TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/11 96/18/0284

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Veröffentlicht am 11.07.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Jänner 1996, Zl. SD 968/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1991 mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Österreich gekommen, um hier seine Brüder, die schon länger im Bundesgebiet lebten, im Geschäft (Pizzeria) zu unterstützen. Er habe Sichtvermerke bis 30. August 1993 erhalten. Ein von ihm gestellter Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. April 1994 abgewiesen worden, weil der Beschwerdeführer bis dahin kein Einkommen hätte nachweisen können. Dieser Bescheid sei mit 19. Juli 1994 in Rechtskraft erwachsen. Auch in der Folge habe der Beschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung erlangen können. Da sich der Beschwerdeführer damit illegal im Bundesgebiet aufhalte, sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe.

Zu der letztgenannten Bestimmung weise der (wenn auch längst erwachsene) Beschwerdeführer nicht zu Unrecht darauf hin, daß seine Mutter, seine Schwester und seine vier Brüder in Österreich lebten. Seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter falle nicht entscheidend ins Gewicht. Der Eingriff in sein Privat- und Familienleben sei jedenfalls angesichts der Tatsache, daß er schon eineinhalb Jahre über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge, im Dezember 1994 auch schon wegen unerlaubten Aufenthaltes bestraft worden sei und für die Fortsetzung seines Aufenthaltes eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz benötigen würde, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung könne der Beschwerdeführer aber aufgrund des § 6 AufG vom Inland aus nicht stellen. Die Ausweisung verfolge lediglich den Zweck, den Beschwerdeführer zu verhalten, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und das Bundesgebiet zu verlassen, worauf er vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellen könne. Einer legalen Wiedereinreise (nach Erlangung der für einen Wohnsitz erforderlichen Aufenthaltsbewilligung) stehe nichts entgegen. Die Tolerierung des weiteren illegalen Aufenthaltes erscheine nicht vertretbar und würde dem Beschwerdeführer den rechtswidrigen Aufenthalt auf Dauer verschaffen, was einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderliefe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die auf unbestrittener Sachverhaltsannahme beruhende Rechtsansicht, daß sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit Erlassung des ihm eine Aufenthaltsbewilligung versagenden, in Rechtskraft erwachsenen Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 27. April 1994 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde indes vor, "die privaten und familiären Aspekte des Beschwerdeführers überhaupt nicht berücksichtigt" und entsprechende Feststellungen unterlassen zu haben.

2.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter Hinweis darauf, daß die Mutter, die Schwester und die vier Brüder des Beschwerdeführers in Österreich lebten, einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Inwieweit die belangte Behörde nicht festgestellt habe, "daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht wurden, insbesondere im Hinblick auf die private und familiäre Situation des Beschwerdeführers", läßt sich aufgrund dieser unsubstantiierten Behauptung nicht erkennen; insbesondere wird damit nicht dargetan, welche über die vorgenannten von der belangten Behörde berücksichtigten Umstände hinausgehenden Gesichtspunkte bei der Zulässigkeitsprüfung gemäß § 19 FrG zugunsten des Beschwerdeführers noch zu beachten gewesen wären. Der Beschwerdevorwurf ist demnach, soweit er inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptet, verfehlt; soweit er einen Verfahrensmangel geltend macht, wird damit - sofern ein solcher überhaupt vorliegt - dessen Relevanz nicht aufgezeigt.

3. Wenn die belangte Behörde - unter Bedachtnahme auf die gewiß nicht unerheblichen familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich - die Erlassung einer Ausweisung gegen ihn für dringend geboten und damit als im Grunde des § 19 FrG zulässig erachtet hat, so kann dieser Beurteilung deshalb nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, weil zum einen der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 11. April 1996, Zl. 96/18/0155, mwN), und dieses Rechtsgut durch den jedenfalls schon etwa eineinhalbjährigen unerlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers eine gravierende Beeinträchtigung erfahren hat, zum anderen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich keineswegs höher zu veranschlagen sind als das genannte maßgebliche öffentliche Interesse, darf doch nicht übersehen werden, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Dauer von etwa vierdreiviertel Jahren, davon bereits zumindest eineinhalb Jahre unrechtmäßig, noch kein hohes Maß an Integration zu begründen vermag und die Bindungen zu den - im übrigen mit dem Beschwerdeführer nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebenden - Familienmitgliedern in ihrer Bedeutung durch die Tatsache relativiert werden, daß der Beschwerdeführer erwachsen ist.

4. Den Beschwerdeausführungen, denen zufolge die belangte Behörde dem § 6 AufG einen "denkunmöglichen Inhalt beigemessen (hat)", was auch in Widerspruch zu der vom Verfassungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen zum Ausdruck gebrachten Ansicht stehe, ist entgegenzuhalten, daß die hier bekämpfte Entscheidung (spruchgemäß) ausschließlich auf § 17 Abs. 1 FrG gestützt ist und die Bezugnahme auf § 6 AufG in der Bescheidbegründung keinen wesentlichen Teil derselben darstellt, vielmehr (lediglich) das schon aus anderen Gründen gegebene große Gewicht des maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Ausweisung unterstreicht. Abgesehen davon ist festzuhalten, daß es sich beim vorliegenden Fall - entgegen der Beschwerdemeinung - nicht um einen solchen handelt, der den Beschwerdefällen "vergleichbar" ist, die der angesprochenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zugrundelagen. Denn anders als in diesen Fällen wurde vorliegend den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge der Verlängerungsantrag nicht wegen relativ kurzer Versäumung der Antragsfrist, sondern deswegen abgewiesen, "weil der Berufungswerber bis dahin kein Einkommen nachweisen hätte können".

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180284.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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