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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch DDr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. April 1996, Zl. SD 532/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. April 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin, die sich seit August 1992 im Bundesgebiet aufhalte, sei zuletzt im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung mit einer Gültigkeitsdauer bis 21. Mai 1994 gewesen. Seit diesem Zeitpunkt halte sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal der von ihr am 25. April 1994 gestellte Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz ebenso rechtskräftig abgewiesen worden sei wie ein Aufenthaltsbewilligungsantrag aus dem Jahr 1995.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin seit 10. November 1994 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei, ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin anzunehmen. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit etwa zwei Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber das weitere Verbleiben der Beschwerdeführerin nach und trotz der Bestrafung wegen illegalen Aufenthaltes und trotz Abweisung ihrer Anträge nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährdeten die öffentliche Ordnung in beträchtlichem Maß. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme aber gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein sehr hoher Stellenwert zu. Der mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossenen Ehe komme insofern kein entscheidendes Gewicht zu, als die Eheschließung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, in dem die Beschwerdeführerin rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen. Dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens liefe es grob zuwider, wenn ein Fremder auf solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Sohin erweist sich die Ausweisung der Beschwerdeführerin auch im Grunde des § 19 leg. cit. als zulässig.
Dem Berufungsvorbringen, die Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer Schwangerschaft derzeit nicht reisefähig, mangle in diesem Zusammenhang die rechtliche Relevanz. Mit der Erlassung der Ausweisung sei lediglich die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden, nicht jedoch werde darüber abgesprochen, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen, daß die Gültigkeit der der Beschwerdeführerin erteilten Aufenthaltsbewilligung mit 21. Mai 1994 befristet gewesen sei und von ihr in den Jahren 1994 und 1995 gestellte Anträge nach dem Aufenthaltsgesetz rechtskräftig abgewiesen worden seien, unbestritten. Der darauf gründende - von der Beschwerde nicht bekämpfte - Schluß auf die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich seit 22. Mai 1994 begegnet keinem Einwand.
Der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand, daß die Beschwerdeführerin den ihren Aufenthaltsbewilligungsantrag aus dem Jahr 1995 abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres (vom 12. Oktober 1995) beim Verwaltungsgerichtshof angefochten habe, ändert nichts an der Rechtskraft dieses Bescheides und damit an der Unerlaubtheit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin.
2.1. Nach Ansicht der Beschwerde hat die belangte Behörde die Interessenabwägung nach § 19 FrG insoweit "nicht vollständig und richtig durchgeführt", als auf die persönliche Situation der Beschwerdeführerin nicht Bedacht genommen worden sei, insbesondere darauf, daß sie ein Kind erwarte und daher "aus medizinischen Gründen eine weitere Reise nicht vertretbar erscheint". Durch die Ausweisung würde die Beschwerdeführerin darüber hinaus von ihrem österreichischen Ehegatten und der "in Österreich lebenden Verwandtschaft", aber auch von ihrem Kind getrennt. Schließlich hätte die Beschwerdeführerin in Jugoslawien keine Existenzmöglichkeit, insbesondere aufgrund der Tatsache, daß sie aus dem Krisengebiet Bosnien-Herzegowina stamme. Es wäre daher im Hinblick auf § 19 FrG ausnahmsweise von einer Ausweisung Abstand zu nehmen gewesen.
2.2. Die belangte Behörde hat angesichts der seit 10. November 1994 bestehenden Ehe der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger - zutreffend - einen i.S. des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Sie hat aber ebenso zutreffend auf den hohen Stellenwert hingewiesen, welcher nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 11. April 1996, Zl. 96/18/0155, mwN), und darauf, daß dieses Rechtsgut durch den - trotz Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes und auch trotz zweier, jeweils einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz rechtskräftig abweisender Bescheide aufrechterhaltenen - im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bereits etwa zweijährigen unrechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet in beträchtlichem Maß gefährdet sei.
Wenn die belangte Behörde angesichts dessen die Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin zur Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens für dringend geboten und damit als im Grunde des § 19 FrG zulässig erachtet hat, so kann dieser Beurteilung nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Denn das, wie erwähnt, durch hartnäckiges rechtswidriges Verhalten der Beschwerdeführerin gravierend beeinträchtigte maßgebliche öffentliche Interesse hat ungeachtet der nicht zu leugnenden privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich größeres Gewicht als diese, darf doch nicht außer acht gelassen werden, daß die persönliche Interessenlage der Beschwerdeführerin wesentlich dadurch gekennzeichnet ist, daß die (insgesamt nicht allzulange) Aufenthaltsdauer von etwa dreidreiviertel Jahren überwiegend unrechtmäßig war und weiters die Ehe zu einer Zeit geschlossen wurde, als der Aufenthalt der Beschwerdeführerin bereits nicht mehr erlaubt war und sie rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet rechnen dürfte, sohin die aus der Dauer des Aufenthaltes und aus der Ehe ableitbare Integration der Beschwerdeführerin einen deutlich geminderten Stellenwert aufweist. Die in der Berufung unter dem Gesichtspunkt "eingeschränkter Reisefähigkeit" geltend gemachte Schwangerschaft der Beschwerdeführerin - daß diese am 10. April 1996 ein Kind zur Welt brachte, konnte von der belangten Behörde mangels Kenntnis dieser Tatsache nicht berücksichtigt werden - vermochte jedenfalls ein Überwiegen der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin nicht zu bewirken.
Mangelnde Reisefähigkeit - so sie medizinisch belegbar wäre -, ist im übrigen kein Kriterium das im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung gemäß § 19 FrG zu berücksichtigen wäre. Diesem Umstand könnte allenfalls durch einen Durchsetzungsaufschub nach § 22 Abs. 1 FrG Rechnung getragen werden.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180288.X00Im RIS seit
20.11.2000