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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. A in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VII, vom 31. Juli 1992, 6/4-4180/92-09, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1984 und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein öffentlicher Notar, begann im Jahr 1984 ein ihm gehörendes altes Bauernhaus umzubauen. Der Umbau war im April 1986 beendet, worauf die so geschaffenen Ferienwohnungen vermietet wurden. Im Jahr 1986 begann der Beschwerdeführer neben dem alten Bauernhaus ein weiteres Gebäude zu errichten. Auch die in diesem Gebäude geschaffenen Ferienwohnungen wurden nach dessen Fertigstellung im Juni 1988 vermietet.
Der Beschwerdeführer erklärte ab dem Jahr 1986 aus der Vermietung der Ferienwohnungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Errichtungskosten der Ferienwohnungen machte er seit dem Jahr 1984 als Betriebsausgaben bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Notariat geltend.
Das Finanzamt erließ für die Jahre 1984 bis 1986 den Erklärungen des Beschwerdeführers entsprechende Bescheide.
Im Zug einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung erstellte der Prüfer völlig neue Einnahmen-Überschußrechnungen aus der Vermietung der Ferienwohnungen, wobei er insbesondere Aktivierungen vornahm sowie die Einnahmen und Werbungskosten in den denentsprechenden Jahren berücksichtigte. Die in den Jahren 1985 und 1988 geltend gemachten Investitionsfreibeträge ließ der Prüfer nicht zum Abzug zu. Dem im Zug der abgabenbehördlichen Prüfung gestellten Antrag des Beschwerdeführers, die Vermietung der Ferienwohnungen als gewerbliche Tätigkeit anzusehen, entsprach der Prüfer nicht. Der Prüfer brachte in dem von ihm erstatteten Bericht aus der Vermietung der Ferienwohnungen in den Jahren 1984 bis 1988 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 5.657 S, 111.788 S, 303.888 S, 409.211 S und 461.160 S zum Ansatz. Im übrigen stellte der Prüfer unter Hinweis auf insgesamt 64 Textziffern in dem von ihm erstatteten Bericht fest, die amtswegigen Wiederaufnahmen der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1987 seien zu verfügen.
Das Finanzamt schloß sich der Ansicht des Prüfers an und erließ - teilweise in wiederaufgenommenen Verfahren - ua Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1984 und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1988, wobei es zur Begründung auf den erstatteten Bericht und die darüber aufgenommene Niederschrift verwies.
Mit Berufungen wandte der Beschwerdeführer - soweit im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Relevanz - ein, die die wiederaufgenommenen Verfahren abschließenden Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1984 und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1987 seien rechtswidrig, weil die die Wiederaufnahmen dieser Verfahren verfügenden Bescheide, die iSd § 96 BAO erlassen worden seien, nicht mit Hilfe automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt hätten werden dürfen. Die Verfügungen, Verfahren wieder aufzunehmen, stellten bloß verfahrensleitende Bescheide dar, die nicht der Erhebung von Abgaben dienten. Derartige Bescheide seien vom Finanzamt, nicht jedoch - wie im vorliegenden Fall - vom Bundesrechenamt auszufertigen. Mangels Erlassung ordnungsmäßiger Bescheide durch das Finanzamt, in denen die Wiederaufnahmen der Verfahren verfügt worden seien, sei die Durchbrechung der Rechtskraft der bereits nach § 198 BAO erlassenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1984 und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1987 unzulässig. Da der Prüfer bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnungen die geltend gemachten Investitionsfreibeträge nicht zum Abzug zugelassen habe, werde nunmehr eine degressive AfA hinsichtlich der in den Jahren 1985 und 1987 angeschafften Möbel für die Jahre 1985 und 1988 geltend gemacht, weil diese Wirtschaftsgüter zu Beginn ihrer Nutzung einer erhöhten technischen und wirtschaftlichen Abnutzung unterlägen. Die vom Prüfer in den Jahren 1986 und 1987 zum Ansatz gebrachte lineare AfA hinsichtlich der Möbel möge unverändert beibehalten werden.
In teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidungen, in denen die Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1988 vorläufig festgesetzt wurde, hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer ua vor, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens seien die Abgaben wegen des ungewissen Umfangs der Abgabepflicht vorläufig festzusetzen.
In den Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm der Beschwerdeführer zu den Ausführungen in den Berufungsvorentscheidungen nicht Stellung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen im wesentlichen wie in den Berufungsvorentscheidungen teilweise statt, wobei sie im Spruch überdies festhielt, die Abgabenfestsetzungen für die Jahre 1985 bis 1988 erfolgten gemäß § 200 BAO vorläufig. Zur Begründung führte die belangte Behörde ua aus, hinsichtlich des Vorbringens, die die wiederaufgenommenen Verfahren abschließenden Bescheide betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1984 und Einkommensteuer für die Jahre 1984 bis 1987 seien mangels bescheidmäßig verfügter Wiederaufnahmen der Verfahren zu Unrecht erlassen worden, werde auf die Ausführungen in der den Beschwerdeführer betreffenden Berufungsentscheidung vom 30. Juli 1991, 6/4-4183/91-07, sowie die diesbezügliche hg Beschwerde 91/13/0204 verwiesen. Auch in diesem Verfahren habe der Beschwerdeführer behauptet, die Verhängung einer Zwangsstrafe stelle bloß einen verfahrensleitenden Bescheid (Verfügung) dar, der vom Finanzamt und nicht vom Bundesrechenamt auszufertigen sei, weswegen diese Verfügung bloß eine "Enunziation", jedoch keinen Bescheid darstelle. Das in der Berufungsentscheidung vom 30. Juli 1991 hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des erlassenen Bescheides betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe Ausgeführte gelte auch hinsichtlich der die Wiederaufnahme der Verfahren verfügenden Bescheide. Der vom Beschwerdeführer für die Jahre 1985 und 1988 beantragten degressiven AfA stehe schon der Umstand entgegen, daß in den Jahren 1986 und 1987 hinsichtlich der Möbel eine lineare AfA beibehalten werden solle. Denn ein Wechsel zwischen den AfA-Methoden bei ein und demselben Wirtschaftsgut sei unzulässig. Überdies stelle die degressive AfA eine Ausnahme dar, die durch im besonderen Fall bestehende außergewöhnliche Gegebenheiten, insbesondere eine außerordentliche Entwertung eines Wirtschaftsgutes in den ersten Jahren seiner Nutzung, gerechtfertigt sein müsse. Daß ein neues Wirtschaftsgut in der ersten Zeit seiner Verwendung die stärkste Werteinbuße erleide, rechtfertige für sich allein noch nicht die Anwendung einer degressiven AfA.
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in seinen Rechten auf
1.
richtige Anwendung des § 96 BAO im Zusammenhalt mit § 2 Abs 1 Z 12 Bundesrechenamtsgesetz, BGBl Nr 123/1978,
2.
richtige Anwendung des § 200 Abs 1 BAO im Zusammenhalt mit § 208 Abs 1 lit d und § 288 Abs 1 lit d leg cit sowie
3.
richtige Anwendung des § 7 Abs 1 und 4 letzter Satz EStG 1972
verletzt und beantragt, den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs 2 VwGG aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1.
Rechtmäßigkeit der verfügten Wiederaufnahmen der Verfahren
Wie die belangte Behörde im Einklang mit der Aktenlage ausgeführt hat, hat der Beschwerdeführer bereits in der hg Beschwerde 91/13/0204 behauptet, ein Bescheid betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe dürfe nur vom Finanzamt, nicht jedoch vom Bundesrechenamt ausgefertigt werden, ansonsten es sich um keinen Bescheid, sondern um eine Rechte und Pflichten nicht begründende "Enunziation" handle. Die nunmehrigen Beschwerdeausführungen entsprechen den in der zitierten Beschwerde. Der einzige Unterschied besteht darin, daß anstatt der verfahrensleitenden Bescheide (Verfügungen) der Wiederaufnahmen der Verfahren der verfahrensleitende Bescheid (Verfügung) der Verhängung einer Zwangsstrafe genannt wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die bereits mehrfach erwähnte Beschwerde mit Erkenntnis vom 9. Dezember 1992 abweisend entschieden. Das in diesem Erkenntnis Ausgeführte gilt auch für den Beschwerdefall. Es wird daher gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.
2. Vorläufige Abgabenfestsetzungen
Dem Vorwurf des Beschwerdeführers, weder den erstinstanzlichen Bescheiden noch dem angefochtenen Bescheid könne ein Hinweis dafür entnommen werden, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzungen vorläufig erfolgt seien, ist - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht ausführt - entgegenzuhalten, daß das Finanzamt in den Berufungsvorentscheidungen die vorläufigen Abgabenfestsetzungen ausdrücklich mit der Ungewißheit des Umfangs der Abgabepflicht begründet hat. Berufungsvorentscheidungen kommt auch die Wirkung von Vorhalten zu. Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers gewesen, der in den Berufungsvorentscheidungen enthaltenen Feststellung, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens seien die Abgaben wegen des ungewissen Umfangs der Abgabepflicht vorläufig festzusetzen, entgegenzutreten. Mangels jeglicher Ausführungen in den Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, seitens des Beschwerdeführers bestünden keine Einwendungen hinsichtlich der vorläufigen Festsetzungen der Abgaben. Tritt nämlich ein Abgabepflichtiger den erstmals in Berufungsvorentscheidungen enthaltenen Fakten nicht entgegen, so können diese als richtig angenommen werden, weswegen die Frage der Zulässigkeit der vorläufigen Abgabenfestsetzungen nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens war (vgl das hg Erkenntnis vom 19. September 1995, 91/14/0208, mwA). Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht bestrittene Tatsache, daß der Umfang der Abgabepflicht (ergänze sinngemäß:
hinsichtlich der Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnungen) ungewiß sei, zu begründen. Abgesehen davon fallen auch Rechtsausführungen unter das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot, wenn sie nur unter Einbeziehung von Sachverhaltselementen stichhältig sind, die im Verwaltungsverfahren nicht einbezogen wurden, weil der Beschwerdeführer in der betroffenen Richtung untätig geblieben ist (vgl das bereits erwähnte, den Beschwerdeführer betreffende hg Erkenntnis vom 9. Dezember 1992).
3. Degressive AfA
Es mag dahingestellt bleiben, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer einen Wechsel zwischen den AfA-Methoden bei den Möbeln anstrebt. Abgesehen davon, daß ein solcher Wechsel unzulässig ist, stellt eine degressive AfA - wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat - eine Ausnahme dar, die durch im besonderen Fall bestehende außergewöhnliche Gegebenheiten, insbesondere eine außerordentliche Entwertung in den ersten Jahren der Nutzung, gerechtfertigt sein muß. Es muß sich allerdings um eine durch erhöhte technische oder wirtschaftliche Abnutzung bedingte Entwertung handeln. Die Tatsache, daß ein neues Wirtschaftsgut in der ersten Zeit der Verwendung die stärkste Werteinbuße erleidet, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Anwendung einer degressiven AfA (vgl Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 31 zu § 7). Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, aus welchen Gründen die sich in den Ferienwohnungen befindlichen Möbel in den ersten Jahren der Nutzung die stärkste Werteinbuße erleiden sollten, zumal er im Verwaltungsverfahren stets behauptet hat, die Anzahl der Nächtigungen sei steigend.
Aus der vom Bundesminister für Finanzen in den Einkommensteuerrichtlinien 1984 vertretenen Ansicht über die Zulässigkeit der degressiven AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von zehn oder mehr Jahren kann der Beschwerdeführer mangels Kundmachung dieses Erlasses im Bundesgesetzblatt im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Rechte für sich ableiten (vgl das hg Erkenntnis vom 26. April 1989, 89/14/0045, mwA).
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Schlagworte
Ausfertigung mittels EDV Intimation Zurechnung von Bescheiden Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992150157.X00Im RIS seit
20.11.2000