TE Vwgh Erkenntnis 1986/5/27 85/04/0075

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Veröffentlicht am 27.05.1986
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Index

Verwaltungsverfahren - VVG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §4 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart, über die Beschwerde des MS in S, vertreten durch Dr. Erich Druckenthaner, Rechtsanwalt in Wels, Maria Theresia-Straße 19/15 St., gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. März 1985, Zl. Ge-6383/18-1985/Sch/Hin, betreffend Vorauszahlung der Kosten einer eine Auflage gemäß § 77 GewO 1973 betreffenden Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Barauslagen betreffende Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Unter Bezugnahme darauf, daß JS (die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers) um Erteilung der gewerbepolizeilichen Genehmigung zur Errichtung einer Lagerhalle auf den Grundstücken 693 und 695/1, KG. V, (als Änderung und Erweiterung der mit Bescheid vom 27. Jänner 1978 genehmigten Lagerhalle) angesucht habe, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. Oktober 1980 die Errichtung der geplanten Anlage (Betriebserweiterung) gemäß §§ 74 ff GewO 1973 in Verbindung mit § 27 des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972 nach Maßgabe des vorgelegten Projektes unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.

Punkt 11 der Auflagen lautet wie folgt:

„11. Als Lärmschutz zu den Nachbarn ist wie im Befund beschrieben eine 3 m hohe Massivwand zur Parzelle 695/3 entsprechend der baupolizeilichen Vorschreibung Punkt 5 zu errichten.“

Punkt 13 des Spruches des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. Oktober 1980 lautet wie folgt:

„13. Nach Fertigstellung ist bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden um die Betriebsbewilligung anzusuchen. Nach Erfüllung obiger Auflagen ist ein Probebetrieb zulässig.“

Mit Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 2. November 1982 wurde im Verwaltungsrechtszug ausgesprochen, daß das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Betriebsbewilligung abgewiesen wird.

Mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. August 1984 wurde dem Beschwerdeführer in Ansehung der vorzitierten Auflage Punkt 11 die Ersatzvornahme angedroht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. Februar 1985 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 2 VVG 1950 aufgetragen, als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von S 168.000,-- zu erlegen.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. März 1985 wurde die Berufung im Grunde des § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 VVG 1950 als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Erstbehörde bestätigt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Behauptung der Änderung des Sachverhaltes sei schon dadurch widerlegt, daß er wohl einen Antrag auf Behebung der Auflagen, eine Schallschutzmauer zu errichten, eingebracht, diesen Antrag jedoch bei der mündlichen Verhandlung am 16. April 1984 wieder zurückgezogen habe. Daher sei auch die Behauptung, eine Entscheidung sei noch nicht ergangen, unzutreffend. Für die Meinung des Beschwerdeführers, auf Grund neuer Gutachten anerkannter Sachverständiger sei mit einer Behebung der Auflage zu rechnen, finde sich in den Verfahrensergebnissen kein Beleg. Der Beschwerdeführer habe sich sogar in einem am Schluß der Verhandlungsschrift vom 16. April 1984 beurkundeten Übereinkommen verpflichtet, bis 30. Juni 1984 eine Schallschutzmauer zu errichten, diese Verpflichtung jedoch nicht eingehalten. Ein Eingehen auf die Behauptung, der Titelbescheid sei rechtswidrig zustandegekommen, erübrige sich wegen der Rechtskraft der Auflage, eine Lärmschutzwand zu errichten. Im weiteren führte der Landeshauptmann von Oberösterreich aus, es seien auch die bau- und naturschutzrechtlichen Argumente und das auf § 2 VVG 1950 bezogene Vorbringen des Beschwerdeführers nicht stichhältig.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, dessen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer formuliert den Beschwerdepunkt dahin, er erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht einer unzulässigen Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG 1950 ausgesetzt zu werden, sowie im Grundrecht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

In Ausführung des Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, im Hinblick auf die Vorschrift des § 360 GewO 1973 sei eine Ersatzvornahme im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren problematisch. Im übrigen habe sich der maßgebende Sachverhalt seit der Erlassung des Titelbescheides insofern geändert, als der Beschwerdeführer Maßnahmen zur Ausschaltung einer unzumutbaren Belästigung oder gar Gefährdung der Nachbarn getroffen habe. Darüber hinaus liege wegen des Fehlens der erforderlichen Baubewilligung Unzuständigkeit der Vollstreckungsbehörde vor.

Eine Prüfung, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist, ist dem Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf Art. 144 in Verbindung mit Art. 133 Z. 1 B-VG verwehrt. Unter diesem Gesichtspunkt hatte der Verwaltungsgerichtshof auf die vorliegende Beschwerde nicht einzugehen.

Soweit der Beschwerdeführer Unzuständigkeit der Vollstreckungsbehörde geltend macht, ist ihm zu erwidern, daß die Erlassung des Bescheides über die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in erster Instanz durch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden und in zweiter Instanz durch den Landeshauptmann von Oberösterreich, die nunmehrige belangte Behörde, im Hinblick auf die Zuständigkeitsvorschriften des § 1 Abs. 1 und des § 10 Abs. 3 VVG 1950 nicht als rechtswidrig zu erkennen ist. Die Zuständigkeiten nach diesen Vorschriften bestehen unabhängig von den baurechtlichen Regelungen über das Erfordernis der Einholung einer Baubewilligung.

Im übrigen ist der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen im Ergebnis im Recht.

Nach § 4 Abs. 1 VVG 1950 kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Der durch den angefochtenen Bescheid bestätigte Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten nach § 4 Abs. 2 VVG 1950 hätte somit nur ergehen dürfen, wenn in dem darin als Titelbescheid angeführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. Oktober 1980 die Herstellung einer 3 m hohen Massivmauer zur Parzelle als Lärmschutz zu den Nachbarn als eine den Beschwerdeführer treffende Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung, die im Fall der Säumnis des Beschwerdeführers durch einen Dritten bewerkstelligt werden könnte, vorgeschrieben worden wäre.

Der Bescheid vom 8. Oktober 1980 weist jedoch einen solchen normativen Gehalt nicht auf.

Mit diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführer nämlich nicht verpflichtet, die von ihm geplante Anlage zu errichten, vielmehr wurde ihm die Genehmigung zur Errichtung der geplanten und u.a. durch die Auflage 11 modifizierten Anlage erteilt. Die Errichtung einer Anlage, die dem Bescheid vom 8. Oktober 1980 und der darin gegenüber dem eingereichten Plan vorgesehenen Modifikation nicht entspricht, ist somit durch die Bewilligung nicht gedeckt und eben mangels Deckung durch die erteilte Genehmigung unzulässig.

Auch mit dem Punkt 13, zweiter Satz, des Bescheides vom 8. Oktober 1980 wurde dem Beschwerdeführer keine Verpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 1 VVG 1950 auferlegt. Vielmehr wurde in diesem Punkt des Spruches die Zulässigkeit des Probebetriebes an die Voraussetzung der „Erfüllung obiger Auflagen“ gebunden.

Da die belangte Behörde gleichwohl den Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme bestätigte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985 (Art. I und Art. III Abs. 2). Barauslagen (im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG) sind im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erwachsen. Das betreffende Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am 27. Mai 1986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1985040075.X00

Im RIS seit

23.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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