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Polizeirecht - AsylGNorm
AVG §37Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat. durch den Vorsitzenden Senatspräsident Penzinger und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Skorjanec, Dr. Jurasek und Dr. Draxler als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesregierungskommissär Dr. Schuszter, über die Beschwerde des DDr. JB in G, vertreten durch Dr. Ernst Gass, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 13, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, vom 2. März 1971, Zl. 82.952-24/71, betreffend Anerkennung als Flüchtling, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Ernst Gass, und des Vertreters der bei langten Behörde, Ministerialrat Dr. AH, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der vorliegende Fall hat den Verwaltungsgerichtshof bereits beschäftigt: Mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1969, Zl. 876/69, ist der erste in dieser Sache ergangene Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 6. März 1969, Zl. 82.557-24/69, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers, ihn als Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, anzuerkennnen, abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Um überflüssige Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Sachverhaltsdarstellung in der Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen. In rechtlicher Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Vorerkenntnis der belangten Behörde in zwei Punkten zugestimmt: Er hat deren Rechtsansicht bestätigt, daß a) die dem Beschwerdeführer nach Annahme der belangten Behörde im Urteil des schweizerischen Bundesgerichtshofes in Chur vom Jahre 1946 angelasteten, nach schweizerischem Recht strafbaren Handlungen unter Art. 1 F lit. c der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 (Flüchtlingskonvention), zu subsumieren, d. h. gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen gerichtet seien, und daß b) das Vorliegen eines verurteilenden Erkenntnisses des schweizerischen Bundesgerichtshofes ausreiche, um im Sinn der zitierten Bestimmung der Flüchtlingskonvention als ernsthafter Grund für den Verdacht zu dienen, der Verurteilte habe die ihm angelastete Tat begangen. In beiden Punkten hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch einen Vorbehalt, bzw. eine Einschränkung hinzugefügt: Erstens bei mangels Vorliegens einer authentischen Urteilsausfertigung und angesichts der vom Beschwerdeführer vorgebrachten, mit dem angeblichen Urteilsinhalt zum Teil nicht in Einklang stehenden Tatsachenbehauptungen bis nun nicht ausreichend klargestellt, welchen Inhalt das erwähnte Urteil tatsächlich habe, und zweitens könne auch nach Klarstellung des Urteilsinhaltes der dadurch begründete Verdacht, der Verurteilte habe die ihm darin zur Last gelegten Handlungen begangen, entkräftigt werden, wenn der Beschwerdeführer nachweise oder zumindest glaubhaft mache, daß - entsprechend seinen bisher unbewiesenen Behauptungen - bei Fällung des Urteiles die zum Schutz der Menschenrechte und der Wahrung des rechtsstaatlichen Prinzipes dienenden Rechtsgrundsätze verletzt worden seien.
Nach Zustellung des Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses ersuchte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, wie sich aus dem im Akt des Bundesministerium für Inneres, Zl. 106.535-24/70, erliegenden Schreiben des Beschwerdeführers an Ministerialrat Dr. M hervorgeht, um Einsichtnahme in verschiedene Akten. Diesem Ansuchen wurde nach Inhalt des gleichen Schreibens nicht völlig entsprochen; vielmehr orientierte Ministerialrat Dr. M den Beschwerdeführer anläßlich seiner Vorsprache am 19. Mai 1970 über den Inhalt einzelner Aktenstücke. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Gründe anzugeben, aus denen die Schweiz seine Rückbürgerung in Österreich und die Gewährung des Asylrechtes angeblich zu hintertreiben suche. Der Beschwerdeführer gab daraufhin folgende kurz zusammengefaßte schriftliche Darstellung seines mündlichen Vorbringens bei dieser Vorsprache. Er habe festgestellt,
„a) daß ich mich in der Schweiz gemäß amtlichen Dokumentationen des Untersuchungsrichters, der Schweiz. Bundesanwaltschaft, der Schweiz. Anklagekammer und des Schweiz. Bundesstrafgerichtes niemals politisch betätigt habe.
b) Daß 2 Emigranten (E und H) vermutlich im Oktober 1945 aus einem amerikanischen Dokumenten-Center Akten sich aneigneten, welche mir zunächst zum Kauf angeboten wurden.
c) Daß ich dieses Kaufgeschäft scharf zurückwies, wo rauf diese Akten ganz oder teilweise von Zürich nach Bern an die Schweiz. Bundesanwaltschaft zur Versendung gelangten, worauf gegen mich ein Prozeß wegen eines angeblichen Angriffs gegen die Schweiz in Gang gesetzt wurde. Den erwähnten Akten der Emigranten war ein belangloses Schreiben des Unterzeichneten an den früheren Rechtsanwalt Dr. S beigelegt worden, um dadurch den Anschein einer dauernden Korrespondenz zu erwecken.
Ich wies Ihnen gegenüber darauf hin, daß die Schweiz 1945/46 seitens der damaligen Alliierten zu einer Kriegskontribution von 1 Milliarde Goldfranken verurteilt worden ist. Um die Lage der Schweiz zu erleichtern und womöglich die Kriegskontribution herabzusetzen, wurde eine große Anzahl von politischen Prozessen geführt, aus welchen sich herausstellen sollte, daß die Schweiz selbst von Deutschland bedroht war. Tatsächlich wurde die Kriegskontribution auf eine halbe Milliarde Goldfranken im Frühling 1946 herabgesetzt. Ich bin bereit, Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerialrat, die bezüglichen Schweiz. Parlamentsberichte zur Verfügung zu stellen. Ich habe am 9. 4. 1954 die Schweiz mit Zustimmung des Schweiz. Bundesanwaltes verlassen. Ursache dieser Entlassung war, die vom österr. Univ. Prof. DDr. R für mich eingebrachte Revisionsklage und in diesem Zusammenhang erstatteten Strafanzeigen gegen schweizerische Beamte um ihre Stoßkraft zu bringen. Trotzdem wurde unmittelbar, nachdem ich die Schweiz verlassen hatte, seitens der Schweiz die bewußt falsche Behauptung aufgestellt, ich sei aus der Schweiz entflohen. Diese Verleumdung wird seitens der Schweiz während 16 Jahren aufrecht erhalten und hat durch die Schweiz Eingang zu den österr. Behörden, Bundes- und Landesbehörden gefunden. Mit besonderen Bedauern verweise ich darauf, daß das Bundesministerium des Inneren trotz Kenntnis der hier geschilderten und jederzeit beweisbaren Vorgänge in wiederholten Entscheidungen die Behauptung aufgestellt hat, ich hätte beabsichtigt, die Schweiz zu zerstückeln, ich sei mit größten Reichsstellen in Verbindung gestanden, ich sei 1954 aus der Schweiz geflohen. Gestützt darauf, hat das Bundesministerium des Inneren mir sogar die Konventionsrechte entzogen und mir verunmöglicht, mich in meiner Geburtsheimat zurückzubürgern.
Zusammenfassend stellte ich fest, daß die Machenschaften der Schweiz mit ihrer Ausstrahlung nach Österreich seit 1954 nur den Zweck verfolgen, mich praktisch apolid zu machen und dadurch zu hindern, im Wege einer internationalen Klage vorzugehen. Leider ist Univ.Prof. R verstorben und bedauerlicherweise hat das Bundesministerium des Inneren die wirklichen Zusammenhänge trotz meiner zahlreichen Bemühungen nicht durchschaut.“
Am 23. Februar 1970 richtete der Beschwerdeführer ein Schreiben an den damaligen Staatssekretär Dr. N, das sich vorwiegend mit seiner Staatsbürgerschaftsangelegenheit befaßte, im übrigen aber auch darauf hinwies, daß das schweizerische Bundesgericht in der ersten Streitverhandlung, die über die Klage des Beschwerdeführers gegen die Schweiz wegen Schadenersatz und Genugtuung am 22. Jänner 1970 stattgefunden habe, die Behauptung, der Beschwerdeführer habe 1954 die Schweiz auf dem Fluchtweg verlassen, als unbewiesen und unbeweisbar dahingestellt habe. Am 16. Juni 1970 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Schreiben an den Bundesminister für Inneres, in dem er darauf hinwies, daß in seiner Angelegenheit trotz Verstreichens eines Vierteljahres bisher nichts unternommen worden sei, und bat, ihm die Möglichkeit zu geben, mit dem zuständigen Sachbearbeiter in Fühlung zu treten und das Bundesministerium mit den erforderlichen Unterlagen bekannt zu machen. Mit Schreiben vom 15. September 1970 erinnerte der Vertreter des Beschwerdeführers den Bundesminister für Inneres an sein Schreiben vom 16. Juni 1970 und teilte gleichzeitig mit, daß bei zwei Vorsprachen des Beschwerdeführers diesem lediglich bekanntgegeben worden sei, sein Ansuchen liege auf Kalender. Unter Hinweis auf die mittlerweile durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bestätigte Abweisung des Einbürgerungsansuchens wurde ferner bekanntgegeben, daß der Vertreter der schweizerischen Bundesregierung im Zuge des vom Beschwerdeführer angestrengten Schadenersatzprozesses die Befürchtung als lächerlich bezeichnet habe, die österreichischerseits als Argumentation für die Verweigerung der Rückbürgerung vorgebracht worden war. Abschließend wurde neuerlich um Prüfung des Falles und Gewährung einer Audienz an den Beschwerdeführer ersucht.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 1970 wandte sich die belangte Behörde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in Bern mit der Bitte, eine Abschrift des gegen den Beschwerdeführer im Jahre 1946 ergangenen Urteiles des Bundesstrafgerichtes in Chur zur Verfügung zu stellen oder zumindest zu erklären, daß die in der Neuen Züricher Zeitung vom 21. Dezember 1964 wiedergegebenen Prozeßberichte (Urteilstenor und Auszug aus der Begründung) mit den Tatsachen übereinstimmen. Diesem Ansuchen entsprach das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 5. Februar 1971 in der Weise, daß ein Auszug aus dem Urteil des Bundesstrafgerichtes vom 20. Dezember 1946 sowie Fotokopien der ersten Seite und der Dispositive dieses Urteiles und des abweisenden Revisionsentscheides des ao. Kassationshofes vom 26. Oktober 1954 übersendet wurden. Laut Urteilsspruch ist der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden des Angriffes auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft, der verräterischen Verletzung Militärischer Geheimnisse sowie des politischen und militärischen Nachrichtendienstes. Er wurde deshalb zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Aus dem übermittelten Teil der Begründung ergibt sich folgendes: Das Gericht hat als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1939 vom Ausland aus Denkschriften und Berichte über die Schweiz zu schreiben begann, die er mit Hilfe des Wiener Rechtsanwaltes Dr. H an S gelangen ließ. Eine Anzahl dieser Schriftstücke sei nach der Niederwerfung Deutschlands von den amerikanischen Besatzungsbehörden in der Nähe von Salzburg im Archiv des S aufgefunden und am 15. November 1945 durch Angehörige der amerikanischen Kriegsverbrechersektion der eidgenössischen Bundespolizei überbracht worden. Verschiedene, näher dargestellte Anzeichen sprächen dafür, daß die überbrachten, nicht gezeichneten Kopien vom Beschwerdeführer verfaßt worden seien. Die Ablichtung des Urteiles des Kassationshofes beschränkt sich auf die Wiedergabe des Spruches vom 26. Oktober 1954, wonach das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.
Kurz nach Einlangen dieser Urkunden erließ die belangte Behörde einen neuen Berufungsbescheid, ohne daß dem Beschwerdeführer vorher Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme geboten worden wäre. Mit diesem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen. In der Begründung wurde unter Hinweis auf den nunmehr authentisch vorliegenden Urteilsspruch die Ansicht vertreten, daß ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Schweiz als Handlung anzusehen sei, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richte, was aus Kapitel 1 Art. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 4 der Satzungen der Vereinten Nationen (verlautbart im BGBl. Nr. 120/1956) abzuleiten sei. Darnach bestehe das Ziel der Vereinten Nationen darin, freundliche Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln, gegründet auf die Achtung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und des Selbstbestimmungsrechtes der Völker; ferner sei es darnach ein Grundsatz der Vereinten Nationen, die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit eines Staates aufrechtzuerhalten. Der Beschwerdeführer habe zwar in einer Berufung wiederholt darauf hingewiesen, daß er zu Unrecht verurteilt worden sei und daß er die ihm zur Last gelegten Handlungen nicht begangen habe. Nach Ansicht der belangten Behörde bilde jedoch die Verurteilung durch das Bundesstrafgericht der Schweiz sowie die Bestätigung dieses Urteiles durch den ao. Kassationshof einen ausreichenden Grund für den Verdacht, daß der Beschwerdeführer tatsächlich Handlungen begangen habe, die gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen gerichtet waren. Nach Art. 1 F lit c der Flüchtlingskonvention genüge für den Ausschluß eines Asylwerbers von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der ernsthafte Grund für den Verdacht einer solchen Handlung. Die Schweiz sei dafür bekannt, daß auch in der Rechtsprechung die dem Schutz der Menschenrechte und der Wahrung des rechtsstaatlichen Prinzipes dienenden Rechtsgrundsätze absolut gewährt seien. Tatsächlich sei es dem Beschwerdeführer weder im Rahmen des Berufungsverfahrens noch im Zuge der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gelungen, glaubhaft zu machen, daß die vorerwähnten Rechtsgrundsätze durch das schweizerische Bundesstrafgericht oder den Kassationshof verletzt worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof selbst habe die bezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1969 als unbewiesene und unkonkretisierte Behauptungen bezeichnet. Da nunmehr - anders als vor Erlassung des ersten Berufungsbescheides der belangten Behörde - die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Angriffes auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft eindeutig feststehe und die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor den Sicherheitsbehörden und dem Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Urteiles nicht stichhältig erschienen, sei dem Ansuchen des Beschwerdeführers neuerdings nicht Folge zu geben gewesen. Beigefügt werde, daß das Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge im Sinne des § 9 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, angehört worden sei und keine Einwendungen erhoben habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Aus dem umfangreichen Beschwerdevorbringen werden im nachstehenden die wesentlichen Punkte zusammengefaßt.
1) Der Beschwerdeführer steht nach wie vor auf dem Standpunkt, das ihn verurteilende Erkenntnis des schweizerischen Strafgerichtes sei unter Mißachtung rechtsstaatlicher Prinzipien auf kriminelle Weise zustandegekommen. Dies ergebe sich aus der von Prof. R im Jahre 1953 gegen den schweizerischen Untersuchungsrichter und den schweizerischen Bundesanwalt erstatteten Strafanzeige, die jedoch in der Schweiz aus den Akten entfernt und nie behandelt worden sei. Weiters seien der belangten Behörde die Malversationen aus der ihr vom Beschwerdeführer vorgelegten Klage auf Schadenersatz und Genugtuung (Zl. A 107/68 des schweizerischen Bundesgerichtes) und aus der in dieser Sache erstatteten Replik bekannt. In der Begründung des Urteiles des schweizerischen Kassationshofes, mit dem die Revisionsklage Prof. R abgewiesen worden sei, werde ausdrücklich zugegeben, daß Vorgänge, die das seinerzeitige Strafverfahren begleiteten, strafbar gewesen seien; das Gericht sei aber darüber mit der unhaltbaren Begründung hinweggegangen, daß diese zur Aufklärung des Falles beigetragen hätten. In Wirklichkeit habe sich der Beschwerdeführer keiner Handlung schuldig gemacht, die gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen verstoßen.
2) Der dem Bundesministerium für Inneres vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement vorgelegte unvollständige Urteilsauszug sei tendenziös zurecht gemacht. Das Ansuchen und die Gewährung der Rechtshilfe widerspreche überdies dem österreichisch-schweizerischen Auslieferungsübereinkommen. Gemäß Art. 23 des Vertrages vom 10. März 1896 dürften politische Urteile weder zugestellt noch übersendet werden. Im übrigen habe der Beschwerdeführer selbst im Jahre 1954 der Polizeidirektion Graz eine vollständige Urteilsabschrift ausgehändigt und wäre auch jederzeit bereit gewesen, neuerlich eine solche bereitzustellen.
3) Die Behörde habe grundsätzlich einen falschen Weg eingeschlagen, indem sie ohne Rücksicht auf die vom Beschwerdeführer gegen das rechtliche Zustandekommen des Urteils erhobenen Einwendungen einen noch dazu unvollständigen Urteilstext zur Grundlage ihrer Entscheidung genommen und diese damit praktisch dem Verfolgerstaat überlassen habe, anstatt ihrer Aufgabe im Sinne der Flüchtlingskonvention gerecht zu werden.
4) Der Beschwerdeführer sei nicht aus dem Schweizer Gefängnis entflohen, sondern er habe die Schweiz auf Grund eines Gespräches mit Bundesanwalt Dr. L legal verlassen.
5) In die Gruppe der Verfahrensmängel sind offenbar die nachstehenden Beschwerdeausführungen einzustufen:
a) Dem Beschwerdeführer sei nicht die volle Akteneinsicht gewährt worden.
b) Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer an der Vorlage der relevanten Unterlagen gehindert. Das Ministerium habe sich geweigert, ihn anzuhören und es sei ihm bei einer Vorsprache am 30. April 1971 eröffnet worden, was immer er vorlegen werde sei zwecklos, denn es komme lediglich auf den Inhalt des Schweizer Urteils an.
c) Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen sei im Verfahren nicht angehört worden.
d) Wesentliche Tatsachen seien nicht festgestellt worden.
Über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Daß der Beschwerdeführer in der Schweiz politischer Verfolgung im Sinne des Art. 1 A Z. 2 der Flüchtlingskonvention ausgesetzt ist, wurde von der belangten Behörde bereits anerkannt. Strittig ist nur, ob die Bestimmungen dieser Konvention auf den Beschwerdeführer deshalb nicht anzuwenden sind, weil im Sinne des Art. 1 F lit. b der Konvention ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, daß er sich Handlungen schuldig gemacht habe, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten. Dieser Verdacht darf nach dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes dann mit Recht als gegeben angenommen werden, wenn sich herausgestellt haben sollte, daß das gegen den Beschwerdeführer in der Schweiz ergangene Strafurteil den von der belangten Behörde im ersten Berufungsbescheid angenommenen Inhalt tatsächlich aufweist und der Beschwerdeführer nicht nachweist oder zumindest glaubhaft macht, daß der Schuldspruch auf die Verletzung der dem Schutz der Menschenrechte und der Wahrung des rechtsstaatlichen Prinzips dienenden Rechtsgrundsätze zurückzuführen ist.
In seiner ersten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hatte sich der Beschwerdeführer vornehmlich darauf berufen, die belangte Behörde habe ohne entsprechende Beweisunterlagen als erwiesen angenommen, daß sich der Beschwerdeführer gegen Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen vergangen habe. Hätte die belangte Behörde Kenntnis vom tatsächlichen Inhalt des Urteils gehabt, so hätte sie daraus entnehmen können, daß sich der Beschwerdeführer in der Schweiz überhaupt niemals politisch betätigt habe.
In der vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer nunmehr insbesondere dadurch als beschwert, daß die belangte Behörde einen ihr von den Schweizer Behörden übermittelten unvollständigen, und daher ein falsches Bild ergebenden Text des Urteils zur Grundlage der Entscheidung genommen habe. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers muß jedoch entgegengehalten werden, daß es in seiner Hand gelegen gewesen wäre, zur Vermeidung der Verzögerung des Verfahrens und für die von ihm erstrebte Klarstellung des Sachverhaltes im Verwaltungsverfahren eine vollständige Urteilsabschrift vorzulegen. Wenn er dies unterlassen hat, obwohl es ihm, wie er in der Beschwerde selbst feststellt, jederzeit möglich gewesen wäre, so muß er auch die Folgen dieser Unterlassung tragen und sich damit abfinden, daß die belangte Behörde den ihr zugegangenen authentischen, wenn auch unvollständigen Urteilstext zur Grundlage ihrer Entscheidung genommen hat.
Ferner mußte es dem Beschwerdeführer nach dem Inhalt des ersten in dieser Sache ergangenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses klar sein, daß es nicht Aufgabe der belangten Behörde, sondern nur seine eigene Aufgabe sein konnte, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, daß der durch das Schweizer Urteil begründete Verdacht, er habe sich gegen Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen vergangen, unzutreffend sei. Er hätte daher aus eigenem alle ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel vorzulegen gehabt, um die verschiedenen von ihm aufgestellten Behauptungen, wonach das Urteil unter Mißachtung der rechtsstaatlichen Prinzipien zustandegekommen sei, zu unterstützen. Er hat jedoch, wie sich aus den vollständig vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, in dieser Hinsicht nach Aufhebung des ersten Berufungsbescheides durch das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 16. Dezember 1969 überhaupt keine neuen Beweismittel produziert.
Wenn er nun behauptet, er sei an der Vorlage seines Materials gehindert worden, so ist folgendes zu sagen: Der Beschwerdeführer hat zwar, wie sich aus der obigen Sachverhaltsdarstellung ergibt, mehrmals schriftlich um eine Aussprache mit dem Sachbearbeiter des Bundesministeriums für Inneres bzw. um eine Audienz beim zuständigen Minister angesucht und mit seinen diesbezüglichen Wünschen nur zum Teil Erfolg gehabt; dieser Umstand kann aber nicht als effektives Hindernis dafür gewertet werden, das in seiner Hand befindliche Beweismaterial der belangten Behörde im Postwege zugehen zu lassen. Selbst wenn der Sachbearbeiter im Bundesministerium für Inneres dem Beschwerdeführer tatsächlich bedeutet haben sollte, daß ihn dieses Material nicht interessiere, weil er nur den Urteilsinhalt für maßgeblich halte, hätte der Beschwerdeführer umsomehr Grund zur Vorlage seiner Beweismittel gehabt, um dadurch der belangten Behörde mit Recht einen Verfahrensmangel vorwerfen zu können, falls sie sich in ihrer Entscheidung mit diesen Unterlagen nicht entsprechend auseinandergesetzt hätte.
Wie den vorgelegten Verwaltungsakten entnommen werden kann, befindet sich bei diesen lediglich die schon anläßlich der Berufung im Jahre 1968 vom Beschwerdeführer vorgelegte Abschrift seiner Schadensersatzklage gegen die Schweiz (GZ. A 107 des Schweizerischen Bundesgerichtshofes). In dieser Klage sowie in der ersten vom Beschwerdeführer erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurden wohl schwerwiegende Vorwürfe gegen die Schweizer Behörden, insbesondere auch solche im Zusammenhang mit dem gegen den Beschwerdeführer durchgeführten Strafprozeß, erhoben, deren wichtigster wohl darin zu erblicken ist, daß der als einer der Hauptbelastungszeugen gegen den Beschwerdeführer fungierende Dr. EH zuerst rechtswidrig von Schweizer Polizeiorganen im Ausland unter Anwendung von Druckmitteln und später vor Gericht rechtswidrig als Beschuldigter, also unter der Drohung der eigenen Strafverfolgung, vernommen worden sei und seine Aussage später nach Wegfall der Gefahr vor einem Notar als falsch und erpreßt zurückgenommen habe. Der Beschwerdeführer hat aber diese angebliche notarielle Erklärung des Dr. H weder vorgelegt noch etwa angegeben, warum ihm dies nicht möglich sei. Er hat im fortgesetzten Verwaltungsverfahren auch nicht die in seiner Berufung bzw. in der ersten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erwähnten Dokumente, nämlich die vom verstorbenen Strafrechtslehrer Univ.-Prof. Dr. R eingebrachte Revisionsschrift und das darüber ergangene Urteil des Schweizer Kassationshofes sowie die vom Genannten gegen den Bundesanwalt, den Untersuchungsrichter und gegen Schweizer Polizeibeamte erstattete Strafanzeige in Vorlage gebracht. Angesichts der Tatsache, daß der Beschwerdeführer sohin nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1969 im entscheidenden Punkt untätig geblieben ist, kann der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung, der Beschwerdeführer habe nicht vermocht, zu beweisen oder glaubhaft zu machen, daß seine Verurteilung in der Schweiz zu Unrecht erfolgt und durch Mißachtung der rechtsstaatlichen Prinzipien zustandegekommen sei, nicht entgegengetreten werden. Auf die im gegenwärtigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden (Replik im Schadenersatzverfahren, Strafanzeige Dr. R, Schriftwechsel mit Bundesrichter K und Botschafter M u.a.) kann und braucht hier nicht eingegangen zu werden, weil der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 nicht selbst eine Sachentscheidung zu treffen, sondern den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen hat.
Somit erweisen sich die unter Punkt 1) bis 3) zusammengefaßten Beschwerdeausführungen als nicht stichhältig.
Punkt 4) der Beschwerdeausführungen bezieht sich auf Vorgänge, die nach der Fällung des Strafurteiles liegen und auf das Zustandekommen desselben keinen Einfluß haben. Sie sind daher für die vorliegende Beschwerde irrelevant.
Zu den behaupteten, oben unter Punkt 5) aufgezählten Verfahrensmängeln ist folgendes zu sagen:
Zu a). Der Beschwerdeführer beklagt sich, daß ihm nicht volle Akteneinsicht gewährt worden sei. Insbesondere führt er an, daß ihm die Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für Inneres
Zl. 106.535-24/70
86.530-24/70
84.317-24/70
84.117-24/70
92.687-24/70
81.593-24/70
82.618-24/70 und
92.600-24/69
verweigert worden sei.
Im ersten der angeführten Akten sind die weiteren vier Geschäftszahlen miterledigt. Der gesamte Aktenkomplex umfaßt das Ansuchen des Bundesministeriums für Inneres an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement um Übermittlung des Urteils; welches Ansuchen dem Beschwerdeführer laut eigener Angabe ohnedies bekanntgegeben wurde; ferner ein Schreiben der belangten Behörde an die Sicherheitsdirektion Steiermark, betreffend Zustimmung zur Erweiterung des Fremdenpasses des Beschwerdeführers auf Liechtenstein, weiters das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1969, ein Ersuchen des Sekretariates des Bundesministers für Inneres um Information ein Schreiben des Beschwerdeführers an den Bundesminister für Inneres vom 16. Juni 1970, ein weiteres an Ministerialrat Dr. M vom 25. Mai 1970 sowie eines an den Staatssekretär Dr. N. vom 23. Februar 1970 und schließlich ein Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers an den Bundesminister für Inneres vom 15. September 1970. Es handelt sich somit um Aktenstücke, deren Inhalt dem Beschwerdeführer ohnedies bekannt ist oder für die vorliegende Beschwerdesache keine Bedeutung. hat.
Zur Zl. 81.593-24/70 berichtete die Sicherheitsdirektion Steiermark an die belangte Behörde - offensichtlich im Zusammenhang mit der Ausstellung des Fremdenpasses an den Beschwerdeführer -, daß dieser die Berufung gegen einen Bescheid der Sicherheitsdirektion zurückgezogen habe. Der Zl. 82.618-24/70 liegt ein Ansuchendes Rechtsvertreters des Beschwerdeführers an den Bundesminister für Inneres vom 4. Februar 1970 um Gewährung von Einsicht in jene Akten zugrunde, die für seine Schadenersatzklage gegen die Schweiz wesentlich sind, weiters zwei Informationen für den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit; die sich jedoch nur auf Vorgänge im Zusammenhang mit der Staatsbürgerschaftsangelegenheit und der Ausstellung eines Fremdenpasses beziehen, im vorliegenden Beschwerdefall sohin nicht von Belang sind. Der vom Beschwerdeführer schließlich noch angeführte Akt Zl. 92.600-24/69 enthält die von der belangten Behörde zur ersten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erstattete Gegenschrift, die dem Beschwerdeführer ohnehin bekannt ist.
Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beklagte sich der Beschwerdeführer ferner darüber, daß auf Antrag der belangten Behörde die Akten Zl. 82.618-24/70 und Zl. 83.841-24/69 von der Einsichtnahme ausgenommen wurden. Der Inhalt des erstangeführten Aktes wurde bereits oben wiedergegeben. Der Akt Zl. 83.841-24/69 hat ein Schreiben der belangten Behörde an das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten zum Gegenstand, das sich auf die Ausstellung eines österreichischen Fremdenpasses für den Beschwerdeführer bezieht, den er im übrigen längst erhalten hat. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht zu erkennen, daß dem Beschwerdeführer die zur Rechtsverfolgung erforderliche Akteneinsicht verweigert worden wäre. Seiner diesbezüglichen Verfahrensrüge kommt daher keine Berechtigung zu.
Zu b). Zur angeblichen Behinderung des Beschwerdeführers an der Vorlage seines Beweismaterials wurde bereits oben ausführlich Stellung genommen.
Zu c). Die Behauptung, der Hochkommissar der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen sei im Verfahren entgegen der Bestimmung des § 9 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, nicht gehört worden, ist unzutreffend. Dies ergibt sich aus dem Akt des Bundesministeriums für Inneres Zl. 82.557-24/69. Im übrigen hat der Vertreter des Hochkommissars der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge in Österreich in einem abschriftlich der belangten Behörde zugemittelten Schreiben an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vom 24. August 1971 ausdrücklich bestätigt, daß sein Amt von der Einleitung des Feststellungsverfahrens Mitteilung erhalten hat und somit Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, sowie daß es keine Einwände gegen die Nichtanerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling erhoben hat (GZ. des Bundesministeriums für Inneres 96.455-24/71).
Zu d). Der Beschwerdeführer bemängelt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, über vier bestimmt bezeichnete, mit dem Strafurteil im Zusammenhang stehende Umstände Feststellungen zu treffen.
Der erste Punkt betrifft die Behauptung, daß die den Beschwerdeführer belastende Aussage des von der Schweizer Polizei vernommenen Dr. H erpreßt und daher falsch gewesen sei. Dr. H habe später eine eidesstättige Erklärung abgegeben, daß er den Beschwerdeführer nicht einmal gekannt habe.
Der zweite Punkt betrifft die in der Urteilsbegründung vorkommende angeblich enge Verbindung des Beschwerdeführers mit K. Über den wahren Sachverhalt könne nach den Ausführungen der Beschwerde Prof. B als Zeuge vernommen werden. Dessen Bericht an das schweizerische Armeekommando über das zwischen K, Prof. B und dem Beschwerdeführer tatsächlich stattgefundene Gespräch liege in der Hand des Beschwerdeführers.
Der dritte Punkt bezieht sich auf eine in der Strafverhandlung gemachte Zeugenaussage eines Polizeiinspektors, die laut Beschwerde in der Urteilsbegründung nicht verwertet wurde, weil sie sogar dem Gericht zu unwahrscheinlich geklungen habe. In diesem Zusammenhang wird Bezug auf die Strafanzeige Univ.-Prof. R genommen.
Im vierten Punkt erwähnt der Beschwerdeführer einen gewissen KH, „der noch am Leben sein dürfte, und der als Zeuge bestätigen könnte, daß der Beschwerdeführer mit den im Urteil genannten Personen des Reichssicherheitshauptamtes in Wahrheit keine Verbindung gehabt habe. Das eidesstättige Testat des KH befindet sich bei den Akten des Kassationshofes.
Zu den eben erwähnten vier Punkten ist zu bemerken, daß es der Beschwerdeführer unterlassen hat, der belangten Behörde das entsprechende Beweismaterial (eidesstättige Erklärung Dr. H, Bericht des Prof. B, Strafanzeige des Univ.-Prof. Dr. R, eidesstättiges Testat des KH) im fortgesetzten Verwaltungsverfahren vorzulegen. Nach der in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 26. Juni 1959, Slg. NF. Nr. 5007/A) vertretenen Ansicht befreit der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat.
Somit kann auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte sich nicht mit einem unvollständigen Urteilstext begnügen dürfen, sondern unter Zugrundelegung des vollständigen Urteiles, das der Beschwerdeführer jederzeit zur Verfügung gestellt hätte, mit dessen Begründung anhand der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen materiell auseinandersetzen müssen, im Hinblick auf sein eigenes Verhalten nicht als begründet angesehen werden.
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 5, 48 Abs. 2 lit. a, b und d, 49 Abs. 2 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit B der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.
Wien, am 7. Dezember 1971
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Gutachten Parteiengehör Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1971:1971000744.X02Im RIS seit
23.03.2022Zuletzt aktualisiert am
23.03.2022