbeamter, der zur Erreichung einer AHS-Matura ein Bundesgymnasium für Berufstätige besuchte. Der Verwaltungsgerichtshof pflichtete der damals belangten Behörde bei, daß eine Ausbildung an einer höheren Schule auch dann als AUSbildung und nicht als FORTbildung anzusehen ist, wenn sie neben einem bereits ausgeübten Beruf im Rahmen des sogenannten "zweiten Bildungsweges" (in einer Abendschule bzw. in Abendkursen) erworben wird. Dies deshalb, weil das in solchen Schulen vermittelte Wissen eine umfassende Ausbildungsgrundlage für verschiedene Berufe darstelle und nicht der spezifischen fachlichen Weiterbildung (=Fortbildung) in einem bestimmten bereits ausgeübten Beruf diene. Der Umstand allein, daß der erfolgreiche Abschluß einer derartigen Schule für das berufliche Fortkommen vorteilhaft sein könne, vermöge an dieser Beurteilung schon deswegen nichts zu ändern, weil jede gediegene Ausbildung geeignet sei, die Chancen im (künftigen) Berufsleben zu verbessern, ohne deswegen die Eigenschaften einer Ausbildung zu verlieren.
Der Beschwerdeführer im Beschwerdefall Zl. 85/14/0156 war bei einem inländischen Versicherungsunternehmen als Angestellter im Außendienst (Gebietsvertreter) tätig. Strittig war, ob der Besuch eines (viersemestrigen) Universitätslehrganges für Versicherungswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien Berufsaus- oder -fortbildung darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof nahm im Hinblick auf das Ziel des Universitätslehrganges, daß die Teilnehmer im bereits ausgeübten Beruf (eines Versicherungsvertreters) auf dem Laufenden bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht werden, letzteres an.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß der vorliegende Beschwerdefall nicht mit dem zuletzt besprochenen Beschwerdefall, sondern eher mit den zuvor besprochenen Beschwerdefällen vergleichbar ist. Dies insbesondere im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer laut Aktenlage keinen HTL-Abschluß mit Matura besitzt, sondern die FACHSCHULE für Maschinenbau besucht hat. Der erfolgreiche Abschluß des Studiums an der LIS wäre für den Beschwerdeführer daher nicht nur wie ein Abschluß der Fachschule, sondern wie der einer HTL, an der die Absolventen mit der Matura abschließen.
Insgesamt ist für die Entscheidung im vorliegenden Beschwerdefall im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 21. März 1996, Zl. 93/15/0201, maßgebend, daß durch den Besuch des LIS für den Beschwerdeführer eine - nicht notwendigerweise auf seinen bisherigen Beruf beschränkte - Grundlage für seine Berufstätigkeit geschaffen würde. Die Verwertbarkeit von Teilen der durch diese Schule erworbenen Kenntnisse im vom Beschwerdeführer ausgeübten Beruf rechtfertigt es dagegen für sich allein nicht, von einer spezifisch fachlichen Weiterbildung (= Fortbildung) in dem von ihm bereits ausgeübten Beruf zu sprechen.
Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994150011.X00Im RIS seit
11.07.2001