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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des H in Z, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 2. Dezember 2021, 405-4/4151/1/5-2021, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (in der Folge: Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, mit dem über ihn wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO am 12. Juni 2021 gegen 22:46 Uhr durch Lenken eines Lastkraftwagens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholgehalt der Atemluft: 0,81 mg/l) gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe von € 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt wurde, als unbegründet ab. Der Revisionswerber wurde zur Zahlung eines Kostenbeitrags verpflichtet und das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der angelastete Alkoholgehalt mit einem näher bezeichneten Alkomat um 23:03 Uhr und 23:05 Uhr gemessen worden sei. Der Revisionswerber habe sich am 13. Juni 2021 um 03:40 Uhr eine Blutprobe entnehmen lassen, die eine Armvenenblutkonzentration mit einem Mittelwert von 0,79 Promille ergeben habe. Die errechnete individuelle Abbaurate des Revisionswerbers betrage 0,19 Promille je Stunde, woraus sich zum Lenkzeitpunkt ein Atemalkoholwert von 0,86 mg/l ergebe. Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf das Sachverständigengutachten des Amtsarztes, der schlüssig und nachvollziehbar die Abbaurate auf Grund der „ganz individuellen Konstitution“ des Revisionswerbers ermittelt habe. Der Revisionswerber habe den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Die Revision erweist sich als unzulässig.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber erachtet die Revision zunächst wegen unvertretbarer, die Rechtssicherheit beeinträchtigender Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes als zulässig. Dazu bringt er vor, der Amtsarzt habe zur Ermittlung der individuellen Abbaurate des Revisionswerbers von 0,19 Promille je Stunde lediglich Kenntnis von Körpergewicht und Größe des Revisionswerbers gehabt und sei nicht auf dessen Konstitution wie beispielsweise die Körperoberfläche eingegangen, er habe diesen nicht persönlich untersucht und relevante Faktoren wie Trinkdauer und Nahrungsaufnahme nicht berücksichtigt. Mit Blick auf die unterdurchschnittlichen Körpermaße des Revisionswerbers von lediglich 75 kg Gewicht bei einer Größe von 184 cm sei die dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegende Abbaurate denkunmöglich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 14.12.2007, 2007/02/0023; VwGH 16.2.2007, 2006/02/0090, und VwGH 4.6.2004, 2004/02/0170) sei von einem stündlichen Abbauwert des Alkohols im Blut von durchschnittlich 0,1 bis 0,12 Promille auszugehen.
9 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass den zitierten Entscheidungen vom hier angefochtenen Erkenntnis abweichende Sachverhalte zugrunde lagen. Dort ging es nämlich um die Rückrechnung vom Zeitpunkt der Alkomatmessung auf die angelastete Tatzeit, während hier das Verwaltungsgericht das Ergebnis der Alkomatmessung auf Grund einer späteren Bestimmung des Blutalkoholgehaltes nach einer Blutabnahme gemäß § 5 Abs. 8 Z 2 StVO zu überprüfen hatte. Für solche Konstellationen wurden vom Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die Konstitution des Revisionswerbers deutlich höhere Abbauquoten auf Grund eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht beanstandet (vgl. etwa VwGH 3.11.2000, 98/02/0159; VwGH 23.2.2001, 2000/02/0038; VwGH 29.1.2003, 2001/03/0174, und VwGH 3.9.2003, 2001/03/0106).
10 Soweit der Revisionswerber die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes rügt, ist er darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiswürdigung regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 1.12.2021, Ra 2021/02/0237, mwN).
11 Entgegen den Revisionsausführungen hält die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung den dargestellten Prüfkriterien der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes stand, unterlässt es doch der Revisionswerber die von ihm vermissten Kritierien zur Beurteilung seiner Konstitution für den daraus abgeleiteten Abbauwert näher darzustellen. So führt er zwar an, dass etwa die Körperoberfläche zu berücksichtigen gewesen wäre, ohne aber zu sagen, welche Parameter dem Sachverständigen dafür gefehlt hätten. Dasselbe gilt für die aus seiner Sicht erforderliche Bedachtnahme auf die Faktoren wie Trinkdauer und Nahrungsaufnahme, wozu er weder die Art der Getränke und Speisen, noch deren Mengen und die Zeiträume der Konsumation angibt. Damit wird nicht dargetan, inwiefern die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unvollständig oder sonst unschlüssig sein soll.
12 Schließlich macht der Revisionswerber (noch einmal) ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit der Revision geltend, wonach von einem durchschnittlichen Verbrennungswert des Alkohols im Blut im Verlauf einer Stunde von ungefähr 0,1 bis 0,12 Promille auszugehen sei (Hinweis auf VwGH 28.2.2003, 99/02/0167).
13 Auch dieses Erkenntnis betrifft die Rückrechnung vom Zeitpunkt des Alkomattests auf den Tatzeitpunkt des Lenkens und nicht die Wiederlegung des Ergebnisses der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt durch eine nachträgliche Blutabnahme und den daraus bestimmten Blutalkoholgehalt. Damit wird ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aufgezeigt (vgl. bereits oben Rz 9).
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020019.L00Im RIS seit
24.03.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2022