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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des D in G, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das am 4. August 2021 verkündete und am 22. November 2021 ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, LVwG-604096/19/RK/KKü, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Rohrbach), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (in der Folge: Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO durch Überschreiten der auf Freilandstraßen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gegen ihn erlassene Straferkenntnis als unbegründet ab, es verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines näher genannten Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte die vom Revisionswerber im Zuge eines Überholvorgangs eingehaltene Geschwindigkeit von 153 km/h fest. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei zugunsten des Revisionswerbers abgezogen worden. Ein näher genannter entsprechend geschulter Polizeibeamter habe das geeichte mobile Lasermessgerät des Typs TruSpeed vor der gegenständlichen Messung einer Visierprüfung und einer „Null-Messung“ unterzogen, ohne dass dabei Fehlermeldungen aufgetreten seien. Laut den Verwendungsbestimmungen des Gerätes und gemäß der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen dürften damit Geschwindigkeitsmessungen bis zu einer Entfernung von 1000 m durchgeführt werden. Für die Messung des vom Revisionswerber gelenkten Fahrzeuges im Abstand von 647 m habe der Zeuge kein Stativ verwendet, das Lasermessgerät jedoch bei geöffnetem Fenster des Polizeifahrzeuges am Türrahmen angehalten. Weitere Fahrzeuge hätten sich nicht im Messbereich befunden. Beweiswürdigend folgte das Verwaltungsgericht dem Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen. Demnach liege eine korrekte Messung vor, obwohl ein von den Verwendungsbestimmungen für Messungen in einer Distanz von über 500 m gefordertes Stativ nicht verwendet worden sei. Der Sachverständige habe in etlichen Versuchen Messungen mit bloß in der Hand gehaltenem Gerät durchgeführt und sei zum Ergebnis gelangt, dass diese erfolgreich durchgeführt werden könnten. Wenn Messungen durch Verwackeln oder Ähnliches nicht konsistent seien, zeige das Gerät eine Fehlermeldung. Die Vorschrift über die Stativverwendung ab einer Entfernung von 500 m diene dazu, möglichst das Erzielen eines Ergebnisses durch exakte Zielerfassung zu garantieren und das Vorliegen eines Messergebnisses sicherzustellen. Da ein falsches Messergebnis auszuschließen sei, bedürfe es keines zusätzlichen Toleranzabzuges auf Grund des fehlenden Stativs, weshalb dem dahingehenden Antrag des Revisionswerbers auf Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen nicht gefolgt worden sei. Das Verwaltungsgericht sah den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ebenso wie die subjektive Tatseite als erfüllt an und begründete die Strafbemessung, die Kostenentscheidung sowie den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision.
3 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
4 Die Revision erweist sich als unzulässig:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber erachtet die Revision als zulässig, weil das Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 21.3.2018, Ra 2018/02/0063; VwGH 5.4.2019, Ra 2019/02/0040; VwGH 6.5.2020, Ra 2020/02/0026, und VwGH 25.9.2017, Ra 2017/20/0282) in unzulässiger antizipativer Beweiswürdigung seinem Beweisantrag auf Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen nicht nachgekommen sei. Dieser Antrag sei zum Beweis dafür gestellt worden, dass bei der entgegen der Verwendungsbestimmung in einer Entfernung von mehr als 500 m erfolgten Messung ohne Stativ auf Grund geringster Wackelbewegungen durch unterschiedliche Auftreffpunkte des Messstrahls am Fahrzeug geringfügige Messabweichungen im Bereich von wenigen Stundenkilometern auftreten könnten. Dies sei mit Blick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Einhaltung der Verwendungsbestimmungen eines Geschwindigkeitsmessgerätes eine notwendige Bedingung für ein richtiges Messergebnis sei (Hinweis auf VwGH 25.1.2002, 2001/02/0123) von Bedeutung. Die Einholung der Stellungnahme hätte zum Ergebnis führen können, dass kein gültiges Messergebnis vorliege oder ein wesentlich größerer Toleranzabzug vorzunehmen sei.
9 Die in der Revision zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betrifft vom vorliegenden Fall abweichende Sachverhalte, nämlich einen beantragten Zeugenbeweis zur Widerlegung der im dort bekämpften Straferkenntnis auf Grund eines unscharfen Radarfotos angenommenen Identität des Lenkers eines Kraftfahrzeuges oder die mangelnde Auseinandersetzung und Begründung, ob überhaupt Kontrollmessungen entsprechend den Verwendungsbestimmungen durchgeführt wurden. Dem schon zitierten Beschluss vom 25. September 2017 lag überhaupt keine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung zugrunde.
10 Der Ansicht des Revisionswerbers, es wären zur Beurteilung der Frage, ob fallbezogen eine korrekte Messung erfolgt sei, ergänzende Beweisaufnahmen, nämlich die Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, erforderlich gewesen, ist entgegenzuhalten, dass es nach der ständigen hg. Rechtsprechung der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 15.11.2019, Ra 2019/02/0170, mwN).
11 Im gegenständlichen Fall stützt das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung über das korrekte Messergebnis auf das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen, der eigene Erfahrungen über Messungen ohne Stativ einbringen konnte und darlegte, dass Beeinträchtigungen durch Verwackeln oder ähnliches zu einer Fehlermeldung, aber zu keinem angezeigten Geschwindigkeitswert führen. Der Revision gelingt es nicht darzulegen, dass die vom Sachverständigen gezogene Schlussfolgerung fehlerhaft war. Die Abstandnahme von dem beantragten Beweismittel ist daher nicht zu beanstanden.
12 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit noch geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Notwendigkeit der Einhaltung der Verwendungsbestimmungen von eingesetzten Messgeräten (neuerlicher Hinweis auf VwGH 25.1.2002, Ra 2001/02/0123) ab und erachtet die Befolgung der Verwendungsbestimmungen als notwendige Bedingung für eine richtige Geschwindigkeitsmessung.
13 Dem steht entgegen, dass in der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes weder ein Sachverständigengutachten über die konkret erfolgte Messung eingeholt wurde noch eine Begründung der dort belangten Behörde zu den erhobenen Zweifeln an den in den Verwendungsbestimmungen vorgeschriebenen Probemessungen erfolgte. Hier zog das Verwaltungsgericht aber einen Sachverständigen bei und es legte im angefochtenen Erkenntnis seine beweiswürdigenden Erwägungen nachvollziehbar dar. Ein Abweichen vom genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vermochte der Revisionswerber damit nicht aufzuzeigen.
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020025.L00Im RIS seit
24.03.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2022