Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft, 1020 Wien, Praterstern 3, vertreten durch die Rechtsanwalt Weissborn & Wojnar Kommanditpartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei i* gmbh, *, vertreten durch die BPPA Brandstetter Baurecht Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. September 2021, GZ 39 R 148/21k-42, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Bejahung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs 2 Z 1 MRG durch die Vorinstanzen hält sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung.
[2] 1. Nach § 1 Abs 2 Z 1 MRG fallen unter anderem Mietgegenstände, die im Rahmen des Betriebs eines Verkehrsunternehmens vermietet werden, nicht in den Anwendungsbereich des MRG. Bei Prüfung der Frage, ob die Vermietung im Rahmen des Betriebs des Verkehrsunternehmens des Vermieters erfolgte, ist nach ständiger Rechtsprechung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags abzustellen (RS0069644 [T4]). Dass im Zuge der Errichtung des Hauptbahnhofs die Gleisanbindung der Bestandliegenschaft beseitigt wurde, ist folglich ohne Belang.
[3] 2. Die Judikatur verlangt für § 1 Abs 2 Z 1 MRG, dass die Vermietung nach dem Bestandzweck an sich in den Geschäftsbereich des Verkehrsunternehmens fiel und tatsächlich von diesem zu diesem Zweck („im Rahmen des Betriebs“) vermietet wurde (RS0069644 [T5]). Die Aufgabe der ÖBB lag bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Beförderung von Personen und Gütern sowie der Herstellung und der Unterhaltung aller hiezu notwendigen Einrichtungen und der Besorgung aller damit zusammenhängenden oder dadurch veranlassten Geschäfte (1 Ob 294/03x). Im Unterschied zur Vermietung eines Viaduktbogens (Stadtbahnbogens) unterhalb der Eisenbahntrasse zur Ausübung des Autospenglereigewerbes (dazu 1 Ob 698/84 = MietSlg XXXVI/49 = NZ 1986, 83) oder der Vermietung eines ebensolchen Bogens an eine Kosmetikartikel-Großhändlerin (dazu 4 Ob 517/92) sowie der Vermietung eines Geschäftslokals auf einem Bahnhofsgelände zum Betrieb eines Fahrradverleihgeschäfts (dazu 1 Ob 294/03x), in welchen Fällen jeweils der Zusammenhang mit dem Betrieb des Verkehrsunternehmens und damit ein Ausschluss der Anwendbarkeit des MRG nach § 1 Abs 2 Z 1 MRG verneint wurde, liegt dieser Zusammenhang bei der vorliegenden Vermietung auf der Hand. Da auch feststeht, dass die Vermietung des Grundstücks durch die ÖBB zwecks Förderung des Güterbahnverkehrs erfolgte, sind die von der Rechtsprechung für einen Ausschluss des MRG aufgestellten Voraussetzungen erfüllt.
[4] Der vorliegende Sachverhalt gleicht im Übrigen der zu 7 Ob 119/97v (dazu RS0109216) beurteilten Vermietung eines Lagerplatzes auf einem Bahnhofsgelände mit eigenem Zubringergleis, bei der der Oberste Gerichtshof den in Rede stehenden Ausschlussgrund bereits bejahte. Der Einwand in der außerordentlichen Revision, in jenem Fall seien im Unterschied zum vorliegenden dem Mieter über die Jahre tatsächlich Waggons beigestellt worden, überzeugt nicht, weil es wie bereits ausgeführt – auch für die Intention des Verkehrsunternehmens, mit der Vermietung seinen Betrieb zu fördern (3 Ob 16/17z) – nur auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt.
Textnummer
E134194European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00210.21K.0126.000Im RIS seit
24.03.2022Zuletzt aktualisiert am
24.03.2022